Gal«! Koikeilblaü
Freitag Beilage z« Nr. S83. 3. Dezember 1909.
Im Klosterhof.
Roman von B. v. Lancken.
(Fortsetzung.)
„Aber so klug Sie auch sein mögen, liebe Frau Evelin," fuhr Graf Callein fort, „erlauben Sie, daß ich um früherer Beziehungen willen Ihnen einen guten Rat gebe. An unentschlossenen Charakteren scheitert oft ein eisernes Wollen; gerade durch ihre Unentschlossenheit sind sie und ihre Handlungen unberechenbar. Und wenn Armand Ihnen heute zu Füßen liegt und schwört, daß er Ihnen und nur in Ihnen das Weib gefunden, das allein an Verkörperung der Liebe ihn zu beglücken vermag, so ist es sehr wahrscheinlich, daß er am nächsten Tage nur in Inge Herrnstein die sieht, die ihm zur Hüterin des heiligen Feuers am häuslichen Herd berufen erscheint. Ein Mann, der nach fünf Monaten noch nicht weiß, für welche von zwei Frauen er sich entscheiden soll, wird es auch in zehn nicht wissen. Legen Sie denn wirklich so großen Wert auf den Namen Ferni? Es gibt doch noch mehr Leute in der Welt, die Ferni's Reichtum besitzen, und die, ebenso harmlos wie der gute Armand, noch daran glauben, daß die Baronin Horst ihre schöne Hand nicht ohne ihr Herz vergeben würde!"
„Graf Markus!"
Die reizende Frau richtete sich auf, Stolz und Empörung stritten auf Ihrem Gesicht. Markus blieb stehen und sah sie mit einem ruhigen, überlegenen Lächeln an.
„Wozu diese Entrüstung, gnädige Baronin! Habe ich denn nicht Recht? Also — ich rate Ihnen allen Ernstes, geben Sie den Gedanken an eine Heirat mit Armand auf. Hier vor allen Dingen wird nie etwas daraus. Reisen Sie ab, gehen Sie nach Monte Carlo, ich wette zehn gegen eins, er folgt Ihnen — und —"
„Und die Bahn für Sie selbst, Graf Callein, ist dann frei," bemerkte sie mit einem ironischen Lächeln.
„Unsinn! Inge v. Herrnstein wird ihm stets unerschütterlich die Treue halten —"
„Er selbst aber wird sich in Monts Carlo zu Grunde richten — so war's doch gemeint?" ergänzte sie seinen Satz. „O, ich kenne den Grafen Callein sehr genau. Da man seinen leiblichen Vetter nicht in einem vom Zaune gebrochenen Duell totschießen kann, wie den armen Don Miguel, um über seine Leiche hinweg die schöne Tänzerin Maria Donato zu entführen, so muß man eben andere Mittel ersinnen, ihn unschädlich zu machen."
Callein zuckte mit den Achseln. Sein Gesicht war vielleicht um einen Schein bleicher geworden, um seinen Mund aber spielte ein eigentümliches, beinahe mitleidiges Lächeln.
„Haben Sie wirklich auch den törichten Klatsch geglaubt, Baronin? Don Miguel hat mich beleidigt, nicht ich ihn. Da ich.mich aber nicht ungestraft beleidigen lasse, so —" Er erhob die Stimme. — — — „Sagen Sie mal, Baronin, haben Sie noch nie einen Menschen gesehen, der einen andern im Duell erschoß? Ich glaube. Sie brauchten nicht gerade mich auszusuchen."
Diese letzte Bemerkung mochte bei der schönen Evelin peinliche Reminiszenzen wachrufen, sie ging mit einer leichten Bemerkung darüber hinweg, aber der Pfeil saß.
Als sie sich etwas später trennten und die Baronin ihr Coupe bestieg, das ihr auf der Chaussee gefolgt war, ging der Graf in Gedanken versunken dem Kloster zu, den schmalen Weg, den er einst im Sommer geritten, damals, als er Armand und Evelin zum ersten Mal in der Ruine überrascht hatte.
Damals prangte die Natur in herrlich grünendem Schmuck, und warmes Sonnengold flutete durch die Bäume, in denen die Vögel sangen; heute lag das Todesschweigen des Winters über der Erde; jenes starre, regungslose, kalte Schweigen, das so tief an die Seele greift. Jetzt stand Callein mitten auf dem Klosterkirchhof mit den zerfallenen Gräbern und
eingesunkenen Kreuzen und Steinen, neben dem Grabmal der Aebtissin mit der Maria, die das Jesuskind im Arm hielt. Die grünen blühenden Ranken der wilden Rose, die es im Sommer umschlangen, waren jetzt kahl und dürr und es sieht aus, als ob ihre Dornen das Himmelskindlein stechen und verwunden, und die Himmelskönigin mit dem Riß über der Wange hat ein Ansehen, als ob eine Schmerzenszähre ihr über das Antlitz rolle. Der weiße Schneemantel, der sie und das Kind umhüllt, und die weißen, glänzenden Käppchen, die sie tragen, ändert nichts an dem wehmütigen schmerzlichen Eindruck, den die Gruppe hervorruft. Callein geht weiter bis zum Kreuzgang, da lugt das ewige Grün des Efeus unter der glitzernden Hülle hervor, und das heilige Brünnlein plätschert einförmig, wie es schon Hunderte von Jahren geplätschert — derselbe leise Ton des fallenden Wassers, dem Markus Callein schon als Knabe gelauscht in ferner, glückseliger Kinderzeit. Er sieht sich um, es ist alles noch wie einst, nur er selbst nicht; der Kinderglaube und der Kinderfrohsinn und das leicht und ruhig schlagende Kinderherz sind dahin, für immer. Dahin der Glaube und der Frohsinn, und das Herz pocht in heißer, sehnender Liebe und in wildem ohnmächtigem Zorn — und hinter der Stirn kreuzen sich finstere Gedanken.-
Und wie er so steht und sinnt und dem Klingen des Wassers lauscht, fällt ihm eine alte Legende ein, die sich an das Brünnlein knüpft. — Heilbringend soll das Wasser sein, aber besonders in der heiligen Nacht vom Oster-Sonnabend zum -Sonntag. In dieser Nacht sollte einst ein Rittersmann über den See gefahren sein, da seinem Weibe geträumt, daß das Wasser, um die 12. Stunde geschöpft, Segen zu bringen und Unheil abzuwenden vermöge. Der Rittersmann hatte seines geliebten Weibes Bitte erfüllt trotz Sturm und Unwetter. Gesund kehrte er heim, hatte mit dem Wasser seines Schlosses Schwelle besprengt und mit seinem Weibe und seinen Kindern davon getrunken, und siehe da, der Böse konnte nicht Einlaß gewinnen in das Haus, und dem Rittersmann und den Seinen gedieh alles Tun zum Besten. Callein mußte lächeln, als er der Sage gedachte. Er gedachte ihrer noch oftmals in seinem Leben.-
Das Weinachtsfest war vorüber; es war gefeiert und vergangen, wie ein Fest in einem Hause vergeht, wo das Oberhaupt zum erstenmal fehlt: Ein Weihnachten auf dem Klosterhof ohne Marianne Ferni, die von ihrem ersten Lebenslage an eigentlich stets sein Mittelpunkt gewesen. Als Kind jubelnd beim Empfang der Gaben, singend und um den Baum hemm springend, dann als Herrin, als Frau und Mutter austeilend nach allen Seiten, Geschenke und Liebe, so daß ein jeder fühlte, dies sei ganz besonders für ihr gewählt. Anna hatte sich viel Mühe gegeben, die Verstorbene zu ersetzen, und Inge und Mathilde standen ihr dabei treu zur Seite. Sie waren alle drei nach Berlin gefahren und waren drei Tage lang in den Läden herumgewandert, und schließlich kam ihnen alles, was sie gekauft hatten, doch nicht paffend vor, und wenn sie abends im Hotel zusammen saßen, hatten sie an allem etwas auszusetzen.
„Im nächsten Jahr werde ich das Fest wieder mit mehr Ruhe genießen, da kommt die Hauptsache der Pflichten auf Inge", meinte Anna lächelnd. „Es ist doch viel besser, wenn die Entscheidung und Bestimmung in einer Hand ruhen und es auf einen Willen ankommt. Ich finde, solch weibliches Triumvirat ist in Hausstandssachen sehr deplaziert." — Am vierten Tag kam Armand nach, unb es war gut, daß sie in der Hauptsache mit allem fertig waren, denn er nahm Anna den ersten Vormittag in Anspruch, um für Inge einen kostbaren Schmuck zu kaufen. Seine Wahl fiel auf ein Collier mit Brillanten und Rubinen mit Brosche und Haarstern.
„Nun denke ich, wird Inge Grund haben, mit mir zufrieden zu sein," bemerkte er im Hinausgehen mit leichter Ironie, „das Geschenk könnte auch ein Prinz seiner Braut machen."
Anna seufzte. — —
Am Abend wollten sie, wie sie es schon einmal getan, die Oper besuchen, aber Armand erklärte, dahin gehe er nicht mit.
(Fortsetzung folgt.)
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