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Würzbach 31. Okt. Gestern abend wollten einige hiesige Bursche» bei einer Dienst­magd kindringen, um sich von ihr einen Kirch- weihschnap» einscher, ken zu lasten. Der im selben Haus wohnende Joh. Gg. Lutz suchte die Bursche» zu vertreibe», er sprang denselben nach und warf einen Prügel nach ihnen, wodurch er den 46jährigen ledigen Adam Maisenbacher derart an de« Kopf trat, daß derselbe einen Schädelbruch erlitt, an dem er heute früh ge­storben ist.

Vom Schwarzwald 21. Okt. Zur Erörterung der Frage der Gewinnung und Ver­wertung der Wasserkräfte der Murg und ihrer Zuflüsse haben sich dieser Tage in Schön- münzach verschiedene Mitglieder der badischen und württembergische» Regierung versammelt.

Zuffenhausen 21. Okt. Viel be­sprochen wird hier da» plötzliche Verschwinde« eines erst einige Wochen verheirateten Mannes, der seine junge Frau samt einer größeren An­zahl mehr oder minder bedürftiger Gläubiger ihrem Schicksal überlasten hat. Wie verlautet, soll gegen den so plötzlich Abgereisten Klage auf Ehescheidung bezw. Ungültigkeitserklärung der Ehe wegrn Bigamie eingeleitet sein.

Stuttgart 21. Okt. (Zum Wein­gesetz.) Die sich mehrenden Verurteilungen wegen Uebertretunge» des Weingrsetzes rufen die Frage wach, wem die zudiktierten Geldstrafen gebühren. In erster Linie sind dieselben zur Deckung der Kosten zu verwenden, welche durch die Bestellung der Sachverständigen im Haupt­beruf entstehen. Die etwa verbleibenden Ueber- schüste werden auf die Kasten verteilt, welche die zur technischen Untersuchung von NahrungS- und Genußmitteln und Gebrauchsgegenständen dienen­den öffentlichen Anstalten unterhalten. Berechtigt zum Einzug der Geldstrafe» ist zunächst die Zen­tralstelle für die Landwirtschaft. Die Art der Verwendung der eingegangenen Beträge bestimmt da» Ministerium de« Innern.

Eßlingen 21. Okt. Der Verein für fakultative Feuerbestattung hat beschlossen, den Gemeinderat um die Erstellung eines Leichen- verbrennungSof en» zu ersuchen. Da seiner Zeit bei dem Bau der Leichenhalle die Erstellung eines solche» schon vormstehen wurde, käme er nur auf etwa 25 000 -/w. 5 000 wird der Verein zum Bau leiste«, so daß die Stadt noch 30 000 ^ aufzubringe« hätte, ferner verpflichtet sich der Verein, 15 Jahre lang je 1300 ^ für Abtragung und Zinsen an die Stadt zu bezahlen.

Murrhardt 21. Okt. Der als Sohn eine» Schäfereibrsitzer« am 23. Oktober 1850 hier geborene berühmte Tiermaler Heinrich

Zügel in München begeht morgen seinen 60. Geburtstag.

Weikersheim 21. Okt. (Obstaus- stellung.) Vom 16.18. Oktober hielt der BezirkSob st bauverein Weikersheim hier eine wohlgelungene Obstausstellung ab. Allgemein wurde das prächtige Obst bewundert, da» dank der langjährigen Bemühungen de» Verein« in ziemlich einheitlichen Sortimenten dargeboten wurde. So konnte es nicht fehlen, daß dar ausgestellte VexkaufSobst guten Absatz fand und balv dazu beitragen wird, de» Ruhm de» Tauberobste» dem der Tauberweine» gleich- zusetzen. Die silberne Medaille des Württemb. Obstbauvereins erhielt Gärtner Votteler in Mergentheim, die bronzene Malermstr. Dumm- lert-Weikersheim. Außerdem konnte noch eine größere Anzahl Ehrenpreise und Diplome au»- geteilt werden.

Rottweil 21. Okt. Da» gestern früh bewußtlos aufgefundene Ehepaar Rädle konnte im Laufe des Tage« im Städtischen Krankenhaus wieder zum Bewußtsein gebracht werden, so daß j-tzt keine Lebenkgefahr mehr vorhanden ist und die Leute als gerettet betrachtet werden können.

Rottweil 21. Okt. Heute abend gegen 7 Uhr wurde ein Maurer, der für die Firma Wayß und Freytag Stuttgart in der hiesigen Pulverfabrik beschäftigt war, auf dem Nachhause­weg bei einem straßengleichen Bahnübergang von der Lokomotive erfaßt. Dabei wurde ihm der Kopf vom Rumpf getrennt. Der Ver­unglückte soll aus Mössingen stammen und Vater von sechs Kindern sein.

München 31. Okt. Der Polizeibericht meldet: Bei einem über Wien und Warschau zugereisten russischen Studenten ist gestern der Autbruch der Pocken amtsärztlich festgestellt worden. Der Erkrankte ist am 18 Oktober früh in München eingetroffen, stieg in einem hiesigen Hotel ab, begab sich aber ston am gleichen Tage in da» Krankenhaus. Die Erkrankung ist leichter Art.

Berlin 21. Okt. Heute abend werden angeblich 100 Geheimpolizisten aus Berlin in Brüssel ankommen, um in Gemeinschaft mit der Brüsseler Polizei den Sicherheitsdienst während de» Besuche» Kaiser Wilhelms in Brüste! zu übernehmen. E» werden die größten AbsperrungSmaßregrln getroffen.

Belgrad 21. Okt. Nach einem um 10 Uhr abends ausgegebenen Bulletin ist wieder eine leichte Btsterung im Befinde» de» Kron­prinzen eingetreten. Beide Lungen sind voll­kommen rein.

Brooklyn 21. Okt. In einer hiesigen Fabrik ereignete sich eine Kesselexplosion. Unter den 3000 Arbeitern entstand eine große Panik. 6 Feuerwehrleute wurden getötet, 13 Personen erlitten schwere Verletzungen

St. Louis, 21. Okt. Ein Ballon, vermutlich dieGermania", ist in Pogamasing in Canada gelandet. Ferner wird gemeldet, daß ein anderer Ballon in der Nähe von Kiskising bei Quebec, 1200 Meilen von hier, gesichtet worden ist.

St. Louis 21. Okt. E» rust hier leb­hafte Unruhe hervor, daß von den Ballons Düsseldorf, Azurea und Amerika noch immer jede Nachricht fehlt. Der Aeroklub von St. Louis hat die kanadische Regierung gebeten, nach ihrem Verbleib zu forschen. Vermutlich find die Ballons am Mittwoch Nacht gelandet und ihre Insasse« befinden sich in den Wäldern Canadas in schwerer Notlage. Aehnliche Bitten sind an die Leutnantgouverneurs von Ontario und Quebec gerichtet worden.

Herbstnachrtchtea.

Mundelsheim OA. Marbach 20. Okt. Zu 230330 ^ per 3 Hektol. vollends alle» rasch verkauft. Letzte Anzeige.

Erlevbach OA. Neckarsulm 20. Okt. Verkauf etwas lebhafter; doch sind noch mehrere Reste in guten Rot, Schiller- und Weißweine» von 300 bi» 1200 Liter feil. Durch das gute Herbstwetter wird die Qualität bester, als er­wartet. Preise wurden abgeschlossen zu 200 bi» 215 Käufer willkommen.

Jngelfingen OA. KünzelSau 21. Okt. (Weinlese.) Die gute Witterung kommt dem Weinstock sehr zu statte«. Der spärliche Trauben­behang geht sichtlich rasch der Reife entgegen. Trauben, die zum Ansetzen von Reinhefe auS- gelese» wurde», ergaben letzten Samstag 73 Grad, jetzt 77 Grad nach Oechsle, gewiß ein schöne» Gewicht für den heurigen Jahrgang. Wenn die günstige Witterung weiter anhält, ist zu hoffen, daß der Neue ungezuckert zum Aus­schank gebracht werden kann. Für die Mitglieder der Weivgärtnergesellschaft ist der Beginn der Weinlese auf Montag, den 24. Oktober, fest­gesetzt worden. Die Weivversteigerung der Ge­sellschaft wird wahrscheinlich Ende nächster Woche stattfinden.

Stand es a«t Ealrv.

Geborene.

15. Okt. Georg Friedrich, S. d. Georg Wurster,

Bäckers bier.

16. Okt. Angelika, T. d. Philipp Keller, Schuh­

machers hier.

drückte ihn so fest an sich, daß Hugo Schmerz empfand; aber er war doch hoch beglückt durch diesen gewaltigen Ausbruch der väterlichen Liebe. Diesen ernsten, befestigten, in strengster Selbstbeherrschung oft scheinbar erstarrten Mann in eine so gewaltige Erregung versetzt zu haben, das war sicherlich kein kleiner Erfolg, zumal Männer seine» Schlags die Leistungen de» eigenen Sohnes immer weit zurückhaltender beurteilen als die fremder Menschen.

Als der Vater ihn freigegeben, wandte sich Hugo mit fragender Miene zu Eva.Nun, Liebling". sagte er leise, sie an sich ziehend, hast du'S aus gehalten bis zum Schluß? War da» auch Lüge wie damals?"

Da schmiegte sie sich innig an ihn und antwortete mit freudigem Stolz:Nein, Hugo, nein, e» war Wahrheit, köstliche, herrliche Wahrheit!"

Zwischen Mutter und Braut stehend und um sie die Arme schlingend, machte Hugo nach einer Weile der Aufregung ein Ende.

Munter, Kinder, munter zu Tisch!" rief er in seiner frischen, natür­lichen Art,ich Hab' einen Wolfshunger und wenn wir uns noch lange mit der Vorrede aufhalten, bringen wir den Küchenchef zur Verzweiflung, und der ist doch ebenso ein Künstler wie andere Leute.

Einer der Aufwärter wandte sich an ihn mit der Frage, wo die Lorbeerkränze ihren Platz finden sollte». Da rückte Hugo mit kräftiger Hand einen Lutherstuhl an den Mittrlplatz der Tafel, befestigte an beide« Seiten der Lehne einen Kranz und ging dann mit fröhlicher Feierlichkeit auf seine Mutter zu.So, mein Mütterchen", sagte er, indem er ihr de» Arm bot,jetzt laß dich zu dem Lorbeer führen. Denn er gebührt dir mehr als mir. Weißt schon warum; du hast an mich geglaubt in den schweren Zeiten!"

Wie eine Königin führte er sie zu dem Ehrenplatz, und da saß die schlichte Frau zwischen den duftenden Gewinden, und jeder, der sie in ihrer Einfachheit und mütterlichen Würde sah, mußte erkennen, daß sie am rechten Ort war. Da» empfand auch ihr Gatte, und er trat zu ihr, beugte sich wie huldigend und gab ihr dann einen herzhaften Kuß mit

den Worten:Der Mutter meine» Jungen." Eva tat ei« Gleiche», selbst der Justizrat und Hallberg wagten einen Hanlkuß, und so genoß die edle Frau einige Augenblicke des freudevollsten Triumphes, den ein Mutterherz sich nur wünschen kan«. Dann schmausten alle mit größtem Wohlbehagen.

Die glänzenden Besprechungen der Veltheimer Tagesblätter erhöhten die Freude der Seinen und spornten Hugo am zweiten Gastabend zu erneuter, begeisterter Hingabe an, so daß sein Erfolg sich noch steigerte. Er genoß den lang entbehrten, berauschenden Trank mit vollen, durstige» Zügen. Verschwunden war auf einmal alle Schwermut und selbstquälerische Grübelei, womit er sich ln Kronburg oft die schönsten Tage vergällte, dahinten lag aller Aerger, jede Anwandlung von Reue und Unmut, Hugo war ein ganz anderer Mensch als während der letzten Zeit in Kronburg. An dem spielfreien Tag, der zwischen seiner zweiten und dritten Gastrolle lag, unternahm man einen Ausflug in die Umgebung und Hugo war dabei so kindlich fröhlich und unbefangen, von so fortreißender Herzlichkeit und Lustigkeit, daß Hallberg ihn einmal beiseite nahm und sagte:Bist ja wie ausgewechselt, Kerl! Na, Hab' ich nicht Recht gehabt? Du brauchst andere Luft, als die deiner Kronburger Kunsteinsiedelei, mich gruselt» ordentlich, wenn ich daran denke, daß du nach dieser zuträglichen Beifallskur wieder in deine vornehme Abgeschiedenheit zurück sollst."

Hugo wurde einen Augenblick ernst, dann schlug er den Freund lachend auf die Schulter und rief:Ach wa», kommt Zeit, kommt Rat, und vielleicht fühl' ich mich nach dieser Unterbrechung wieder ganz wohl in Kronberg. Mußt nicht denken, daß mich der Beifall allein so übermütig froh macht; nein, e» ist die Freude, daß ich Eltern, Braut, Freund und Schwiegervater mal alle zusammen ganz für mich habe und mich mit ihnen innerlich eins weiß! Na, und das Gruseln vor Kronburg wird dir schon vergehen, wenn nach der Rückkehr de» Großherzogs die Freiheitsträume" in Angriff genommen werden. Du, darauf freu ich Mich doch mächtig!" (Forts, folgt.)