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85. Zahr-ns

Amts- und Anzeigeblatt für den Gberamtsbezm Calw.

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Dienstag, den 12. Anti 1910.

Tagesrrcnigkeiteu.

N. Liebenzell 10. Juli. Die heute abgehaltene Ergänzungswahl zum Kirchen- gemeinderat zeigte eine ungewöhnlich starke Beteiligung, so daß eine Nachwahl nicht nötig wurde. Gewählt wurden erstmalig: Pfarrer a. D. Blumhardt mit 55, Lehrer a. D. Michel mit 51 und Apotheker Mohl mit 50 Stimmen. Die ausscheidenden Mitglieder des Kirchen­gemeinderats brachten es nur auf 16 und 18 Stimmen.

Stuttgart 11. Juli. Die Handwerks­kammer Stuttgart ist, wie so manches gemein­nützige Institut, von dem verstorbenen Privatier Schönle « reich bedacht worden. In dankbarer Anerkennung hat die Handwerkskammer dem Bildhauer Rudolf Stöcker den Auftrag erteilt, eine Marmorbüste des Stifter» für ihren Sitzungs­saal zu schaffen.

AlpirSbach 11. Juli. Die Festver sammlung des Württ. Schwarzwald verein» wurde gestern, begünstigt vom schön ste» Wetter, hier abgehalten. Zu Ehren der Festgäste war die Stadt prächtig geschmückt. Ein am Samstag abend veranstalteter Begrüßungs­abend, der von Mitgliedern der hiesigen Bezirks­vereins sehr zahlreich besucht war, leitete da» Hauptfest ein. Der BezirkSvereins - Vorstand, Stadtschultheiß Rieker und der Vertreter des Hauptvereinr, Professor Dr. End riß-Stuttgart, hielten Ansprachen. Am Sonntag vormittag er­folgte, nach dem Empfang der mit den Früh­zügen eingetroffenen Gäste durch die Stadtmusik und die Festjungfrauen, sämtliche in kleidsamer Echwarzwaldtracht, die Besichtigung der Kirche und des Klosters. Beim Eintreten in die ehr­würdige Basilika erklang feierliches Orgelspiel,

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k. l>". örir- u. klachbarortsverk. »». l.»0. vtstellg. in Württ. so

^lützrl. Ml. 1.»0, im8erno«rl«ß » Pfg., in Bayern n. Reich 4i Bis.

dem sich Choralgesang de» Männerchors und der Vortrag eines Festchors durch die Stadtkapelle anschloß. Im Kreuzgang des Chor» hatte der Bezirksverein den Gästen ein Frühstück bereitet. Hier entbot auch der Bezirksvereinsvorstand den Besuchern des Festes herzlichen Willkommgruß und Stadtpfarrer Schmid von hier hielt einen hochinteressanten kultur- und kunstgeschichtlichen Vortrag über Kirche und Kloster AlpirSbach. Reicher Beifall wurde dem Redner zu Teil. Um die Mittagsstunde fand das Festmahl im neuen Hotel zumLöwen" des Klosterbrauereibesitzers Karl Glauner statt. Die Tafelmusik stellte die Alpirsbacher Stadtkapelle. Prof. Dr. Endriß - Stuttgart, der in Vertretung des verhinderten Vorstands de« Württ. Schwarzwaldvereins die Leitung des Festes übernommen hatte, gedachte in frischer, kraftvoller Rede des Protektors de» Vereins, des Königs, an den ein Begrüßungs­telegramm abgesandt wurde, das huldvolle Er­widerung fand. Begrüßungstelegramme gingen auch an den HaupivereinSvvrstand, Schulrat Dr. Salzmann-Stuttgart, sowie an den Schriftführer, Professor Dölker - Stuttgart ab. Oberlehrer G ö h n e r - AlpirSbach gedachte des geschäfts­führenden Ausschusses des Hauptverein» und ins­besondere des Leiter» des Festes, Professor Dr. Endriß und dankte den Festgästen für ihr Er­scheinen. Weitere Ansprachen hielten Oberförster v. S ü S k i n d - Dornstetten und Hofhutfabrikant Stadtmann-Stuttgart. An das Festmahl schloß sich eine genußreiche Wanderung durch den schattigen Glaswald zur Karlsquelle und von da zum Goldbrunnen, einer hübsch gefaßten Quelle, wo Stadtpfarrverweser D ö b l e r - AlpirSbach diese» lauschige Plätzchen verherrlichte, wie auch die reizende Lage der Feststadt. Professor Dr. Endriß sprach noch Dankesworte an die Stadt,

den Bezirksverein und dessen Vorstand und forderte zur kräftigen Unterstützung der Schwarz­waldvereinssache auf. Nach der Rückkehr in die Stadt fand noch eine gesellige Zusammenkunft der Festteilnehmer statt, womit das durchaus harmonisch verlaufene Fest einen schönen Ab­schluß fand.

Göppingen 11. Juli. Der Landes­verband württembergischer Küfermeister hielt gestern unter zahlreicher Beteiligung seinen Verbandstag hier ab. Der Verband zählt zur Zeit über 700 Mitglieder. Professor Dr. Meißner-Weinsberg hielt einen Vortrag über die kellerwirtschaftlichen Forderungen der Neuzeit. Die nächste Verbandsversammlung soll in Rotten­burg abgehalten werden. Der Verband soll künftighin den NamenVerband süddeutscher selbständiger Küfermeister" führen, da er sich auch auf Bayern, Baden und das Elsaß erstreckt. ES wurde beschlossen, eine Eingabe an die Steuerbehörde zu richten, die Steuerbeamten anzuweisen, den Anträgen der Küfer auf Vor­nahme der Steuergeschäste bei der Verbringung von Wein in die Wirtschaftskeller ohne Verzug nachzukommcn.

Schorndorf 11. Juli. Entgegen der bisherigen Annahme, als fei Dampfziegeleibesitzer G. von hier bei dem Unfall mit seinem Auto­mobil infolge der erlittenen Aufregung am Schlag gestorben, hat diz Aktion der Leiche er­geben, daß innere Vetletzungen, die er bei dem Unfall erlitt, den Tod herbeiführten.

Maulbronn 11. Juli. In Freudeu- stein wurde der 29 Jahre alte Schultheiß Paul Goll durch den Untersuchungsrichter I beim K. Landgericht Heilbronn wegen Unterschlagung in einer Reihe von Einzelfällen festgenommen. Die

DZe Goldinsel.

Seeroman von Clark Russell.

(Fortsetzung.)

Niemand außer mir schien diesen Umstand bemerkt zu haben, denn jeder lauschte noch mit Andacht dem Schlußgebet. Als sich die Versammlung danach löste, ging die Schiffsmannschaft nach dem Vordeck zurück und die Passagiere begaben sich wieder nach hinten. Währenddem schloß ich mich Herrn Prance an und flüsterte ihm zu: Kommen Sie mal schnell mit nach dem Heckbokd, ich will ihnen was zeigen.

Er folgte mir und unterwegs erzählte ich ihm meine Wahrnehmung.

I was, sagte er verdutzt, sollte der Esel, der Segelmacher, vergessen haben, die Leiche zu belasten? Das wäre noch schöner.

Inzwischen waren wir hinten angekommen, und ich entdeckte sofort den in den Wirbeln des Kielwassers langsam forttreibenden Ballen.

Da sehen Sie, rief ich hinausdeutend.

Wahrhaftig! Man kann sich doch auf nicht» verlassen. Nur gut, daß niemand anders die Sache bemerkt hat, sonst wäre unter der Mann­schaft gleich die Auslegung fertig, das Meer hätte den Toten nicht aus­genommen, weil er im Leben ein zu großer Bösewicht war.

Ja, ja, das kenne ich. Der Seemannsaberglaube macht sich gleich aus jedem Ding etwa» zurecht.

Bei unserer langsamen Fahrt sahen wir noch eine ganze Weile Crabbs Körper auf den Wellen treiben, endlich aber entschwand er unfern Blicken, und um keinen Anlaß zu weiterem Gerede zu geben, schwiegen wir über die Sache still.

So schönes Wetter wir auch heute hatten, war doch jeder ungeduldig über die fast schleichende Fahrt. Wir segelten zwar unter dem nordöst­

lichen Passat, aber der blie« so schwach, daß Kapitän Keeling in Ver­zweiflung war und wiederholt versicherte, einen solchen Passat noch nie erlebt zu haben.

ES war zum Sterben langweilig. Man wußte nicht, wie die Stunden des Tages hinbringen, wenn auch alle» mögliche unternommen und versucht wurde, die Geselligkeit zu belebe» und die gute Stimmung aufrecht zu erhalte».

Eines Tage» lagen Colledge und ich rauchend und plaudemd in unfern Kojen. Natürlich waren wir in unserm Gespräch auch bald wieder bei Fräulein Temple angelangt. Wahrhaftig, Dugdale, sagte er, wäre ich nicht schon verlobt, so würde ich jetzt keinen Augenblick mehr zögern, Luise Temple einen Antrag zu machen. Das ist so recht da» Mädchen, das meinem Vater gefallen würde. Wie würde sie mit ihrer imponierenden Persönlichkeit und hoheitvoller Würde zu repräsentiere« verstehen! Ja, da» wäre sein Fall. Meine Fanny, wissen Sie, ist gerade nicht sehr nach seinem Geschmack sie ist ihm nicht distinguiert genug, hat, wie er sich ausdrückt, keinen Stil.

Da wundert es mich, daß er zu Ihrer Verlobung seine Ein­willigung gab.

Ja, ob er da» getan, weiß ich eigentlich nicht

Ich lachte. Der gute Junge war wirklich da» reine Kind.

Haben Sie Fräulein Temple schon gesagt, daß Sie verlobt find?

I bewahre. Warum hätte ich ihr davon erzählen sollen? Sie braucht das nicht zu wissen. Nein, Dugdale, Sie find der einzige auf dem Schiff, dem ich da» anvertraute. Sie meinen aber, scheint'», daß ich es ihr sage« müßte. Sprechen Sie ganz offen.

Nun, wenn Sie meine ehrliche Meinung hören wollen ja. Sie machen ihr so gewaltig den Hof, daß sie blind sein müßte, wenn sie nicht an Ihren Emst glauben sollte.

Mein Gott, e« ist ja auch mein voller Emst! rief er verzweifelt.