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Die zuständigen Polizeibehörden sind ferner befugt, zur Beseitigung erheblicher, die Sittlichkeit gefährdender Mtßstände im Wege der Verfügung für einzelne Gast- oder Schankwtrtschaften die Beschäftigung von Kindern weiter einzuschränken oder zu untersagen.

V. Ttrafbestimmnnge«.

Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften deS Gesetzes werden teils als Uebertretungev, und zwar mit Geld bis zu zwanzig, dreißig oder hundert­fünfzig Mark, teils als Vergehen, und zwar mit Geld bis zu sechshundert oder zweitausend Mark bestraft.

Die Ortrpolireibehörde« haben auf die genaue Durchführung der Bestimmungen des Kinder­schutzgesetzes nachdrücklich hinzuwirken (siehe den Erlaß deS K. Minist, des Innern vom 10. Mai 1907 Nr. 7169. M.ABl. S. 233).

Calw, 3. November 1909.

K. Oberamt.

Amtmann Ripp mann.

hafte Klage geführt haben. Um diesen Be­schwerden Rechnung zu tragen, sollen die Ein­fuhrbestimmungen demnächst eine Aenderung dahin erfahren, daß solche Prüfungsscheine auch von ausländischen staatlichen Untersuchungsan­stalten in Betracht kommen hauptsächlich Frank­reich, Italien und Oesterreich-Ungarn aus­geführt werden dürfen. Dieselben müssen jedoch die Beglaubigung des zuständigen deutschen Konsulats tragen.

Stuttgart 3. Nov.. (Neue Literatur.) In den nächsten Tage erscheint in Stuttgart eine von Professor Dr. R. I. Hartmann herausge­gebene illustrierte WochenschriftSchwäbische Kunstschau". Die Zeitschrift will auf dem Ge­biete der Kunstpflege und des Heimatschutzes in Württemberg, durch ihr auf diese Gebiete kon­zentriertes Interesse, neben die Tagespresse treten. Eine Reihe namhafter Schriftsteller haben ihre Mitarbeit zugesagt. Hergestellt wird die Schwä­bische Kunstschau im Verlag von Wilh. Knöller und Co., Stuttgart.

Göppingen 3. Nov. Der württem- bergische Brauereiverband hat den hiesigen Wirten seine Absicht der künftigen Bierpreis - regelung unterbreitet. Demnach erhöhen die Brauereien den Bierpreis wie folgt: Faßbier erhält einen Aufschlag von 1.65 Flaschenbier einen solchen von 2 pr. Hektoliter. Demnächst soll eine Wirtsversammlung einberufen werden, in der die Wirte den Verkaufspreis regeln und feststellen werden.

Nürtingen 3. Nov. Der 6jährige Knabe des Karl Schöllhammer hier stürzte von einem Fenster des 3. Stockwerkes in den Hof auf den Cementboden und erlitt wunderbarer­weise nur einen Armbruch.

Reutlingen 3. Nov. Eine eigentümliche Begleiterscheinung des Typhus zeigt sich in den Theaterverhältnissen der Stadt. Am 10. November sollten die Vorstellungen der Direktion Erdmann beginnen. Wie es heißt, werden sie aber bis auf weiteres verschoben, weil eine große Anzahl der Mitglieder der Theatergesellschaft sich ge­weigert hat, in Reutlingen aufzutreten, bevor die Typhus-Epidemie erloschen ist.

Marbach 3. Nov. Schillers 150. Geburtstag wird mit einer Festveranstaltung im Schillermuseum begangen, die vormittags. 11 Uhr beginnen und mit einer Ausstellung der neuen Stiftungen verbunden sein wird. Ferner werden im Schillerhaus im Geburtszimmer des Dichters Kränze niedergelegt.

Heilbronn 3. Nov. Aufsehen erregt hier der Selbstmord von Dr. Paul Mayer, des Sohnes des berühmten Gelehrten Robert Mayer. Dr. Paul Mayer litt seit Jahren an Nervenüberreizung. Man fand ihn gestern vor­

mittag 10 Uhr in seinem Badezimmer erschaffen auf. Dr. Mayer war von 18841894 Spital­arzt hier.

Neckarsulm 3. Nov. Der 5 Wochen dauernde Streik der Jutearbeiter bei Gebrüder Spohn hier wurde dadurch beendigt, daß die Streikenden die Arbeit wieder aufnahmen. Die Mehrzahl der ausländischen Arbeiter hatte bereits im Verlaufe des Streikes Neckarsulm verlassen.

Wiesensteig O.A. Geislingen 3. Nov. Der in der hiesigen Papiermühle beschäftigte Ulrich Siegel fand in einer Felsenschlucht im Walde mehrere junge Wolfshunde und nahm sie mit nach Hause. Unverhofft traf dann abends die Mutter der Jungen ein. Es handelt sich um einen schon längst verfolgten, wieder wild gewordenen Wolfshund, der in der Gegend schweren Schaden angerichtet hat. In den nächsten Tagen sollte auf amtliche Anordnung Jagd auf ihn gemacht werden.

Bad Mergentheim 3. Nov. Füsilier Läpple der 5. Kompagnie entfernte sich am Freitag unerlaubter Weise von seinem Truppen­teil. Er wurde jetzt in der Nähe der hiesigen Militär-Schwimmschule ertrunken in der Tauber ausgefunden. Es liegt unzweifelhaft Selbstmord vor. Läpple war im 2. Dienstjahre und stand im Bedacht, einen Kameraden bestohlen zu haben. Furcht vor Strafe dürste der Grund zu dieser Tat sein.

Aalen 3. Nov. Im Radsaal fand gestern nachmittag eine vom Bezirksverband un­berufene allgemeine Wirtsversammlung statt. Ueber die Bierpreiserhöhung entspann sich eine lebhafte Aussprache. Das Flaschenbier sei zu billig und der Verkauf durch die Brauer­eien schädige die Wirte schwer. Da die Ver­sammlung zu einem Resultate nicht kam, wurden zwischen den Ausschußmitgliedern des Vereins und den Bierbrauereibesitzern nochmalige Ver­handlungen gepflogen, als deren Ergebnis die Bierbrauereibesitzer den Wünschen der Wirte be­züglich des Flaschenbierverkaufes und der Bier­abgabe an Private unter Vorbehalt der Zu­stimmung durch den Verband entsprechen, bezüglich des Bieraufschlages es jedoch bei den erhöhten Sätzen belassen müssen. Demnach beträgt jetzt der Preis für einfaches Bier: */i° Liter 10 A °,io Ltr. 12 */i Ltr. 24 e), für sogenanntes

Spezialbier: ^/i» Ltr. 10 c), ^/ir> Ltr. 12 A °/io Ltr. 15 Vi Ltr. 30 A für Flaschenbier:

Ltr. 12 A Ltr. 17 A Vi Ltr. 24 ^ für einfache, °/i» Ltr. 14 ^-» Ltr. 20 A

'/i Ltr. 28 ^ für Spezialbiere.

Nöttingen O.A. NereSheim 3. Nov. Zu dem Brand im Anwesen des Jonasbauern berichtet die Jpf- und Jagstzeitung: Da die

Tagesuerrißkeiteu.

Gültlingen 3. Nov. Vorige Woche ist die hies. Gemeindeschafweide an Johannes Gaäenheimer von hier um ein jährliches Pacht­geld von 1600 ^ und die Jagd an den bis­herigen Pächter Mich. Kalmer, Bäcker und Wirt z. Rose hier um jährlich 200 ^ im öffentlichen Aufstreich verpachtet worden. Gegen den früheren Pacht ergab die Schafweide einen Wenigererlös von 50 die Jagd dagegen einen Mehrerlös von 50

Stuttgart 3. Nov. Der Ausschuß des Vereins württembergischer Körperschafts­beamter befaßte sich in seiner Oktobersitzung vornehmlich mit der Frage der Revision des Körperschastspensionsgesetzes und der Anpas­sung des letzteren an das Staatsbeamten­gesetz. Die Bezirksvereine sollen Gelegenheit bekommen, auf Fragebogen ihre Wünsche nieder­zulegen, damit die nächste Landesversammlung den Gegenstand in umfassende und eingehende Behandlung nehmen kann. Nachdem das Be­amtengesetz bezüglich der PenfionSverhältniffe auf die Geistlichkeit und Lehrer angepaßt worden ist, hält es der Körperschaftsbeamtenverein nur für billig, diese Vorteile auch für seine Mitglieder zu erstreben.

Stuttgart 3. Nov- Die Bestimmung des neuen Weingesetzes, daß die Einfuhr von ausländischen Weinen nach Deutschland nur gestattet sein soll, wenn sie vorher einer Unter­suchung in einer deutschen staatlichen Unter­suchungsstation unterworfen wurden, hat schon mehrfach zu Beschwerden Anlaß gegeben, nicht nur im Auslande, sondern auch im Reichsinland, speziell auch in Württemberg und Baden, wo die Weinimporteure und Händler über die Höhe der Untersuchungskosten und über die durch die Untersuchung entstehende Verzögerung leb­

Im Klosterhof.

Roman von B. v. Lancken.

(Fortsetzung.)

Ich bin ja fest überzeugt, daß sie in diesem Augenblick gar nicht an diese Möglichkeit dachte oder doch? Lag in dem angstvollen Blick ihres Auges, lag in der Wiederholungso viel ich kann" nicht doch ein Zu­geständnis an die eigene Schwäche? In der BitteGott gib mir die Kraft", nicht die Furcht, daß diese Kraft fehlen könnte eines Tages? Wann wird diesereine Tag" kommen, wann? Und wird er denn über­haupt kommen, muß er kommen? Ja, er wird kommen! Es rieselt mir so kalt über den Rücken, ich werde das Fenster schließen.

Wie herrlich diese schweigende, stille, schlafumfangene Sommernacht ist, mit einer gewissen herben Frische. Aber kalt ist es draußen, oder nicht? Was macht mich denn frösteln? Die Horst war auch da. In ihrer vornehmen Trauertoilette, schön wie die Sünde. Mich rührt ihre Schönheit nicht mehr. Daß es überhaupt jemals möglich war? Mein Gott, wenn man fünfundzwanzig Jahre alt ist, was ist da nicht möglich! Bei manchen Leuten ist so etwas auch später möglich. Was mag sie nur gerade hierher in diese Gegend gefühlt haben? Sollte wirklich der Ge­danke an denkleinen" Armand dabei mitgesprochen haben? Dann hätte sie sich, die so fein zu rechnen versteht, einmal gründlich verrechnet sie ist zu spät gekommen, ich auch. Für sie ist Armand verloren. Und Inge für mich? Mark Callein, Du bist ein Tor, ein großer Tor. Weiß ich denn, ob Inge und ich . . .? Nein, es scheint mir sogar zweifelhaft. Je mehr ich sie kennen gelernt, desto mehr erkenne ich ja, daß Armand sich einen großen Schatz errungen hat, ob aber dieses Mädchen auch ein Schatz für mich gewesen wäre? Errungen? Pah errungen hat Ar­

mand sie gar nicht; er hat mir die Geschichte seiner Liebe und seiner Ver­lobung erzählt; ein anderer mußte erst kommen, um ihm klar zu machen, wie begehrenswert sie ist. Es ist ein Glück für ihn gewesen, daß ich nicht dieser andere war. Das klingt ziemlich sicher und selbstbewußt.

Nun, vor sich selbst braucht man nicht Komödie zu spielen; ich glaube wirklich nicht, daß sie mir einen Korb gegeben und Armand Ferm genommen, wenn ich gewollt hätte. Warum glaube ich das? Sie hat mir doch nie den kleinsten Beweis gegeben, daß sie ein freundliches, wohl verstanden, ein ganz harmlos-freundliches Interesse für mich hege, und sie würde sich nie ohne Liebe geben, nie. Also liebt sie Armand und würde mich wahr­scheinlich nicht geliebt haben. Sie ist ein apartes Weib, obgleich sie so still ihren Weg geht und eigentlich gar nicht und nirgends in den Vorder­grund tritt. Wenn man sie zur Heldin eines Romans machen wollte, man wüßte kaum, was schreiben.

Sie hat weder die obligaten üppig wallenden Haare, noch Augen, die nixenartig, bald grün und bald blau schillern, und die auch noch die Fähigkeit besitzen müssen, manchmal absolut dunkel zu erscheinen; sie hat in diesem Hause weder die Rolle einer Unterdrückten, noch die einer alles beherrschenden und gefährlichen Zauberin gespielt, sie hat keine Gelegenheit gehabt, ihren persönlichen Mut durch irgend eine Lebensrettung aus Feuer­oder Wassersnot zu beweisen, noch ihren Stolz und die Lauterkeit ihres Herzens zu dokumentieren, indem sie die Bewerbung des Millionenerben zurückweist und mit einem armen Schriftsteller in die weite Welt geht, der zunächst nur von Ruhm träumt und braune Scheine nur vom Hörensagen kennt nein, das alles ist nicht, und trotz alledem weiß ich, daß ihr Sinn stolz und ihr Herz lauter wie Gold ist, und daß sie allezeit im Leben da stehen wird, wo sie muß, selbst, wenn es ihr bitter schwer würde. Ja, sie ist das, was man ein edles Weib nennt, in ihrem Denken, Handeln und Wollen. Ihr Charakter, ihre Gesinnung sind klar und rein wie ein Kristall,