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Ealmer WomMMii

Samstag

Beilage za Nr. «1)5.

3. September 1910.

Die Gol-insel

Sreroman von Clark Russell.

(Fortsetzung.)

Als Sie mich zwangest, wollen Sie sagen. Ich habe namenlos gelitten, bis ich einschlief! So nahe dem Toten es war grausam!

Und doch wohl gemeint. Hoffentlich werden Sie nun Ihren Schlaf noch einige Stunden fortsetze».

Ich zündete die Laterne an, löschte die Lampe und schritt ihr leuchtend voran. An ihrer Kabinentür ergriff ich ihre Hand, drückte sie an meine Lippen und sprach mit warmer Herzlichkeit:

Es tut mir immer so weh, wenn ich rauh zu Ihnen bin, seien Sie aber fest überzeugt, daß die» nur geschieht, wenn ich, in dem Streben, Sie zu schützen und zu schirmen, mir nicht ander» zu helfen weiß. Ich denke ja bei allem, was ich tue, nur an Sie. Möchten Sie das doch endlich begre fen und gerade, je trüber die Aussichten für uns werden, sich bei jeder Gelegenheit erinnern, daß ich nur Ihr Bestes im Auge habe.

Sie hörte das stumm mit niedergeschlagenen Augen an. Als ich aber ihre Türe öffnete und ihr die Laterne übergab, nahm sie dieselbe mit einem Blick, der mir zeigte, daß ihr meine Worte zu Herzen gegangen waren.

Ich schlief fast in demselben Moment ein, in welchem ich mich auf mein Bett warf. Als ich erwachte, war es 6 Uhr, also gerade die Zeit zu der meine neue Wache begann. In aller Hast zog ich mich an, klopfte im Vorbeigehen an die Tür meiner Gefährtin und rief ihr zu, daß ich unser Frühstück auf Deck bringen lassen würde.

ES war ein herrlich sonnenklarer Morgen. Die Wogen rollten in schäumend dunkelblauen Hügeln vor dem noch immer gleichstarken Winde. Die Bark führte noch dieselbe Leinwand wie zur Zeit meiner Ablösung, aber ein einziger Blick genügte mir, um zu erkennen, daß die Raaen etwas umgebraßt worden waren. Erstaunt darüber schritt ich sogleich zum Kompaß und fand, daß der Kurs zwei Strich südlicher gehalten wurde.

Betroffen hierüber, aber all meine Ruhe zusammennehmend, stieg ich langsam die Treppe zum Kampanjedeck hinauf, auf dem Lush sich auf­hielt, bot ihm den Morgengruß und sagte:

ES wird Ihnen wohl nicht entgangen sein, daß die Bark zwei Strich vom bisherigen Kurs abgewichen ist?

Er sah mich lauernd an und erwiderte trocken? Der Kurs eines Schiffe« hängt von seinem Bestimmungsort ab, darüber ist bis jetzt noch nicht« beschlossen.

Wieso? fuhr ich gereizt heraus, die Fahrt geht doch nach Rio?

Er zuckte die Achseln. Vielleicht auch nicht. Das ist eine Sache, die alle angeht nicht bloß Sie oder mich. Um 9 Uhr wird eine allgemeine Beratung den weiteren Kur» bestimmen.

Aber ich bitte Sie, wa» soll den da» auf einmal heißen? Ich hoffe doch, daß man der jungen Dame und mir nicht« in den Weg legen wird, so bald als möglich nach Rio zu gelangen. Auch Ihnen muß doch gerade jetzt, nach dem Tode des Kapitäns, daran gelegen sein, den nächsten Hafen anzulaufen.

Ich habe schon gesagt, wiederholte er scharf, daß das eine Frage ist, die alle angeht.

ES kochte in mir, ich biß mich aber auf die Lippen, um dem unge­hobelten Burschen nicht Anlaß zu geben, «och unverschämter zu werden, und suchte eine Weile mit den Augen den Horizont ab. Dann fragte ich wie nebenbei: Wann wird denn das Begräbnis der Kapitäns sein?

Ist schon begrabe», antwortete er bissig. Eine Leiche an Bord bringt Unglück. Vor zwei Stunden warfen wir ihn, in Leinwand gerollt, über Bord; so einer wie der er spuckte au» verdiente es nicht besser.

Solcher Roheit gegenüber hatte ich keine Worte mehr. Ich brach da» Gespräch kurz ab, indem ich sagte:

Ich kam, um sie abzulösen und stieg hinunter.

Von neuem durch die schrecklichsten Gedanken gefoltert, wandelte ich auf und ab, bis nach etwa einer Viertelstunde Fräulen Tewple erschien. Sie merkte sofort an meinem verstörten Gesicht, daß Schwere» auf mir lastete, und fragte angstvoll, was Neue» passiert sei. Ich erzählte ihr nun alle» von meiner Nachtwache ab bis jetzt, teilte ihr meine Vermutungen und Befürchtungen mit und bat sie schließlich noch einmal inständig, Vertrauen zu mir zu haben und nicht durch Dreinsprechen mein Handeln noch zu erschweren.

Dadurch rief ich wieder einen kleine» Disput hervor, indem sie meinte, bei Dinge», wo alle» für sie auf dem Spiele stände, doch auch da« Recht zu Haben, ihre Ansicht zu äußern «sw. kurz, die alte Ge­schichte, aber zu meiner großen Genugtuung in weit milderer Form und nicht so heftig wie sonst, mehr vorstellungsweise. Darüber kam Wilkin» und brachte das Frühstück. Wir setzten uns unter das Sonnendach, be­drückt von dem Gedanken, wa» die nächste Stunde wohl bringen würde.

Nun merkte ich erst recht, welch niederschmetternden Eindruck meine

Mitteilungen auf sie gemacht hatte». Sie genoß trotz all meine» Zureden» nicht da» mindeste. Selbst der Kaffee widerstand ihr. Und da» Schlimmste war, ich vermochte ihr nicht den geringsten Trost zu spenden. Ihr Elend machte mich »och nervöser, al« ich ohnedie» schon war.

Während wir so saßen, sah ich, wie die Mannschaft sich an der Küche zu der von Lush um neun Uhr anberaumten Beratung versammelte.

Ich machte Fräulein Tcmple darauf aufmerksam und bat sie, sich iu ihre Kabine zurückzuzirhen, weil ich Zügellosigkeiten der Leute befürchtete, die sich nun als die Herren des Schiffes fühlten.

Mein Gott, jammerte sie, kann ich nicht wenigstens hier oben in irgend einer Ecke bleiben? So allein da unten vergehe ich vor Angst.

Mir wäre es eine Beruhigung, wenn Sie sich dem Anblick der rohen Gesellschaft vorläufig entziehen, erwiderte ich mit einem bittenden Blick.

Da stand sie tief seufzend auf, und ich begleitete sie schweigend zur Treppe. An deren Fuß angekommen, drehte sie sich noch einmal um und sah mich mit todestraurigen Augen an.

Ach Gott, wa» ich in diesem Augenblick empfand! Eine tiefe Sehn­sucht erfaßte mich, ihr nachzustürzen, sie in meine Arme zu schließen, sie um Vergebung zu bitten für jede» rauhe Wort und sie mit alle« nur erdenklichen tröstlichen Hoffnungen zu beschwichtigen. Darüber verschwand sie, ich aber starrte noch eine ganze Weile nach der Tür, die sich hinter ihr geschloffen hatte, die ganze Seele erfüllt von Liebe, trotzdem ich doch wußte, daß ihre Bangigkeit, sich von mir trennen zu müssen, keinem anderen Gefühl als dem der Furcht entsprang.

Ich begab mich in quälender Erwartung de» Bevorstehenden an die Wetterreling. Es dauerte nicht mehr lange bi» der Zimmermann, gefolgt von dem größten Teil der Mannschaft, langsam von der Küche heran­geschritten kam.

Wir wollen in die Kajüte gehen, sagte er, ohne sich aufzuhalten, und bedeutete mir nur mit einer Kopfbewcguug, daß ich folgen solle; hier oben treibt einem der Wind jede» Wort vom Munde. Wetherler, mag einstweilen Wache halten.

So zogen wir schweigend hinunter neun Mann außer mir und Lush.

Setzt euch, Jungen», forderte er auf, indem er selbst am oberen Ende des Tische« auf dem Stuhl de» Kapitän» Platz «ahm, und mir ein Zeichen machte, mich neben ihn zu setzen.

Mein Herz pochte mir zum Zerspringen. E» kostete mich eine fast übermenschliche Anstrengung, Ruhe zu zeigen und gleichmütig meine Blicke über die Versammlung schweifen zu lasten. Einige Leute zischelten leise untereinander, andere sahen sich neugierig um, alle Gesichter aber ver­rieten eine Art trotziger Spannung. Lush schien nach Worten zu suchen. Fest auf den Tisch starrend, begann er endlich:

Herr Dugdale, wir haben die Lage überlegt, in die uu« der Selbst­mord de» Kapitän» gebracht hat. Wir alle sind darin einig, mit Au»nahme von Wetherley, ihm wär's egal, wie'« käme.

Ueber wa» sind Sie einig? unterbrach ich.

Er räusperte sich und steckte den Finger in sein Halttuch, al» wenn es ihn beengte.

I, na, da» will ich Ihnen ganz genau sage». Misten Sie, der WilkinS da er deutete mit dem Kopf nach dem Jungen war nämlich nebenan, al» der Kapitän Ihnen von den zweimalhunderttausend Pfund erzählte, die er auf einer Südseeinsel verstaut hat. Natürlich hat der Junge al« guter Maat da» Maul nicht gehalten, na, und da er würgte etwas und fuhr dann herau» na, und da können Sie sich wohl denke», über wa» wir einig geworden find-

Ich merkte, wie ich erblaßte, denn ich hatte ihn nur zu gut ver­standen, doch gelang e« mir, meinen Schrecken zu verbergen und ziemlich ruhig zu entgegnen: Bitte, erklären Sie sich näher.

Er lachte roh auf. Nun, was zum Teufel, werden wir denn ander» beschlossen habe», al» das Geld zu holen.

Ja, da» wollen wir, schrie einer der Leute dazwischen. Sollen wir e» etwa liegen lasten, bi» die Wilden e» holen?

Wa» Sie, Herr Lush, im Eivverständni« mit der Mannschaft beschlossen haben, rief ich durch da» allgemein entstandene Beifallsgemurmel, kann mir ganz gleichgiltig sein. Ich gehöre nicht zum Schiff. Machen Sie mit ihm, wa« Sie wollen, ich habe nur noch eine Bitte, daß Sie dem ersten un» begegnenden Schiff, gleichviel wohin e» segelt, signalisieren, und die Dame und mich auf dasselbe übersetzen.

Nein, da« geht nicht daraus wird nicht» da» geben wir nicht zu, hallte e» durcheinander, und Lush trumpfte mit der Faust auf den Tisch: Nein, da» wird nicht geschehen. Gerade Sie brauchen wir, Sie sollen uns nach der Insel bringen!

Ja, so haben'» wir überlegt, Herr, «ahm ein alter Matrose in ruhig versöhnlichem Tone da» Wort. Sie sollen mit un« zufrieden sein und soviel von dem Gelbe erhalten, al« Sie für die Führung de» Schiffe» verlangen werden.

Ja, das sollen Sie, bekräftigten alle. (Forts, folgt.)