Gleichzeitig wurde beschlossen, die übrigen Sän­gerverbände Deutschösterretchs um thatkräftige Unterstützung dieses Antrages durch ihre Dele­gierten in Heidelberg zu ersuchen. Nächster Tage begiebt sich eine Abordnung des nieder­österreichischen Sängerbundes zum Wiener Bür­germeister mit der Bitte, er möge den Gesamt­ausschuß in Heidelberg begrüßen und aus tele­graphischem Wege zur Abhaltung des großen deutschen Gesangsfestes in Wien einladen.

* (Aus der Schweiz,) 9. Aug. Recht sonderbare Dinge berichtet dieNeue Züricher Zeitung*über schweizerischePolizeizustände. Kürz­lich gelang Strolchen die Ausräubung eines Güterwagens in Zürich; einen Beteiligten über­kam aber die Reue und er machte Anzeige bet der Polizei im nahen Außerfihl. Das war aber nicht so einfach! Denn als es ihm end­lich gelang die Polizei ausfindig zu machen und die Anzeige von dem Diebstahl anzubringen, soll die Außersihler Polizei ihn mit dem klassi­schen Bescheide weggeschick: haben, er solle machen, daß er fortkomme, die Sache gehe sie nichts an. Der Kronzeuge gelangte sodann in das Gebiet der Züricher Stadtpolizei und wurde da an die richtige Stelle, die kantonale Polizei, verwiesen, wo die Ansichten über die Aufgabe der Polizei etwas andere sind als in Außerfihl und die Verfolgung der Schuldigen sofort in die Hand genommen wurde.

* St. Gallen, 9. August. Der seither hier wohnende Verficherungsbeamte A. Theiuert aus Goldberg in Schlesien ist nach Unterschlag­ung von 25,000 Fr. flüchtig gegangen. Ec reist in Begleitung eines Frauenzimmers mit Namen Albertine Roth. Das Landjäger-Kom­mando hat heute Steckbrief erlassen.

* Paris, 9. Aug. Als Ferry gestern abend in Lyon zu einer Versammlung eintraf, fanden auf dem Bahnhof und vor dem Hotel feind­selige Demonstrationen gegen ihn statt, so daß die Polizei einschreiten und die Menge zerstreuen mußte.

* Paris. Die französischen Staatsbeamten haben den Befehl erhalten, der Wahlbewegung vollständig ferne zu bleiben und nur der Pflicht als Wähler zu genügen; den Zuwiderhandelnden wird mit Absetzung gedroht; die Vertagung des Wahltermins auf den 4. Oktober wird als ein erfreulicher Beweis begrüßt, daß die Regierung den Wählern gänzlich freies Spiel lassen wird. DieFrance* bringt einmal etwas Neues; man höre! Dieselbe erzählt mit dem ernstesten Gesicht dem Pariser Philister, Bismarck unter­halte in Frankreich neben den anerkannten und patentierten Spioneneine ganze Abteilung von Frauenzimmern, verdächtigte Elsässerinnen, Schweizerinnen und Belgierinnen, die im Spioner- dtenst verwandt würden. Die Polizei kenne diese bezahlten Frauenzimmer, und eine derselben, eine der schlimmsten und zur Aushorchung best­gestellten, sei von den gegen sie ergriffenen Maß­regeln unterrichtet worden und habe das Weite gesucht*. Es ist dies ein neues M-ttcl, die

französischen Gouvernanten, Putzmacherinnen u. s. w. von einem «»angenehmen Mitbewerb zu befreien. DieFrance* schließt ihre saubere Geschichte mit dem Ruft:Diese Spioninnen müssen vertrieben werden; die öffentliche Gesund­heit und die Sicherheit des Staates werden dabei viel gewinnen.*

* Lyon, 9. Aug. In seiner gestrigen Rede hob Ferry hervor, daß er an eine soziale Ge­fahr nicht glaube, da eine solche für Frankreich nicht existiere, daß er jedoch nicht ohne Sorge sei, die unfruchtbare Agitation der Hetzer könne bei den bevorstehenden Wahlen die Wahl einer Regierungsmehrheit verhindern.

* (Dieschwarze Liste*.) Gegen denPariser Damenschneider Worth und den Redakteur des .Telegraph" fand dieser Tage vor dem Zucht- polizeigericht eine Verhandlung wegen Verleum­dung statt. Herr Worth, als Vorsitzender des Damenschneid-r-Vereins, hatte allen Mitgliedern des letzteren ein Verzeichnis schlechter Zahlerinnen geschickt, in welchem der Buchstabe A bei einem Namen ansdrück:, daß man es mit einer Schwind­lerin, B mit einer zahlungsunfähigen, und C mit einer ihren Verbindlichkeiten nur gezwungen nachkommenden Person zu thun habe. Der .Telegraph" hat verschiedene Namen aus dieser vertraulichenSchwarzen Liste* veröffentlicht. Natürlich haben alle auf diese Weise an den Pranger gestellten Damen nebst deren Männern geklagt und wollen nicht einmal das C, ge­schweige das B oder gar das A auf sich fitzen lassen. Das Urteil sollte am Sonnabend ver­kündet werden.

»Belgrad, 8. August. Ein K. Erlaß ordnet für die Kreise Uzica, Rudnck, Carak und zwei Bezirke des Kreises Pocarecatz wegen des dort herrschenden Räuberunwesens das Stand­recht an.

* Aegypten. Nach neueren Meldungen, welche der Polit. Korr, aus Alexandrien zu­gegangen, wäre der Mhadi keines natürlichen Todes gestorben. Auf seinem Zuge nach Ber­ber mit der Eintreibung harter Kriegskontrt- butionen beschäftigt, foll er von den Mitgliedern eines durch die Revolte verarmten Stammes aus Rache ermordet worden sein. Der eng­lischen Regierung soll es übrigens in letzter Zeit gelungen sein, hochverräterische Korrespondenzen zu saisteren, aus denen sie sichere Informationen darüber zu schöpfen in der Lage wäre, in wel­cher Weise dem Mahdi Nachrichten und Waffen direkt aus Aegypten zugekommen seien.

* New-Aork, 8. August. Das Leichen­begängnis des verstorbenen Generals Grant fand heute in großartigster Weise statt. De: Leichen- zug war fast sechs englische Meilen lang und unter den Teilnehmern befanden sich der Präsi­dent Cleveland, der Vizepräsident Hendricks, die früheren Präsidenten Hohes und Arthur, die Minister und Mitglieder des obersten Gerichts­hofes, das diplomatische Korps, die Mitglieder des Kongresses und die Gouverneure de: ver­

schiedenen Staaten. Alle Geschäfte waren ge­schlossen.

Handel rr»d Verkehr.

* Stuttgart, 10. Aug. (Landes-Pro­dukten - Börse.) Auf den maßgebenden aus­wärtigen Märkten verschärfte sich die seit lange andauernde flaue Stimmung noch weiter und die Preise gingen abermals zurück, namentlich in Ungarn, dessen Getreidepretse auf ein Niveau kommen müssen, daß ein Export nach Deutsch­land und Frankreich trotz der hohen Eingangs» zölle möglich wird. Von Rußland wird in nächster Zeit wenig zu holen sein, und auch Nordamerika hält seine Kurse fest. Die inten­sive Flaue der letzten Woche dauert auch auf der heutigen Börse fort und blieb der Umsatz trotz starken Besuchs sehr beschränkt.

Wir notierm per 100 Ktlogr.

Waizeu bayer. . 19 M. bis M.

dto. neu . . . 18 M. 60 bis M.

dto. Ungar, alt 19 M. 75 bis M.

dto. Ungar, neu 19 M. 50 bis M.

Kernen . . . 18 M. bis 19 M.

Kohlreps . . . 22 M. bis M.

* Stuttgart, 10. Aug. Mehlböcs e. An heutiger Börse find von inländischen Mehlen 1255 Sack als verkauft zur Anzeige gekommen zu folgenden Preisen: Nr. 0 30. bis 32 M., Nr. 1 28-29,50 M., Nr. 2 25,50-27,50 M., Nr. 3 24-25,50., Nr. 4 20,00-22,50 M. In ausländischen Mehle« nichts.

* Stuttgart, 11. Aug. Leonhardsplatz: 600 Säcke Kartoffeln L 2 M. bis 2 M. 50 Pf. per Ztr. Marktplatz: 1200 Stück Filderkraut L 15 bis 20 M. per 100 Stück.

Nagold, den 8. August 1885.

Neuer Dinkel. .

7

6 69

6 30

Kernen . . .

9 40

Haber . . . .

7 80

7 59

7 50

Gerste . . . .

8 40

8 30

8 20

Mühlfrucht . .

8 50

Bohnen....

8

Weizen . . . .

9 50

9 28

8 50

Roggen. . . .

8 30

Calw,

den 8. Aua.

1885.

Kernen . . . .

9 60

9 56

9 56

Dinkel . . . .

6 80

6 54

6 40

Haber . . . .

7 50

7 49

7 20

* (Wein-Aussichten.) Aus dem ganzen Land kommen fortwährend erfreuliche Nachrichten über den schönen, hoffnungsvollen Stand der Wein­berge, und da und dort werden schon reise Trauben gefunden. Z. B. tu Aihiugen, welches doch als Weinort sonst weniger rennom- mirt ist; freilich sind sie da an einer Kammer; gereift, welche sich einer inneren Wärmequelle erfreut am Gemeiudebackofen nämlich. Auch in Ingelftngen, bet Stuttgart aber im freien Weinberg, sind reift Trauben hetmge- bracht worden Gutedel, welche bekanntlich früh reif sind.

Für die Medakuou verantworuich: Le,, oueker, Ailengeig.

gelang ihr nur mit Hilft ihrer großen Selbstbeherrschung, sich äußerlich gefaßt zu zeigen.

Die Nacht verging für Vater und Tochter gleich ruhelos, doch war sie bei der jungen Frau frei von reuevollen Gedanken, während der alte Herr ernsthaft mit sich ins Gericht ging und sich die Schuld von allem, was seiner Tochter zugestoßen war, beimaß. Der Wunsch seines Herzens, Gertrude mit Mark zu verbinden und beide zu einem glücklichen Paare zu machen, konnte nun nie erfüllt werden. In dieser Gemütsbewegung wußte er sich keinen anderen Rat, als Mrs. Husch aufzufordern, sich an sein Lager zu setzen und ihm alles zu erzählen, was sie von der jungen Dame seiner Tochter wisse.

Mrs. Husch wand sich in Verlegenheitsqualen sie hatte Ger­trude versprochen, die Geschichte nicht aufs Tapet zu bringen, und nun war es der alte Herr selbst, der davon anfing. Endlich sagte sie ihm, daß sie so gut wie gar nichts berichten könne, indem die junge Dame nur einige Stunden bei ihr gewesen sei, auch nicht einmal übernachtet habe, und gerade nur zum Tode des armen Gentlemans gekommen sei.

Welches armen Gentlemans ?* fragte der Lord ungeduldig.Drücken Sie sich deutlicher aus, Mrs. Husch.*

Fra« Husch konnte nun nicht mehr entwischen und erzählte aus­führlich von ihren beiden Mietsherren, während der Lord still dalag, sein Gesicht gegen die Wand gewendet. Sein ohnehin schon bleiches Ge­sicht wurde aschfarben, als die Frau ihm den schnellen Tod Gores mit­teilte. Bei seiner Kenntnis von Hasbnrns Charakter blieb ihm kein Zweifel, wie und auf welche Art der arme Gore seinen Tod gefunden hatte, und leise seufzend sagte er für sich:

Armes, unglückliches Mädchen! Wie sehr muß fie gelitten haben und was stehen ihr noch für Leiden bevor!*

Als die Haushälterin erzählt hatte, was fie wußte, dankte ihr der Lord freundlich, und ersuchte sie, wenn seine Tochter käme, dieselbe gleich, doch allein, zu ihm zu führen. Dies geschah denn auch.

Ich fürchte nur, mein armes Kind, du wirst dein jetziges Kürrst- lerlebeu schmerzlich entbehren,* sagte der Lord, nachdem er schon einige Stunden mit seiner Tochter alles besprochen hatte.Es macht mich ja unendlich glücklich, wenn du mich nicht mehr verlassen willst, allein wird dein Vater auch dein ganzes Herz auszufüllen vermögen?*

Gertrude saß aus einem Stuhle an ihres Vaters Bette und drückte bei diesen Worten einen Kuß auf dessen welke Hand.Es wird Ihnen viel Geld kosten, mi.h bei Munns loszukaufen, mein Vater,* sagte sie bedauernd.

Wollte Gott, ich könnte dich mit Gold aus viel härteren Fesseln loskaufen, mein armes Kind,* sagte er ernst.Zum Glücke ist jener Mann in unseren Händen und kann dir nimmermehr schaden; doch waS gäbe ich nicht darum, wenn du ihn nie gesehen hättest!*

Gertrude seufzte schmerzlich auf.Nenne ihn nie, mein Vater, ich bitte dich darum. Wenn wir deinen Plan ausführen, und nach Deutsch, land reisen, werden wir, das hoffe ich zu Gott, den Elenden nicht mehr zu sehen bekommen.*

Nachdem Vater und Tochter noch verabredet hatten, Mrs. Block, die sich nur in England wohl fühlte, nicht mit auf die Reise zu nehmen, verließ Gertrude den Lord, um nach Belweter-House zurückzufahren und von dort aus ihre Abreise zu betreiben. Sie entfloh mit dieser Entfern­ung zweien Männern, die ein so großes Anrecht an ihrem Schicksale hatten, dem, welche» sie liebte, und dem, welchen sie haßte, um fortan nur demjenigen anzugehören, den die Bande des Blutes jetzt mit unauf­löslicher Macht ar sie knüpften, der seine heiligen Barerpfltchteu so viele Jahre lang vernachlässigt hatte. (Forts, f.)