Millionen Francs. Der Fürst begnügt sich mit einer halben Million Francs und überläßt seinen auf bulgarischem Boden liegenden Privatbesitz dem Lande.

* Berlin, 7. Sept. Am 11. Sept. tritt die bulgarische Nationalversammlung zusammen.

* Der Postbehörde ist auch in Köln ein Konkurrent erstanden, und zwar in der Spe­ditionsfirma Arthur Branchen, welche seit 1. Aug. einen Packetbeförderungsdtenst nach etwa 60 größeren deutschen Städten eingerichtet hat. Das Porto ist erheblich billiger als bei der Post.

Ausland.

* Wien, 3. Septbr. (Ein russisches Urteil über Fürst Alexander.) Der Londoner Korresp. der »N. fr. Pr." hatte eine Unterredung mit einer russischen Vertrauensperson hervorragenden Ranges. Dieselbe erklärte auf Grund jüngster authentischer Information, die Abneigung des Zaren gegen den Fürsten von Bulgarien beruhe nicht auf politischen Gründen, sondern sei auf den Charakter des Battenbergers zurückzuführen, dem man Niedrigkeit in Geldsachen nachsage und der angeblich Bulgarien aussauge. Der Fürst sei unzuverlässig und nicht wahrheitltebend. Die russische Regierung als solche wußte weder von dem Attentate auf den Fürsten, noch auto- ristrte sie Jemanden zur Vertreibung Alexanders; wohl aber beging Bogdanow eine große »In­diskretion," wodurch gewisse Bulgaren sich er­mächtigt glaubten, für Rußland jenen Akt aus­führen zu dürfen. Der Zar beklagte wohl die unglückliche Lage, in welcher seiner Ansicht nach die Bulgaren schmachten, allein trotz seiner Ab­neigung gegen die Person des Fürsten würde die russische Regierung niemals einen solchen Staatsstreich gebilligt haben. Bezüglich der Rückkehr des Fürsten äußerte sich der Gewährs­mann dahin, daß dieselbe weder Deutschland noch Oesterreich-Ungarn angeraten Härten; der Fürst handle aus freiem Willen und nach dem Rate englischer hoher, wenngleich nicht politischer Per­sonen. Die russische Regierung werde nicht aktiv in Bulgarien einschreiten. Wenn die Bulgaren den Fürsten lieben, mögen sie sehen, wie sie fertig werden. Der Zar werde deshalb seine Abneigung gegen den Fürsten nicht vermindern, und erklärte, ein moralisch, in Geldsachen nicht ganzfleckenloser Mann könnekeiN-großerMarmsein.

* Aus Bruneck wird der N. Fr. Pr. vom 8. ds. tel'grafirt: Heute Nacht wurde der Post­expeditor Steiner hier ermordet und dessen Leich­nam hierauf vergraben. Aus dem Amtslokal wurden 3 Postbeutel mit dem Inhalte von 1460 fl. geraubt.

* Pest, 7. Sept. Infolge der neuen Wen­dung in Bulgarien unterbleibt die geplante Ernennung eines serbischen Vertreters für Sofia und die Reise des Königs Milan dahm.

* Paris. 7. Sept. Die französische Presse nimmt den Rücktritt des Fürsten Alexander von Bulgarien mit Gleichgiltigkeit hin als eine not­wendige Folge der schwachen und unentschlossenen

Politik Englands und der Rücksichtnahme Bis­marcks auf Rußland, dessen etwaiges Bündnis mit Frankreich er fürchte.

* (Verhaftung eines deutschen Offiziers.) Laut Nachrichten ausBelfort wurde auf dem dor­tigen Glacis ein Mann verhaftet, der Bemerk­ungen in sein Notizbuch machte. Bei der Durch­suchung, wird htnzugefügt, seien bei ihm SOOOLr und ein an den Befehlshaber des 150. In­fanterie-Regiment (?) gerichteter Brief, postlagernd in Mühlhausen, gefunden worden. Der »Temps" berichtet über den Vorfall: »General Wolfs, der Befehlshaber des 7. Armeekorps, meldete heute dem Kriegsminister die Freilassung eines deutschen Obersten in Belforr. Der verhaftete Offizier sei ein 1871 penstonirter Sachse, und war mit Papieren versehen, welche seine Iden­tität bezeugen; er näherte sich einem Wege, der auf Fort Servances ausläuft, wurde ergriffen und erklärte, er suche ein Wirtshaus, um sich zu erfrischen. Man fand weder Bemerkungen noch Zeichnungen bei dem Offizier, welcher er­klärte, er reise als Tourist Md habe die Vogesen besucht. Untr.r diesen Verhältnissen befahl Ge­neral Wolfs die Freilassung und erstattete dem Kriegsmtnister darüber Bericht."

* London, 6. Septbr. Der »Standard" sagt: Es liegt England nicht ob, das Arrange­ment aufrecht zu erhalten, welches von den drei Kaisermächten beanstandet wird. Dauernd könne Bismarck den russisch-österreichischen Kampf nicht abwenden. Der Fürst Alexander hätte, anstatt den Czaren anzurusen, die Großmächte befragen sollen, was er zu thun habe und ob er im ge­gebenen Falle auf ihre Unterstützung rechnen könne.

* London, 7. Sept. Die Morning Post hofft von Rußland, es werde seine Rechnung ohne den Wirt machen, wenn man annehme, es sei gleichgültig, ob Bulgarien als Brücke für den Einmarsch der Russen in Konstantinopel diene oder nicht. Der Triumph der russischen Politik auf dem Balkan berühre England so­wohl als mohammedanische wie europäische Groß­macht. England müsse ein Opfer bringen, wenn diese Stellung aufrecht erhalten bleiben solle.

* Bukarest, 4. Sept. Einer offiziösen Meldung zufolge wurden in Sofia, Tirnowa, Widdin uud Plewna Kriegsgerichte eingesetzt. Die Sofiaer Garnison wurde durch Widdiner Truppen verstärkt und für Fürst Alexander eine neue Leibgarde-Eskadron errichtet. Alle fremden Abenteurer werden aus Sofia ausge­wiesen.

* Sofia, 5. Sept. In dem stattgehabten Konsetl erklärte Fürst Alexander formell, daß er abdanken werde. Die Minister und die Be­fehlshaber der Armee sprachen sich gegen diesen Entschluß aus und ersuchten den Fürsten, die Regierung zu behalten. Der Fürst setzte darauf wiederholt auseinander, daß es ihm angesichts der entgegengesetzten Willensmeinung des Kaisers von Rußland, sowie bei der mangelnden Unter­stützung der übrigen Mächte unmöglich sei, die

HopfentrockenhauS übernachten. Der Aufseher des Hauses verwehrte den Einzug und wurde dafür mit Messerstichen behandelt. Der Station?« kommandant Röslein, von dem Vorfall benach­richtigt, nahm ein Fuhrwerk und hob die saubere Gesellschaft im Wirtshaus zu Remmingsheim aus dem Bette aus. Der Verwundete wird nicht mehr zu retten sein.

Deutsches Reich.

* Berlin, 4. Septbr. Nach den Angaben verschiedener hiesiger Blätter hätten die Kon­ferenzen zwischen Fürst Bismarck und v. Giers schriftliche Abmachungen ergeben, welche nicht nur bezüglich Bulgariens, sondern auch rück- sichtlich anderer hochwichtiger Fragen das vollste Einvernehmen Deutschlands und Rußlands kon­statierten. Oesterreichs Interessen auf der Bal- kanhalbinsel seien respektiert und das bereits Erreichte sanktioniert. Durch diese Abmachung würde der Friede auf zwei Jahre mindestens gesichert sein. Ob daran wirklich etwas ist, oder ob die Nachricht in das Gebiet der Kon­jekturen zu verweisen ist, das ist schwer zu sagen; unwahrscheinlich ist die Meldung nicht.

* Berlin, 6. Sept. Die stsatsmännische Größe des Fürsten Alexander findet nach den letzten Nachrichten hier gesteigerte Anerkennung. Man hofft, der Fürst werde den höchsten Beweis einsichtsvoller Mäßigung noch erbringen, indem er die eventuelle Zusammensetzung einer Regent­schaft dahin beeinflußt, daß die gefährlichsten Parteiungen und damit der Vorwand zu russi­scher Okkupation beseitigt werden. Wie die Dinge liegen, gilt das Einvernehmen der Ost­mächte, zumal dasselbe bisher den legalen Ver­lauf der Ereignisse gewahrt hat, als wertvolle Garantie für die weitere Reserve Rußlands.

* Berlin, 7. Sept. Die Wiener Meldung, Deutschland und Oesterreich hätten gegen die Exekution der bulgarischen Verschwörer prote­stiert, wird hier entschieden bestritten.

"Berlin,?. Sept. Die Bildung der Re­gentschaft in Bulgarien stößt auf Schwierig­keiten, weil Karaweloff nicht mit Zankoff Zu­sammenarbeiten will, während Fürst Alexander Ostrumelien, Bulgarien und die Armee durch je einen Repräsentanten vertreten sehen will. Nicht die gewöhnliche Sobranje, sondern die große Nationalversammlung soll nach Tirnowa berufen werden; der Fürst will eins Wieder, wähl nicht annehmen. Er bleibt in Sofia, bis die Regentschaft endgültig gebildet ist, und reist dann nach Jugenheim über Bukarest. Der eng­lische Vertreter in Sofia bat den Fürsten, augew blicklich keine entscheidenden Schritte zu thun, da kein Grund zur Abdankung, vorhanden sei. Der Fürst gewährt keinerlei Amnestie und über­läßt diese Frage seinem Nachfolger. Es ist noch zweifelhaft, ob der Prinz von Oldenburg zum Fürstenausgerufen wird. Rußland macht dem Fürsten das Anerbieten, zur Deckung seiner persönlichen Bedürfnisse ihm eine Summe vor- zustrccken. Bulgarien offeriert demselben zwei

Die Wuschmühte. 0^^ °-rb°ren.)

Novelle von E. Zackow.

(Fortsetzung.)

Ehe Bodo eine Entgegnung fand, heftete sie die blauen Augen in bestrickendem Flehen auf sein verdüstertes Gesicht. Und als ein mit­leidiges Erbarmen darauf zuckte, bückte sie sich schnell dankerfüllt über seine Hand, ihre zitternden Lippen streiften dieselbe ehrfurchtsvoll, wie sie es den schönen Bodo so oft hatte bei seiner Mama thun sehen.

»Vater," sagte die Müllerin, die sich jetzt fest za Lebrecht hielt und vergebens bemüht war, seine Aufmerksamkeit von der bewegten Gruppe abzulenken, »laß nur, sie werden sich schon verständigen!"

Der Müller hörte nicht darauf, er ignorierte seine Frau auch in dieser wichtigen Stunde wie sonst immer. Seine ganze Seele gährte vor Aufregung. Ec wartete ungeduldig eine günstige Wendung für den Rittmeister ab, willens, sie sofort mit Gewalt herbeizuführen, sollte sie ausbleiben. Verblüfft verfolgte er plötzlich Ilses seltsames Gebühren. Was hatte cs zu bedeuten?

Der Rittmeister richtete sich entschlossen empor, ein adliger Kavalier vom Scheitel bis zur Sohle, und rief schwärmerisch:

»Ilse, ich werde das Uebermenschliche vollbringen, ich werde werben um Ihr Glück!"

Und ehe Lebrecht die verzw ckte Situation noch begriff, deren Be­deutung die Müllerin längst mit frcudeklopfendem Herzen ahnte, öffnete der Rittmeister die Thür und bedeutete Ilse liebreich hinauszutreten.

Diese- floh aufatmeod in das Wohnzimmer.

Hier brach sie schluchzend zusammen. Sich vor dem Sopha nieder­kauernd, verbarg sie das thränenüberströmte Antl tz in die Polster.

So lag sie lange in aufgelöstem Schmerz, sie Höne nicht wie oer Rittmeister sein Roß von dannen führte, noch gewahrte sie die Mutter, welche gleich darauf leise über die Schwelle schritt.

»Kind, Kind!" rief ihre sanfte mahnende Stimme.

»Wirst du es mir vergeben?"

»Mein Mädchen," sagte die gute Frau und strich ihr beruhigend über das heiße Gesicht, »was Hab' ich groß zu vergeben, hab's ja selbst gewünscht so; bin ja früher thörichter gewesen als du!"

Sie umarmte mitleidig die in rührender Dankbarkeit aufhorchende Tochter.

Da trat Salzmann herein, reisefertig, den Hut in der Hand. Fassungslos blickten ihm die Frauen entgegen.

»Verzeihen Sie mir, wenn ich in so trautem Augenblick störe der Brief meines Freundes fordert meine plötzliche Abreise: Frau Sturz, ich muß um Ihre gütige Entschuldigung bitten, da ich, ohne vorher um Urlaub gebeten zu haben, sogleich zur Stadt will. Fräulein, darf ich Ihnen gratulieren?" fragteer plötzlich ungeschickt, fast stockte ihm dabei der Atem in der gequälten Brust.

Ilse hatte ihr Gesicht hinter der Mutter Schulter verborgen ge­habt, nun umschlang sie dieselbe, ihr Worte ins Ohr flüsternd.

»So red' denn mit ihm in Gottesnamen, es gibt halt keinen anderen Rat," sagte endlich die bang aussehende Frau und wandte sich ab.

Ilse trat schüchtern auf den ratlos dastehenden Kandidaten zu.

»O, Herr Salzmann, redete sie ihn mit einem vorwurfsvollen Aufblick ihrer verweinten Augen an, »konnten Sie im Ernst glauben, daß ich Ihren bösen Brief beherzigen würde, jetzt nachdem"

»Nachdem?" nahm er der so züchtig Zögernden in zitternder Auf­regung das Wort vom Munde.