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Erscheint wöchvitl. 3mal: Dienstog, Donnere rag und Samstag und kostet in Miensteig 99 ^ im Bezirk 85 außerhalb 1 das Quartal.
Samstag den 24. Septör.
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1887.
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Redaktion und Expedition des Blattes „Aus den Faunen."
D Ein Absagebrief.
Alle Welt war sich darüber einig, daß eine Kaiserznsammenkunft in Stettin oder Swinemünde eine größere politische Bedeutung nicht gehabt haben würde; ohne Zweifel erlangt aber der Umstand, daß die Zusammenkunft nicht stattgefnnden hat, eine solche. Offiziöse Stimmen versichern zwar, daß eine Zusammenkunft nicht beabsichtigt gewesen sei. Das kann man mit einer gewissen Einschränkung glauben: Wäre der Zar offiziell eingeladen worden, so hätte er es nicht wohl vermeiden können nach Stettin zu kommen. Diese offizielle Einladung ist aber nicht erfolgt, weil es dem Zartgefühl des russischen Herrschers überlassen bleiben sollte, sich selbst einznladen und weil bei der kurzen örtlichen Entfernung zwischen Kopenhagen und Stettin kaum angenommen werden konnte, daß der Zar sich die Gelegenheit entgehen taffen würde, seinen greisen Großoheim zu begrüßen.
Unfern Kaiser, der sich trotz seines hohen Alters und seines kaum überstandenen Unwohlseins den Pflichten, welche er sich als Soldat und Träger der Krone auferlegt, nicht entzog, muß es schmerzlich berühren, daß der um so viel jüngere Zar die kurze Fahrt über das Meer scheute. Man mag die Sache bemänteln, wie man wolle: Das Volk fühlt aus den That- sachen heraus, daß die Beziehungen zwischen Berlin und Petersburg erkaltet sind, und blickte infolgedessen zuversichtlicher nach Friedrichsruhe, wo die beiden leitenden Staatsmänner Deutschlands und Oesterreichs dieser Tage zusammen waren, um die gemeinsamen Interessen beider Reiche zu besprechen.
Die Köln. Ztg/ cntschntdigt in gewissem Sinne das Nichterscheinen des Zaren. Angesichts der unzweideutigen Stimmung der russischen Gesellschaft hätte der Besuch „einen gewissen Mut" erfordert, sagte sie in einem Artikel, der sich wie ein friedlicher Absagebrief liest und die kühle Ueberschrift trägt: „Ohne Freundschaft und ohne Feindschaft." Derselbe ist zwar von Köln aus datiert, aber man weiß, daß das genannte Weltblatt enge Fühlung mit den leitenden Kreisen hat und infolgedessen oftmals das sagt, was man offiziell oder auch nur offiziös ausznsprechen sich scheut.
Das Blatt faßt die russische Politik so ans: Der Zar ist zwar Alleinherrscher, aber die Unter- strömnngen in Rußland sind trotzdem nicht weniger stark, weil gerade in bezug auf auswärtige Politik die Kritik einigermaßen Spielraum har. So ist denn der Zar bestrebt, zwischen seinen Panslawisten und seinen Diplomaten, zwischen Franzosen-^uiid Deutschenfreunden die Mitte zu halten. „Je weiter das Pendel nach der einen Richtung hin ausschlägt, um so entschiedener würde es auch wieder znrückfahren."
Es sei infolgedessen für Deutschland ein einfaches Gebot der nationalen Würde, jedem Versuch zu entsagen, welcher auf die Wiederbe
lebung der alten Freundschaft mit Rußland abzielt. Die Firma Dreikaiser-Bündnis hat aufgehört und sei auch nicht durch ein deutschrussisches Verhältnis ersetzt worden. Deutschland und Rußland wollen ohne wärmere Freundschaft, als sie herkömmlich in Thronreden bei dem Hinweis ans die Beziehungen zu den fremden Staaten auftancht, nebeneinander fortleben, und der augenfällige Beweis, daß die Erkaltung der politischen Beziehungen, die alten herzlichen Beziehungen der beiden Höfe bisher nicht erheblich zu schädigen vermocht hat, ist trotz der Gunst der Umstände nicht geführt worden.
Aber ebensowenig, wie sich Freundschaft erzwingen läßt, ebensowenig sei Feindschaft nötig. Es sei zweifellos, daß ein deutscher Staatsmann, der mutwillig in diese Bahnen einlcnken wollte, die Verantwortlichkeit für einen furchtbaren Welt- brand auf sich laden würde. Wir Deutsche haben gar keinen Grund, diese Kriegsfackel zu entzünden, wir haben alles das, was wir vernünftiger Weise erstreben konnten, erreicht und durch Verträge gesichert; und Dank dem Septen- nat, welches zur Zeit des Ablaufs des Drei- Kaiser-Verhältnisses fest und beschlossen war, sind wir in der Lage, im schlimmsten Notfälle selbst ohne Verbündete dem doppelten Ansturm aus Ost und West mit siegreichen Waffen zu trotzen. Die Stärke der deutschen Politik besteht deshalb in ihrer Bedürfnislosigkeit. Diese Bedürfnislosigkeit versetzt uns in die angenehme Lage, die russischen Interessen dort, wo sie durch Verträge geschützt sind, ehrlich zu unterstützen, ohne dabei auf russische Dankbarkeit, die im entscheidenden Augenblick sicher ausbleiben würde, zu rechnen.
„Man träumt in Pest und vielleicht auch in Wien von einem Staatenbiind der Balkanländer unter österreichischer Führung, während die Russen nicht anfhören, ihr begehrlichen Blicke über Serbien hinweg bis zur' fernen Adria schweifen zu lassen. An diesen Umständen scheiterte der Versuch, die drei Kaiser unter einen Hut zu bringen, und im Frühjahr lief das Drci- Kaiser-Verhältnis ab, ohne erneuert zu werden."
Die europäischen Gegensätze haben sich — so führt das Blatt endlich ans — seit dem Sturze des Battrnbergers, welche Thatsache für die russische Politik nicht die erwarteten Früchte zeitigte, erheblich verschärft. Die stärkste Friedens- gewühr liegt heute in dem Umstande, daß die unbefriedigten und unruhigen Mächte bei aller Angriffslust doch durchaus warten wollen, bis der Nachbar seinen Staatswagen in irgend einem Sumpfe festfährt, und daß jede di.scr Mächte sich deshalb sorgfältig hütet, sich selbst in irgend ein militärisches Unternehmen einzu- lassen. Rußland geht trotz seines Heißhungers nicht nach Bulgarien, weil es ans den Glücksfall eines deutsch-französischen Krieges hofft, und die Franzosen halten das Schwert in der Scheide, bis ein russisches Vorgehen in Bulgarien die orientalische Frage ausrollt. Man darf zum besten der befriedigten und friedliebenden Mächte nur hoffen, daß jene Staaten, von denen allein eine Friedensstörung ansgehen kann, noch recht lange in dieser Unthätigkeit verharren.
Tages-Politik.
— Die seinerzeit von der „Nordd. Allg. Ztg." ins Werk gesetzte Agitation gegen russische Wertpapiere hat zwar in der Presse damals mannigfache Unterstützung erfahren, ist dann aber wieder verstummt. Da die Ursachen fort- bestehen, die es wünschenswert machen, daß die
in deutschem Privatbesitz angehänsten gewaltigen Summen russischer Papiere sich vermindern, so- kann es nicht überraschen, wenn neuerdings die Frage wiederholt zur Erörterung gestellt und zur Veräußerung russischer Papiere ernstlich gemahnt wird.
— In der kommenden Reichstagssession wird die Erneuerung des Sozialistengesetzes wieder eine Rolle spielen. Es ist dasselbe bis zum 30. Sepl. !888 gültig, so daß im Frühjahr spätestens die Erneuerung an die Rcichs- tagbvten herantritt. Mehrfach ist der Vorschlag gemacht worden, das Sozialistengesetz für die Folge anfzuheben und es durch eine Revision der bezüglichen Bestimmungen des Vereins-, Preß- und Strafgesetzes zu ersetzen. Ob die Neichsregierung dem Vorschlag in dieser Form nahe treten wird, verlautet noch nichts sicheres.
— Die bayerische Justiz-Verwaltung hat einen Schritt vorwärts gethan, der ihr allseitige Sympathie entgcgentragen wird. Es handelt sich um die so oft ventilierte Frage einer Entschädigung für erlittene Haft. Der Justiz-Etat zeigt erstmals einen diesbezüglichen Ausgabe- Posten in Höhe von 5000 M., dessen Bewilligung durch die Kammer kaum zweifelhaft sein dürfte. Es ist zu hoffen, daß dem Vorgehen der bayer. Regierung auch die anderen Bundesstaaten folgen werden.
— Der bahr. Landtag nahm die Brannt- weinsteuervorlage mit l33 gegen 18 Stimmen an.
— Nach Beendigung der französ. Manöver findet ein bedeutender Garnisonwechsel statt, dessen Einzelheiten insoweit auch für Deutschland der Beachtung wert sind, als sie mit Ablauf dieses Monats zu den Truppenteilen, die bisher schon an der deutschen Grenze gestanden haben, 11 Regimenter Infanterie (hiervon 10 neu zu formierende), 2 Jägerbataillone, 4 Regimenter Kavallerie (sämtlich neu zu formieren),
1 Regiment Feldartilleric hinzutreten. Diese Verstärkungen werden sich in der unmittelbaren Nähe des deutschen Gebietes befinden.
— Der Mobilisierungs-Versuch hat den Franzosen so imponiert, daß der Kriegsminister ein neues Schauspiel inszeniert. Der Minister will nämlich eine Abteilung Eisenbahnarbeiter einberufen. Der Sammelplatz ist bei Satory bei Versailles, die Kosten werden ans 120,000 Franken veranschlagt.
— Die „Nowje Wremja", die bis jetzt eine sehr kriegerische Sprache führte, meinte neuerdings, Bulgarien sei für Rußland so gut wie verloren: es gebe kein Mittel mehr, die „Provinz" für Rußland znrückzngewinnen. Schuld daran sei die Pforte, Oesterreich, England und Italien, welche den Kobnrger gegen Rußland in Schutz nehmen. Die Unterstützung Deutschlands nütze Rußland nicht, da sie nur so weit gehe, als es die österreichischen Interessen gestatten. — Russischen Blättern zufolge soll mit dem l. Januar in Rußland das Tabaksmonopol eingeführt werden.
— Berichte aus Konstantinopel signalisieren ein thatkräftigercs Eingreifen der Pforte in die Orientpolitik und damit zusammenhängend Per- soualveränderungen in den höchsten Stellen.
Landesnachrichteu.
* Fellbach, 20. September. Caunftatter Blättern zufolge ist der 48 Jahre alte Weingärtner Friedrich Heß von hier, der seiner Zeit wegen Kindsmords zu lebenslänglichem Zuchthaus verurteilt worden ist und seit dem Januar 1875, also über 12 Jahre, im Pönitentiarhaus
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