1104
Die zuständigen Polizeibehörden sind ferner befugt, zur Beseitigung erheblicher, die Sittlichkeit gefährdender Mtßstände im Wege der Verfügung für einzelne Gast- oder Schankwtrtschaften die Beschäftigung von Kindern weiter einzuschränken oder zu untersagen.
V. Ttrafbestimmnnge«.
Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften deS Gesetzes werden teils als Uebertretungev, und zwar mit Geld bis zu zwanzig, dreißig oder hundertfünfzig Mark, teils als Vergehen, und zwar mit Geld bis zu sechshundert oder zweitausend Mark bestraft.
Die Ortrpolireibehörde« haben auf die genaue Durchführung der Bestimmungen des Kinderschutzgesetzes nachdrücklich hinzuwirken (siehe den Erlaß deS K. Minist, des Innern vom 10. Mai 1907 Nr. 7169. M.ABl. S. 233).
Calw, 3. November 1909.
K. Oberamt.
Amtmann Ripp mann.
hafte Klage geführt haben. Um diesen Beschwerden Rechnung zu tragen, sollen die Einfuhrbestimmungen demnächst eine Aenderung dahin erfahren, daß solche Prüfungsscheine auch von ausländischen staatlichen Untersuchungsanstalten — in Betracht kommen hauptsächlich Frankreich, Italien und Oesterreich-Ungarn — ausgeführt werden dürfen. Dieselben müssen jedoch die Beglaubigung des zuständigen deutschen Konsulats tragen.
Stuttgart 3. Nov.. (Neue Literatur.) In den nächsten Tage erscheint in Stuttgart eine von Professor Dr. R. I. Hartmann herausgegebene illustrierte Wochenschrift „Schwäbische Kunstschau". Die Zeitschrift will auf dem Gebiete der Kunstpflege und des Heimatschutzes in Württemberg, durch ihr auf diese Gebiete konzentriertes Interesse, neben die Tagespresse treten. Eine Reihe namhafter Schriftsteller haben ihre Mitarbeit zugesagt. Hergestellt wird die Schwäbische Kunstschau im Verlag von Wilh. Knöller und Co., Stuttgart.
Göppingen 3. Nov. Der württem- bergische Brauereiverband hat den hiesigen Wirten seine Absicht der künftigen Bierpreis - regelung unterbreitet. Demnach erhöhen die Brauereien den Bierpreis wie folgt: Faßbier erhält einen Aufschlag von 1.65 Flaschenbier einen solchen von 2 pr. Hektoliter. Demnächst soll eine Wirtsversammlung einberufen werden, in der die Wirte den Verkaufspreis regeln und feststellen werden.
Nürtingen 3. Nov. Der 6jährige Knabe des Karl Schöllhammer hier stürzte von einem Fenster des 3. Stockwerkes in den Hof auf den Cementboden und erlitt wunderbarerweise nur einen Armbruch.
Reutlingen 3. Nov. Eine eigentümliche Begleiterscheinung des Typhus zeigt sich in den Theaterverhältnissen der Stadt. Am 10. November sollten die Vorstellungen der Direktion Erdmann beginnen. Wie es heißt, werden sie aber bis auf weiteres verschoben, weil eine große Anzahl der Mitglieder der Theatergesellschaft sich geweigert hat, in Reutlingen aufzutreten, bevor die Typhus-Epidemie erloschen ist.
Marbach 3. Nov. Schillers 150. Geburtstag wird mit einer Festveranstaltung im Schillermuseum begangen, die vormittags. 11 Uhr beginnen und mit einer Ausstellung der neuen Stiftungen verbunden sein wird. Ferner werden im Schillerhaus im Geburtszimmer des Dichters Kränze niedergelegt.
Heilbronn 3. Nov. Aufsehen erregt hier der Selbstmord von Dr. Paul Mayer, des Sohnes des berühmten Gelehrten Robert Mayer. Dr. Paul Mayer litt seit Jahren an Nervenüberreizung. Man fand ihn gestern vor
mittag 10 Uhr in seinem Badezimmer erschaffen auf. Dr. Mayer war von 1884—1894 Spitalarzt hier.
Neckarsulm 3. Nov. Der 5 Wochen dauernde Streik der Jutearbeiter bei Gebrüder Spohn hier wurde dadurch beendigt, daß die Streikenden die Arbeit wieder aufnahmen. Die Mehrzahl der ausländischen Arbeiter hatte bereits im Verlaufe des Streikes Neckarsulm verlassen.
Wiesensteig O.A. Geislingen 3. Nov. Der in der hiesigen Papiermühle beschäftigte Ulrich Siegel fand in einer Felsenschlucht im Walde mehrere junge Wolfshunde und nahm sie mit nach Hause. Unverhofft traf dann abends die Mutter der Jungen ein. Es handelt sich um einen schon längst verfolgten, wieder wild gewordenen Wolfshund, der in der Gegend schweren Schaden angerichtet hat. In den nächsten Tagen sollte auf amtliche Anordnung Jagd auf ihn gemacht werden.
Bad Mergentheim 3. Nov. Füsilier Läpple der 5. Kompagnie entfernte sich am Freitag unerlaubter Weise von seinem Truppenteil. Er wurde jetzt in der Nähe der hiesigen Militär-Schwimmschule ertrunken in der Tauber ausgefunden. Es liegt unzweifelhaft Selbstmord vor. Läpple war im 2. Dienstjahre und stand im Bedacht, einen Kameraden bestohlen zu haben. Furcht vor Strafe dürste der Grund zu dieser Tat sein.
Aalen 3. Nov. Im Radsaal fand gestern nachmittag eine vom Bezirksverband unberufene allgemeine Wirtsversammlung statt. Ueber die Bierpreiserhöhung entspann sich eine lebhafte Aussprache. Das Flaschenbier sei zu billig und der Verkauf durch die Brauereien schädige die Wirte schwer. Da die Versammlung zu einem Resultate nicht kam, wurden zwischen den Ausschußmitgliedern des Vereins und den Bierbrauereibesitzern nochmalige Verhandlungen gepflogen, als deren Ergebnis die Bierbrauereibesitzer den Wünschen der Wirte bezüglich des Flaschenbierverkaufes und der Bierabgabe an Private unter Vorbehalt der Zustimmung durch den Verband entsprechen, bezüglich des Bieraufschlages es jedoch bei den erhöhten Sätzen belassen müssen. Demnach beträgt jetzt der Preis für einfaches Bier: */i° Liter 10 A °,io Ltr. 12 */i Ltr. 24 e), für sogenanntes
Spezialbier: ^/i» Ltr. 10 c), ^/ir> Ltr. 12 A °/io Ltr. 15 Vi Ltr. 30 A für Flaschenbier:
Ltr. 12 A Ltr. 17 A Vi Ltr. 24 ^ für einfache, °/i» Ltr. 14 ^-» Ltr. 20 A
'/i Ltr. 28 ^ für Spezialbiere.
Nöttingen O.A. NereSheim 3. Nov. Zu dem Brand im Anwesen des Jonasbauern berichtet die Jpf- und Jagstzeitung: Da die
Tagesuerrißkeiteu.
Gültlingen 3. Nov. Vorige Woche ist die hies. Gemeindeschafweide an Johannes Gaäenheimer von hier um ein jährliches Pachtgeld von 1600 ^ und die Jagd an den bisherigen Pächter Mich. Kalmer, Bäcker und Wirt z. Rose hier um jährlich 200 ^ im öffentlichen Aufstreich verpachtet worden. Gegen den früheren Pacht ergab die Schafweide einen Wenigererlös von 50 die Jagd dagegen einen Mehrerlös von 50
Stuttgart 3. Nov. Der Ausschuß des Vereins württembergischer Körperschaftsbeamter befaßte sich in seiner Oktobersitzung vornehmlich mit der Frage der Revision des Körperschastspensionsgesetzes und der Anpassung des letzteren an das Staatsbeamtengesetz. Die Bezirksvereine sollen Gelegenheit bekommen, auf Fragebogen ihre Wünsche niederzulegen, damit die nächste Landesversammlung den Gegenstand in umfassende und eingehende Behandlung nehmen kann. Nachdem das Beamtengesetz bezüglich der PenfionSverhältniffe auf die Geistlichkeit und Lehrer angepaßt worden ist, hält es der Körperschaftsbeamtenverein nur für billig, diese Vorteile auch für seine Mitglieder zu erstreben.
Stuttgart 3. Nov- Die Bestimmung des neuen Weingesetzes, daß die Einfuhr von ausländischen Weinen nach Deutschland nur gestattet sein soll, wenn sie vorher einer Untersuchung in einer deutschen staatlichen Untersuchungsstation unterworfen wurden, hat schon mehrfach zu Beschwerden Anlaß gegeben, nicht nur im Auslande, sondern auch im Reichsinland, speziell auch in Württemberg und Baden, wo die Weinimporteure und Händler über die Höhe der Untersuchungskosten und über die durch die Untersuchung entstehende Verzögerung leb
Im Klosterhof.
Roman von B. v. Lancken.
(Fortsetzung.)
Ich bin ja fest überzeugt, daß sie in diesem Augenblick gar nicht an diese Möglichkeit dachte — oder doch? Lag in dem angstvollen Blick ihres Auges, lag in der Wiederholung „so viel ich kann" nicht doch ein Zugeständnis an die eigene Schwäche? In der Bitte „Gott gib mir die Kraft", nicht die Furcht, daß diese Kraft fehlen könnte — eines Tages? Wann wird dieser „eine Tag" kommen, wann? Und wird er denn überhaupt kommen, muß er kommen? Ja, er wird kommen! Es rieselt mir so kalt über den Rücken, ich werde das Fenster schließen.
Wie herrlich diese schweigende, stille, schlafumfangene Sommernacht ist, mit einer gewissen herben Frische. Aber kalt ist es draußen, oder nicht? Was macht mich denn frösteln? Die Horst war auch da. In ihrer vornehmen Trauertoilette, schön wie die Sünde. Mich rührt ihre Schönheit nicht mehr. Daß es überhaupt jemals möglich war? Mein Gott, wenn man fünfundzwanzig Jahre alt ist, was ist da nicht möglich! Bei manchen Leuten ist so etwas auch später möglich. Was mag sie nur gerade hierher in diese Gegend gefühlt haben? Sollte wirklich der Gedanke an den „kleinen" Armand dabei mitgesprochen haben? Dann hätte sie sich, die so fein zu rechnen versteht, einmal gründlich verrechnet — sie ist zu spät gekommen, ich auch. — Für sie ist Armand verloren. Und Inge für mich? Mark Callein, Du bist ein Tor, ein großer Tor. Weiß ich denn, ob Inge und ich . . .? Nein, es scheint mir sogar zweifelhaft. — Je mehr ich sie kennen gelernt, desto mehr erkenne ich ja, daß Armand sich einen großen Schatz errungen hat, ob aber dieses Mädchen auch ein Schatz für mich gewesen wäre? Errungen? Pah — errungen hat Ar
mand sie gar nicht; er hat mir die Geschichte seiner Liebe und seiner Verlobung erzählt; ein anderer mußte erst kommen, um ihm klar zu machen, wie begehrenswert sie ist. Es ist ein Glück für ihn gewesen, daß ich nicht dieser andere war. Das klingt ziemlich sicher und selbstbewußt.
Nun, vor sich selbst braucht man nicht Komödie zu spielen; ich glaube wirklich nicht, daß sie mir einen Korb gegeben und Armand Ferm genommen, wenn ich gewollt hätte. Warum glaube ich das? Sie hat mir doch nie den kleinsten Beweis gegeben, daß sie ein freundliches, wohl verstanden, ein ganz harmlos-freundliches Interesse für mich hege, und sie würde sich nie ohne Liebe geben, nie. Also liebt sie Armand und würde mich wahrscheinlich nicht geliebt haben. Sie ist ein apartes Weib, obgleich sie so still ihren Weg geht und eigentlich gar nicht und nirgends in den Vordergrund tritt. Wenn man sie zur Heldin eines Romans machen wollte, man wüßte kaum, was schreiben.
Sie hat weder die obligaten üppig wallenden Haare, noch Augen, die nixenartig, bald grün und bald blau schillern, und die auch noch die Fähigkeit besitzen müssen, manchmal absolut dunkel zu erscheinen; sie hat in diesem Hause weder die Rolle einer Unterdrückten, noch die einer alles beherrschenden und gefährlichen Zauberin gespielt, sie hat keine Gelegenheit gehabt, ihren persönlichen Mut durch irgend eine Lebensrettung aus Feueroder Wassersnot zu beweisen, noch ihren Stolz und die Lauterkeit ihres Herzens zu dokumentieren, indem sie die Bewerbung des Millionenerben zurückweist und mit einem armen Schriftsteller in die weite Welt geht, der zunächst nur von Ruhm träumt und braune Scheine nur vom Hörensagen kennt — nein, das alles ist nicht, und trotz alledem weiß ich, daß ihr Sinn stolz und ihr Herz lauter wie Gold ist, und daß sie allezeit im Leben da stehen wird, wo sie muß, selbst, wenn es ihr bitter schwer würde. Ja, sie ist das, was man ein edles Weib nennt, in ihrem Denken, Handeln und Wollen. Ihr Charakter, ihre Gesinnung sind klar und rein wie ein Kristall,