mit 144,015 Arbeitern Sountagsarbeit. Was die Durchführbarkeit des Verbots der Sonntagsarbeit betrifft, so sprachen sich oon den Befragten ans: Für das Verbot ohne Einschränkung von je 100 befragten Arbeitgebern 23, mit Einschränkung 39, als undurchführbar bezeichnten das Verbot 38; von je 100 Arbeitnehmern sprachen sich ans: für das Verbot ohne Einschränkung 32, mit Einschränkung 41, als undurchführbar erklärten es 27.
* Berlin, !8. Okt. Der Reichstag wird in der zweiten Hälfte des November znsammen- treten.
" (Zur projektierten Erhöhung der Getreidezölle) schreibt das „Frkf. Journal": Die Frage, ob der Bnndesrat mit einer Vorlage für Erhöhung der Getreidezölle an den Reichstag herantrcten oder ob er es den Agrariern überlassen wird, selbst ihre bezüglichen Anträge einzubringen, ist noch unbeantwortet. Ersteres würde offenbar nur dann stattsinden, wenn der Reichskanzler für die Durchführung der agrarischen Mehrfordernngen eintritt. Sicher ist von vorne herein, daß ein Antrag Preußens an den Bnndesrat gelangen wird oder demselben bereits vorliegt. Denn die Erklärung des landwirtschaftlichen Ministers in der Sitzung des preußischen Abgeordnetenhauses vom 15. Mai d. I. lautete sehr bestimmt dahin: „Ich bin zu der Erklärung ermächtigt, daß die königliche Staatsregierung die schwere Krisis, unter der die Landwirtschaft seit einigen Jahren leidet, durchaus und in vollem Maße anerkannt, daß sie nach wie vor entschlossen ist, alle die Maßregeln zu treffen, die zur Beseitigung und Hebung derselben dienen können, und daß sie somit geneigt ist, mit einer angemessenen Erhöhung der landwirtschaftlichen Zölle vorzn- gehen, vorausgesetzt, daß sie die Zustimmung des Bundesrats'und der Mehrheit des Reichstags dazu findet." Diese auf einem Beschluß des Staatsministeriums beruhende Erklärung verpflichtet die preußische Regierung geradezu, eine bezügliche Vorlage einznbringen. Es wird also lediglich darauf ankommen, ob sich eine Mehrheit der Stimmen des Bnndesrats für dieselbe znsammensindet, was dann als sehr- wahrscheinlich gelten muß, wenn der Reichskanzler entschieden dafür eintritt. So einfach wie vor zwei Jahren liegt indes diesmal die Sache nicht; einmal weil es von vornherein zweifelhaft ist, ob eine Mehrheit des Reichstages für eine wiederholte Getreidezollerhöhung zu haben ist, und ^ann, weil gerade jetzt die handelspolitischen Beziehungen zu Oesterreich- Ungarn einer neuen Regelung bedürfen, die nur zu einer schweren Schädigung der deutschen Exportindustrie führen könnte, wenn Deutschland die landwirtschaftlichen Schutzzölle weiter erhöhen würde. Gerade diese Rücksicht hat in industriellen Kreisen einen lebhaften Widerspruch gegen die agrarischen Wünsche hervorgernfen, der sich wohl auch noch weiter energisch geltend machen und auch in Bundesratskreisen füglich
nicht unbeachtet bleiben wird. Ueberdies gewinnen die Zweifel an dem agrarischen Dogma, daß den: Notstände der Landwirtschaft nur durch höhere Kornzölle wirksam abznhelfen sei, immer mehr Boden. Die „Nordd. Allg. Ztg." bemerkte dieser Tage, „es sei bekannt, daß keineswegs die Gutsbesitzer, als Gesamtheit betrachtet, am schwersten von der landwirtschaftlichen Notlage betroffen werden, sondern gerade der kleinere Landwirt am empfindlichsten unter derselben leidet." Der „kleinere Landwirt" wird aber in den meisten Fällen von der Zoll- erhöhnng keinen Nutzen, in vielen dagegen sogar offenbaren Schaden haben. Wir halten es daher noch für gar nicht ausgemacht, daß der Bundesrat für die agrarischen Forderungen die Gesetzgebnngsmaschine in Bewegung setzt. Unterbleibt aber eine bezügliche Regierungsvorlage, und demgemäß eine energische Unterstützung der agrarischen Forderungen von dieser Seite, so ist die Ablehnung derselben von vornherein nicht zu bezweifeln. '
'Bielefeld, >5. Oktober. In den v. Bodelschwingh'schen Anstalten brach im Laufe dieses Jahres zweimal Feuer ans, welches beträchtlichen Schaden anrichtete. Als der Brandstiftung verdächtig wurde schließlich der Diakon Römer, welcher ein Angestellter der Anstalten war, verhaftet. Vor dem hiesigen Schwurgericht wurde am 13. ds. Mts. seine Schuld zweifellos festgestellt und er zu 10 Jahren Zuchthaus verurteilt.
* Am Samstag hat sich der Kommis einer Dnngerfabrik in Köln mit einem Geldbriefe von 4500 Mark ans dem Staube gemacht. Belgien und Holland sind von hier in IllZ Stunden bequem zu erreichen und so wird der Prinzipal das Nachsehen haben.
° Breslau, 17. Okt. Der Magistrat hat beschlossen, aus Anlaß des Einzuges des Fürstbischofs Kopp das Breslauer Rathaus am Einzugstage mit Flaggen auszuschmücken. Die Nachricht erregt großes Interesse, da der Magistrat der Patron der hiesigen sechs evangelischen Gemeinden ist.
* Ans Schlesien, 13. Okt. Eine achtzigjährige Witwe in Ober-Lagiewnik bei Königs- Hütte ertränkte sich, durch Hunger und Not getrieben. Hundert und vier Kinder und Enkelkinder waren nicht imstande, die arme Urgroßmutter zu unterhalten!
* Die Aufmerksamkeit der Chemnitzer Kriminalpolizei wurde in letzter Zeit wiederholt auf die zahlreichen falschen Zweimark- und Einmarkstücke und Nickelmünzen gelenkt, die hier und an anderen Orten zur Ausgabe gelangten. Jetzt ist es ihr gelungen, den Verfertiger dieses Falschgeldes in der Person eines hiesigen Schlossers festzunehmen, in dessen Wohnung auch die verwendeten Metalle und Werkzeuge gefunden wurden.
Ausländisches.
* Die Polizeidirektion von Basel-Stadt
Klein-Wieschen.
Eine miinsterländische Novelle von I. v. Dirkink.
(Fortsetzung.)
Mit angehaltenem Atem hatte Meschen ihm zugehört; Scham und Zorn kämpften um die Wette in ihrem Herzen. Ader hier war nicht der geeignete Ort, um mit den herzlosen Tyrannen zu streiten. Ach, warum weinte sie auch; der Ohm. war ja allen bö'en Tagen entflohen. Aber war er nicht ihr einziger Verwandter, der ihr bereits Güte erwiesen hatte, und dem sie aus dem reichen Schatze ihrer Liebe hätte mitteilen können? Unter diesem Anstürme der Gedanken verschwand der Aerger über die ungerechte Anschuldigung des Schulzen schnell. Sie erwiderte kein Wort, trocknete ih-e Thränen und narrte sinnend auf den Toten. „Ruhe in Gott, lieber Ohm!" prcß e sie endlich hervor und breitete ein weißes Leinentnch ü' er ihn aus. Mit schwerem Herzen verließ st die Kammer. Kurz darauf trat der Schulze zu ihr an den Herd. „Ich werde die Veranstaltung tr.ffeu, daß der Verstorbene mit allen Ehren beerdigt wird," tagte er. Wenn es dir nicht gruselt, magst du hier Totenwache halten. Ich werde dir eine Magd mit Speisen schicken und Leute, die dem Toten das Sterbehemd anlegen und die Nachtwache übernehmen. Zünde die Ocllampe an, so ist es Brauch und Sitte und stelle sic zu seinen Häupten und bee für ihn; es nützt ihn mehr, als deine Thronen."
Abo mit allen Ehren, wie ein Großbauer, sollte er bestattet werden? Diese Zusicherung versöhnte Mieschen in etwas mit dem Schulzen, vor dem sie jedoch eine unerklärliche Furcht empfand. Ja. sie bereute es bitter, daß sie sich zu einem Dienste bei ihm verpflichtet hatte.
Die Tage bis zur Beerdigung verbrachte sie in dumpfer Qual. Selbstvorwürfe plagten sie unaufhörlich; hätte sie nur den Ohm zum
gibt bekannt, daß am 6. August ein fnnsein- halbjähriges Mädchen von einem, wie ein Zigeuner oder fahrender Komödiant anssehenden jungen Menschen geraubt worden sei. Ans die Auffindung des lebenden Kindes ist ein Preis von 1000 Frank gesetzt.
* Italienische Blätter melden allen Ernstes, dem Kriegsminister sei von mehreren Vertreterinnen des zarten Geschlechts der Vorschlag gemacht worden, gegen die wilden Abessinier auch ein berittenes Mädchens-Korps ins Feld zu stellen. Der Kriegsminister wies jedoch dieses Ansinnen als zu romanisch entschieden zurück.
* In Mailand tötete ein 23jähr. Mädchen ihren Geliebten mit 4 Revolverschüssen. Die Ursache war, daß der junge Manu das Verhältnis lösen wollte. Das Mädchen stellte sich der Polizei.
* Paris, 17. Oktbr. Paul de Caffagnac schreibt in der „Antorits": „Ich behaupte, ohne einen Widerruf befürchten zu müssen, daß mehr als die Hälfte der republikanischen Abgeordneten sich ihres Mandats bedienen, um Geld zu erwerben." Caffagnac ist selbst Mitglied des französischen Parlaments. Die Anschuldigung ist derart, daß die Kammer selbst klagend gegen den Beschuldiger Vorgehen müßte. Wer wird es wagen, den Stein gegen Caffagnac anfzuheben?
* Paris, 17. Okt. Als Grund von Ma- zeans Rücktritt vom Justizministerium giebt das Journal des Döbats an, er sei vom ersten Tage seiner Amtsführung an nicht im stände gewesen, sich „die Bande von Politikern, welche an der Place Vendome Gesetze vorschrieben und mehr Minister spielten als der Jnstizminister selbst", vom Halse zu schaffen. So oft eure Bewegung im Richterstande angeknndigt wurde, brach ein Schwarm Stellenjäger in die Kanzlei, Abordnungen rührten die Sturmglocke, um den Interessen ihrer Kandidaten Geltung zu verschaffen. Gegenüber dieser maßlosen Gier und diesen Kämpfen um Einfluß, die um die Stelle eines Friedensrichters so heftig wie um die eines Gerichtsrats sind, fühlte Mazean sich zu schwach, solche Anstürme auszuhalten. . . Er ist sich jetzt klar genug, wohin dieses System der Empfehlungen, diese fortwährende Einmischung von Mittelspersonen in die Verwaltungsangelegenheiten, wohin die Meinung führt, daß Aemter, Auszeichnungen, Titel und Rang auf keinem andern Wege zu erlangen seien als auf dem der Gunst."
- Paris, 17. Okt. Das Blatt Paris meldet: Bis Donnerstag wird das ganze 6. Armeekorps mit den neuen Lebelgewehren versehen sein. Laut Echo de l'Est werden die Besatzungen der Grenzstädte verstärkt. Pont-L- Mousson, wo bis jetzt ein Husarenregiment liegt, wird eine Kavalleriebrigade mit einer Batterie Artillerie und einem Bataillon Jäger erhalten.
"Kopenhagen, 17. Okt. Nach den Meldungen aus Fredensborg sind der Großfürst-
Redcn ermunte.t, wer wußte was er zu offenbaren gehabt hätt:. Tyrä- nenlos folgte sie dem Sarge, als er auf dem Leiterwagen des nächsten Nachbarn, der eine halbe Stunde entfernt wohnte, nach dem Kirchhofe gefahren wurde. Da die größere Anzahl der Leidtragenden sich erst eingangs des Dorfes einfinden wollte, so bestand das Gefolge, welches dem Toten vom Sterbehause aus das Geleite gab, nächst Meschen nur noch aus einigen Männern und Frauen des Kirchspiels., lauter alte Schulkameraden des Verstorbenen. Zehn Schritte vom Totenwagen entfernt bildeten sie eifrig plaudernde Gruppen. Alle Vorzüge des Seligen wurden ans Licht gezogen und durch das Vergrößerungsglas betrachtet, dessen man sich beim Grabe des lieben Nächsten zu bedienen pflegt. Endlich kaur man auch auf alle Zeiten zu sprechen und jetzt lauschte Meschen mit Spannung.
„Früher gehörte der mächtige Wald und jedes Stück Ackerland des Schulzen Lahnbeck dm Eggers!" warf eine greise Bäuerin im Vor - trabe halb über die Schulter hin.
„Ich weiß noch recht gut, gab ein weißhaariger Mann zurück, „als Wieke Eggers mit ihrem Rentemeister das Backsteinhaus bezog, neben dem Holzwesen; cs war noch meist Unterholz und Strauchwerk. Wieke und Mieschen Eggers waren Zwillinge; wer von beiden die älteste mit dem Erstgeburtsrechte war, wußten sie nicht 'mal. da ihre Eltern früh gestorben waren und sie von einer Muhme erzogen wurden. Als nun aber Wieke dem Herrn von Padern seinen Verwalter, der ein Wälscher war, heiratete, kamen die Weibsleut auf den verrückten Einfall, das Erbe zu teilen. Und nun wurde gelost, ner von beiden den fetten Acker nahe der Schule und am Holzwesen und wer den Hetdegrund erhalten.sollte. Den guten und schlechten Boden gleich zu teilen, waren sie viel zu dumm und jeder wollte mitten in seinem Felde wohnen.