Unterschied, daß es beim einen zutraf und beim andern nicht.
* (Vers chiedenes.) In Cannstatt brannte die elektro-technische Fabrik, eines der interessantesten Etablissements des Landes, vollständig nieder. Die wertvollen Modelle konnten gerettet werden, dagegen verbrannten sämtliche Geschäftsbücher. — In der Hallberger'schen Buchdruckerei in Stuttgart brachte ein Taglöhner, Vater von 5 Kindern, seine rechte Hand in die Rotationsmaschine, wobei dieselbe so zugerichtet wurde, daß sie abgenommen werden mußte. — In Heilbronn hat ein im besten Alter stehender Mann in vergangener Nacht dnrch Oesfnen der Pulsader seinem Leben ein Ende gemacht. Der Unglückliche war mit Verfolgungswahn behaftet. — In Simmersitz ose n ertränkte sich die Frau des dortigen Gastwirts dadurch, daß sie ihren Kops in eine in ihrem Keller angesammelte Wasserlache steckte. — In Cannstatt sind am 29. April die Nachtigallen angekommm.— Im Uhlbachthal stehen die Bäume in schönster Blüte. — Die Kirschenblüre im Neidlinger und Lenninger Thal, bei Kirchheim u. T., hat seit zwei Tagen begonnen und bietet einen herrlichen Anblick dar; ebenso sind die anderen Früh- obstbäume im Begriff, ihren Blütenschmnck zu entfalten.
* Pforzheim, 27. April. Den Milch- wässerern wird hier scharf an die Finger gesehen. So hatten 4 Milchfrauen aus Schell- bronn das Vergnügen, ihren frisch gewässerten Milchvorratat von 86 Liter iu's Waisenhaus abzuliefern.
* München, 1. Mai. Um die vergangene Mitternacht brach auf dem Malzdarrboden der Eberl-Branerei an der Sendlingerstraße ein großes Feuer ans, das bei den weit nmher- fliegenden Fnnkengarben einen sehr gefährlichen Charakter annahm, dnrch die Anstrengungen der in ihrer Gesamtstärke herbeigeeilten Feuerwehr aber schließlich auf seinen Herd beschränkt wurde. — Eine Verunglückung ist soweit bis jetzt bekannt, nicht vorgekommen.
- Mainz, 28. April. Nachdem erst vor etwa einem Jahre ein evangelischer Theologe zum Katholizismus übergetreten ist, ist im Laufe der vorigen Woche abermals ein seitheriger Studiosus der protestantischen Kirche in einer hiesigen Kapelle zum Katholizismus übergetreten. Fast in demselben Zeitraum, in welchem beide Herren den katholischen Glauben annahmen, sind zwei hiesige Volksschullehrer von der katholischen zur evangelischen Kirche übergetreten.
Berlin, 29. April. Heute verlautete hier, die Verhängung des Kriegszustandes über Elsaß- Lothringen sei zu gewärtigen.
* Berlin, 30. April. Die Budgetkommission des Reichstags hat heute den ganzen Nachtragsetat für militärische Zwecke erledigt. Von den 52 Millionen Mark zur Steigerung der Opera- tious- und Schlagfertigkeit des Heeres fällt
nach den Aufklärungen des Kriegsministers ein sehr beträchtlicher Teil auf die Ausrüstung mit dem neuen Gepäck. Es handelt sich, wie die „Frs. Ztg. mitteilt, überall um einmalige Beschaffung von Gegenständen, welche sonst bei der Mobilmachung oder während des Krieges beschafft werden müßten. Der Kriegsminister erklärte, daß nach Anschaffung aller geforderten Gegenstände das Heer sich stn einem wirklich vortrefflichen Zustande der Schlagfertigkeit und Operationsfähigkeit befinden würde. Daher könne er alsdann die Militärverwaltung für eine absehbare Zeit für derartige außergewöhnliche Dinge abgefnnden erklären. Die Position wurde einstimmig bewilligt.
" B e r l i n, 30. April. Der Botschafter Herbette reist heute mittag nach Paris und hat, wiedie„Nordd.Allg.Ztg." meldet, einenvierzehn- tägigen Urlaub, um seine auf einige Zeit nach Frankreich reisende Familie zu geleiten.
* Berlin, 1. Mai. Die „Nordd. Allg. Ztg." publiziert eine Note, welche in der Angelegenheit der Verhaftung des französischen Polizei- kommissarius Schnäbele unter dem 28. April seitens der kaiserlichen Regierung an den hiesigen französischen Botschafter gerichtet worden ist. Derselben entnehmen wir folgendes: Die stattgefnndenen Erhebungen ergaben als zweifellos, daß die Verhaftung in ihrem ganzen Verlauf ausschließlich auf deutschem Gebiet und ohne Ueberschreitnng der französischen Grenze vor sich gegangen ist. — Das gerichtliche Verfahren gegen Schnäbele hat das Verbrechen des Landesverrates, begangen im Gebiete des Deutschen Reiches, zum Gegenstände und die gerichtliche Verurteilung Schnäbeles wird unter diesen Umständen nicht zweifelhaft sein können und voraussichtlich um so strenger ansfallen, als Schnäbele bei feiner strafbaren Thätigkeit das Ansehen gemißbrancht hat, welches ihm seine Stellung in dem, ein besonderes Maß von gegenseitigem Vertrauen voranssetzenden amtlichen Grenzverkehr beider Länder verlieh. Wenn der Unterzeichnete dennoch für seine Pst cht gehalten hat, den Befehl zur Freilassung Schnäbele's von dem Kaiser, seinem allergnädigsten Herrn zu erbitten, so ist er dabei von der völkerrechtlichen Auffassung geleitet worden, daß Grenzüberschreitungen, welche auf Grund dienstlicher Verabredungen zwischen Beamt n benachbarter Staaten erfolgen, jederzeit als unter der stillschweigenden Zusicherung freien Geleites stehend anzusehen seien. In diesem Sinne hat er, unter voller Anerkennung der Berechtigung des Verfahrens der diesseitigen Gerichte und Beamten, das Sachverhältnis bei Seiner Majestät dem Kaiser zum Vortrag gebracht; Allerhöchstdieselben haben dahin zu entscheiden geruht, daß in an- betracht der völkerrechtlichen Motive, welche für- unbedingte Sicherstellung internationaler Verhandlungen sprechen, der Schnäbele trotz seiner Festnahme auf deutschem Gebiet und trotz der gegen ihn vorliegenden Schuldbeweise in Freiheit zu setzen sei. (gez.) von Bismarck.
welcher auf Veranlassung des in Stuttgart gegründeten Vere ns für evangelische Mission für Kamerun hierhergekommen war, in der Hauptsache mit religiösen Verhältnissen an der Westküste Afrikas, speziell in Kamerun. Er bestritt den Satz, daß die Religionen sich von unten nach oben entwickeln und führte ans, daß an der ganzen Westküste Afrikas früher ein Gottesglaube bestanden, der erst zu einem Geisterglauben, nachher zur Zauberei, zur Fetischanbetnng herabgesunken sei. Redner schilderte eingehend den strammen Zusammenhalt der Fetischpriester, die Sippschaften, welche sie bilden, wodurch sie eine große Macht erlangen und das Volk in Abhängigkeit erhalten. Redner kam sodann ans die segensreiche 30jährige Wirksamkeit der englischen Mission in Kamerun zu sprechen, wie er überhaupt der Baptisten-Mission alle Gerechtigkeit widerfahren läßt. Römer machte sodann noch einige Mitteilungen über das Programm, welches die Basler Mission für Kamerun entworfen hat. Fünf Missionen sind dort am 23. Dez. 1886 angekommen, von denen der eine (Becher) arer bereits gestorben ist. Im Herbst werden noch 3—4 Missionen dorthin abgehen. Man werde eine ganz besondere Aufmerksamkeit den Schulen zuwenden. Der hier gegründete Verein für evang. Mission in Kamerun hat schon eine ziemliche Anzahl Mitglieder gewonnen.
* Stuttgart, 29. April. In den letzten 8 Tagen kam hier ein ganz bedeutender Diebstahl von Wertpapieren vor. Es kamen abhanden Obligationen des Kreditvereins Stuttgart, der Allgem. Rentenanstalt daselbst, ferner Württembergische, Oesterreichische, Schwedische, Russische Staatspapiere und endlich drei Nenten- versicherungsurkunden. Die Wertpapiere repräsentieren eine Summe von etwa 25 000 Mark und sind teilweise auf den Namen des Bestohlenen eingeschrieben; zu einem großen Teil der Papiere fehlen die Coupons-Bogen.
^ Das Stuttgarter „Nene Tagblatt" erzählt folgendes Geschichtchen: Sitzt da kürzlich in den schönen Tagen des hiesigen Hnndemarkts ein biederer Bürgersmann von Dingsdadrüben in Gesellschaft mit seines Hauses redlichem Hüter, einer prächtigen Nlmer Dogge, in einem hiesigen Bierhause, wo man auch außer zur Zeit der Hundemesse gerne nach Hunden fragt, und betrachtet mit sichtlichem Wohlgefallen feinen getreuen Bullenbeißer. Aber dessen „reizende" Gestalt lockt auch andere Verehrer des Hundesports zur Bewunderung an und bald spricht die ganze Gesellschaft nur von dem Wundertier. Ein sächsischer Händler bietet sogleich 150 Thaler. „Noi Herrle," meinte der Bauer, „so billig thue mers net; unter 400 Mark ist nichts z'machet." Der Sachse, sofort Herr der Situation, handelt nun auf Mord und Brand noch 20 M. vom Kaufpreise ab und zählt hernach 380 M. in klingender Münze auf den Tisch. Bald nachher sah man den Käufer und Verkäufer froh von dannen ziehen; glaubte doch jeder ein glänzendes Geschäft gemacht zu haben, nur mit dem
Aas Gold des Heufeks.
Erzählung von A. v. Winterfeld.
(Fortsetzung.)
„Hört nur weiter, Vater! es ist ja noch nicht zu Ende . . . also:
„Dann habe ich den armen Wurm in meine Schürze gewickelt und meinem guten Manm erzählt, ich hätte es am Wege gefunden. Gott verzeihe mir meine Lüge, die mir nie schwer auf's Gewissen gefallen, denn wenn ich Loriot die volle Wahrheit eingestanden, würde er die Tochter unseres alten Henri mit Respekt behandelt haben, der uns leicht hätte verraten und in große Gefahr bringen können."
Der Müller stand wie betäubt, als er das hörte, während Gilbert den Brief mit Küssen bedeckte
„O meine gute Mutter," rief er immer einmal über das andere, dann las er weiter:
„Jetzt, in dem Augenblicke, wo ich diese Zeilen schreibe, liegt die kleine Marquise neben unserem kleinen Gilbert, und Papa Loriot sitzt auf einem Stuhle daneben und wiegt die beiden Kinder und summt ein leises Schlummerliedchen dazu. - Wir haben sie Rose genannt, weil Ihr sie unter einen Rosenstrauch gelegt, und ich sie von dort abgeholt hatte.
Gott zum Gruß
Jeanette Loriot."
„Rost!" wiederholte der Müller mit dumpfem Tone . . . „Rose!"
Gilbert bemerkte in seinem Freuden-Paroxysmus nicht die Versteinerung. in die sein Vater verfallen.
„Gelobt sei der gütige Gott, daß er sie in unser Haus brachte und daß sie arm ist!" ries er aus; „denn nun werde ich für sie arbeiten, und wenn sie eines Tages glücklich ist, dann bin ich es, dem sie alles zu danken hat!"
„Rose!" wiederholte der Müller, stier vor sich hinblickend... „Rose!"
„Aber ihren Namen uno ihre Familie muß sie kennen lernen," fuhr Gilbert in seinem Eifer fort... „es ist ein ehrlicher Name, wie der Einige, Vater . . . vom Marquis sagte mau: der brave Müller . . wenn man einen so guten Ruf von seinem Vater erbt, das ist auch etwas wert . . . mehr als bloßer, schnöder Mammon!" . . . weit mehr . . weit mehr. . . wenn man so stolz auf seinen Vater sein kann, wie ich es auf Euch bin! Und ich hebe meinen Kops hoch und erzähle es jedem, der es hören will: ich bin der Sohu vom braven Vater Loriot, und ich habe mir ihn zum leuchtenden Vorbilde genommen auf meiner Lebensreise . . . ist's so nicht recht, Vater . . . wie?"
Der Müller vermied den Blick Gilberts; doch dieser gab nicht acht darauf, sondern sah mit strahlenden Zügen nach Roses Kammerthür hinüber, als wollte ec sie mit den Augen zu sich herauslocken.
Der Vater zupfte ihn am Aermel.
„sage doch . . . Gilbert," redete er ihn an, „du sprichst mit solchem Feuer, wie ich es nie von dir gehört . . . solltest du vielleicht in Rose verliebt sein?"
Der junge Mann stutzte und sah seinen Vater verwundert an.
„Verliebt?" . . . wiederholte er . . . „verliebt. . . nein! . . .
ich glaube nicht ... ich habe wenigstens nie darüber nachgedacht . . .
aber es ist mir plötzlich ganz anders um's Herz geworden ... wie ich
es früher nie gefühlt ... es kann daher auch wohl sein, daß ich . . .
daß ich . . ."
Der Müller wurde nachdenklich. — Die Sache ließ sich vielleicht doch arrangieren ... wenn die beiden jungen Leute sich heiraten, dann . . .
Hier unterbrach er selbst seinen Gedankengang und bat Gilbert, ihn mit Rose allein zu lassen; er werde ihr einmal auf den Zahn fühlen. Der Sohn entfernte sich, und kaum hatte er den Vater verlassen, so trat Rose, wie gerufen, aus ihrer Kammerthür.
Sie trug ein Bündel am Arme und ging mit gesenktem Blick auf