* München, 29. Nov. Der Prinzregent trifft morgen früh in Berlin ein. In seiner Begleitung befindet sich auch Minister Crailsheim.
i .* Vom Militärbezirksgericht Würz bürg ! wurde der Gendarm Johann Pohley von Hochhausen bei Königshofen zu 9 Jahren Festungshaft verurteilt, weil er sich in der Trunkenheit an seinem Stationskommandanten thätlich vergriff.
* Augsburg, 28. Nov. Vor dem Schwurgerichte dahier hatte sich gestern der 30 Jahre alte Taglöhner Anton Brutscher von Buchenberg, B.-A. Kempten, wegen Verbrechens des Lustmordes zu verantworten. Die bei beschränkter Oeffentlichkeit geführte Verhandlung endigte mit der Verurteilung des Angeklagten zu 15 Jahren Zuchthaus. (Brutscher hat am 21. Sept. 1884 das Kmd des Bauers G. Freundling von Lugemoos b. Kempten vergewaltigt und hielt ihm dabei den Mund zu, wodurch das Kind erstickte.)
* Frankfurt, 26. Nov. Ueber ein scheußliches Verbrechen, das in der Nähe Bockenheims an einer alten Frau verüb: wurde, meldet das Fr. I.: Eine 84 Jahre alte Frau von hier begab sich am Mittwoch kurz nach 12 Uhr mittags nach Frankfurt, um einen Geld- betrag einzuztehen. Da die Fra» weder am 24. noch am 25. zurückkam, suchten die Angehörigen nach ihr, aber erst den 26. früh gelang es, die Vermißte aufzufinden. Sie lag bewußtlos nächst dem Rödelheimer Sandweg. Das Gesicht der unglücklichen Greisin war völlig zerschlagen und zerkratzt und trug Spuren von Fußtritten. Der Korb, welchen sie aus ihrem Gang nach Frankfurt bei sich trug, fand sich noch vor, dagegen war das darin gewesene Sparkassenbuch über 700 M., nebst 8 M. bar, entwendet. Mit ärztlicher Hilfe wurde die Ohnmächtige wieder zum Bewußtsein gebracht; es ist jevoch fraglich, ob sie die Folgen der Mißhandlung und des laugen Liegens im Freien überstehen wird.
* Ludwigslust, 27. Nov. Das mörderische Attentat eines Realschülers auf einen Schulkameraden bildet seit einigen Tagen das Gesprächsthema in unserer sonst so stillen zwei- ten Residenzstadt des Landes. Zwei Pensionäre in der Pension des Realschuldirektors Sonnen- burg, welche schon längere Zeit miteinander grollten, gerieten dieser Tage in Streit, der rasch in Thätlich! eir übergieng. Fast gleichzeitig zückten beide Schüler die Messer aufeinander und in demselben Augenblick lag auch schon der eine, ein Mexikaner, blutüberströmt, am Boden. Der Messerstich hatte alsbald den Tod zur Folge. Die oorgestern vorgenommeue Sektion der Leiche ergab, daß der Stich dis in's Herz gedrungen war. Der Getötete ist der einzige Sohn seiner Eltern; er wird auf dem hiesigen katholischen Kirchhof begraben werden. Bon der Verhaftung des Attentäters hat man gegen Hinterlegung einer Kaution von 5000 M. Abstand genommen.
Prawitz. „Du wirst übermorgen einen vieczehntägtgen Urlaub cinholen, den ich schon höheren Orts erbat und mit der Bahn bis Pomritz fahren; von dort mußt du noch per Wagen einen Weg von zwei Stunden zurücklegen, um nach Groß-Palzow zu gelangen, wo sich augenblicklich im Schlöffe ihrer Tante Komtesse Julie aufhält, die ich für geeignet fand, sich mit dir zu vermählen.*
„Ah! Also die Palzow ist mir zugedacht!* rief Hans mit erstauntem Gesichtsausdruck. „Die kenn' ich ja! Ich sah sie damals, wie mich der Papa auf die Kadettenschule brachte! War ein langauf- geschossenes Ding mit strohgelben Haaren. Sie hatte drei große Sommer- flccke auf der Nase und that immer sehr vornehm. Hm, sie kam mir damals aber durchaus nicht schön vor!'
„Sie soll sich indessen zu einer blühenden Jungfrau entfaltet haben,* entgegnete auf diesen Etnwurf ruhig die Frau Mama. „Aus Kindern werden ja Leute und es ist eine bekannte Thatsache, daß häßliche Kinder später schön werden. Uebrigens ist Schönheit vergänglich, und nur ein makelloser Charakter bildet die Basis zu einer glücklichen Ehe. Komtesse Julie wird mir als Muster eines weiblichen Wesens geschildert.*
„Sol* gab Hans langsam zur Antwort. Jetzt erst schien ihm einigermaßen klar z« werden, daß es ein wichtiges Ereignis seines Lebens war, das eben verhandelt wurde. Er räusperte sich, als ob ihm etwas in die Unrechte Kehle gekommen sei und ging einige Schritte hin und Her; der riesenhafte Bernhardiner folgte ihm dabet anf den Fersen. Plötzlich blieb Hans mit einer kurzen Wendung vor seiner Mutter stehen. .„Wenn sie mir nun aber nicht gefällt, Mama, sagte er keck und blickte sie grob an, ebenso der Hund.*
„Das ist nicht anzunehmen, * entgegn ete diese bestimmt. — „Komtc sie Palzow ist eine geradezu glänzende Partie, um die dich jedermann beneiden wird.*
gestohlene» Wertsachen vetkntwortlichev belgische» Staate aus dem Diebstahl erwächst, auf etwa 1 Million Francs.
* Dublin, 29. Nov. Zahlreiches Militär und Polizei ist inSligo konzentriert. Infolge eines Verbots des Btzejöutgs fand das Meeting nicht in Sligo statt, wurde vielmehr infolge eines geheimen Arrangements tu einem Dorfe in der Nähe der Stadt abgehalteu. Die De» putierten O'Brten und Kelly hielten Reden und sprachen unter heftigen Angriffen' gegen die Regierung die Absicht aus, dje Bewegung fort- zusetzen. Nur eine geringe Polizeimacht war anwesend. — Die Regierung beschloß, O'Brten ebenso wie Dtllon gerichtlich zu Verfolgt«.
* Wie der „Kreuzztg.* äus Bukarest berichtet wird, hat die dort eingetroffene, von Stojanow geführte bulgarische Deputation, die sich zum Fürsten Alexander von Battenberg begeben sollte, Gegenbefehl (von wekl?) erhalten. Nur Stojanow allein, der ein persönlicher Freund des Fürsten Alexander ist, dürfte stch, Hvte es heißt, nach Jugenheim begehen.
* Pete rs bürg, 28. November. Ueber die deutsche Thronrede äußern stch die Blätter mit Zurückhaltung. Nur die „Nowosti* schreibt: Die Rede bezeugt, daß man die Schiffe nicht hinter stch verbrennen wolle. Die Thronrede enthält zwar friedliebende Erklärungen, aber keine Beweise dafür, denn die Friedensliebe Deutschlands sei ein leerer Schall. Die eilig betriebene Verstärkung der deutschen Armee sei der vrste Maßstab für die wahre Bedeutung der Thronrede. — „Nowoje Wremja* nennt die Stelle über die enge Freundschaft zu den Nachbarmächten ein alljährlich wiederkehrendes Gliche, sagt indes, es vertraue der Friedensliebe des Kaisers Wilhelm. Damit scheinen aber auch die Gegner Rußlands in der bulgarischen Frage zu rechnen, indem sie neue Kampfmittel suchen. Als ein solches Kampfmittel sei der Antrag Italiens zu betrachten, die Frage des russischen Thconkandidateu zuerst der großen Sobranje vorzulegen.
* Konstantinopel, 28. Nov. Kaulbars ist abgereist, nachdem er vom Sultan empfangen worden war. Er wurde allseitig mit Ehrenbezeugungen überhäuft. Er soll auf die Notwendigkeit der Besetzung Ostrumeltens durch die Türken und Bulgariens durch Rußland hillgewiesen haben, falls die Regentschaft nicht weiche.
Hasdel «ü» Verkehr.
* Heilbronn, 30. Nov. (Ledermarkt.) Von den recht bedeutenden Zufuhren ist der größte Teil bereits verkauft. Der Verkehr ist lebhaft bet teilweise unbefriedigenden Preisen.
* Dillingen a. D., 16. Nov. Ltehmarkt. Zutrieb: 100 Stück Ochsen, 272 Stück Kühe, 342 Stück Jungvieh, zus. 714 Stück. Verkauft wurden: 12 Stück Ochsen, 92 Stück Kühe, 68 Stück Jungvieh, zu». 172 Stück.
Für die Redaktion verantwortlich: W. RiÄer, Wmsteig.
„Aber wenn ich ihr nicht gefalle?* erwiderte Hans, mit einem ge> wissen Nachdruck im Ton.
„Das ist noch weniger anzunehmen,* gab lächelnd Mama zurück.
Diese Meinung schien Hans nicht ganz zu teilen. Er nahm seine Wanderung wieder auf, und als er zufällig au dem großen Krhstall- Spiegel vorbeischlitt, der zwischen den beiden hohen Fenstern des eleganten Gemachs angebracht war, blieb er davor stehen und ließ einen prüfenden Blick über seine Figur schweifen. Es schien jetzt doch, als fände er den Ausspruch seiner Mama gerechtfertigt; denn mit einem, wohlgefälligen Schmunzeln und zufriedenen Lächeln drehte er den hübschen blonden Schnurrbart und zog stch die hohen Reiterstiefel heraus. Auch die Augen der Frau Majorin ruhten mit Wohlgefallen aus ihrem Sohn, denn Hans von Prawitz war in Wahrheit eine stattliche Erscheinung. Unter d.n Kameraden hieß er nur der „Adonis tu Stiefeln.* Beinahe sechs Fuß hoch, mit breiter Brust und kräftigem Gliederbau ausgestattet, machte er einen geradezu überwältigenden Eindruck, wenn er, angethan mit der schmucken pommerschen Kürasfieruniform und den wahrhaft riesenmäßigen Stiefeln, ans seinem schweren Grauschimmel durch die Straßen ritt, immer begleitet von seinem in gleichem Maße auffallend großen Bernhardiner. Alle Leute blieben stehen, «m ihm nachzuschauen, was anf seinem hübschen, frischen Gesicht immer ein vergnügtes Lächeln her- vorrief, denn Hans war von Charakter der natürlichste, liebenswürdigste Kavalier, allerdings auch etwas unselbständig. In seinem Innern schien ewig Sonnenschein zu thronen. Niemand hatte ihn je tn schlechter Laune gesehen. Nur einmal war die Ruhe seiner Seele auf einige Zeit gestört gewesen; das geschah, als eine wandernde Schauspielertruppe das Heim Garnisonsstädtchen mit ihrem Besuch beehrte.
(Fortsetzung folgt.)
^Dresden, 26. Nov. In einem Pistölen- Duell wurde der Sind. Phil. H. Horn, Mitglied der Burschenschaft „Franconia* in Erlangen, erschossen.
* (Was der Mensch braucht, muß er haben.) In einem Dresdener Blatte steht folgende Anzeige: Ein armer Student bittet edeldenkende Menschen um ein größeres Darlehen zur Anschaffung eines Beloc pedes behufs einer Entfettungskur. Adressen gefälligst snk. V.
Ausland.
* Pest, 29. Novbr. Bei dem vorgestrigen Delegations-Diner sprach der Kaiser gegenüber Sturm seine Befriedigung über den Verlauf der Beratung der auswärtigen Angelegenheiten aus, insbesondere über die einmütige Kundgebung des Vertrauens zu der Leitung der auswärtigen Politik. Sturm erwiderte, das Hauptverdtenst hieran gebühre dem Grafen Kal- uoky, dessen klare Darstellung über die auswärtige Lage eine Uebereinstimmung der gesamten Delegation ermöglichte.
* Bern, 24. Nov. In Pfaffenhofen im Elsaß hat. die Polizei einen glücklichen Fang gemacht, indem sie 3 verwegene Zigeuner, die in der Schweiz die namhafte Summe von 24 000 Fr. gestohlen hatten, festnehmen konnte. Alle drei wurden gefesselt und an die Schweiz ausgttiefert. Ein ebenfalls frecher Diebstahl wurde letzter Tage zwischen Cully und Genf im Eisenbahnwagen an einem nach der Schweiz reisenden egyptffchen Offizier begangen, indem ein Mitreisender ihm während des Schlafes die Reisetasche mit 45000 Fr. stahl und damit verschwand.
* Paris, 27. Nov. In der Deputiertenkammer berührte heute der Bonapartist de la Fosse die Verhältnisse in Bulgarien und meinte: „Frankreich muß bezüglich Bulgariens an dem Berlin r Vertrage festhalten gleich wie Rußland; dieses ha: das bulgarische Volk aus der Knechtschaft befreit und hat das Recht, die Vormundschaft über dieses neugeschaffene Volk zu beanspruchen; alle seine Ansprüche sind vom Geiste der größten Mäßigung eingegeben. Es wird leicht fein, die Interessen Rußlands mit den unsrtgen in Einklang zu bringen.*
* Brüssel, 27. Nov. Heute früh wurde in Verviers am Expe.ßzugc, der Ostende 3Vs Uhr morgens verlassen hatte, entdeckt, daß der Postwaggon, welcher die englische Post nach Deutschland enthielt, erbrochen war. Von ca. 90 Felleisen waren 22 aufgeriffen; wahrscheinlich sind gegen 150 Wertsendungen für Deutschland, Rußland, Oesterreich und den Orient geraubt. Da auch Avisscheine fehlen, so ist der Gesamtverlust noch nicht bekannt. Gewöhnliche Brirfsendungen wurden intakt gefunden. Bis j-tzt fehlt jede Spur der Urheber des Raubes. Der „Jndep. Belg;* zufolge hat die Briefpost namentlich 40 Packete mit Diamanten, welche in Newyork ausgegsben worden waren, enthalten. Man schätzt den Schaden, welcher dem für die