763

Pforzheims«. Juli. Vo» dem Hause seiner Eltern in einer belebten Straße wurde ein achtjährige- Mädchen durch einen fremden Menschen weggelockt unter dem Vorgebe», er wolle da- Kind zu seiner Freundin bringen. Der Unbekannte führte aber da- Mädchen auf da» Feld bei der Vorstadt Brötzingen und ver­suchte, sich an ihm zu vergehen. Auf da- Ge­schrei de« Kinde» eilten Leute herbei, worauf der Täter die Flucht ergriff. Es wird eifrig nach ihm gefahndet. In der Ringstraße wurde eine Wohnung mit einem Nachschlüssel geöffnet und eine Schatulle mit 400 ^ entwendet.

Mannheim 26. Juli. Gestern abend gegen V--10 Uhr explodierte in der neuen Kesselschmiede der Maschinenfabrik Heinr. Lanz ein Karbidbehälter mit weithin hörbarem Krach. Der ganze Behälter, der ungefähr 2'/- m hoch und 1'/- m breit war, wurde durch da» Glas­dach geschleudert. Der Material- und Gebäude- schadeu ist ziemlich beträchtlich, da die benach­barten Wände der mächtigen Halle, in der der Behälter stand, Riffe bekommen haben. Die Ursache der Explosion ist unbekannt. Die Fabrik­feuerwehr ging gegen den Brand mit 3 Schlauch­leitungen vor und konnte nach 3siündiger Tätig­keit wieder abrücken. Personen wurden nicht verletzt.

Von der bayrischen Grenze 26.Juli. In Dillin gen ist von der an Pilzver­giftung schwer erkrankten protestantischen PfarrmeSnerSfamilie auch der zweite Sohn seinem Bruder und der Mutter im Tode nachgefolgt. Im Befinden des Vater» ist eine leichte Besse­rung eingetreten.

Siegen i. W. 26. Juli. Ein Wirbel­sturm hat in den Wäldern und auf den Berg­lage» de» Sauerlandes große Verheerungen an­gerichtet. Mit unheimlichem Getöse nahte der Orkan und zerstörte alles, was sich ihm in den Weg stellte. Die Bewohner verließen in größtem Schrecken ihre Betten. Nur 3 Mnuten währte der Sturm. Neben wolkenbruchartigem Regen hat der Hagel großen Schaden angerichtet. Die Früchte liegen auf den Feldern wie abgemäht. Am schwersten sind Obstgärten, Landstraßen sowie Berganlagen mitgenommen, wo ganze Reihen Bäume entwurzelt sind. Einzelne Walddistrikte find wie abrafiert.

Essen 26. Juli. Auf einer Festlichkeit der freie» Gewerkschaften, die von etwa 10000 Personen besucht war, brach einegroßeSchlägerei au». Als die Polizei erschien, wurde sie angegriffen und beschimpft. Zahlreiche Steine wurden ge­worfen und etwa 100 Revolverschüsse abgegeben.

Berlin 26. Juli. Wegen der andauern­den sozialistischen Erörterungen über die Erhöhung der preußischen Zivilliste bereitet angeblich

die preußische Regierung eine ausführliche Be­weisführung darüber vor, daß die Kosten de» privaten Haushalte» de» Kaiserpaare» nur gering gestiegen find und daß von den vom Landtage bewilligten 3'/» Millionen Mark für Erhöhung der Zivilliste über 80 °/° ausschließlich für Be­amtengehälter, Pensionen und dergleichen und nicht für persönliche Zwecke der Krone Verwendung finden.

Paris 26. Juli. Au» Algier wird ge­meldet: Ziemlich heftige Erderschütteruugen wurden in vergangener Nacht in N«male wahr­genommen. Die meiste» Häuser wurden geräumt.

Luzern 25. Juli. Da« Luftschiff der hiesigen Luftschiffstation ist »ach dem Astra"-Typ gebaut, dessen Konstrukteur der französische Großindustrielle Deutsch de la Meurthe ist. E» ist 60 Meter lang und hat einen In­halt von 4500 Kubikmetern. Der Motor ist 140 Pferdekräste stark. Eine kurze Fahrt kostet 200 Fr»., eine solche von längerer Dauer, z. B. um den Rigi usw. 300 Fr». Solche größere Fahrten werden aber nur dann ausgeführt, wenn die Erkundigungen überdiebevorstehendeWitterung durchau» günstig lauten. Für den Fall, daß da» Luftschiff genötigt ist, auf den See niederzugehen, find Vorkehrungen getroffen; Motorboote stehen bei Fahrten an verschiedenen Orten des Sees bereit, um zur Stelle zu fahren und Paffagiere aufzunehmen, sobald am Luftschiff eine rote Fahne sichtbar wird. Auch kann sich der Luftschiff­paffagier für eine Rundfahrt versichern mit 50000 FrS. gegen eine Prämie von 75 Fr». Macht da» LuftschiffStadt Luzern" infolge seiner kleineren Dimensionen auch nicht den gi­gantischen Eindruck eine« Zeppelinschen Luft- kreuzer» es ist eben nur ftir Exkursion»- und nicht für Tourenfahrten berechnet so gewährt der gelbe Ballonleib über dem See und zwischen Rigi und Pilatus doch einen unvergleichlichen Anblick.

St. Petersburg 26. Juli. Nunmehr wird offiziös bestätigt, daß sich der Gesundheits­zustand der Zarin derart gebessert habe, daß im September die geplante Reise nach Darm­stadt angetreten werden kann. Bei dieser Ge­legenheit wird auch der Kaiser Wilhelm mit dem Zaren eine Zusammenkunft haben.

Petersburg 26. Juli. In den letzten 24 Stunden (von Mittag zu Mittag) erkrankten 58 Personen an Cholera, von denen 16 ge­storben sind. Die Zahl der Erkrankten beträgt 280.

Marktberichte.

Unterreichenbach 25. Juli. Der auf den Jakobifeiertag fallende Vieh- und Schweinemarkt war stark besucht und der

Handel recht lebhaft. Zugeführt waren 73 Stück Groß- und Kleinvieh, worunter recht schöne junge Zucht- und Mastrinder, die zu guten Preisen raschen Absatz fanden. Milchschweine galten pro Paar 2226 Läufer 4560

Stuttgart 26. Juli. Auf dem heutigen Großmarkt galten folgende Preise: Heidel­beeren 1214 A rote Johannisbeeren 10 bi» 12 A Stachelbeeren 8S A Pfirsiche 30 bi» 40 Aprikosen 2835 A Aepfel 1825 A Birnen 1525 ^ per Pfund. Neue Kartoffel» kosteten 56 ^ per Pfund, kleine Einmachgurken 4550 per 100 Stück, Einmachbohne» 7 bi» 8 ^ per Pfund.

Lauterbach 24. Juli. Die Waldungen auf unserer Gemeindemarkung bieten eine so reiche Ernte an Heidelbeeren, wie seit vielen Jahren nicht. Der Transport der in den Handel gebrachten Beeren zum Bahnhof Schramberg er­fordert täglich mehrere große Wagenfuhren. Da» Hauptabsatzgebiet für die beliebten Waldfrüchte ist die Schweiz. Da eine Person (schulpflichtige Kinder nicht ausgenommen) mittelst de» Riffel» täglich 80 bis 100 Pfd. Heidelbeeren sammelt, ist der Verdienst der fast durchweg der ärmere» Volksklaffe angehörigen Beerensammler, die für das Pfund 12 ^ erhalten, ein ganz bedeutender. Man schätzt den EinkaufLwert der Heuer vo» hier aus zum Versand kommenden Heidelbeeren auf 40 000

vermischtes.

(Deutsche» Zuchtvieh auf der Ju- biläums-AuSstellung in Argentinien.) Die deutschen Zuchtviehraffen hatten auf der Jubiläumsaurstellung einen schönen Erfolg. So lösten auf der Zuchtviehauktion der argentinischen Landwirtschaftsgesellschaft 19 von Carl Hagenbeck zum Verkauf gestellte deutsche AuSstellungtpferde etwas über 63 000 ^ oder einen Durchschnitts­preis von 3316 Der bezahlte Höchstpreis für Holsteiner Hengste betrug 6620 für Olden­burger 4550 und für Ostfriesen 3210 Eine Jeverländer Milchkuh wurde für 3580 ^ und eine ostfriesische Milchkuh und ein zweijähr. Bulle für 5012 ^ verkauft. Steigersche Merino- Schafböcke erzielten bi» 967 ^ per Kopf. Von ostfriesischen Milchschafen wurden ein Bock und zwei Schafe mit 805 ^ bezahlt. Eine deutsche hessische Ziege mit Bocklamm erzielte 214 deutsche Ziegenböcke wurden im Durchschnitt mit 322 bk zahlt. Auf der am 15. d. Mt», be­

gonnenen Auktion für ausgestellte» Fettvieh ge­langten 276 Ochsen zum Verkauf, welche 625 730^6 lösten, und von den bekannten Fleischgefrier­anstalten erworben wurden.

erkünstelt. Ich hatte ihn im Verdacht, daß er durch dieselbe bei Fräulein Temple nur die Erinnerung an Sir Edward» Neckereien verwischen wollte, und unabsichtlich kam ihm dabei der Leutnant zur Hilfe, der eine Menge lustiger Schnurren und Anekdoten von den Schwarzen, von denen er herkam, erzählte. Wir mußten oft darüber lache», auch selbst die Matrosen, die im übrigen lautlo» mit unvergleichlicher Regelmäßigkeit ihre Riemen hoben und senkten. Der scharfe Schnabel de» Kutters durchschnitt da» Wasser mit einem Geräusch, wie wenn man mit einer Schere ein Stück Atla» zerschneidet. Hin und wieder jedoch schoß er so tief in ei» Wellen­tal hinab, daß die unteren Seilen de» Wracks unfern Augen entschwanden. Je näher wir ihm kamen, desto mehr fiel mir auf, wie stark der Rumpf von einer Seite zur anderen schaukelte, so daß ich dachte: Na, mehr darf die Bewegung nicht zunehmen, wen» e» gelinge» soll, Fräulein Temple an Bord zu bringen.

Davon schien diese aber nicht» zu ahne«, denn sie sprach sehr lustig und brannte offenbar vor Begier, da» Wrack zu betreten. Sie betrachtete die ganze Sache, wie mir vor kam, lediglich al» ein hübsche» Abenteuer, in dem sie die Rolle einer Heldin spielte.

Für die Matrosen war der Umweg keine Kleinigkeit. Die Lage der drei Schiffe bildete ein rechtwinklige» Dreieck, an dessen äußerster am Ende der Hypotenuse gelegenen Spitze sich da» Wrack befand. Dahin zu gelangen erforderte eine größere Anstrengung, al« der Leutnant gedacht haben mochte; der Schweiß rann den Leuten in Strömen über die glühenden Gesichter.

Endlich war die Brigg so nahe, daß wir ihren in großen weißen Buchstaben gemalte» NamenAspirante" lesen und ihren verstümmelten Zustand erkennen konnten. Die von dem über Bord gegangenen Großmast eingeschlagene Schanzkleidung lag nach unserer Seite, und auf diese Lücke steuerte der Leutnant zu. Mt der Regelmäßigkeit eine» Uhrpendel» schwankte der Rumpf müde und langsam von backbord nach steuerbord hi» und zurück. Al« der Leutnant die Spitze de» Boote» wandte, um läng»-

seit zu kommen, erklang plötzlich mitten durch die Stille ein Heller Glockenton.

Mein Gott, wa» ist das? rief Fräulein Temple entsetzt, und auch Colledge blickte den Leutnant verdutzt an.

Nichts Gefährliches, lachte dieser. Nur die Schiffsglocke. Sie ist wahrscheinlich eingeklemmt, und bei jedem stärkeren Ueberneigen de» Schiffe» trifft der Klöppel die Glocke.

Im nächsten Augenblick schwamm da» Boot, auf und ab wogend, dicht vor die Schanzenlücke, die, wenn wir standen und sie sich un» zu­neigte, ziemlich in gleiche Höhe mit unser« Köpfe» kam.

Der Leutnant gab jetzt einige Befehle. Zwei der Leute stellten sich bereit und sprangen beim nächsten Ueberholen de» Rumpfe» behende auf Deck.

Während sie die folgende träge Bewegung de» Wrack« »ach steuer­bord milmachte», übergab der Offizier da» Steuer einem Mattosen, trat zu Fräulein Temple und sagte:

Darf ich Ihnen auf diese Duchte helfen?

Sie reichte ihm die Hand und hüpfte hinauf.

Al» sich das Deck uns wieder langsam zukehrte, wandte er sich an Colledge: Bitte, wollen Sie an meinen Platz treten und da» Fräulein halten; ich will jetzt hinüber.

Colledge tat, wie ihm gesagt, war aber blaß und unruhig. Im nächsten Augenblick war der Leutnant schon an Bord und die beiden ihm vorangegangenen Matrosen traten neben ihn. Nu« holt dicht heran, befahl er den Leuten. Und Sie, gnädige» Fräulein, fassen meine und diese» Manne» Hand, sobald ich e» sage.

Als sich da» Boot gleich darauf emporhob, und der Leutnantbitte" sagte, streckte das Mädchen tapfer ihre Arme au», die sogleich gepackt wurden, und mit einem anmutigen Schwung flog sie von der Duchte nach oben.

(Fortsetzung folgt.)