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«erden. Als nun die Dienstmagd des Bildstein in vorvergangener Nacht von einer Hochzeits­schenke in Edensbach nach Hause kam, und mit Bildstein, der ihr die Haustüre öffnen mußte, das Zimmer betrat, stürzte sich die Frau, die zuerst einen Fluchtversuch machen wollte, zuerst auf die Magd und riß sie zu Boden, worauf zwischen den beiden ein Kampf auf Leben und Tod entstand, insofern die rasende Frau das Dienstmädchen zu erwürgen suchte. Um die Magd aus den Händen der Tobsüchtigen zu be­freien, riß Bildstein die Frau los und hielt sie trotz ihres Sträubens fest, bis sich die Magd in Sicherheit gebracht hatte. Als Bildstein seine Frau sodann wieder loslassen wollte, war sie zu seinem Schrecken tot. Vermutlich hat ein Herzschlag ihrem Leben und Leiden ein rasches Ende bereitet.

Langenargen 13. Jan. Einem Grenz­aufseher gelang es, drei Schmuggler fest­zunehmen, die mit einem Kahn zwei große Pakete mit Seide an das Land schmuggeln wollten. Der eine der Schmuggler versuchte mit einem Revolver auf den Grenzbeamten an­zulegen, den ihm der letztere mit einem Ge­wehrkolben aus der Hand schlug. Die Schmuggler- Gesellschaft wurde dann verhaftet und an das Amtsgericht Tettnang eingeliefert.

Ein Schreiber von Erpressungs­briefen wurde gestern in Mannheim in der Person des 17jährigen Kaufmannslehilings Gg. Bornheuser verhaftet. Der junge Mensch hatte die Fabrikantenwitwe Julie Lanz und den Fabrikanten Kommerzienrat Dr. Engelhorn durch Drohbriefe aufgefordert, 50 000 beziehungs­weise 20 000 ^ zu hinterlegen. Es gelang ihm zwar, der Falle, welche ihm die Kriminalpolizei stellte, zu entgehen, jedoch wurde er erkannt und nachträglich in seiner Wohnung fcstgenommen. Er legte ein Geständnis ab und sagte, er habe mit dem Gelds auswandern wollen.

Berlin 13. Jan. (Fütterung mit gefärbter Gerste.) In einer längeren im Reichsanzeiger" veröffentlichten Auslastung über die Ergebnisse der von amtlicher Seite vorge­nommenen Untersuchungen über die Verfütterung mit Eosin gefärbter Futtergerste wird mitgeteilt, daß am 10. Januar im Reichsschatzamt eine Beratung stattfand, an der als Sachverständige die Professoren Heffter und Zuntz-Berlin, Ehr- lich-Frankfurt a. M., Jodlbauer-München, Str.ub- Freiburg i. B. und Gottlieb-Heidelberg teil- nahmen. Die Sachverständigen waren über­einstimmend der Ansicht, daß es nach den wissenschaftlichen zum Teil von ihnen selbst aus­geführten Untersuchungen als aus geschloffen zu betrachten sei, daß die Erkrankungen und Todes­

fälle, die bei einzelnen Tieren nach der kurz dauernden Verabreichung von mit Eosin gefärbter Gerste aufgetreten sein sollen, durch das in der Gerste enthaltene Eosin hervorgerufen worden seien. Auch die Behauptung, daß infolge der Fütterung der Schweine mit Eosingerste eine Färbung des Fleisches und Fettes eintrete, müsse nach den wissenschaftlichen Feststellungen als un­begründet bezeichnet werden und noch weniger könne von einer Schädigung infolge des Genusses von Fleisch und Fett von mit Eosingerste ge­fütterten Tieren die Rede sein. Von den an drei Stellen versuchsweise gefütterten Schweinen sind am Ende der ersten Versuchswoche je zwei Stück geschlachtet worden. Sie zeigten während der Fütterung auch mit vollständig gefärbter Gerste keine Spur einer Beeinträchtigung ihres Befindens sowie nach der Schlachtung keine Schädigung irgend eines Organs. Lediglich bei den Schweinen, die Schrot aus vollständig ge­färbter Gerste erhalten halten, zeigte sich eine rote Färbung der Schleimhaut, des Verdaungs- kanals und der äußeren Haut, letztere infolge Verunreinigung beim Fressen. Bei den mit normal gefärbter Gerste gefütterten zeigt sich lediglich eine leichte Rotfärbung am Schlund­eingang in den Magen. Ein fieberhaft erkranktes Schwein hat sich während achttägiger Fütterung mit Eosingerste wieder völlig erholt. Ein anderes Versuchsschwein erhielt das OOOOfache der bei Verfütterung normal gefärbter Gerste aufge­nommenen Eosinmenge und ertrug dieses Quantum ohne Schaden. Dies zeigt wohl, schließt die Auslastung, am besten, daß die bisher vorge­brachten Behauptungen einer gesundheitlichen Wirkung der mit Eosin gefärbten Gerste bei Schweinen der Begründung entbehren.

Berlin 13. Jan (Reichstag) Vize­präsident Spahn eröffnet die Sitzung um 1 Uhr. Am Bm'desratstt'ch ist Staatssek etär Krätke an­wesend. Auf der Tagesordnung steht die Fort­setzung der Besp eckung der Inte p llmionen b tr. die Beawten-M sing jungen. Abg. Schräder (frs.): Die vtzün M ßnohmen gegen die Polen führten das Gegenteil he bet von dem was erreicht we-den sollte. Die P len sind wir schaftlich und politisch stärker geworden, w il sie sich bewußt ge- word n sind, daß sie ihre Kräfte sammeln muffen. Der Staats) kretär hat gestern gesagt, die Beamten set.n v ipflchtet, im Staatsimeresfe noch dem Willen h er Vorgesetzten zu handeln. D-r Be­amte braucht aber nur das zu tun, wozu das Gesetz verpflichtet. Selbst Bisma ck verlangte nur von den verhältnismäßig wenigen politischen Be­amten den Gedank'N d-r Regierung sow it zu ver­treten, daß sie unr chtige Behauptungen gegen die Regie'ung richtig stellten. Auch die W^Prüfungs­kommission hat stets in diesem S nne entschieden. Wir müssen v rlongen, daß die Be-m'en geschützt we den. Der Reichskanzler wird uns demnächst

seine eigene Ansicht über die Angelegenheit sagen müssen. Abg. Südekum (Soz.): ES ist wünschens­wert. daß Herr v. Bethrnann-Hollweg seine eigene Ansicht hier vertritt. Die g-kncchteten und bruta- talisierten Polen find bei der Ftnamrefolm durch ihre Junker verraten worden Die Polen befinden sich in politischer No wehr und für diese sind keine Grenzen gezogen. Die Hokaiisten wollen nur teueres Land und billige Arbeitslöhne, daher das Geschrei. Der Staat hat von seinen Beamten nichts zu verlangen, als die Erfüllung ihrer Pflicht. Die hündische Preisgabe ihrer Ueberzeugung, Heu­chelei rc. weiden durch ein solches Verfahren groß­gezogen. Die Re-chsregierung solle dafür sorgen, daß das Reckt des Staatsbürgers für die Beamten nicht eingesch änkt w-ide. Staatssekretär Del­brück: Ick habe gestern nur festgestellt, daß 15 Beamte versetzt worden sind, nachdem sie bet der Hauptwahl und dann in der Stichwahl für den grobpolnischen Kandidaten gestimmt h ben, obwohl sie inzwischen darüber belehrt wurden, daß diese Kandidaten zu wählen, mit den Pflichten eines Beamten nicht vereinbar sei. Es ist mit den Interessen des S aaies unvereinbar, daß ein Be­amter tn einem Orte wi kr, wo er im Gegensatz mit der nationalen Auffassung steht. (Hört, höitl) Die staatsrechtliche Theorie ist klar und deutlich, daß die Beamten in einem rffenen Rechts- und Dienstverhältnis oder in einem G-waltverhältniS zum Staat stehen und daß sie demzufolge, da der Staat selbst nicht sprechen und handeln kann, in dasselbe Verhältnis zu den Vertretern des Staates, den staarltcken Organen, treten. (G-lächter und Unruhe im Zentrum Zustimmung rechts) In dem E laß Kaiser Wilhelms l bat man sich darauf beschränkt, die Forderung auszusprechen, daß poli­tische Beamten sich in d e Unterstützung der Pol tik der Regierung zu fügen haben. Wenn wir jetzt weiter gegcnzen sind, so ist das nickt leichten Herzens geschehen. Ich habe ausdrücklich darauf HIngewicsen, daß diese ausnah nsweise Behandlung des Kattorwtzer Falles anzuseden ist als ein Akt der nationalen Notwehr für diesen speziellen Fall Irgend­welche Gr- ndsätze allgemeiner Art haben wir nicht vertreten. (Be fall rechts und Ziichen be m Zentrum.) Abg Kolbe (Rchsp): Den Beamten har es voll- konmm freigesranden, irgei dwelchen katholischen Kand baten zu wählen. Ve n ' iesen polnischen mußte aber jeder wissen, daß sie Anhänger des Sokol <L Straz waren. Die besonderen Verhältnisse der Ostmarken machen es bedauerlich, daß deutsche Männer in unabhängiger Stellung sich erst durch ih'-e Vorgesetzten über ihre nationale Pfl cht belehren lassen muß en und das Vertrauen der Behörden täuschten. (Gelächter im Zentrum) Solche Leute find nicht geeignet, an ihrem bisherigen Platze weiterzuwirken. Wer die Ostmark nverbäliniffe k nnt, billigt das Verhalten der Regierung. Abgeord­neter v. Dziembowski (Pole): Festzustellen ist, daß die Antwort der Regierung wegen der Maßregelung nicht befriedigt. Die Mehrheit des Reichstages verdammt d'ese Maßregelung. Die Regierung soll gewiß eine feste Hand haben, aber auch gegen d'e Hakatisten. Der Zustand Polens

Vielleicht war er den Weibern nie mehr feind, als in dieser Stunde. Und diesmal allen, auch der Lori.

Nach einer Weile stand er auf und rief mit lauter Stimme Fabian, der eilig aus der Tenne, wo das letzte Korn ausgedroschen wurde, getrappelt kam.

Habt ihr mich gerufen, Bauer?"

Ja. Hast noch ein Weihrauch übrig, vom Heiligdreikönigtag?"

Freilich wohl, Bauer. Auch vom geweihten Stefaniwaffer ist noch eine halbe Flasche voll da . . . was wollt Ihr denn damit?"

Ausräuchern geh mir das ganze Haus und spritz mir gut herum überall mit dem Stefaniwaffer hörst Du?" befiehlt der Kleekamp grimmig und setzt ungeduldig hinzu, als Fabian ihn mit offenem Munde anstarrt:Na, wird's bald? Oder verstehst nimmer deutsch?"

Wohl, wohl, Bauer . . . aber ausgeräuchert wird nur am Heilig­dreikönigtag ..."

Tu, was ich sag'. Draußen sind's die Weiber, jetzt will ichs Haus wieder rein haben. Dafür zünd' mir den Weihrauch an."

Fabian glaubt noch immer nicht, daß es Ernst ist, da stampft der Kleekamp mit dem Fuße auf, daß die zinnenen Schüsseln am Bord über der Tür klirren:Jest gehst oder nicht? Und an die Haustür malst ein Drudenfuß . . . vielleicht hilft er nicht bloß für Hexen, sondern auch für Weibsleut . . . Daß mir keine mehr herein kommt. Nichts als Gall und Aerger hat eins davon ..."

So wird der Kleekamphof am Tage vor Lichtmeß unter dem Hallo der Knechteeingeweiht und ausgeräuchert" wie zu Heiligdreikönig.

9.

Das ist ein schönes Wetter zu Lichtmeß?" brummt Fried! und räckelt sich faul auf der Ofenbank, während Fabian dem Kleekrmp die Kerzen bringt, die heute in Friedau unten geweiht werden sollen.Schier nicht aus dem Haus möcht eins, so grob wettert es herunter vom Göll!"

Der Bauer wirft ihm einen scheelen Blick zu.Wie ich noch so jung war wie Du, war mir nichts lieber, als mich stemmen gegen den Wind und durcharbeiten durch den Schnee. Gelt, Fabian, Du warst auch dabei mit einem Juchzer, wenn's so recht wild daher gekommen ist?"

Freilich wohl, Bauer. Und heut möcht ich extra juchzen über das schöne Lichtmeßwetter.Sturm am Lichtmeßtag und Schnee sagt zum Winter: Geh!"" Fried! lacht spöttisch auf.

Wird Dir schon vergehen, das Juchzen, wenn Dir der Sturm die Schneewolken um Dein Hirndach treibt und Du bis an die Brust im Schnee steckst! Kein Weiterkommen ist Dir heut draußen, sag' ich! Die ganze Nacht fallt's vom Himmel wie närrisch und der Wind treibt'S durcheinander, daß es ein Graus ist."

Werden schon hinunterkommen nach Friedau, da Hab ich keine Angst. Bin ärgere Wege gegangen in meinem Leben."

So arg wie heut hat's noch nie gewettert. Und ich bin für's Daheimbleiben. Sollen der Felix und der Gregor in Gottesnamen die Kerzen hinuntertragen zur Weihe."

Wieder trifft ihn ein Blick des Bauers, aber diesmal nicht von der Seite, sondern geradeaus. Es liegt viel spöttische Geringschätzung darin.

Weißt", sagt dieser dann zu Fabian,die Buben von heutzutag sind halt anders, als wir waren. Die laufen bloß den Dirndln nach und stänkern im Wirtshaus so lange, bis sie Prügel bekommen. Nachher bleibt freilich nichts mehr übrig von der Kraft."

Fried! wird blaß und wirft dem Vater einen bösen Blick zu.

Wer läuft den Dirndln nach? Das möcht ich mir doch ausbitten! Gestohlen können sie mir werden alle miteinander . . . und ich laß mir nichts gefallen ..."

Du mit mir heb nicht an zu streiten! Was ich sag, weiß ich gut genug. Und jetzt mach, daß Du weiter kommst, wir haben die höchste i Zeit. Solang ich denken kann, hat noch keins gefehlt vom Kleekamphof - bei der Kerzenweih am Lichtmeßtag." (Forts, folgt.)