materiellen Erfolge. Größer noch, wenn auch nicht so augenfällig, ist die ideale Wirksamkeit, die Werner entfaltet hat, seine erziehliche Thä- tigkeit, sein soziales Versöhnungswerk, sein leuch­tendes Beispiel der Verwirklichung des prakti­schen Christentums inmitten einer Welt des wildesten Kampfs egoistischer Interessen. Wenn je einem Jünger Christi, so darf ihm in das- Grab nachgernfen werden:Selig sind die Toten, denn ihre Werke folgen ihnen nach!"

* Der Holzhauer Johann Georg Schwenk von Ro dt, OA. Freudenstadt, machte im Walde ein Mittagsschläfchen, während seine Genossen eine Tanne fällten. Diese traf im Sturze den Schlafenden und tötete ihn sofort.

* Stuttgart, 4. August. Wie man hört, wird der württ. Landtag am 13. Sept. zu einer kurzen Session einberufen werden.

* (Verschiedenes.) In Oeschingen schlug der Blitz in den Giebel eines Hauses, zertrümmerte denselben und einen Teil des Daches und ging auf verschiedenen Wegen zur Erde. Ein Strahl zerschmetterte das Fenster eines Seitengiebels. Unter diesem stand der Hausbesitzer, der 27 Jahre alte Bauer Werner, Vater von zwei Kindern. Der elektrische Funke sprang auf ihn über und er liegt nun in besorg­niserregendem Zustande darnieder. Vom Hals bis zu den Füßen geht der Weg des Strahls. Der linke Fuß ist noch gelähmt und zeigt auf der Fußsohle zwei Wunden. Der Kopf ist arg aufgeschwollen und die Haare sind teilweise ver­sengt. Beinkleider und Stiefel sind zerrissen; von letzteren wurden die Sohlen und Nägel getrennt. In Kornwest heim kam ein lljähriges Mädchen dem brennenden Herde zu nahe, so daß seine Kleider Feuer fingen. Sie starb an den erhaltenen Verletzungen. Für den Remonteankauf des K. preuß. Kriegsmini­steriums wurden in Riedlin gen 32 Pferde vorgeführt, davon 2 Stück ansgewählt, aber nur eines zu 750 W. angekauft; der für das zweite Pferd verlangte Preis von 1000 Mark erschien der Kommission zu hoch. Eine pein­liche Scene spielte sich auf dem Gottesacker in Ellwangen ab. Kaum hatte nach einer Beerdigung der größere Teil der Leichenbegleitung sich entfernt, noch stand das Grab offen da, als ein Fremder, angeblich aus Schorndorf gebürtig, sich herannahte. Ehe mau sichs versah, war er in's Grab gestiegen, hatte sich der Länge nach über den Sarg gelegt und verlangte nun, daß man ihn mitbegrabe. Der Totengräber, unterstützt von einigen Männern, laugte ihn gewaltsam aus der Tiefe hervor und vermochten dieselben nur mit Mühe ihn von seinem Begehren abzubringen. Geistesstörung, durch Trunkenheit noch gesteigert, haben den Lebensmüden zu seinem Vorgehen veranlaßt. Inzwischen ward er in der Irrenanstalt des dortigen Krankenhauses begraben. In dem Dorfe Baindt im Schnssenthal kam es zwischen einem Wirt und seinen Gästen zu Raufhändeln, infolge dessen der

Wirt, ein junger Mann, derart verletzt wurde, daß er andern Tags starb.

* Mainz, 2. Aug. Um 7 Uhr heute Mor­gen haben die militärischen Hebungen der Luft- schiffer-Abteilung ihren Anfang genommen. Der Ballon stieg in der Nähe des neuen Zollhafens mit einem Unteroffizier der Abteilung bis auf 600 Meter in die Höhe, von wo aus topo­graphische Aufnahmen von den Festungswerken und der Umgegend von Mainz gemacht wurden. Die Hauptübungen, an welchen sich auch die übrigen Truppenteile der Garnison beteiligen, werden erst Ende dieser Woche stattfiuden.

° Frankfurt a. M., 31. Juli. An den Kugelfängen des deutschen Schützenfestes wurden 130 Zentner Bleikugeln ausgegraben und dann verkauft. Gelöst wurden dafür 1700 M.

* Berlin, 3. Aug. Der günstige Gesund­heitszustand des Kronprinzen läßt die weitere Ausgabe von Bulletins unnötig erscheinen. Der Hals und die Stimme sind beinahe normal und ein Nachwuchs der Wucherung nicht mehr bemerkbar.

^ Elberfeld. DieElberf. Ztg." teilt mit, daß einer ihrer Mitarbeiter zu 30 Mrk. Strafe verurteilt worden sei. Derselbe hatte vor Ge­richt Zeugnis darüber verweigert, woher er die Meldung empfangen, daß August Wilhelm sein Geständnis in dem bekannten Ziethenschen Mord­prozesse wieder zurückgezogen habe. Der Ver­urteilte hat gegen den Urteilsbeschluß sofort Be­schwerde erhoben.

* Elberfeld. Der Barbiergehilfe August Wilhelm wurde derElberfelder Ztg." zufolge am Samstag in Begleitung des Untersuchungs­richters Marx und des Verteidigers des Ziethen, Rechtsanwalt Grammes aus Köln, von Elber­feld nach Werden geführt und dort im Zucht­hause mit Ziethen konfrontiert.

* Mülheim a. Rh., 2. Aug. Bei der im Juni stattgehabten Entgleisung des Berlin-Kölner Courierzugs blieb ein zehnjähriges Mädchen, welches zur Schule ging, angesichts der Kata­strophe sprachlos vor Schrecken. Nur langsam erholte sich die Kleine, klagte aber anhaltend über Kopfschmerzen und starb, wie das Fr. I. berichtet, gestern, nach ungefähr einem Monat, infolge eines Gehirnleidens.

' Aachen. Infolge Klagen der Schulbe­hörde darüber, daß eine nicht unerhebliche An­zahl von Kindern in schulpflichtigem Alter wegen Epilepsie oder geringer Veranlagung die Elemen­tarschulen entweder gar nicht besuchen oder nur wenig von dem Unterricht profitieren, war bei der Stadtverordneten-Versammlung die Erricht­ung einer besonderen Schule für schwachbegabte Kiuder nach dem Muster der in jüngster Zeit in Köln errichteten gleichartigen Anstalt bean­tragt worden. Diese Anregung hat maßgeben­den Ortes Beachtung gefunden und wird die Angelegenheit weiter verfolgt werden.

'Straßburg, 1. Aug. Die französische Regierung ist benachrichtigt worden, daß die von

führten, daß mau Werner das öffentliche Reden außerhalb seiner Gemeinde untersagte. Nun stand Werner vor einer schweren Entscheidung, und er entschied sich mutig zum Verzicht auf das theologische Amt und die kirchliche Würde und zog am 10. Februar 1840, ein armer Mann, ohne Geld und Habe, aber beseelt von einem unerschütterlichen Gottvertrauen, mit seinen Kindern und ihrer Pflegerin nach seiner Heimat Reutlingen, um dort sein Werk fortzusetzen und, wie er mutig hoffte, zu stärken und zu erweitern. Und dieses sein Vertrauen ward nicht getäuscht. Sein begeisterndes Wort und noch mehr sein thätiges Beispiel erweckten ihm in Bälde Freunde und Mitarbeiter, so daß er schon ein Jahr nach seinem Einzug in Reutlingen seinen Hausstand begründen und seine Thätigkeit nach seinen Plänen entfalten konnte. Die christliche Familie sollte das Baud sein, das alle Angehörigen seines Werkes umfassen sollte; eine gemeinsame Thätigkeit, in der auch dem Schwächsten sein kleines Teil zugewiesen wurde, sollte die Mittel für den Haushalt beschaffen. Man begegnete dem Unternehmen mit Zweifeln, aber es gelang, so bescheiden auch seine Anfänge waren. L>chon nach einem Vierteljahr konnte Werner eine Kuh auschaffen undEine gute Kuh", sagte er,deckt alle Armut zu." Der Erlös aus der Arbeit seiner Kinder, deren Zahl bald auf 30 stieg, mehrte sich, 1842 kaufte Werner ein eigenes Haus und sein Viehstand zählte schon 20 Stück. Nun traten auch Erwachsene in die Anstalt ein, fleißige Hände, die die Landwirtschaft verrichteten, und Handwerker, die die Zugehörigen der Anstalt mit Kleidern, Schuhwerk und so weiter versorgten. Im Jahre 1847 zählte die Anstalt schon über 100 Personen und 1850 wagte es Werner und kaufte eine Papierfabrik, die er auf Kredit mit neuen Maschinen in Betrieb setzte. In Fluß kam der Betrieb, als er dieselbe nach Dettingen an der Erms verlegen konnte, wo eine gute Wasserkraft zur Verfügung stand. Das Unternehmen kostete 400000 fl. und Werner hatte damals gerade so viel Geld, um von Reutlingen nach Dettingen zu reisen. Der Bau begann, und obwohl Werner oft nicht wußte, wo er für den folgenden Tag das Geld her­nehmen sollte, ward das im Gottvertrauen unter­nommene Werk doch hinausgeführt. 1861 ward der L..trieb der Fabrik eröffnet. Sie arbeitete vortrefflich und Werner hatte bald den Erfolg, daß ihm die Anfertigung der württemb. Staats­obligationen übertragen wurde. Seitdem hat sich, wohl durch Krisen unterbrochen, über die aber Freunde hinweghalfen, das Werk Werners ins Große vermehrt; groß ist die Zahl der Zweiganstalten, in Alpirsbach, Altensteig, Fluorn, Geisingen, Göttelfingen, Reutlingen, Rodt, Schernbach, Walddorf und Wilhelmsglück be­finden sichBruderhäuser"; die Gustav Werner- begründet hat. Es steht in aller Erinnerung, daß 1881 auf der Laudes-Gewerbe-Ausstellnng die Industrie der Wernerschen Anstalten einen der ersten Plätze eingenommen hat. So die

Me KerrgotlsmMs.

Eine Volksgeschichte aus Schwaben von August Butscher.*)

(Fortsetzung.)

Paver lächelte schwermütig und sagte dann mild:Ihr gießt doch über alles Eure Lauge, Vater. Man sollte nicht so rasch sein im Urteil, Wer weiß, ob's nicht beiden ernst ist!"Ah bah!" machte der Alte mürrisch.Das Ei will immer klüger sein, als die Henne. Ich kenne di.- Leute zu gut auf meine alten Tage, als daß mir einer etwas oor- mach.n könnte. Plötzlich bemerkte der Alte, daß ein dicker Man -, der ein ungeheures Taschentuch entfaltete, seinem Xaver vertraulich zumckte. Wer ist denn der Dicke mit den Fischaugen dort?" fragte er mit der Neugier des Alters.Ich meine den mit der Kupsernase und dem Bier­bauchs der so sieder und dampft?"Das ist der Herrgottsmüller vn Strudclbach," war Xavers Antwort. Damit spähte er weiter den Zug entlang, wie etwas ruchend, gab aber dabei weitere Erläuterungen: Er ist eine ganz besondere Art von einem Menschen, gutherzig und doch halt, geldpolz und doch verschwenderisch, hochmütig und doch wieder recht mdinär. Ich kenne ihn gut, denn ich Hai e jedesmal Unterstand in 'einer Mühle und wir werden's beide heute wieder haben."Wirk­lich ein sonderbarer Kauz," lachte der Alte. Aber sein Lachen hörte sich wie ein Krächzen an, denn in Wirklichkeit f.eute ihn nichts auf der Welt. Es freut mih, daß ich heute nach langen Jahren wieder einmal in Liese Gegend komme, obgleich so aparte Leute nicht g.mz nach meinem Geschmack sind: was starrst du die Mädels so an? Witterst Kundschaft unter ihnen? Recht mittelmäßiges Zeug, so viel ich mit meinen blöden Augen sehe. Doch ja, die eine dort, die große, scheint ein wenig anders zu sein, als der Alltagsschlag. Aber sie wird aus der Stadt sein und das Ding zu ihrem Vergnügen mitmachen. Doch was geht das uns an, gehen wir ein Stück weiter." Aber Xaver hörte kaum etwas von

diesen Bemerkungen, er sah nur und zwar gerade auL die Gemeinte, die ernst und wie sinnend an ihm vomüerschntt. Sie unterschied sich wirklich sehr zum Vorteil von iuren Genossinnen, die meistens runde Alllagsnädchen waren mit nichtssagenden Gesichtern und ziemlich buntem und geschmacklosem Aufzug. Das Gesicht, in das der Kraxenmann mit seinen ernsten Augen, ii denen ein fremdes Feuer aufgewacht, starrte, war ernst im Schnitte, brünett im Tone, aber rosig im Schmelz der Jugend. Auch ihr Mund zog sich wie schwermütig etwas abwärts und die vollen Lippen waren fast stets geschlossen« Die Gestalt war ziemlich hoch und fast ein wenig vornehm, die Hände merkwürdig heiß. Obwohl sie nicht gerade regelrecht schön genannt werden konnte, lag doch über ihrem Wesen jene stille Anwut, die ungesucht jeden fess.lt

Sie hatte den Kraxenmann wohl schon von fern gesehen, aber erst im Vorübecgehen warf sie ihm einen grüßenden Blick zu, während ein leichtes Rot ihr bis zur Sti:ne stieg. In diesem Momente fand sie Xaver entzückend, und während er lciie den ausdrucksvollen Kopf zum Gruße neigte, glänzten lebhaft seine Augen.Alter Knabe, ich glaube gur, du bist verliebt," verhöhnte ihn sein Vater, der ihn aufmerksam betrachtet hatte.Gott, wie dumm die Leuts heutzutage find! Eine vornehme Mamsell für einen Kraxenmann! Hi, hi, ich gäbe einen Schmie» gervater, der sich gewaschen und geflickt hat!" Er sah höhnisch und doch voll Befriedigung an sich hinunter.

Xav.r war noch mehr erglüht, aber diesmal aus Unwillen, der auch in seiner Stimme zitterte, als er etwas rasch erwiderte: Ich habe es Euch schon hundertmal gesagt, Ihr sollet Euch besser kleiden, Vater. Ihr prahlt mit Eurer e.togeaen Armut, wie manche mit ihrem erlogenen Reichmm. So lange ich lebe und arbeiten kann, wird es Euch nicht an Kleidern und Zehrung fehlen." Damit schritt er den Weg bergab, dem die betende Karawane entstiegen war.