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besucht und sie unter Führung von Präsident v. Mosthaf und von Patentanwalt Schwäbfch einer eingehenden Besichtigung unterzogen. Der Herzog zog mehrere Aussteller in ein Gespräch und ließ sich auch einige Apparate vorführen, wobei er dem Wunsche Ausdruck gab, daß der mit der Ausstellung betretene Weg zu guten Erfolgen führen möge. Diese Erfolge sind schon zu verzeichnen, denn es find bereits mehrere Verwertungsverhandlungen im Gange. Der Besuch der Ausstellung ist ein sehr guter und das Interesse des Publikums für dieselbe mehrt sich von Tag zu Tag. Am vergangenen Sonntag wurde die Ausstellung von 1300 Personen besucht; der Andrang war so stark, daß zeitweise die Türen geschloffen werden mußten.
Stuttgart 8. Febr. Dieser Tage konnte in vielen Straßen der Stadt ein Automobil-Feuerlöschzug bemerkt werden, der von Vertretern der städtischen Behörde einer Besichtigung unterzogen wurde, wobei Branddirektor Jakoby und der Vertreter der Gaggenauer Werke die erforderlichen Erklärungen gaben. Der Löschzug ist eine Kombination von Gasspritze und Mannschafts- sowie Gerätewagen. Er kann 12 Mann mit sich führen und ist in der Lage, Steigungen von 17 Proz. zu überwinden. An der Motorspritze lassen sich vier Hydrantenschläuche anschließen. Nach einer Probe vor der Hauptfeuerwache unternahm das Automobil eine Fahrt die Hasenbergstraße hinauf, die für eine mit Pferden bespannte Dampfspritze unpassierbar ist. Beim Feuersee wurden die Pumpen als Säugpumpen verwendet. Der Hauptvorteil dieses Automobilfeuerlöschzuges liegt in der Möglichkeit, binnen kürzester Zeit in die Vororte zu gelangen. Die bürgerlichen Kollegien werden sich mit der Frage zu befassen haben, ob sie einen solchen Löschzug, der 25 000 kostet, anschaffen wollen.
Stuttgart 8. Febr. (Schwurgericht.) Wegen Brandstiftung hatte sich heute der schon öfters vorbestrafte ledige Taglöhner O. Mauser von hier vor den Geschworenen zu verantworten. Der Angeklagte drang am 10. Dezember gegen 6 Uhr morgens, nachdem er die ganze Nacht herumgetrunken hatte, in das in der Rotebühl- straße gelegene Magazin des Rheinischen Kohlengeschäfts ein, und begoß leere Säcke mit Petroleum und zündele sie an. Das Feuer wurde alsbald von einem Schutzmann entdeckt und von der Berufsfeuerwehr gelöscht; ein größerer Schaden entstand nicht. Das Magazin war mit Briketts und Bündelholz gefüllt. Der Angeklagte war einige Zeit bei der Firma beschäftigt und wegen Differenzen mit dem Geschäftsführer entlassen worden. Bei der Brandstiftung handelt es sich nach seinem Geständnis um einen Racheakt. Das Urteil gegen ihn lautete auf
3 Jahre Zuchthaus, unter Anrechnung von 1 Monat 15 Tagen Untersuchungshaft.
Reutlingen 8. Febr. Der Milch - krieg hat wenigstens einen teilweise» Sieg der Konsumenten zur Folge, indem jetzt ein Abschlag von 1 ^ pro Liter ab 15. ds. Mts. bekannt gegeben wird. Das Nachgeben der Milchhändler ist in der Hauptsache darauf zurückzuführen, daß der Milchkonsum infolge wesentlicher Einschränkungen im Verbrauch und dadurch vielfache Verwendung von kondensierter Milch nicht unbedeutend zurückgegangen ist und auch der hiesige Konsumverein in seinem Bemühen, den Mitgliedern gute Milch zu billigeren Preisen zu verschaffen, Erfolg hatte. Anstatt 18 bezw. 20 -Z pro Liter kostet die Milch in Zukunft 19 Die Kosten dieses Milchkriegs, der ungerechtfertigter Weise vom Zaune gebrochen wurde, haben ausschließlich die Händler zu tragen.
Reutlingen 6. Febr. Während des Vormittagsgottesdienstes wurde Dekan Kopp plötzlich von einer Ohnmacht befallen, sodaß er die Predigt nicht fortsetzen konnte. Die Aufregung unter den zahlreichen Zuhörern war groß und legte sich erst, als bekannt wurde, daß keine weiteren Folgen zu befürchten seien. Tatsächlich trat auch bald eine Besserung ein, nachdem sofort ärztliche Hilfe zur Stelle war.
Kirchheim u. T. 8. Febr. Der Nachmittagszug der Nebenbahn Kirchheim—-Weilheim war gestern, am Tag des großen Viehmarkts, stärker besetzt als je. Das schien dem stählernen Dampfroß nicht recht gefallen zu wollen, und in seinem Unbehagen schlug es ein Schneckentempo an, das selbst den Marktleuten bei all ihrer Geschwätzigkeit auffiel und sie langweilte. In der Langeweile wurde von einigen Gästen des letzten Wagens eine Wette gemacht. Wer dem Zug von der Station Jesingen bis Holzmaden folge, sollte 50 erhalten. Sofort bot sich einer an, die Wette einzugehen. Er hielt sich am Wagenende fest und lief auf dem Schienenwege mit. Aber er hatte das Stahlroß in seiner Leistungsfähigkeit doch zu nieder eingeschätzt. Sei es, daß seine Last bedeutend erleichtert worden war, sei es, daß seine Zugkraft unterdessen gewachsen war, kurz, unserem Wettrenner ging der „Schnaufer" aus. Er ließ sich los und fiel gestreckten Wegs zu Boden. Schwere Verletzungen hat er sich glücklicherweise nicht zugezogen. Aber wenn er nach dem Arzt auch noch von der Generaldirektion der Eisenbahnen in „Behandlung" genommen worden ist, wird ihm das Wettrennen zeitlebens entleibet sein.
P forzh eim 8. Febr. Eine ungewöhnliche Ueberraschung erlebte ein hiesiger Bankier auf dem letzten Maskenball im städtischen Saalbau. Als er mit einer maskierten Dame in einem Nebenrestaurant am Tisch saß, trat
ruhig ein Herr an ihn heran und ohrfeigte ihn, ohne irgend ein Wort zu sprechen, links und rechts „vor versammeltem Kriegsvolk." Vielleicht wußte der „leidende Teil" auch ohne lange Erklärungen, warum es sich handelte. Für den Geschlagenen, der keine Gegenwehr leistete, griff die Dame um so energischer ein. Die Sache dürfte noch ein gerichtliches Nachspiel haben.
Mannheim 7. Febr. Der Lenkballon des Danziger Professor Schütte ist jetzt vollständig fertig montiert. Professor Schütte will in den nächsten Tagen nach Mannheim reisen, um dort persönlich die letzten Arbeiten zu leiten. Bei der Montage des Holzgerippes waren unter Leitung des Berliner Ingenieurs Huber nicht weniger als 60 Arbeiter täüg. Prof. Schütte hofft, nachdem nun alle Vorbereitungen erledigt sind, innerhalb der nächsten 3—4 Monate den ersten Aufstieg unternehmen zu können.
Berlin 8. Febr. Nach Unterschlagung von 10000 ^ ist der Kaufmann Fritz Jörgen, der in einer Fabrik im Zentrum eine Vertrauensstellung innehatte, verhaftet worden. Er fälschte die Unterschrift des Chefs und erhielt von der Bank, die ihn persönlich kannte, jeden Betrag, den er abheben wollte. — In Todesgefahr gerieten gestern abend zwei Personen bei einem Brand im Osten. Entgegen einer polizeilichen Vorschrift waren in einem Keller nahezu hundert Liter Benzin untergebracht worden. Als abends ein Gehilfe des Geschäftsinhabers in dem Raum ein Licht anzündete, explodierten die Benzingase. In wenigen Minuten bildete der ganze Raum ein Flammenmeer und die Flammen schlugen bald aus dem Keller bis zum oberen Stockwerk empor. Der Inhaber und sein Gehilfe retteten sich durch schnelle Flucht. Der elftere wurde aber von Stichflammen erfaßt und erlitt schwere Brandwunden.
London 8. Febr. Der heutige „Standard" bringt folgende Ankündigung: In etwa 14 Tagen wird Prinz Heinrich von Preußen zu einem interessanten Besuch eintreffen. Die Arrangements sind zwar noch nicht vollendet, aber es gilt als bestimmt, daß der Prinz den König Eduard und außerdem noch andere seiner zahlreichen Freunde hier zu Lande besuchen wird. Ohne diesem Besuch eine unrichtige Bedeutung beizulegen, ist doch wohl anzunehmen, daß das Interesse an der in Deutschland in Gang gebrachten B ewegung zur Besserung der Beziehungen zu diesem Lande dadurch eine 'Stärkung erfahren wird. Die neue Richtung findet die wärmste Unterstützung in hohen Kreisen.
New-Aork 8. Febr. Heute ist hier der kälteste Tag seit vielen Jahren, sogar in der City, wo die Temperatur wegen der Nähe des Golfstromes gewöhnlich milder ist, stand das
lassen. Dem Friedl aber steckt es die Lexbäurin eigenhändig an den Hut. Für ihn und die Kranzelbuben hat sie himmelblaue Atlasbänder, während die anderen nur weiße bekommen.
Dabei flüstert sie ihm zu:
„Sauber ist sie, Deine Viktl, heut hörst wohl die Englein jungen im Himmel, gelt Du!"
„Könnt's nicht sagen," gibt der Undankbare zurück, „zuviel Leut' find mir um und um. So eine Hochzeit ist grad' für die andern da!"
„Geh, Du! Das Leben ist lang — wirst sie noch genug allein neben Dir haben, dann gib nur acht, daß Dir die Zeit nicht lang wird!"
„Selb fürcht' ich schon nicht."
In diesem Augenblick, knapp, ehe man in die Kirche gehen will, kommt ein fremder, struppiger Bursche daher und frägt einen Kranzelbuben um den Bürgermeister. Der weist gegen die Kirchentür.
Dort steht er neben dem Kleekamp. Der mit dem weißen Haarschopf ist's. Aber jetzt wirst ihm nicht gelegen kommen . . ."
Der Bursche hört nicht weiter auf den Rat, sondern tritt mitten zwischen den Gästen durch auf den Bürgermeister zu, und bringt seine Botschaft vor. Drin im Dullinggraben wär heut nacht einer erstochen worden und sie ließen bitten, daß der Friedauer Gendarm den Mörder holen käme.
Wie eine Bombe fällt die Nachricht in die lustige Gesellschaft. Ein Mord am Hochzeitstag, das ist eine schlimme Vorbedeutung, und darüber wird so viel geflüstert unter den Weibern, und so bestürzt sind die Gesichter ringsum, daß Viktl plötzlich bitterlich zu weinen beginnt.
Da vergißt Friedl alle Etikette, die ihn bis zum Tanz strenge von der Braut fern hält, und drängt sich gewaltsam zu ihr durch.
„Viktl, liebes Dirndl," flüstert er ihr zärtlich ins Ohr, „wirst doch nicht abergläubisch sein! Zwischen uns zweien hat kein Unglück Platz, und kommt schon ja eins, dann halt ichs mit meinen Schultern auf, daß es Dich nicht treffen kann. Mach mir nur wieder ein lachendes Gesicht, traurig sehen kann ich Dich nicht . . ."
Sie blickt ihn wie verklärt an unter Tränen. „Mir kommt schier vor, als hättest's jetzt schon aufgehalten für immer, fdann kann mich ja gar nichts treffen! ..."
Der Bürgermeister hat inzwischen dem Boten mitgeteilt, daß der Gendarm auf einer Streifung im Gebirge oben wäre, aber der Gemeinde, diener würde den Verbrecher holen und nach Egydi solle sofort einer hinaus, um dort die Anzeige beim Bezirksgericht zu erstatten.
Damit ist die Sache vorläufig erledigt und unter den Hochzeitsleuten wird nur noch leise die Frage ventiliert, wer derjenige sei, der den roten Lenz erstochen habe, denn der Bote wußte seinen Namen nicht. Als Holzknecht habe Ger sich vor ein paar Monaten verdingt in den Dullinggraben und gesagt, daß er von weit her komme. Mehr wisse man nicht von ihm.
Ueber dem Geflüster und der Aufregung hat der Marchelbauer ein wenig auf sein Amt als Bidlmann vergessen, und wie er sich jetzt nach der Braut umsieht, ist sie auf einmal verschwunden. Mit ihr Bartl, der Jungknecht vom Habererhof, der sich schon die ganze Zeit über in ihre Nähe gedrängt hat, während seine Kameraden den Marchelbauer in ein Gespräch über den Mord verwickelten.
Statt dessen umringen sie ihn jetzt mit lautem Hohngelächter.
„Die Braut hast Dir stehlen lassen, Bidlmann! Auskausen muß sie! Beim Kunz sitzt sie!" (Forts, folgt.)