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Amts- und Anzeigeblatt sür den Gberamkbezirk Calw.

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Samstag, den 23. Juli 1910.

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Tagesueuigketterr.

L. Calw, 23. Juli. Das Licht-L«ft- bad ist von heute ab eröffnet. Die ungünstige Witterung und verschiedene andere Umstände haben leider die frühere Eröffung unmöglich ge­macht. Wir hoffen, daß die bei aller Einfachheit zweckmäßige Einrichtung des Bades auch die mancherlei Gegner besonders des Platzes von Vorurteilen befreien werde. Bezüglich der Be­dingungen der Benützung wird auf die im An­zeigenteil des heutigen Blattes erscheinende Ver­öffentlichung verwiesen. Von dem Flugblatt, das am letzten Samstag diesem Blatt beilag, sind einzelne Nummern bei Schuldiener Sattler noch zu haben. Und nun auf zu reger Benutzung durch Jung und Alt!

1 Bad Liebenzell 21. Jüli. Für näch­sten Sonntag, den 24. Juli, steht urik ein Kunst­genuß ersten Ranges in Aussicht. Der 42 Mann starke Jnstrumentalverein Pforzheim gibt mittags von 46 Uhr ein Konzert in den König Wilhelm-Anlagen. Da diese Kapelle bekanntermaßen Hervorragendes leistet, so ist wohl auf einen starken Besuch zu rechnen. Am Montag, den 25. Juli, findet sodann das Kinderfest statt. Um V-2 Uhr stellt sich der Festzug auf und bewegt sich durch die Straßen der Stadt nach dem Festplatz, wo es an Unter­haltung auch sür die Erwachsene» nicht fehlen wird. Zur Führung eines Cafös und einer Restauration bei außerordentlichen Veranstaltungen der Kurverwaltung werden gegenwärtig in nächster Nähe der Wandelhalle gedeckte Zelte erstellt. Bei dem immer zweifelhaften Wetter Heuer, kommen unsere König Wilhelm-Anlagen ganz besonders zur Geltung. Wenn es den Kurgästen nicht in die Wälder reicht, so sind doch glück­licherweise die großen Kuranlagen vorhanden, die dafür gewissen Ersatz bieten. Auf dem schon seither gut ausgestatteten Kinderspielplatz wurde eine neue, praktische Schaukel, in der 68 Kinder gleichzeitig in ungefährlicher Weise schaukeln können, erstellt. Und auch die Kleinsten sind nicht vergessen, für sie wurden 2 Sandplätze zum Spielen hergerichtet.

Die Generaldirektion der Staatseisenbahnen hat am 20. Juli ds. Js. den Eisenbahnassistenten Uebele in Unterreichenbach nach Obertürkheim auf Ansuchen versetzt.

Freudenstadt 22.Juli. DerFremden- zuz ug übertrifft Heuer trotz des schlechten Wetter» alle frühere» Jahre. Die gestern abgeschlossene Fremdenliste zeigt die Endzahl 3627, gegenüber der gleichen Liste im Horjahr 700 Kurgäste mehr.

Zuffenhanseit 22. Juli. Der Zuffen- hausener Anzeiger berichtet: Gestern traf eine aus Beamten des OveramtS und des Kameral- amts zusammengesetzte Kommission hier ein und nahm sowohl in den Bureaus als auch in den Wohnungen des Stadtschultheißen Gutenkunst und des Geometers G. Morlock Haussuchungen vor, die mit den ihnen zum Vorwurf gemachten Steuerhinterziehungen bei ihren früheren gemeinsamen Spekulationen in Zusammenhang stehen sollen. Die Untersuchungskommission hat vorläufig eine große Anzahl Schriftstücke mit­genommen.

Zuffenhausen 22.Juli. Ein mit den örtlichen Verhältnissen wohlvertrauter Dieb

stattete gestern nachmittag der Wohnung des Eisenbahnarbeiters Sch., während die Familien­angehörigen mit Gartenarbeiten beschäftigt waren, einen Besuch ab. 150 die zur Bezahlung der Kanalisationsbauschuld bestimmt waren, fielen dabei dem Dieb in die Hände.

Ludwigsburg 22. Juli. DaS 5 Jahre alte Mädchen des Schreiners Wilh. Gluff, da« von einem 10 Jahre alten Knaben durch einen Schuß schwer verletzt worden war, ist, ohne da» Bewußtsein wieder erlangt zu haben, den Verletzungen erlegen. Der jugendliche Schütze hatte die Waffe, ein Terzerol, unter den Sachen eine» älteren Bruders gefunden und glaubte, sie sei ungeladen. Er zeigte sie dem Mädchen und drückte los, wobei die tödliche Kugel au» unmittelbarer Nähe dem Kind in den Kopf drang.

Eßlingen 22. Juli. In der Württ. Holzmanufaktur in Obereßlingen haben gestern früh sämtliche Arbeiter und Arbeiterinnen wegen Heranziehung galizischer Arbeitskräfte die Arbeit niedergelegt. Auf Grund der im Laufe de« Tag» gepflogenen Vergleichsverhand­lungen wurden die Differenzen beigelegt und die Arbeit wieder ausgenommen. Die galizischen Arbeiter werden in einem besonderen Saal be­schäftigt.

Gmünd 22. Juli. An der hiesigen Ge­werbeschule hat man mit der Einführung der Schulsparkasse bis jetzt gute Erfahrungen gemacht. Freilich find bis jetzt noch lange nicht alle Wünsche in Erfüllung gegangen. Wenn bei 700 Schülern monatlich nur 120 ^ eingelegt werden, so will das noch nicht eben viel heißen. Der Prozentsatz der Schüler, die Sparkaffen er­standen haben, ist verhältnismäßig gering (25 °/°). Man hofft, daß die Einrichtung, sobald sie auch den Angehörigen der Schüler etwas mehr bekannt ist, besser benützt wird. Aller Anfang ist schwer, heißt e» auch hier. Auch wenn die Schüler merken, wie leicht allerlei Näschereien, Zigaretten, Alkohol, Belustigungen usw. zu entbehren find, wird die Freude am Sparen wachse».

Tuttlingen 22. Juli. Nachdem in de» hiesigen Schuhfabriken die 9'/-ständige Arbeits­zeit durch die Gewährung der 1'/-ständigen Mit­tagspause zur Einführung gelangt ist, hat die Neuerung bereits auch auf andere Industrien ihre Wirkung ausgeübt. Nachgefolgt in der Verkürzung der Arbeitszeit sind eine Fabrik chir. Instrumente und eine solche für Messer.

Wolfegg OA. Waldsee 22. Juli. Der im Spital in Neutann eingekaufte 72 Jahre alte Pfründner Michael Thalacker von Hausen OA. Gaildorf hat unweit des Spitals im Walde, wo er mit Grabenöffnen beschäftigt war, dem 72 Jahre alte» Spitalpfründner Joh. Branz von Aßmannshardt nach vorausgegangenem Wort­wechsel mit einer eisernen Stockhaue einen Schlag auf den Kopf versetzt, daß Branz zu Boden stürzte. Darauf gab Thalacker dem Branz mit der Haue noch mehrere Streiche auf den Kopf und Schultern, faßte ihn an den Füßen, schleifte ihn fort und warf ihn in einen mehrere Meter tiefen Abgrund, wo Branz bewußtlos liegen blieb. Damit war Thalacker aber noch nicht zu­frieden. Er kam nach etwa 2 Stunden an den Tatort zurück und bearbeitete Branz, der in­

zwischen wieder zum Bewußtsein gekommen war, nochmals in barbarischer Weise mit der Haue. Fürchterlich zugerichtet und aus vielen Wunden blutend, wurde Branz von einem zufällig des Weges kommenden Waldarbeiter aufgefunden und auf dessen Anzeige vom Personal des Spitals in das Krankenhau« verbracht, wo er seinen Ver­letzungen erlegen ist. Der entmenschte Täter wurde in Untersuchungshaft genommen.

Bergatreute OA. Waldsee 22. Juli. Ein Schwalbendorf, da» jeden Vogelfreund interessiert, ist an der Scheuer des Gemeinde­pflegers Weber hier zu sehen. Nicht weniger als 58 Schwalbennester befinden sich Heuer an einer Reihe dort an der Wand, die sämtliche bewohnt find. Einen reizenden Anblick gewährt die Schwalbenansiedelung gegenwärtig, da au» jedem Nest einige Junge herausschauen. Bemerkens­wert ist ein Nest, das den Eingang von unten her hat, während bekanntlich die Fluglöcher der Schwalben sich gewöhnlich oben am Neste befinden. Voriges Jahr nisteten am gleichen Gebäude 50 Schwalbenfamilien, das Vogelgemeinwesen ist also in rascher Zunahme begriffe«. Interessant ist, wie Gemeindepfleger Weber seine befiederten Hausleute vor den Spatzen, die wohnen möchten, ohne zu bauen, schützt. Sobald die Schwalben im Herbste abgereist find, verstopft er die Flug­löcher, um den Spatzen den Eintritt zu ver­wehren, und öffnet sie erst wieder, wenn die Frühlingsboten wieder kommen. Doch haben sich die überlisteten Spatzen schon dadurch gerächt, daß sie einige Schwalbennester einfach zerstörten.

Friedrichshafen 22. Juli. Gestern nachmittag fand die Beerdigung des bei der Explosionskatastrophe im Karboniumwerk ge­töteten Arbeiters Hildenbrand unter zahlreicher Beteiligung der Bevölkerung statt. Wie derSchwäb. Merk." meldet, hat die Königin der hartbedrängten Familie Hildenbrand« bereit» reichliche Spenden zukommen lassen und auch au» der Bürgerschaft sind der Familie Unterstützungen zu Teil geworden. Die Karboniumgesellschaft hat außer einer einmaligen Zuwendung dadurch die Not der Familie gelindert, daß sie den Lohn de» verstorbenen Mannes bis auf weiteres an die Witwe fortbezahlt.

Vom Schwarzwald 22. Juli. In Ettlingen ist eine elektrische Lokomotive die vom nächsten Monat ab den Fernverkehr der Albtalbahn (KarlsruheH errenalbEttlingen Pforzheim, bezw. nur bi» Ittersbach) aufnehmen wird, eingetroffen. Da« Fahrzeug, da» dem Führer jeden Schutz vor Wind und Wetter bietet, ist fast nocheinmal so groß wie die bisherigen elektrischen Maschinen, dafür aber auch weit leistungsfähiger als diese.

Schneidemühl 22. Juli. In einem hiesigen Hotel erschien vor einigen Tagen ein Herr, der sich als Wirtschaftsinspektor Brand vorstellte und dem Wirt erklärte, er bekomme von einer Bank 102 500 ^ zugesandt, mit welchem Geld er Hypotheken in der Umgegend auS- zahlen wolle. Er wolle da» Geld unter der Adresse de« Wirt« schicken laffen^damit er nicht Schwierigkeiten wegen der LegWnation bei der Post habe. Da» Geld wurde auch dem Wir