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gegenwärtigen Verhandlungen schließen, daß eine Einigung kaum in Aussicht zu nehmen ist.

Tuttlingen 9. Okt. Die hiesige Sch uh - Warenindustrie klagte seit Frühjahr über ziemlich flaueren Geschäftsgang als in andern Jahren und auch jetzt noch hört man von der Kundschaft über zu große Lagerbestände klagen, so daß der Versand in verschiedenen Geschäften immer noch ziemlich flau ist, wenn man bedenkt, daß jetzt die stärkste Versandtzeit sein sollte. Merkwürdig ist, daß einige andere Fabriken der­selben Branche zur Zeit mit Ueberstunden arbeiten lassen. In der Jnstrumentenbranche geht das Geschäft anscheinend gut, man konnte wenigstens bemerken, daß eine der mittleren Fabriken mehrere Wochen hindurch einen Teil ihrer Arbeiter über Zeit beschäftigte.

Schwenningen 10. Okt. Als der Dreschmaschinenbesitzer Jäckle mit Motor und Maschine hier durchfuhr, versagte die Bremse und der Motor jagte in den Laden des Bürsten­machers Wunderle. Er stürzte vor dem Hause um und begrub seinen Besitzer unter sich. Jäckle trug einen Bruch des rechten Oberschenkels und einige, zum Glück nicht schwere, Quetschungen davon. Der Materialschaden ist dagegen sehr bedeutend.

Vom Lande 10. Okt. (Freibier bei Gemeindewahlen.) Die Unsitte der Spendung von Freibier bei Gemeind.ewahlen, besonders bei Schultheißenwahlen hat schon zu den übelsten Folgen für Wähler und Gewählte geführt. In letzter Zeit ist diese Unsitte wiederholt imJagst- kreise zutage getreten, weshalb die Kreisregie­rung in Ellwangen den Oberämtern als besondere Maßnahme empfiehlt, geeignete Belehrungen über das Unmoralische der Annahme und Spendung von Bier, Wein und ähnlichen Gaben bei öffent­lichen Wahlen zu geben und bei den Gemeinde­visitationen vor der Beteiligung an solchen Zechereien zu warnen und auch auf die Bestim­mung des Strafgesetzbuches hinzuweisen, die den Stimmkauf verbietet. Die Kreisregieruug empfiehlt ferner: Strenge Ueberwachung der Wirtschaften vor, am und nach dem Wahltag, besonders auch Verweigerung der Verlängerung der Polizei­stunde, Einleitung des Wirtschaftsentziehungs­verfahrens gegen Wirte, die durch Wahlzechgelage ihr Gewerbe zur Förderung der Völlerei oder Unsittlichkeit mißbrauchen, disziplinäre Behandlung von Gemeindebeamten und Mitgliedern der Gemeindekollegien, die anläßlich ihrer Wahl an Zechereien, wenn auch nur durch Kostenbestreitung, sich beteiligen.

Biberach 10. Okt. Die neue Beleuch­tungsmittelsteuer hat mit der Nachversteuer­ung, an die zuvor niemand gedacht hatte, viele Geschäftsinhaber verhältnismäßig hart getroffen. Die Händler mit Glühstrümpfen hatten eine Riesenreklame entfaltet, um ihre Lager zu räumen. Der billige Einkauf ist aber zu Wasser geworden, denn jetzt hatte jeder Geschäftsinhaber am ersten Oktober auch für jeden vorhergekauften Glüh­strumpf zehn Pfennig nachzuzahlen. Uebrigens ist der Aufschlag auf Glühstrümpfe infolge der Steuer ganz enorm hoch und hat den Preis dieser unentbehrlichen Lichtverbesserung um 50 ^ in die Höhe getrieben.

Friedrichshafen 4. Okt. Den neuen Luftschiffkadetten, deren eigentlicher Unter­richt erst gestern begonnen hat, ist der Arbeits­plan nun mitgeteilt worden. Er umfaßt im ganzen 34 Wochenstunden, die sich auf die ein­zelnen Fächer folgendermaßen verteilen: Ballon­konstruktion 4 Stunden, Motorenkunde 4 Std., Mathematik 4 Std., Aerologie 2 Std., Physik

1 Std., Erdkunde 2 Std., Kartenlesen 2 Std., Geschichte der Lustschiffahrt 1 Stunde, Gaslehre

2 Std., Deutsch 2, Französisch 2, Schönschreiben 2, Stenographie 1, Turnen 5 Stunden. In den letzteren Fächern wird von Lehrern hiesiger Lehranstalten unterrichtet. An den theoretischen Unterricht schließt sich nächstes Frühjahr die prak­tische Betätigung in der Werkstatt, im Freiballon und im Luftschiff an.

Metz 9. Oft. Wie aus den Verhand­lungen zwischen dem französischen Kriegsministerium und der Gemeindevertretung in Pont a Mousson

hervorgeht, werden außer dem Bataillon, das dorthin kommt, auf ein etwa 5 km entferntes Dorf noch zwei weitere Kompagnien kommen. Man scheint ferner neue französische Garnisonen aus kleineren Ortschaften machen zu wollen, wie z. B. aus Corcieux. Alle diese kleinen Orte sollen mindestens 23 Batterien und 45 Kompagnien Infanterie erhalten, damit man auf französischer Seite im Kriegsfälle die Gebirgs- Uebergänge vollständig beherrscht.

Passau. Ein unangenehmes Mißgeschick stieß hier einer aus Belgien heimreisenden unga­rischen Gräfin zu. Sie ging beim denkbar schlechtesten Wetter vom Neumarkt zum Bahnhof mit hochgerafften Röcken und hatte ganz ver­gessen, daß ihre Unterkleider bis ziemlich tief hinab mit Päckchen geschmuggelter Zigaret­ten garniert waren. Die Passanten kicherten und bald entbot auch ein Schutzmann die Dame auf die Zollstation, wo 42 Päckchen Zigaretten zutage gefördert wurden.

Frankfurt a. M. 10. Okt. Der Par- seval-Ballon ist heute Morgen 8'/- Uhr zur Fahrt nach Gießen ausgestiegen und bereits um 10 Uhr 10 Min. dort eingetroffen. Der Clouth'sche Lenkballon, der nach seinem kürz- lichen Unfall heute früh wieder einen Aufstieg unternahm und längere Zeit über dem Flug- gelände manövrierte, erlitt gegen 10 Uhr wieder einen Defekt an einem Propeller und mußte von Jla-Leuten nach seiner Halle auf dem Korb­platz der Jla transportiert werden.

Berlin 9.Okt. Der Militär-Ballon Groß II, der bereits heute Abend zu seiner großen Nächsternfahrt nach Metz aussteigen sollte, wird diese voraussichtlich erst Montag antreten. Der Grund für den Aufschub liegt in der heutigen Windstärke, die zu Bedenken Anlaß giebt.

Berlin 9. Oft. Wegen großen Schwin­deleien wurde gestern die frühere Schau­spielerin eines Berliner Theaters, Camilla Wolf in einem Warenhause der Leipzigers^, verhaftet.

Rostock 8. Okt. Auf dem Rostocker Bahnhofe wurden heute Mittag zwei Seeleute von der Kriminalpolizei fest genommen unter dem Verdacht, an dem Doppelraubmord an dem Ehepaar Vermehren auf Saßnitz beteiligt zu sein. Der eine der Verhaftete verwickelte sich bei seiner Vernehmung in Widersprüche und mußte schließlich zugeben, daß er sich zur Zeit des Mordes auf Rügen Herumgetrieben habe. Er bestreitet vorläufig noch, den Mord begangen zu haben, jedoch stimmt sein Aeußeres ziemlich überein mit dem von der Greifswalder Staats­anwaltschaft veröffentlichten Signalement des einen der beiden Bootsdiebe, die mit dem Doppelmord in Verbindung gebracht werden.

Paris 9. Oft. General Damade ist gestern Nachmittag hier eingetroffen und hatte bereits Abends mit dem Kriegsminister General Brun eine Unterredung, in der er Erklärungen über seine imMatin" veröffentlichte Aeuße- rungen gab. General Brun begibt sich heute Vormittag zum Kabinettschef Briand, worauf die gegen General Damade getroffenen Beschlüsse veröffentlicht werden sollen. Es verlautet, daß der General zur Disposition gestellt werden wird.

Paris 9. Okt. General Damade wurde vom Ministerrat ohne Frist zur Disposition gestellt.

Venedig 9. Okt. In der Provinz Udine herrscht Unwetter. Alle Wasserläufe sind aus den Ufern getreten. Infolge des Hochwassers ist der Eisenbahnverkehr vielfach unterbrochen. Mehrere Ortschaften stehen unter Wasser und sind vom Verkehr vollständig abgeschnitten.

Petersburg 9. Oft. Die Reise des Zaren nach Italien ist unmittelbar bevor­stehend. Die Eisenbahnlinie JalteKiew wurde bereits militärisch besetzt. Ueber die weiteren Reise-Dispositionen wird strengstes Stillschweigen beobachtet, doch ist es wahrscheinlich, daß die Route KiewWarschauMünchen gewählt wer­den wird.

London 8. Oft. Der Besuch des eng­lischen Geschwaders zur Hudson-Feier in New - P ork hat unangenehme Ueberraschungen für die englische Marine gezeitigt. Wie schon

bei ähnlichen Gelegenheiten, sind wieder zahlreiche Matrosen desertiert, allein von den Schiffen Inflexible und Drake je hundert. Auch an Bord zweier anderer Schiffe werden mehrere Dutzend Soldaten vermißt.

Vermischtes.

Wichtig für die Hersteller von Most. Von fachmännischer Seite wird dem Schwäb. Merkur mitgeteilt, daß der Mosttrinker in diesem Jahre mit Rücksicht auf den geringen Ertrag unser einheimischen Apfelbäume in der Hauptsache darauf angewiesen ist, den so be­liebten schwäbischen Haustrunk aus ausländischen Aepfeln herzustellen. Der reine, ungewässerte Preßsaft von zur Untersuchung gelangten aus­ländischen Obstsorten, die aus Oesterreich, Steier­mark, Kärnthen, und Italien zu uns kommen, zeigt in diesem Jahr im Durchschnitt etwa 48" Oechsle und im Säuregehalt Schwankungen von 4,312,0 pro Mille (als Apfel berechnet). Ins­besondere zeigt der Saft des italienischen Obstes einen fast durchweg niederen Säuregrad. Es steht somit zu erwarten, daß lediglich unter Verwendung von solch säurearmem Obst hergestellter Most im Laufe der Lagerung häufig blau, beziehungs­weise schwarz werden wird. Das Schwarz­werden von säurearmem Most ist ein Schönheits­fehler und beruht auf Bildung von schwarzgefärbtem gerbsaurem Eisenoxyd. Dasselbe wird erzeugt durch die Berührung der in dem Obstsaft ent­haltenen Säuren, während der Herstellung und Aufbewahrung des Mostes, mit Eisen (zum Bei­spiel Pressen, Nägeln, Beschlägen rc.) Von der Apfelsäure der Säfte wird das Eisen gelöst, an der Luft oxydiert und durch die Gerbsäure in das schwarze gerbsaure Eisenoxyd übergeführt. Vermieden kann dies werden einerseits dadurch, daß derartiges säurearmes Obst mit einem, in diesem Jahre allerdings sehr schwer zu bekommen­den, säurereichen Obst gemischt wird, oder aber es bleibt im übrigen kein anderer Ausweg, als den Säuregrad des Getränkes künstlich durch Zu­tat der erforderlichen nach dem Säuregrad des Mostes jeweils zu berechnenden Menge von Säure zu erhöhen, wozu sich am besten Citronen- säure eignet. Als eigentlich selbstverständlich sei noch erwähnt, daß der Most bei der Herstellung zweckmäßigerweise möglichst vor der Berührung mit eisernen Geräten zu schützen ist. Im übrigen empfiehlt es sich auch, bei der Bereitung des Mostes in diesem Jahr das Wasser zu sparen, da der Zuckergehalt der Obstsäfte nicht hoch ist.

Marktberichte.

Herrenberg 9. Okt. Auf dem heutigen Schweinemarkt waren zugeführt: 150 St. Milch­schweine; Erlös pro Paar 4060 52 St.

Läuferschweine; Erlös pro Paar 6090 Verkauf schwach.

Stuttgart 9. Oft. Wochenmarkt. Starke Zufuhr und rege Kauflust waren die Zeichen des heutigen Marktes. Auf dem Groß­markt waren besonders Zwetschgen zugeführt, die zu 7 das Pfund abgesetzt wurden. Zwetschgen liefern dieses Jahr eine gute Ernte. Aepfel und Birnen kosteten 620 A Quitten 18 bis 22 Pfirsiche 820 -Z per Pfd. Im Einzel­verkauf war Obst um 510 ^ teurer. Der Gemüsemarkt verzeichnete Kohl und Kraut zu 1225 e) per St. Schöne Tomaten kosteten 1520 Z, Zwiebeln 57 ^ per Pfd., 100 St. Filderkraut 1215 Auf dem Kartoffel­großmarkt kostete der Ztr. 3.204.50 auf

dem Mo st ob st markt kostete der Ztr. 4.80 bis 5.20

Ulm 10. Okt. Der gestrigen Schranne waren 6580 Ztr. Getreide zugeführt, die bis auf 60 Ztr. zu folgenden Mittelpreisen abgesetzt wurden: Kernen 10.8611.01 Einkorn-

Mischling und dergl. 1010.80 Roggen

8.239.08 Gerste 7.938,38 Haber

7,667,99 Linsengerste 7.20 Abge­

schlagen hat der Zentner Kernen um 1 4, Haber 6 j), aufgeschlagen dagegen Roggen um 8 A Gerste um 5 Dem gestrigen Schweine­

markt waren 280 Milchschweine und 4 Läufer zugeführt. Elftere kosteten 2127 letztere

5055 ^ das Stück.