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ernde Instandhaltung der Kriegsschiffe. Es handelt sich oft um sehr eilige Arbeiten, an denen eventuell Tag und Nacht gearbeitet werden muß, und da kann manchmal nicht ganz so kaufmännisch sparsam zu Werke gegangen werden wie in anderen Betrieben. Das liegt in der Natur der Sache. Dieses schließt natürlich nicht aus, daß wir nach allen Kräften bemüht sind, sparsam und kaufmännisch zu wirtschaften.
Berlin 16. Nov. Die Morgenblätter melden: Das Gerücht von einem Mord entstand gestern dadurch, daß die sog. Mordkommission in eines der größten Hotels der Friedrichsstadt berufen wurde. Dort hatte vor etwa 8 Tagen der Advokat Groski aus Krakau Wohnung genommen. Als dieser gestern auf wiederholtes Klopfen sein Zimmer nicht öffnete, drang die Direktion mit Gewalt ein. Groski war nicht zu finden, wohl aber das ganze Zimmer mit Blut besudelt. Dadurch wurde der Verdacht rege, es liege ein Verbrechen vor. Die Polizei stellte fest: Groski hatte zunächst versucht, sich mit Sublimat zu vergiften. Dann brachte er sich mit einem Rasiermesser etwa 50 Stiche am ganzen Körper bei. Hierauf reinigte er sich vom Blut, verband seine Wunden, begab sich in eine Charlottenburger Badanstalt und versuchte sich eine Stunde lang zu ertränken. Er wurde vom Wärter bewußtlos aufgefunden und in ein Krankenhaus im Westend gebracht. — Die Schwindler im Richtergewand verübten ihre verbrecherische Tätigkeit außer in Leipzig auch in Bonn, Düsseldorf und Elberfeld.
Berlin 16. Nov. In die Steuerkasse in Lichtenberg wurde heute nacht ein Einbruch verübt. Die Diebe erbrachen den Geldschrank und entnahmen daraus eine Menge Bargeld. Es ist noch nicht möglich gewesen, den genauen Betrag festzustellen. Polizei hat sich mit Hunden auf die Verfolgung der Einbrecher gemacht.
Beuthen 16. Nov. Der Güter-Expedient Glowin in Jaworzno begab sich auf ein Feld auf dem sich eine Kiesgrube befindet, wobei sein Hund in eine Aushöhlung geriet und nicht mehr zum Vorschein kam. Glowin stieg in die Höhle hinab, kam aber auch nicht mehr wieder. Sein Vater und sein Sohn gingen ihm nach. Auch sie kehrten nicht mehr zurück. In der Kiesgrube waren Wetter vorhanden, die den Tod der drei Menschen und des Hundes herbeigeführt haben.
Bern 16. Nov. In der Bauhütte einer Kiesgrube bei Birsfelden haben 2 junge Leute ihren Tod gefunden. Sie hatten wahrscheinlich in der Hütte Feuer angemacht und waren eingeschlafen. Die hölzerne Bude geriet in Brand. Herbeieilende Leute sahen einen der jungen Menschen mit lautem Schmerzensgeschrei
in brennenden Kleidern, einer lebenden Fackel gleich, herumlaufen, während der andere schwer verbrannt neben der Hütte auf dem Boden lag. Beide starben nach einigen Stunden unsäglicher Qualen.
Paris 16. Nov. Frau Steinheil hat in Vesinet bei Paris in der Anstalt des Dr. Rofsegau unter dem Namen einer Madame Dumont Aufenthalt genommen. Es sind ihr bereits verschiedene Angebote gemacht worden, auf Varietes aufzutreten, sie hat jedoch bisher über ihre Zukunft noch keine Entschließung gefaßt.
Paris 16. Nov. In Las Palmas auf den kanarischen Inseln ereignete sich eine furchtbare Explosions-Katastrophe. Zwei Familien unternahmen einen Ausflug nach einer bei der Ortschaft Village gelegenen Höhle, in der sie ein Picknick veranstalteten. In der Höhle lagen mehrere Pulverfässer, die bei Steinbrucharbeiten in der Umgebung Verwendung finden sollten. Einer der Ausflügler warf nun unvorsichtiger Weise ein brennendes Zündholz fort, das auf die Pulverfässer siel. Diese explodierten und riefen ein furchtbares Getöse hervor. Man zog aus der Höhle zwei Tote, drei Sterbende und sechs schwer Verwundete.
Wien 16. Nov. Das „Fremdenblatt" schreibt: In den letzten Tagen haben wir gewiß mit größter Befriedigung über den herzlichen Empfang zu berichten gehabt, den der Erzherzog- Thronfolger Franz Ferdinand und die Herzogin v. Hohenberg am Berliner Hof gefunden haben. Der deutsche Kaiser und seine erlauchte Gemahlin haben sich in liebenswürdiger und zarter Aufmerksamkeit bemüht, ihren Gästen den Aufenthalt auf deutschem Boden so angenehm als. möglich zu gestalten. Dabei sind aufs neue, wie schon so oft bei ähnlichen Anlässen die wahrhaft innigen Beziehungen für alle Welt wahrnehmbar geworden, wie sie zwischen den beiden Herrscherhäusern seit einer langen Reihe von Jahren bestehen. Jede Begegnung zwischen ihren Mitgliedern trägt dazu bei, dieses auf gegenseitiger Hochschätzung und Zuneigung begründete Verhältnis zu vertiefen und diese die beiden Reiche verbindende, unerschütterliche Freundschaft immer wieder zum Ausdruck zu bringen. Mit Recht erblickt darum die Bevölkerung dieser Monarchie in den engen persönlichen Beziehungen beider Dynastien eine äußerst wertvolle Ergänzung des den beiderseitigen Interessen in so segensreicher Weise dienenden Bündnisses.
Buenos Aires 15. Nov. Ein 20jähr. Mensch, angeblich ein Anarchist, schleuderte gestern unter den Wagen des Polizeipräfekten Falcon eine Bombe, durch die der Wagen zertrümmert und der Polizeipräfekt, sowie der ihn begleitende Sekretär lebensgefährlich verwundet wurden. (Sie
Motiv der Tat ist darin zu suchen, daß die beiden Frauen sich weigerten, an einem Streik teilzunehmen, dervon Vetter inssceniertwordenwar.
München 16. Nov. In Grafenau an der bayrisch bömischen Grenze wurden zwei elegant gekleidete Schmuggler, die dort in verschiedenen Gasthäusern verkehrten, verhaftet. Ihre vier Koffer waren durch ihre Schwere ausgefallen. Man fand darin für etwa 2000 ^ Sacharin.
Leipzig 16 . Nov. Heute fand die feierliche Grund st einlegung des künftigen Leipziger Hauptbahnhofs statt.
Leipzig 16. Nov. Die deutsch-nationale Konferenz zur Bekämpfung des Mädchenhandels wurde gestern abend durch eine öffentliche Versammlung eröffnet. Vorträge hielten Kanonikus Dr. Müller-Simonis-Straßburg, Frl. Pappenheim-Frankfurt a. M. und andere.
Köln 16. Nov. Das Gericht verhängte über den internationalen Taschendieb Max Rosenthal, der sein Handwerk hauptsächlich in D-Zügen.aukübte, eine Strafe von 4 Jahren 10 Monaten Gefängnis. Der Staatsanwalt hatte 8 Jahre Zuchthaus beantragt.
Essen (Ruhr) 16. Nov. In Freienohl in Westfalen erkrankte eine ganze Familie unter Vergiftungserscheinungen. Das Dienstmädchen hatte bei der Bereitung der Speisen statt Rüböl Fußbodenöl verwandt. Sämtliche Familienmitglieder schweben in Lebensgefahr.
Kottbus 16. Nov. Ein schwerer Eisenbahnunfall ereignete sich heute morgen 9 Uhr 43 auf dem hiesigen Bahnhofe. Der aus Guben kommende Zug fuhr in eine Rangiermaschine und zertrümmerte diese vollständig. Der Lokomotivführer Wegner wurde schwer verletzt. Leichte Verletzungen haben außerdem einige Reisende erlitten.
Berlin 16. Nov. Wie die „Nordd. Mg. Ztg." schreibt, leidet die Berichterstattung über den Kieler Prozeß an einer gewissen Un- genauigkeit, was zu unzutreffenden Schlußfolgerungen führt. Insbesondere ist die Aussage des Assessors Frerichs dazu benutzt worden, um irrige Schlüsse über die Auffassung der Werftbeamten hinsichtlich ihrer amtlichen Tätigkeit einzuleiten. Nach der Prozeßberichterstattung lautet diese Aussage: Die Aufgabe der Kaiserlichen Werft ist es nicht, in kaufmännischer Weise einen gewerblichen Betrieb zu verwalten, sondern ihre Aufgabe ist es, für eine schlagfertige Flotte zu sorgen. Hinter diese Aufgabe muß alle kaufmännische Rücksicht hintangestellt werden. Das amtlich veranlaßte stenographische Protokoll lautet: Die Aufgabe der Werft ist nicht der Betrieb eines bestimmten Fabrikbetriebs oder Gewerbes, sondern dau
„Nein, das werden Sie nicht —" sagt er sehr bestimmt. „Bitte!" Sie zögert noch einen Moment. —
Er sieht sie an, ernst, bestimmt, sie steht nun neben ihm, noch immer unentschlossen. Er neigt sich vor, ihr die Hand hinstreckend, um sie in den Sattel zu heben. Das Blut steigt ihr in die Wangen.
„Bitte!" wiederholt er.
Da setzt sie ihr schmales Füßchen in seine Linke und schwingt sich auf den Rappen. Sie reitet natürlich im Damensitz; er schreitet neben ihr, die Hand der Sicherheit wegen noch fest im Zügel; aber der Rappe ist ganz ruhig und geht unter seiner schönen Last fromm und federleicht
in gleichmäßigem Schritt den Feldweg entlang. Der Sonnenball ist nun
vollends verschwunden, das leuchtende Kolorit der Wolken erlischt allmählich, die Dämmerung beginnt ihre Schatten weiter und dunkler über die Erde
zu breiten, aus dem Grase tönt das Zirpen der Grillen, mit lautlosem
Flügelschlag streicht ein großer Raubvogel nach dem Wald hinüber, die weite, stille, etwas kahle Landschaft atmet Frieden und Ausruhen, es liegt ein schwermütiger Reiz über dem kahlen Stoppelfeld. Und durch diese schwermütige Einsamkeit ziehen sie dahin, das zarte Mädchen auf dem prächtigen Tier und der ritterliche Mann, der so stolz und doch so ehrfurchtsvoll nebenhergeht wie ein Vasall, der seiner Königin Leibroß am Zügel führt. Ohne viel Worte fühlt sie's, daß seine ganze Sorge und Aufmerksamkeit ihr gilt; ein paar Mal begegnen sich ihre Blicke.
„Wie gehts?" fragt er hinauf.
„Gut, sehr gut," antwortet sie von her und lächelt, und er lächelt auch.-
Gräfin Lie erwartet die Heimkehrenden in großer Erregung, sie steht vor der Haustür und Feuerländer geht, die Allee hinabspähend, auf dem Rasenrundell auf und ab. Als sie in den Hof einreiten, winkt Inge mit dem Taschentuch, und Callein schwenkt seinen Hut, das verscheucht zunächst alle Sorgen, und sie werden mit heiteren Gesichtern empfangen.
— Erst als Gräfin Volgers Inge in ihren Armen hält, ruft diese aus überströmendem Gefühl heraus:
„Daß Du mich gesund wieder hast, Tante Lie, verdanke ich Graf Markus. Er hat mich vor einem grausigen Geschick bewahrt. — Dank und nochmals Dank."-
Sie streckt ihm in tiefer Bewegung die Hand hin, und aus ihren feuchtschimmernden Augen leuchtet ihm das ganze warme Empfinden entgegen, das ihr Herz erfüllt; er nimmt die weiße Mädchenhand, die sich heute zum ersten Mal mit einem warmen, festen Druck in die seine schmiegt und küßt sie leise in ehrfurchtsvoller Zärtlichkeit.
„Um Gottes willen — der Hund!" schreit Gräfin Lie, ich ahnte es doch."
„Ja, der Hund," erwiderte Callein, „aber er ist tot, und es ist gut abgegangen."
Die Erregung, die diese Mitteilung hervorrief, legte sich aber nicht so schnell; sie verbreitete sich durch Feuerländer unter den Dienstleuten bis hinaus zum Hof- und Stallpersonal und machte den Grafen zum Helden.
„Ja, das ist einer," meinte der Kutscher, „der versteht's."
„Der hat Courage, wie der Teufel selbst," ergänzte der Inspektor schmunzelnd, und der alte Reitknecht, der Callein's Rappen vor dem Stall auf und ab führte, erzählte Bravourgeschichten aus dessen Jugend.-
Gräfin Lie konnte sich gar nicht beruhigen über die Gefahr, in der Inge geschwebt, und während sie das junge Mädchen immer wieder streichelte und liebkoste, ruhten ihre Augen mit Stolz auf Markus. —
„Immer noch der Ritter ohne Furcht und Tadel", sagte sie. Als Inge gegangen war, sich umzukleiden, legte sie ihren Arm auf seine Schulter und küßte ihn leise auf die Stirn. Markus lehnte das Haupt zurück an ihre Brust, ein weicher Ausdruck, wie man ihn sonst nicht an ihm kannte, breitete sich über sein Antlitz.
(Fortsetzung folgt.)