«litten im Frieden. So könne das nicht fort» gehen. „Wir leben in einer schweren Zeit. Die Industrie und der Handel find flau, das Heer und die Flotte wurden vermehrt. Die revolutionäre Kühnheit wächst fortwährend, die auswärtige Lage ist bedrohlich und die Krtegs- gerüchte sind überall verbreitet. Es gilt, sich für den Tag des Zusammenstoßes vorzusehen. Wir haben ein Gewicht von Siegen nicht in die Wagschale zu werfen. Wir können dem Feind bloß die Vereinigung der großen französischen Demokratie entgegenstellen, welche entschlossen ist, die Freiheit zu verteidigen. Aber diese Vereinigung ist nicht vorhanden!* *
* Paris, 8. Novbr. Die französische Regierung hat auf Ersuchen des Pariser Gemetnde- rats die Errichtung eines neuen Denkmals für die erste Revolution auf dem Platze der Tui- lerien bewilligt, doch soll die Einweihung im Jahre 1889 vor der offiziellen Eröffnung der Weltausstellung erfolgen.
* London, 9. Nov. Marquis of Salisbury begab sich gestern zu der Königin nach Windsor. „Times* glaubt, der Besuch des Premiers hänge mit wichtigen Depeschen über die bulgarische Frage zusammen.
* Die russischen Agenten in Bulgarien haben rasch die Konsequenzen des Zwischenfalls in Bur gas gezogen: Der russische Konsul in Burgas zeigte dem dortigen Präfekten au. daß die Absenkung eines russischen Kanonenboots nach Burgas notwendig geworden sei, um die Verbindung zwischen Burgas und Varna aufrecht zu erhalten, da der Telegraph während der letzten Unruhen in der Umgegend von Burgas zerstört worden sei. Eine Depesche berichtet: Der russische Kreuzer „Pamjät Merkurija* ging von Varna nach Burgas, um die Rebellen zu retten.
* Sofia, 9. Nov. Infolge der rechtzeitigen Entdeckung einer von dem russ. Konsul in Philip» popel angezettelten Verschwörung wurde der Belagerungszustand über das Gesamtgebtet von Ost- rumelien verhängt.
* Tirnowa, 9. Nov. Die Sobranje vertagte die Fürstenwahl auf nächsten Mittwoch.
* Tirnowa, 7. Nov. In Burgas ist die Ordnung wiederhergestellt. Die Aufständischen hatten Sträflinge und gemeine Verbrecher auf freien Fuß gesetzt, dieselben in Gendarmerie- Uniformen gesteckt und durch diese den Sicherheitsdienst versehen lassen. Der montenegrinische Pope und mehrere andere Montenegriner wurden verhaftet. Nabokow selbst verließ Burgas. — Die Adreßkommisston ist Ln einen Meinungszwiespalt bezüglich Karawelows geraten, indem ein Teil das Verhalten desselben der Kritik unterziehen wollte. Der Schluß der Sobranje erfolgt in einigen Tagen. Weder die Regentschaft noch das Ministerium zieht sich vor der Fürstenwahl zurück. Ftnanzminister Geschow hat seine Entlassung eingereicht.
* Burgas, 9. Novbr. Die militärischen Posten, welche in der Nähe des russischen Kon
sulats aufgestellt waren, sind von den Behörden zurückgezogen worden. Die ganze Stadt ist von einer Borposteukette umgeben, welche Eingang und Ausgang und jeden Verkehr außer dem mit den Behörden verbietet. Auf Veranlassung des hiesigen russischen Konsulats ist ein russischer Kreuzer hier angekommen. Der entflohene Lieutenant Kischelski soll sich auf dem Kreuzer befinden. In der Stadt herrscht Ordnung; Mustk- banden durchziehen die Straßen.
* New-Jork. Nachdem die New-Iorker Stadtrats - Mitglieder, welche sich hatten bestechen lassen, um die Erlaubnis zum Bau der Broadway-Bahn zu erteilen, wegen dieses Verbrechens dingfest gemacht worden sind und, so> weit es ihnen nicht geglückt, sich durch die Flucht zu befreien, ihrem Prozesse entgegensehen, ist es den Bemühungen des Untersuchungsrichters gelungen, das genügende Beweismaterial zu beschaffen. um auch die Personen, welche iNe Urheber des gigantischen Schwindels waren, indem sie die Aldermen durch Bestechungen zum Betrug verleiteten, in Anklagezustand versetzen zu lassen. Mehrere berüchtigte Millionäre werden aller Wahrscheinlichkeit nach ins Zuchthaus wandern.
Literarisches.
Inhalt der Nr. 18 von „Schröter's Familien-Wochen- blatt:" Verlorene Heimat, Gedicht von Mathilde Walker.
— Aus der Jugendzeit, Erzählung von Marie Rupp. (Fortsetzung.) — Die Kinderstube. Skizze von M. Sommer- Wütherich. — lieber Schwerhörigkeit bei Kindern, von Dr. Gustav Brunner. — Gedichte von I. H. Korrodi. — Bilder aus Süd-Afrika, von E. Matthias. — lieber die hanswirtschaftliche Ausbildung und Erziehung der Mädchen der weniger bemittelten Stände, von Frau Pros. Weber.
— Fachkurs zur Ausbildung von Krankenpflegerinnen, eine Schöpfung des badischen Frauenvereins. — Soziale Reformbestrebungen der Japanesinnen. — Buchstaben- Rätsel, Rätsel-Auflösung. — Briefkasten, Briefwechsel der Abonnenten unter sich. — Inserate.
Gemeinnütziges.
* Von sachverständiger Seite werden die Freunde einer rationellen Obstbaumkultur darauf aufmerksam gemacht, daß jctzr die Zeit da ist, wo die Bäume von Mispeln gereinigt, gestutzt und geputzt werden sollen; auch soll man jetzt den Boden um die Bäume herum aufdecken und Dünger oder mit Wasser vermengte Gülle beiführen. Es wird sich die Arbeit reichlich lohnen! Was das Setzen junger Bäume anbelangl, so hat die Erfahrung gelehrt, daß der Herbst geeigneter dazu ist als das Frühjahr.
* Stuttgart, 2. Novbr. (Kartoffel- und Krautmarkt.) Leonhardsplatz: 200 Säcke Kartoffeln ä 2 M. 80 bis 3 M. Pr. Ztr. Marktplatz 2000 Stück Filderkraut zu 10 bis 12 M. per 100 Stück.
* Stuttgart,^ Nov. (Landes-Produkten- Börse.) Das Geschäft auf unserer heutigen Bör^e bewegte sich abermals in engen Grenzen, in Weizen wurde einiges zu unveränderten Preisen gemacht; in Gerste kamen keine Ab
schlüsse zur Anzeige, dagegen war in Haber namhafter Umsatz.
Wir notieren per 100 Kilogr.:
Weizen Wetterauer 18 M. 75 bis — M. —
do. 85er russ. . . 19 M. 20 bis — M. —
dto. fränk. . . 19 M. — bis 19 M. 25
Haber Alb . . 11 M. 20 bis 11 M. 80
do. prima württb. 12 M. — bis — M. —
Vermischtes.
* (Das LotLerielos.) Etu ältlicher Junggeselle hatte ein hübsches Dienstmädchen, das eines Morgens mit folgender Bitte bei ihm etntrat: „O bitte, geben Sie mir 10 Mark von meinem Lohn voraus, ich habe heute Nacht geträumt, Nummer 41,144 würde den ersten Preis in der Itaatslotterte gewinnen, und ich will das Los kaufen.* Der gutmütige Herr gab ihr das Gewünschte und daS Mädchen ging, den Einkauf zu besorgen. Wenige Tage nachher fiel dem Junggeselle» zufällig die Ziehungsliste in die Hand, und zu seinem Erstaunen fand er, daß die Nummer seines Dienstmädchens mit 500,000 Mark herausgekommen. Rasch entschlossen eilte er nach Hause, und nachdem er sich versichert, daß das Mädchen noch nichts ahnte, machte er einen Heiratsantrag, der auch angenommen wurde. In kürzester Frist fand die Trauung statt und am Hochzeitstage fragte der glückliche Gatte: „Sag. Schatz, wo hast Du das Los, das Du damals für die 10 Mk. gekauft?* — „Das Los? das Los? Das habe ich gar nicht gekauft. Ich sah auf dem Wege zum Kollekteur einen reizenden Hut für 10 M. und konnte nicht widerstehen.* — Wer beschreibt seine zärtlichen Gefühle?
* (Wirkung einer Ermahnung.) Pfarrer: Sagen Sie einmal, Frau Schulze, bemerken Sie an Ihrem Manne keine Veränderung? Seit ich ihm in's Gewissen geredet habe, kommt er doch sicher nicht mehr Nachts um zwölf Uhr betrunken nach Haus? — Fra« Schulze: Verändert hat er sich schon, das ist richtig! Statt zwölf Uhr kommt er jetzt schon um neun Uhr Abends berauscht heim!
* (Sächsisch.) Ein Rekrut auf Schtldwache. General geht vorüber, und da der Posten vou ihm keine Notiz nimmt, stellt er sich vor ihn hin und sieht ihn strenge an. Da fällt dem Rekruten ein, was er zu thun hat, er ruft aus: „Ei herrjemersch, Herr Gea'ral, beinah' hält' ich Sie nich erkannt — Rrrraus!* . . .
Für die Redaktion verantwortlich: W. Rieker, Wen steig.
Nur der billige Preis und ine a«S- gezeichnete Wirkung haben sie zu einem wahrer» Bolksmittel gemacht. Reutlingen (Würr- tesbeig). Werter Herr! Ihre berühmten Apotheker R. Brand's Schweizerpillen gebrauche ich gegen Verstopfung, an welcher ich schon sehr lange leide. Der Erfolg kann als ein außerordentlich guter bezeichnet werden. Hochachtungsvoll grüßend Luise Mehl. Mau achte beim Ankauf in d n Apoth ken auf das weiße Kreuz in Roihem Feld und den Namenszug R. Brandt'«.
dem Arzt entsandte Tochter zurück. Eine Sekunde hinter ihr trat Wil- Lorn über die Schwelle.
Welch ein Sturm von Empfindungen in ihm wühlte, läßt sich denken. Seine Schuld, feine große Schuld stand vor ihm. Und hier lag ein Opfer dieser Schuld! In seiner wahrhaften Reue — wie gerne hätte er ein Tropfen seines Herzblutes vergossen, wäre dieser armen Frau, dieser Unschuldigen Leben damit zu retten gewesen! Es war nur eine unsinnige Hoffnung, aber noch diesen Morgen hegte er sie. Noch diesen Morgen hatte er froh gesagt: es geht gut! cs ist Ruhe dal es können die aufgeriffenen Wunden wieder zuheilen. Nun war's dennoch am Ende. Nun, wenn er hintritt — vielleicht steht er dem gespenstigen Tode schon ins Antlitz. Er wirft einen scheuen Blick von der Thür zum Alkoven. Und da ist auch der Maon schon — Barmherziger! wie soll er sich nahen?
Der Mann, dem er Rechenschaft schuldet, der sie blutig gewiß von ihm fordern wird, wenn sein Auge auf ihn fällt, — furchlbares Schicksal. Ein und zweimal hatte er ihn, dem Freundesrat folgend, gemieden, hatte es können, — nun nimmermehr! Arztespfltcht ruft — es muß gehorcht sein.
Er rafft sich auf und gottlob! Da wendet die Tochter, die seine leise Ankunft gehört, schon ihr Gesicht um; er kann, wie sie heraus, treten will, ihr ein Zeichen geben — still! leise! er selbst nähert sich auf den Zehen dem Lager, der Mann regt sich nicht, Gott sei Dank. Auch des Mädchens Mutter sitzt still, wie ste gesessen, er kann ruhig beobachten.
Ein Blick freilich, den er auf das bleiche, blutbefleckte Haupt da in den Kiffen wirft, genügt — „Amen" zu sagen — denn es ist aus! — Hier hat die Menschenhtlfe eine Grenze. — Macht einen Strich durch dieses Blatt des Lebens.
Wilborn fühlt, wie eine heißzuckende Qual jäh Ln ihm aufsteizt, ihm versagt die Luft, — seine Augen strömen über, die Hand, womit er ste deckt, zittert; sie kann die Flut nicht dämmen, er muß sich rasch abkehren, daß keiner sieht, er weine.
Leise also, wie er in den Alkoven getreten, tritt er hinaus wieder ins Wohnzimmer. Der Tochter gibt er einen stummen Wink, ihm zu folgen. Nach einer kurzen Weile, in der er mit Anstrengung seiner Schwäche Meister geworden, geht er zum Fenster. Dort in der Nische gelehnt, so mit dem Gesicht, daß es geschützt im Dunkel ist, ruft er jene zu sich heran, fragt nun: wie es gekommen, was sich denn zugetragen seit seinem letzten Besuch heut?
Die Gute berichtet genau alles, und mit tief zu ihr geneigtem Haupt, das Ohr fast an ihrem Munde, nur sein schmerzdurchzucktes Antlitz von ihr abgewandt, hörte er.
Der Bericht ist kurz. In der That hatte, als Wilborn heute morgen hier war, und noch ein paar Stunden danach der Kranken Zustand volle Befriedigung gewährt. Die vou Pertermann gestern reich- lich beschafften Erquickungen schienen, wenn auch spärlich genoffen, doch heilsam gewirkt zu haben. Still lag ste; lächelte, als nach ihrem Befinden gefragt ward; der beängstigende Druck, der auf ihrer Brust lange gelagert, war entschwunden; ste atmete frei, leicht, unbehindert, — „also nur Ruhe! vollständig ungestörte Ruhe vor allem*, hatte der Arzt sagen können, „und wir dürfen das Beste getrost hoffen.* Danach war ste in einen milden Schlummer verfallen, der bis Nachmittag anhielt.
(Fortsetzung folgt.)
(Lesefrucht.) Damit der Beruf erfüllt werde, kein seichtes Träumen, das Herz empor, die Hand an's Werk! David ts.