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I Erscheint wöchentl. 3mal: Dienstag, Donners Äß.?. 149.1 lag und Samstag und kostet in Altensteig 90 ^ " > im Bezirk 85 außerhalb I das Quartal.

Dienstag den 20.

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1887.

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^ Die allgemeine Lage

ist gegenwärtig so unbehaglich, wie sie sich nur denken läßt und dieser Zustand ergibt sich ans der Ungewißheit, in der alle Welt schwebt. Von beiden Seiten - von der, die friedliche Aus­sichten hat, rils auch von der, die einen Krieg für bevorstehend hält wird massenhaft Ma­terial zur Begründung der eigenen Ansicht bei­gebracht. Die wieder trüber lautenden Nach­richten aus San Nemo tragen das ihrige dazu bei, die nächste Zukunft von einer unheil- schwangeren Dunstatmosphäre umhüllt erscheinen zu lassen.

Es schien, daß durch die Wahl Carnots zum Präsidenten der französischen Republik die auswärtigen Verhältnisse Deutschlands sich wenigstens nach einer Seite hin bessern wür­den. Schlechter wie unter Grevy konnten die nicht-offiziellen Beziehungen beider Staaten nicht werden und so gab man sich denn der Hoffnung des Besserwerdens hin. Die Botschaft Carnots an die Kammern, welche wörtlich! den glühenden Wunsch nach Anfrechterhaltung des Friedens ausdrückte, unterstützte diese Hoffnung. Man mußte aber nachträglich erfahren, daß die französische Deputiertenkammer die Botschaft mit eisiger Zurückhaltung ausgenommen, daß weder die Rechte noch die Linke, sondern nur das ürmier kleiner werdende Hättflein der Opportu­nisten Beifall klatschte. Die Nutzanwendung aus dieser Thatsache ist leicht zu ziehen.

Das Verhältnis Deutschlands zu Rußland ist zweifellos äußerlich ein besseres geworden; zum Belege dafür läßt sich eine ganze Reihe von Thatsachen anführen. Nur eines scheint man in Rußland nicht zu begreifen: die Innig­keit der Beziehungen Deutschlands zur habs- burgischeu Monarchie. Verträge und Interessen verbinden uns mit dieser wie auch mit Italien; wer jene beiden Staaten oder einen von ihnen angreift oder bedroht, der richtet sich direkt gegen uns Der staatliche Bestand Oesterreich- Ungarns ist eine europäische Notwendigkeit, für welche einzutreten im Interesse aller andern Mächte, außer Rußland, liegt. Zerfiele die

habsburgische Monarchie, dann wäre die ge­samte europäische Kultur dauernd durch das hercinflutende Slawentum bedroht.

Als deutsche offiziöse Stimmen vor meh­reren Wochen zum erstenmale ihre warnenden Stimmen erhoben und auf die Truppenan- häufungen an der polnisch-galizischeu Grenze aufmerksam machten, da war der Zweck dieser Weckrufe folgender: Deutschland hat sein Heer­wesen auf einen Stand gebracht, welcher die Steuerkrast seines Volkes auf das äußerste anspannt; die notwendigen Opfer werden aber gerne gebracht, um die idealen Güter zu schützen, die Deutschland in schwerem Kampfe errungen. Wir stehen zu Oesterreich-Ungarn in einem Kartell-Verhältnis und man ist in Wien der deutschen Hilfe sicher, sobald eine Not herantritt. Die Zuversicht auf den Beistand Deutschlands darf aber nicht soweit gehen, daß Oesterreich selber seine Wehrkraft, seine Verteidigung ver­nachlässigt und deshalb die wohlmeinenden ernsten Vorhaltungen Deutschlands, die ihren Weg durch die offiziösen Blätter nahmen, unbeachtet läßt.

Diese Sprache ist in Wien wohl verstanden worden; der Oberbefehlshaber der Truppen, Erzherzog Albrecht, ist nach Wien gekommen und hat mehrmals den unter dem Vorsitz des Kaisers stattgehabten militärischen Beratungen Welgcwrchut. Das offiziöse Wiener ,Fremden- blatB hat sich wiederholt rückhaltlos über den Ernst der Lage ausgesprochen. Es ist das mit einer Vorsicht erfolgt, die Rußland gestattet, znrückzugeheu, ohne sich etwas zu vergeben. Ja es heißt sogar, zwischen Petersburg und Wien sei man einig geworden, daß die Entfernung des Prinzen Ferdinand von Kobnrg-Cohary notwendig sei, daß man sich aber über das fernere Schicksal Bulgariens noch nicht ge­einigt habe.

Ob die Nachricht ein bloßes Börsengerücht sei oder ob sie eine thatsächliche Grundlage habe, läßt sich zur Zeit noch nicht entscheiden. Jedenfalls ist soviel Wahres daran, daß in Bulgarien der Schlüssel zu der ganzen Streit­frage ruht, die gegenwärtig Europa in so hohem

Grade beunruhigt, an welcher Deutschland kein direktes Interesse hat und von der man nur wünschen kann, daß sie sich auf Grund des Berliner Vertrages löse. Denn nur dadurch würde den einzelnen Mächten der Vorwand zur Unzufriedenheit genommen.

Tages-Politik.

Kaiser Wilhelm empfing am Freitag den deutschen Botschafter am russischen Kaiser­hose, General Schweinitz, in Audienz. Derselbe begab sich auf seinen Posten in Petersburg zurück.

Der Kaiser widmet, wie der Köln. Ztg/ ans Berlin berichtet wird, eine ganz be­sondere Teilnahme der geplanten Altersversor­gung der Arbeiter, und hat den lebhaften Wunsch zu erkennen gegeben, daß der betreffende Gesetz­entwurf noch in dieser Session zur Durchberatung gelange.

Kaiserin Augusta hat 10 000 Frank gespendet für die beste Ausstattung eines muster­gültigen Feldspitals auf der nächstjährigen Welt­ausstellung in Brüssel.

Die Nachrichten aus San Remo lauten wieder erheblich günstiger. Dr. Mackenzie hat durch Untersuchung festgestellt, daß beim Kron­prinzen der rechtsseitige Teil des Kehlkopfes ganz gesund ist. Die Drüsenanschwellungen an beiden Seiten des Halses sind ganz, die in Ba- veno entstandene Schwellung ist beinahe ganz verschwunden.'

In dem Befinden des Königs Otto von Bayern soll in der letzten Zeit, wie glaubwürdig versichert wird, eine erhebliche Verschlimmerung eingctreten sein.

Der neue Kriegsminister, General Loge­rot, hat gleich nach seinem Amtsantritt einen Erlaß bekannt gemacht, welcher sämtlichen Be­amten des Kriegsmiuisteriums den bisher sehr lebhaften Verkehr mit Vertretern der Presse untersagt.

Französische Blätter melden, ein wegen Disziplinwidrigkeit degradierter Feldwebel des 11. französischen Infanterie-Regiments habe aus

Marys Gefangener.

Autorisierte Uebersetzung aus dem Englischen von S. S.

(Fortsetzung)

VII.

Selbst auf dem hoben, luftigen Korridor, durch welchen Hr. Kelly Mary führte, schien der Druck, der ans dieser Familie lag, zu ruhen. Es war alles so still, nicht das geringste Geräusch ließ sich vernehmen. Man hätte glauben können, daß das Haus überhaupt nicht bewohnt wäre. Herr Kelly öffnete eine Thür reckter Hand von dem Hausflur und kün digte Mary bei seiner Frau an. Sie traten in ein hohes freundliches Wohnzimmer ein. Im Kamin brannte ein lustiges Kohlenfeuer und er­füllte das Gemach mit wohlthuender Wärme. Eine freundliche, blau­äugige Frau saß in einem tiefen Lehnstuhl am Feuer, auf Kissen ge­stützt. lieber die Traurigkei. in ihrem Antlitz flog ein Strahl der Freude, als sie ihren Gatten sagen hörte:

«Hier ist jemand, der dich besuchen will, Mutter!"

Mary trat ein, blaß und mit solchem Herzklopfen, das ihr fast das Sprechen unmöglich machte.

Liebes Fräulein Mary," sagte Frau Kelly mit leiser, schwacher Stimme, «wie freundlich von Ihnen, daß Sie j tzt zu mir kommen."

«Stehen Sie ja nicht auf, bitte," sagte Mary, indem sie auf sie Milte und die zitternden, ausgestreckten Hände in die ihrigen nahm, während Herr Kelly die Thür zumachte und sie beide allein ließ. «Es geht Ihnen besser, nicht wahr? Ich wäre sch. n früher zu Ihnen ge­kommen, aber . .

Und dann wie es geschah, wußte Mary kaum zu sagen waren ihre Arme um die arme Mutter geschlungen, deren Antlitz an ihrer Brust verborgen war und dem ein Thränenstrom entquoll. Die zarte Gestalt erzitterte heftig in Marys Armen.

«Liebe Frau Kelly," sagte sie freundlich, indem sie ihre eigene Stimme fest zu machen versuchte, «das kann nicht angehen. Auf diese Weise werden Sie sich ganz krank machen und den Kummer Ihres Mannes vergrößern. Er hat schon genug zu tragen."

«Es thut mir nohl, Fräulein Mary," antwortete sie schluchzend, als sie Mary wieder sanft auf den Stuhl setzte und ihr die Kissen zu­recht legte. «Ich muß immer die Thräuen zurückhalten, während er hier ist; aber diese Thränen scheinen wir eine Last vom Herzen ge­wälzt zu haben. Lady Dalrymple besuchte u ich gestern, aber so freund­lich und gut, wie sie auch ist, bei ihr konnte ich wich nicht so gehen lassen. Ihr Gesicht aber, liebes Fräulein, schien mir zu sagen, wie sehr Sie mit uns fühlten und das brachte mich außer Fassung."

«Ich habe so viel an Sie gedacht, Frau Kelly," sagte Mary weich und kniete neben dem Stuhl nieder. Ihre Hände ruhten in Frau Kellys Händen und ihre Augen waren auf das Feuer gerichtet. «Ich glaube, lange sind Sie mir nicht aus den Gedanken gekommen, seit ich hörte"

«Wann hörten Sie es, Fräulein Mary?"

«Vorgestern abend," antwortete Mary mit Schaudern.

«Wir hörten es am Morgen," sagte die schwache, unsichere Stimme der alt:« Mutter. «Und die ganze lange Nacht, die schreckliche Nacht warteten wir auf ihn. Er war ungefähr am Mittag hier weggegangen und hatte gesagt, daß er nach der Lckadt wellte, dq er mit dem 3-UH.- zug einen Freund erwartete."

«Ja!" sagte Mary, als sie sah, daß es eine außerordentliche Er­leichterung für die arme Frau war, ihre Geschichte zu erzählen, obgleich ihr eigenes Herz zu ersticken drohte, während sie zuhörte.

«Nun gut, er kam nicht zurück; der Abend brach herein, wir warteten und warteten. Ich hatte ihn vorher gefragt, ob ich für seinen