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liche Schafherde, wobei er mehrere Schafe zerriß und eine Anzahl noch schwer verwundete. Der Besitzer des Hundes ist nicht bekannt.

Heilbronn. (Strafkammer.) In der Spohn'schen Fabrik in Neckarsulm traten am 25. September vorigen Jahres infolge Lohn­kürzungen ca. 100 Weber und Weberinnen in den Ausstand, der mehrere Wochen andauerte und mit immer steigender Erbitterung gegen die Arbeitswilligen sich sortsetzte. An den Mit­tagspausen und am Feierabend kam es zu wüsten Szenen, die am 21. Oktober abends zu einem Tumult ausarteten. Eine große Menschenmenge hatte sich bei den Radfahrwerken angesammelt. Die Streikenden fielen über die heimkehrenden Arbeitswilligen her. Diese wurden mit Stein­würfen, Johlen, Schreien und Pfeifen empfangen, wobei auch das Messer eine Rolle spielte und einem Arbeiter die ganze untere Gesichtshälfte ausgeschnitten wurde. Viele erhielten Kopf­wunden durch Steinwürfe und sonstige Ver­letzungen. Die Angeklagten, 12 der Zahl, be­streiten sämtliche ihre Schuld. Die Verhandlung wird einige Tage dauern.

Frankfurt a. M. 21. Jan. (Nach Unterschlagungen geflüchtet.) Der seit zwei Tagen verschwundene, an der Fahrkarten-Ausgabe im Hauptbahnhofe beschäftigt gewesene Eisenbahn- Assistent Winter hat sich, wie jetzt festgestellt ist, Unterschlagungen zu Schulden kommen lassen. Nach den bisherigen Feststellungen hat er für ca. 2000 Mark Fahrkarten verkauft, ohne den Be­trag dafür abzuliefern. Man vermutet, daß er sich nach England gewandt hat.

Berlin 21. Jon. (Reichstag.) Vize­präsident Spahn e öffnet die Sitzvna um 12'/« Uhr. Am Bundesratstisch sind die Staatssekretäre Wer- s murb und D rnburg, sowie der Präside >t des Retcks- eisenbabvam'.s, Wuckerzapp, anwesend. Die Etatsderaiung wird beim Etat dcs Reichs- eisenbahnamtS fortgesetz'. Abg. Carstens (frs Vp): Wie wir dem bisherigen Chef des Re ch^- kisenbahnamts Dark missen, so h ffer w r, daß es auch dem neuen Chef gelingen^e, seirem Amt eine immer mehr wachsende Bedeutung a s Ar-ffichts- awt zu verschaffen. Die La >e der Arbeit!r und H'lfsbeamten der Eisenbahnen ist höchst unbefrie­digend. Die Bktritbsmiltel reich,n vielfach nicht aus. Die Existenzberechtigung des Re'chsiisenbahn- amtes wird jetzt von keiner Seite mehr bezwe f lt. Ter Präsident möge seinen E'vflvß geltend machen auf die Entsche'dvngen des preußischen Ministers der öffentlichen Arb iten. Wir stehen erforderlichen­falls hinter ihm. Abg. Schwabach (nail): Die Znsamaienfügnng der deutschen Eisenbahnen hinsicht­lich der Finanzwirtschaft etwa nach dem Muster der preußisch-hessischen Eisenbahnaemeii schafl ist ein erstrebenswert s Ziel. Das Amt.re auch auf den Ausbau der internationalen Verkehrkobkomwen achten. Präs, des Rcichseisenbahnamtcs. Wackcr- zapp: Den ane: kennenden Worte» für weinen Vorgänger schließe ick mich voll und ganz an.

8 genüber dem Abg. Carstens betone ich in Betreff der niedrigen Löhne: Mm kann die Löhne nur in

Etappen und nach den Lcbensbedingungen der ein­zelnen Gegenden aufbeffcrn. Gelegentlich wird immer ein Wogermangel auftreten. In d.n letzten Jahren ist es damit merklich bester geworden. Den Wünschen nach E.nfühcung noch weiterer v Züge kann die Verwaltung mit dem besten Willen nicht entsprechen. Auch die internationale Regelung der Personentarife nach dem Vorbild der Frachtbriefe dürfte bald erfolgen. Die Schweiz hat e nen ent­sprechenden Entwurf ousgcarb-iiet. Abg. Zielsch (Soz.) weint, daß das Amt nicht den Voraussetzungen entspreche, d'e bet der Schaffung der Verfassung maßgebend gewesen seien, weil seinen Zentralisations- bestcebungen die Dezentralisation der Einzelslaoten geAenüberstehe. Abg. Dr. Pfeiffer (Ztr.): Wir wünschen Entfernung der Schur tzlitterawr von den Bahnbösen und bessere Behandlung der Raucher bei der Verteilt! g der Eisenbahnabteile. Abg. Storz (Südd Vpt.) hätte gewünscht, daß der Cdef des Reichseisenbahnamts mehr Initiative und Energie an den Tag gelegt hätte. Auch aus Württemberg kämen immer mehr neue Klagen. Abg. Behr aus (wschfll. Vgg.): Die Arbeitsverhältn sie sind röll g ungenügend. Die Dienstzeit der Lokomotivführer muß verkürzt weiden. Abg. Weber (Ntl.): Man soll e von den Bahnhöfen nicht die politische Presse verdrängen. Abg. Bindewald (Ap): Mit dem Verkaufrverbot sozialdemokratischer Zeitungen wird niitt viel erreicht. Man sollte vielmehr tue Er- presserpresse (Zuruf: »Wahrheit!") von den Bahn» 'en cusschlreßen Ava Lehmann-Wiesbaden (Soz.): Hinsichtlich der Klagen über die R volver- presse stimme ich dem Vorredner völlig zu. Wir sieben übrigens, was die Zerfahrenheit unseres EisenbabnwlsenS betrifft, heute auf dem gleichen Standpunkt wie 1870. Präsident Wackerzapp: Die Dier-stveihältn sse der A beiter und Beamten sind durch bestimmte Vorschriften ge egelt. Sie betragen tm abgcmemen 14 Stunden, die jedoch durch eine Pause unterbrochen werden, es müßte sich denn um eine leichte nicht anstrengende Arbeit haude-n Der Etat wird dara f genehmigt. Es folgt die 2. L sung des Nachtragsetots für die Schutzgebiete. Augefordert w rden u a. für den Bau einer Bahn Kar b bW ndhuk, sowie für den Bcu der Noid-Südbahn 4900000 ferner Summen für die Diamantgkwinnung. Abg Lede- bour (Toz.): Es ist kein Beweis dafür erbracht worden, daß die Deutschen in Ostafrika ibr-n Uiter- balt gewinnen können. Abg. Arning (Ntl.): Tie SiZialdeookratie hat sich bisher immer b-müht, unsere Kolonien tor d>m Volke herabzusetzen Ich k nstakiere daß d-r Aufenchalt in den ostafrikanischen Hoch ändern durchaus als ge'und zu erachten ist. Abg. Liebert (Rp): In Ostafrika gibt es in den Hoch'äudern ein gemäßigt-s Klima. Aus­wanderer erhalten jede gewünschte Auskunft bei der Auskunststelle des Kolonialvereins. Abg. Erz- berger (Z«r.): Wie die künftige deutsche Genera­tion in Osiafr ka sich entwickeln wird, steht mit dem Babnbau in keinem Z> sawmenhana. Die Mög­lichkeit, eine dickte B> kerung zu erzielen, ist durch­aus gegeben. D e Belastung der Steuerzahler ist nicht zu groß. Nack den gmauen Berechnungen ist die Rentabilität der Bahn bewiesen. Staatssekretär Dernburg bemerkt gegenüber einer Äußerung des Abg. L'debour, daß sich seine Ansicht in der Anfi-delnngSfrage nicht geändert habe Hierauf werd n einige Etatskopitel bewilligt. Nächste Sitzung:

Dienstag Mittag 1 Uhr. Tagesordnung: Rest der heutigen un) weitere Etatsberatungen.

Berlin 21. Jan. Das Befinden des an Influenza erkrankten Präsidenten des Reichs­tages, Graf Stolberg läßt noch immer viel zu wünschen übrig. Im Laufe des gestrigen Tages ist zwar beim Präsidenten eine leichte Besserung eingetreten, doch muß sich Graf Stol­berg äußerste Schonung auferlegen. Auch einige Mitglieder der Familie des Präsidenten sind an Influenza erkrankt.

Berlin 21. Jan. Aus dem Berliner Kunstgewerbemuseum ist ein Bronce-Relief entwendet worden, das Friedrich den Großen zu Pferde darstellt. Der Dieb ist noch nicht ermittelt.

Innsbruck 21. Jan. Bei fort­dauerndem Schneesall gehen aus ganz Tirol fortwährend Hiobsbotschaften über Lawinenschäden und durch diese hervor­gerufene Telephon- und Telegraphenstörungen ein. Der Eisenbahnverkehr erleidet große Ver­spätungen. Wie aus Vorarlberg gemeldet wird, haben Schnee stürme dort gewaltige Verheerungen angerichtet.

Eingesardt

Den anerkennenden Werten dcs Einsenders der Kritik über den Festabend am 18. Januar stimmt man gerne bet. Der Verfasser des Artikels scheint jedoch mit der Jetztzeit nicht ganz auf dem Lautenden zu s in, sonst würde er das Besuche- und Visiienremren der Frauen n cht modern nennen. Es ist doch gerade ein Zeichen der neuen Zeit, daß den Luftige Frauen Besuche und Einladungen mög­lichst einschränken*)

Immerhin werden sie versuchen mit ihres­gleichen zusammenzuko-, men und sich auszusprechen, und wird das zu allen Zeiten so bleiben und dagegen ebrnsowenig etwas einzuwenden zu sein, als wenn Männer dos Bedür fnis laben, sich abends am Wirts, sch zu treffen und zu unterhalten.

*i Kauz richtig! Diese Wandlung, die sich schetritS ko uw merklich voüziebt, war auch uns entgangen. Möge übrigens die nrue Ricktung viele ÄrHänger finden.

D. Rcd.

Stattdssawt Calw.

Geborene.

14. Jan. Olts Julius, S. d. Friedrich Großmann, Zigarrenmachers.

18. Alfred Wi! y S. d. Franz Immanuel

Roller, Jacguardwebers.

19. , Elf; Berta, T. d. Christian Holzäpfel,

Jocq -ardwerbers.

19. Gotthilf Robert, S. d. Gottlieb Eitel,

Zieglers.

Getraute.

17. Jan. Gustav Hermann Hägele, Weingärtrer von Eßlingen und Sofie Helene Lutz, von hier.

Gestorbene.

17. Jan. Sofie Pauline Weiß, g.b. Stoll, Wirts­witwe, 63'/2 Jabre olt.

ich trag Dir nichts nach . . . hast Du erst einmal geschlafen über die Sache, dann wirst schon zur Einsicht kommen, daß es am besten ist, wie ich «nr's ausdenkt Hab."

Er drängt sie barsch aus dem Weg.

Mit Euch, Haberbäurin, Hab' ich mein Lebtag nichts mehr zu schaffen und in dem Haus, auf das ich kein Recht Hab', bleib ich nimmer."

Damit tritt er hinaus und geht mit raschen Schritten gegen Friedau zu. Aber er hält sich nicht auf im Dorf. Nur weiter, nur fort, drängt es ihn. Wohin, weiß er für's erste selber noch nicht.

Die Hobeinin ist inzwischen in die Kammer hinaufgestiegen zur alten Cenz, an deren Bett sie niedersitzt und kleinlaut sagt:Jetzt ist er fort, der Bub. Auf und davon auf Nimmerwiedersehen.

Sei froh", brummt Cenz.Bist ihn los und brauchst nicht zu fürchten, daß er Dir was streitig macht. So lang er im Haus ist, mußt alleweil in der Angst sein, daß er dem Alten sein letztes Testament findet. Dann kannst zusammenpacken und gehen."

Möcht' wissen, wie er's finden könnt', wo ich schon alle Winkel durchgesucht Hab! Es ist keins da, Cenz! Der Bauer wird's wohl selber wieder zerrissen haben ..."

Glaub's nicht. Dem war's ernst damit, daß der Bub alles und Du nichts kriegen sollst. Aber gut versteckt hat er's vor Dir. So gut, daß jetzt auch dem nichts nutzt, dem's vermeint war. Hüt Dich nur vor dem Stini, Bibiana! Der weiß Dir mehr von der Sach', als gut ist. Und wegen dem Buben sei froh, daß er fort ist."

Wär' mir lieber gewesen, wenn er nicht so fort wäre", murmelt die Hobeinin und streicht sich das schwarze Haar aus der Stirn.Für

alle Fälle hält' ich ruhig sein können, wenn er mein Mann gewesen wäre. Da hätt's geheißen: mein Gut, dein Gut, und ich hält' nicht alleweil zittern müssen, daß der Teufel das versteckte Testament vielleicht doch noch einmal zum Vorschein bringt."

Cenz schüttelt den Kopf.

Ist besser so. Zu viel Aufsehen hätt's gemacht in der ganzen Gegend."

Auf das Gerede pfeif ich!"

Cenz wirft ihr einen spöttischen Blick zu:Verliebt bist in den Buben!" Da fährt die Hobeinin zornig auf und ballt die Faust.

Red' nicht so närrisch daher! Und wenn ich ihn gleich früher nicht ungern gesehen hätt' von jetzt an müßt ich mir keinen auf der Welt, der mir zuwiderer wäre. Grad umbriugen könnt' ich ihn . . . so ... so zuwider ist er mir."

Cenz betrachtet die Bäuerin lauernd.

Warum ist er denn fort Knall und Fall?"

Gesagt Hab' ich ihm, daß er eigentlich gar kein Recht auf dem Hof hier hält', weil er nicht dem Bauer sein Sohn ist."

So das hast ihm gesagt?"

Ja. Und darnach ist er fort."

Cenz schweigt eine Weile, dann beginnt sie geheimnisvoll flüsternd: Du, Bibiana, über das Hab' ich viel nachgedacht. Spaßig ist das mit dem Buben! Erinnerst Dich noch, wie der Hobein, eh' wir herüber sind, einmal gesagt hat, daß der Franz ein Friedauer Kind ist und jetzt seine Heimat Wiedersehen wird?"

Ja. Das weiß ich noch gut."

(Fortsetzung folgt.)