M 1. Amt»- und Anzeigeblatt für den Vberaintrbezkl Calw.
85. Ichrgm».
Srschetnungstage: Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag und Samstag. JnsertionSpreiS IS Hfg. pro Zeile für Stadt u. Bezirks orte; außer Bezirk 1» Psg.
Amtliche vekan»tmachu»rg«r»
den 3. Januar 1910.
. i. d. Stadt -/.jkihrl. m. Lrägerl. Mt. 1.2b. PostbezugSpr. s.d. 6rtS- u. Nachbarorts»erk. '/^tährl. Mk. 1 . 20 , im Fernverkehr k. l.S». Bestellg. in Württ. »0 Psg., in Bagern u. Reich 4i Psg
Bekanntmachung die Umlage des Ge- bSudebraudschrdeus für 1910 betr.
Unter Hinweisung auf die Verfügung des Ministeriums des Innern vom 7. Dezember 1909, Reg.-Bl. S. 373, werden die Echulih.-AkMier veranlaßt, dafür Sorge zu tragen, daß die oorgeschriebenen Verzeichnisse über die im Gebäudekataster vorgekommenen Äenderungen mit den vom Gemeinderat geprüften und beurkundeten Umlageregistern bis späteste»- 18. Februar 1910 dem Overamt in Vorlage gebracht werden.
Die Umlage für das Kalenderjahr 1910 wurde in der Weise bestimmt, daß bei den Gebäuden der 3. Klasse, welche die Regel und die Grundlage für die Berechnung des Beitrags in den höheren und niederen Klassen bildet, der Beitrag von Einhundert Mark BrandverficherungSanschlag zehn Pfennig zu betragen hat.
Calw, den 28 Dez. 1909.
K. Oberamt:
Amtmann Rippmann.
Tagesnenigkeite«.
X. Hirsau 2. Jan. Mit zwei Lichtbildervorträgen überaus belehrender Art bot heute der „Arbeiterbildungsverein Ernstmühl - Hirsau" seinen Mitgliedern und zu recht billigem Eintritt allen weiteren zahlreich erschienenen Teilnehmern eine sehr dankenswerte und reichhaltige Abwechslung in den üblichen Weihnachtsfeiern. Der hier bestbekannte, wohl- erfahrene Vortragsmeister H. Schiermann- Stuttgart versteht es vortrefflich, das Publikum mit steigendem Interesse in die Welt seiner Lichtbilder einzuführen. Ließ schon der Nach
mittagsvortrag mit den schönen Märchen-, Städte- und Landschaftsbildern die l. Jugend aus dem Staunen nicht herauskommen, so sollte der abends für die Erwachsenen folgende sich noch interessanter gestalten. Den einleitenden gemeinverständlichen Ausführungen über Gestalt, Stellung und Laufbahn unseres Planeten zu Sonne und Mond rc. und der hieraus sich ergebenden Wirkungen, folgten Bilder aus „Schnee und Eis", darstellend entsagungsvolle, gefährliche Reisen und Unternehmungen verschiedener Polarforschungs- Expeditionen, besonders derjenigen Nansen's, Typus und Lebensgewohnheiten der arktischen Bewohner, Tiergattungen, Nordlicht- und Meereserscheinungen. Aus Werken Prof. Häckels wurden in schützenden und ungemein prachtvollen Naturkunstformen gehüllte Lebewesen — mikroskopischer Art — aus der Unterseewelt in 2. Abteilung vor- gezeigt. Den Schluß bildete ein Ausflug in die vom Vortragenden letzten Sommer besuchten Gebirge, Gewässer, Städte und Landschaften Italiens und der Schweiz. — Bildende Veranstaltungen solcher Art und Weihnachtsfeiern, wie Hr. Lehrer Hinderer mit der gesamten Schuljugend am Christfestabend im überfüllten Löwensaale eine abhielt, wo unter besten vielbemühter trefflicher Leitung und verschönt von angepaßten z. T. allgemeinen Gesängen, im Zusammenspiel jedes Kind sein ihm individuell zugewiesenes Teil, zum Ergötzen aller Anwesenden so freudigvergnügt und sicher bemeisterte, gehören unterstützt und verdienen mit Recht die ihnen auch allgemein und reichlich gewordene Anerkennung. Bieten sie doch, frei von jedem politischen Beigeschmack wenigstens teilweise einen Ersatz für die in unserem Bezirk und Ort leider noch nicht wie anderwärts eingeführten belehrenden und bildenden Gemeindeabende.
(?) Ostelsheim 2. Jan. Am Neujahrsfest feierte der neugegründete Turnverein sein Weihnachtsfest. Die Räume im Gasthaus zur „Sonne" waren bis auf den letzten Platz besetzt, was wohl den im Programm vorgesehenen reichhaltig Gebotenen zugeschrieben werden darf. Die Leistungen des Vereins waren trotz seines kurzen Bestehens vorzügliche. Die von den Turnern ausgeführten Freiübungen, Stabübungen und Pyramiden fanden den allgemeinen Beifall der Zuschauer. Neben diesen turnerischen Darstellungen gelangten noch 8 Theaterstücke zur Aufführung, die flott gegeben wurden und den Mitspielenden reichen Beifall brachten. In einem sinnreichen Gedicht ermahnte noch ein hiesiger Bürger die jungen Turner zu rührigem Fleiß, zu fernerem treuem Zusammenhalten und Vorwärtsstreben. Den Turnern sowohl, wie dem Gesangverein, der mehrere Chöre zum Vortrag brachte, gebühret Dank und Anerkennung; möge der so gemütlich verlaufene Abend dem Verein noch mehr Gönner zuführen. Der Verein kann mit Stotz auf seine erste Weihnachtsfeier zurückblicken.
Stuttgart3l. Dez. Gestern Donnerstag abend gegen 8 Uhr ist auf dem hiesigen Hauptbahnhof infolge vorzeitigen Umlegens einer Weiche der für den Zug O 37 bestimmte leere Schlafwagen Stuttgart-Berlin entgleist. Verletzt wurde niemand. Das Gleis am Bahnsteig III war kurze Zeit gesperrt, infolgedessen wurden die in Betracht kommenden Züge an den anderen Bahnste^n abgefertigt.
Stuttgart 31. Dez. Die Süddeutsche Verkehrskommission des Verbandes reisender Kaufleute Deutschlands hat an den Ministerpräsidenten eine Eingabe gerichtet, in
Die Leute vom Aleekamphos.
Roman von Erich Eben st ein.
(Fortsetzung.)
Da steht der Franz langsam auf.
„Bäurin — noch lebt der Vater und das Haus da gehört Euch nicht," sagt er leise.
Sie wirft ihm einen giftigen Blick zu.
„Glaubst, ich wüßt's nicht, wie Du mir neidisch darum bist, daß es mir verschrieben worden ist? Möchtst halt bald selber Herr da werden am Habererhof . . . aber da wisch Dir nur den Mund . . ."
Weiter kommt sie nicht. Franz hat mit eisernem Griff ihren Arm erfaßt und schiebt sie zur Stubentür hinaus. Dabei sagt er halblaut: „Schämen solltet Ihr Euch, daß Ihr solche Reden führt, wo Ihr doch am besten wißt, wie gut man durch die Kammertür hört."
Nachdem sie draußen ist, setzt sich der Stini neben Franz auf die Ofenbank.
„Leicht hast es nicht neben der," murmelt er und fährt, als Franz nichts erwidert, fort: „Aber ein Glück ist's, daß Du im Haus bist. Sonst wär's für den Bauer eine harte Sache, das Kranksein!"
Franz nickt.
„Wegen ihm bleib' ich", sagte er leise, „sonst, wenn das nicht wär', ging ich längst aus dem Haus."
„So solltest nicht reden, Franz. . »st Deine Heimat da in Friedau!"
„Wenn auch. Seit wir da sind, mein ich allweil, es liegt was über mir. Zu eng ist's mir am Habererhof . . . Drüben war'S freier um und um. Grad einen lichten Stern sah ich im Friedauertal .... und der . . ."
„Mußt halt die Augen weiter aufmachen", fällt Stini hastig ein, „ist Licht genug rundum und Sterne die Menge. Aber mir scheint, Du I
bist schon so einer, dem allweil eine Wolke vor der Sonne steht, daß sie gar nicht sehen können, wie hell und glanzvoll die Welt ist!"
„Ja. So einer bin ich."
Stini legt die Hand auf Franzens Arm.
„Wird schon wieder hell werden um Dich, Bub! Mußt Dich auch nicht gleich Niederdrücken lassen, wenn Dir nicht alles nach Willen geht. Ist oft bester später! . . . ."
Franz richtet den Blick plötzlich fest und forschend auf den Stini, der verlegen zu Boden schaut. .
„Was ist das mit.-er, Sauna?" sagt er, „daß sie jetzt nie daheim ist, wenn ich zusprsch 'bei Dir, Stini? Jeden Tag war ich unten und jeden Tag war sie fort ..."
Stini zuckt die Achseln.
„Sie hilft aus, da und dort, in den Bauernhöfen .... und ist wenig daheim."
„Morgen geht das alte Jahr zu Ende . . . wird sie morgen wohl daheim sein?"
„Kann sein, — für gewiß weiß ich Dir's nicht zu sagen." Dann steht der Stini auf. „Jetzt hält' ich bald noch vergessen, Dir zu sagen, Bub, zu Makarias, am 2. Januar, schaff' uns die Bäurin aus dem Haus und die alte Cenz dazu .... Da bring' ich einen zu Deinem Vater. Davon braucht niemand sonst was zu wissen."
Franz blickt fragend auf den Alten. Es liegt ihm aus der Zunge, zu sagen: „Ist's der Kleekamp, der kommt?" Aber er spricht es nicht aus und des Stini Gesicht ist wie ein Buch mit sieben Siegeln.
Dann begleitet Franz den Alten hinaus und ein Stück Weges gegen Friedau hinab.
Als er zurückkehrt, steht schon die Sterzschüstel dampfend auf dem Tische, und der Großknecht spricht das Tischgebet vor. Die Bäurin ist drin in der Kammer bei dem Kranken. Sie ist selten am Leutetisch.