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«icht verhindert werde». In kurzer Zeit brannte auch eine anstoßende Scheuer und die Wohnhäuser der Herren Schneidermeister Strehleiu und Schuhmacher Meunier. Während die Schrozberger Feuerwehr, sowie die zur Hilfe herbeigeeilten Feuerwehren von Niederstetten und Oberstetten fieberhaft tätig waren, schlugen die Flammen plötzlich auch au» dem Geschäftshaus de« Kaufmann» Jäger, da« etwa« abseits südlich de« Brandplatze« lag und kurz darauf gingen auch die nördlich des Brandplatze» gelegenen, im Gemeindebesitz befindlichen Schafscheune und Spritzenhaus in Flammen auf. Da« in nächster Nähe gelegene Rathau« und die Kirche waren sehr gefährdet. Uebrr die Ursache de« Brande« läßt sich nicht« bestimmte« melden. Der Gebäudeschaden dürfte sich schätzungsweise auf 50 bi» 60000 Mk. belaufen. Infolge de« ausgebrannte« JSger'schen Warenlagers ist der Mobiliarschade» ebenso hoch anzunehme».
Ulm 8. Mai. (Max v. Eyth - Feier.) Am Samstag mittag wurde an der einstigen Wohnstätte von Max v. Eyth an der Lichtensteinstraße auf dem Michelsberg da« von der Stadt Ulm dem großen Manne gesetzte Denkmal, eine Gedächtnistafel, enthüllt. Die Tafel ist nach dem Entwurf de« Stadtbaurats Roman« vortrefflich gelungen. Anwesend waren Vertretungen de« hiesigen Altertumsverein», des mathematischen Verein», de» Verein» Alt-Ulm und de» Korps Stausfia-Stuttgart. Im Name« der Stadtverwaltung hielt Oberbaurat Schimpf eine Ansprache. Das Stuttgarter Korp» Stausfia und der Württ. Journalisten- und Schriftstellerverband ließen am Grabe de« Dahingegangenen anläßlich der Wiederkehr seine» 70. Geburtstages Kränze niederlege«.
Ulm 6. Mai. Da« Schwurgericht hat nach dreitägiger Verhandlung auf Grund von Indizien den 45 Jahre alten Taglöhner Leutz von NafsachmÜhle, OA. Schorndorf, wegen Mord» und schwere« Raubs, begangen an dem Bauern Joh. Knaupp von Nassach, zum Tode und zur Aberkennung der bürgerliche« Ehrenrechte verurteilt.
Pforzheim 8. Mai. Der hiesige Glaserstreik dauert noch fort. Die Gehilfe», die jetzt 52 ^ erhalten, fordern 10 ^ mehr. Die Meister wollen aber nur 6 ^ bewillige». Auch bei den Schlosser» fürchtet man einen Streik. Der Metallarbeiterverband hat de» Meistern neue Forderungen überreicht, weil noch keine Einigung erzielt ist. — In einem Anwesen
der St. Georgevsteige fand man heute früh die Ehefrau de« Schneidermeister« Fr. Rehm turch Messerstiche schwer verletzt vor. E« ist ei» Mordversuch auf sie gemacht worden und zwar ist der Täter wahrscheinlich der eigene Ehemann, der die Frau schon seit 14 Tagen mit lebensgefährlichen Bedrohungen verfolgt. E« ist noch nicht gelungen ihn festzunehme».
Hamburg8 Mai. Nachdem am Sam»tag in einer Versammlung der Bäckerinnunge« von Hamburg, Altona und Wandtbeck beschlossen worden ist, die Forderungen der Gesellen abzulehnen, haben gestern die Bäckergeselle« mit 1311 gegen 30 Stimmen bei 210 Stimmenthaltungen beschlossen, sofort in den Streik einzutreten.
Vermischtes.
Die Karriere des sprechenden Hunde«. Don, der redselige Vierfüßler au» der Letzlinger Heide, ist jetzt, nachdem der Zoologe Dr. Vofseler-Hamburg und der Physiologe Prof. Stumpf Berlin seine abnormen Fähigkeiten sozusagen offiziell attestiert haben, zu einer europäischen Berühmtheit und gesuchten Variete- Attraktion gcworden; schon im Wintergarten hat der einstige Jagdhund eine „Gage" von 12000 Mark bezogen, und mit einer noch weit höheren Gage ist Do» für den Mai dem Etablissement Ronachrr in Wien verpflichtet. Aus England und Amerika haben sich telegraphisch verschiedene große Manager an Don« Impresario gewandt, die für einen Monat Gagen bi« zu 40000 Mark boten. Diese Anträge sind aber bisher abgelehnt worden, da da« jetzt so ungeheuer wertvoll gewordene Tier nicht den Zufälligkeiten einer Seereise ausgesrtzt werden soll. Don wird überhaupt jetzt behütet wie die empfindsamste Primadonna. Er hat seinen eigenen Tierarzt bei sich, ganz wie Caruso seine» Kehlkopfspezialiste», und während seines Engagements in Berlin ist Don Tag für Tag von seinem Jmpreffario im Auto nach dem Grunewald geführt worden, damit er sich dort tüchtig auSlaufe. Seine Re!se nach Wien legte Do» nicht etwa im Hundecoup ö zurück, sondern in einem Abteil 1. Klaffe, da« eigen» für ihn und seine menschliche Begleitung reserviert war. Die Uebersiedlung war infolgedessen nicht ganz billig, aber Don hat e« ja dazu. Sein wertvolles Leben ist übrigen» bei Lloyd mit einer gewaltigen Summe, man spricht von 250 000 Mark, versichert. Eine deutsche Gesellschaft wollte bei dem immerhin schon hohen Alter Don« das Geschäft nicht machen.
übersteigen zum Teil weit den Prei», der auf den andere« Marktorten in Deutschland erzielt wird. Gegenüber dem Reichsdurchschnitt war auf dnn würltembergischen Märkten teurer Weizen um 2.97 pro Dz., Gerste um 3.75 Roggen um 4.29 ^ und Hafer um 1.95 ^ pro Doppelzentner.
Eßlingen 8. Mai. In große Aufregung wurden Paffanten und Bewohner der Obertorstraße gestern abend versetzt. Ein etwa 28jähriger Mensch verfolgte einen jungen Bursche» mit einem offenen Taschenmesser, bi« er durch einen Schutzmann festgenommen und zur Wache gebracht wurde. — Bei dem Gewitter am Samstag abend schlug der Blitz in da» sehr hohe Fabrikkamin der Firma Heinrich Otto und Söhne in Unterboihingen. 30—40 Meter weit flogen herausgeschlagene Steiastücke und Splitter an die unweit des Kamin« stehende» Schedbauten und richteten Schaden an den GlaS- oberlichtfenster« sowie an den unter ihnen liegende» Maschinen an. Da» Kamin wird wohl ein Stück abgetragen werden müssen, da der Schlag eine sehr tiefgehende Zerstörung hivterlaffen hat.
Eßlingen 6. Mai. (Gegen die Maikäfer.) Da in diesem Jahre die Maikäfer wie in vielen anderen Gegenden de» Lander, so auch hier schädlich auftrete«, so schreibt das Oberamt vor, daß die Ortsvorsteher das Sammeln von der Gemeinde aus veranlasse», sobald sie in größerer Menge auftreten. Andernfalls müssen die Maikäfer unter Mitwirkung der Grundeigentümer gesammelt werden. Da» Sammeln der Maikäfer ist solange fortzusetzen, als der Flug andauert.
Nürtingen 8. Mai. Al» unvorsichtiger Schütze hat der Flurschütz in Neckartailfingen von sich reden gemacht. Gerade al« er im Begriff war, ein in einem Garte» freilaufende« Huhn wegzuschießen, trat aus dem angrenzenden Bauernhause eine ca. 40 Jahre alte ledige Frauensperson, der die Schrotladuug größtenteils in» Gesicht drang und ein Auge schwer verletzte, sodaß deren sofortige Ueberführung in die Klinik «ach Tübingen veranlaßt werden mußte.
Schrozberg 8. Mai. lieber da« große Feuer wird weiter berichtet: Gegen 10 Uhr «acht« bemerkten heimkehreude Einwohner bei der ehemal« Rottach'schrn jetzt im Gemeindebesitz befindlichen Scheune Rauch (Brandgeruch). An den Futter- und Oehmdvorräten fand da« Feuer reiche Nahrung. Trotz de» raschen Aufrückens der Feuerwehr konnte die Ausbreitung de« Feuer«
Me Äßmimns.
Roman von CourthS-Mahler.
(Fortsetzung.)
Und es war auch besser, wenn Bettina ging — wenn sie Ernst nicht mehr wiedersah. Es würde ihr furchtbar sein, seine schweigende Verachtung zu ertragen. Da war e» doch besser, sie traf gar nicht mehr mit ihm zusammen.
Tränen stürzten au» ihre» Augen. Vorbei war e« nun mit ihrem stillen, scheuen Glück, da» sie im täglichen Verkehr mit ihm gefunden hatte. Wie schön und herrlich war e« gewesen, wenn sie mit ihm spazieren gehe« durfte, wenn er sich so liebevoll und brüderlich mit ihr beschäftigte. Ach — sie hatte ja nie mehr vom Leben verlangt al« diese stillseligen Stunden. Nun war e» au« damit. Grau und öde lag die Zukunft vor ihr. Sie erhob sich müde und begann ihre Sachen zusammenzupacken. Und dabei sann sie unruhig darüber »ach, wo sie hingehen sollte. Sie hatte ja keinen Menschen auf der Welt, der ihr hätte raten und helfen könne». Natürlich mußte sie fort au» der Stadt. Gottlob, daß sie Geld hatte. Ach, gute», liebes Großtanting — nun werde ich es brauchen, das Geld, da» du mir in unerschöpflicher Güte hinterlaffen hast.
Vielleicht konnte sie zuerst einmal eine der so oft in der Zeitung angepriesenen Pensionen aufsuchen. Wo hatte sie denn neulich erst davon gelesen? Ach ja — auf einem Druckbogen — einer Zeitungsbeilage. Wo hatte sie die hingeta»? Halt — hier im Tischkasten vielleicht. — Sie kramte mit zitternden Händen da» Blatt hervor und überflog die Anzeigen. Richtig — hier: „In einer Pension, herrlichste Lage des Thüringer Walde«, finden Familien und auch einzelne Damen angenehmen, nicht zu teuren Aufenthalt für kürzere oder längere Zeit. Nähere» bei Fra« Dr. Hartung, Ilmenau." Da« war wohl für sie paffend — wie gut, daß sie sich da» Zeitnng»blatt ausbewahrt hatte. — Sie wollte e» al» eine« Schicksalswink betrachte» und zuerst dorthin ihre Schritte'linken, bi» sie fähig war, Pläne für die Zukunft zu schmieden.
Etwa« wie Ruhe kam über sie, al« sie diesen Entschluß gefaßt hatte. Sie begann nun eifrig ihre Sachen zusammenzusuchen. Das Nötigste
packte sie in einen alte» Lederkoffer, in dem einst ihre wenigen Habselig- keite» hier in» Haus geschafft wurden. Sie hatte sich nie von ihm trenne« möge». Nun sollte er mit ihr hinau« in die Verbannung. —
Wie oft war ihr da« Leben hier im Hause schwer und drückend erschienen. Nun sie aber fort sollte, war ihr zumute, al« müsse sie eine liebe, teure Heimat verlassen. Hatte sie doch »eben manche» trüben, auch lichte und schöne Stunden hier verlebt. Großtanting» Liebe und Güte hatte ihr viel geschaffen und in letzter Zeit auch Ernst.
Ernst! —
Heiße Tränen überfluteten wieder ihr Antlitz. E« war doch dar Schwerste, daß sie von ihm gehen mußte — von ihm verachtet und verurteilt.
*
Ernst war, al» er da» Hau» am Morgen verlassen hatte, nicht in sein Büro gegangen. Erst lief er eine Stunde im Freien herum, um sich einen klaren Kopf zu schaffe». Dabei überlegte er sich, wie er Bühren entgegentreten und überhaupt Bettina« Schicksal sichern sollte.
Schon nach zehn Uhr stand er dann vor Bührens Wohnung. Der Bursche sagte ihm, sein Herr wäre vom Dienst noch nicht nach Hause zurückgekehrt, er müsse jedoch bald heimkommen. Ernst beschloß zu warten, und der Bursche ließ ihn eintrete».
Eine Viertelstunde später kam Bühren. Er stutzte betroffen, al« er seinen Besucher erkannte.
„Sie, Herr Baumeister?"
Ernst hatte sich erhoben und sah ihn fest und forschend an. Dann sagte er langsam und schwer:
„Gestern abend gegen neun Uhr ging ich mit meinem Bruder und mit einigen an.eren Herren auf der gegenüberliegenden Straßenseite an Ihrer Wohnung vorüber — und sah Sie mit einer Dame da» Hau» verlassen."
Bühren fuhr erblassend zurück. Seine Augen wurzelte» jedoch fest und furchtlo» in denen seines Besucher«. Ernst sah ihn düster an.
(Fortsetzung folgt.)