LamStai? Beilage z« Nr. LL2. 11. September 1999.
Das Haus gegenüber
Kriminal-Roman von E. Kent.
(Fortsetzung.)
Das Zimmer, in das das hübsche Stubenmädchen mich führte, war fast dunkel und da ich es unmittelbar von dem sehr hell erleuchteten Vorplatz aus betrat, so dauerte es mehrere Sekunden, bis ich die kleine Dame erkennen konnte. Der Druck einer weichen, warmen Hand benahm mir bald alle Befürchtungen, die ich in Bezug auf einen unfreundlichen Empfang gehegt hatte.
„Ich hoffe, die Dunkelheit ist Ihnen nicht unangenehm", rief sie aus, indem sie mir einen Platz anwies und sich selber auf einem Sessel niederließ; „meine Augen sind in letzter Zeit so sehr empfindlich gegen Helles Licht, und darum zünde ich keins an, bis es so dunkel ist, daß ich fortwährend gegen alle Möbel anstoße. Mein Mann sagt, das sei ein Unsinn, und ich solle mir lieber eine blaue Brille kaufen. Das würde ich auch längst getan haben, wenn so ein Ding nur nicht so greulich aussähe."
„Aber ich bitte Sie", versicherte ich ihr, indem ich mich vorsichtig auf einen jener unbequemen Sessel setzte, die von unseren Möbelhändlern als „echter Louis-Seize-Stil" angepriesen werden — „im Gegenteil, ich bin der Meinung, es plaudert sich am allergemütlichsten im Zwielicht; ich werde in der Dämmerstunde immer ganz redselig. Der Tag ist ja indiskret; er verbirgt kein Erröten. In der Dunkelheit hinwieder, die alle Grenzen verwischt, fehlt einem das Gefühl der Abgeschlossenheit, ohne das eine vertrauliche Aussprache nicht möglich ist. Aber das Zwielicht, das taktvolle Zwielicht, das ist so diskret, daß einem unwillkürlich das Herz aufgeht. Zum Glück hat bis jetzt noch kein Mensch davon gewußt, wie schwach ich zu dieser Stunde bin. Sonst hätte ich wohl alle meine Geheimnisse längst preisgegeben."
„Ach, gehen Sie mir doch", kicherte sie; „nach meiner Meinung sind Sie nicht der Mann, der mehr sagt, als er sagen will."
„Ich versichere Ihnen, ich bin" — begann ich, aber mich unterbrach die Stimme des Hausherrn, der in diesem Augenblick auf der Schwelle erschien.
„Ei was!" rief er. „Hier sitzt man im Dunkeln? Das ist aber wirklich zu töricht, liebe Lulu!
Eine Flut von Licht folgte diesen Worten und bestrahlte die kräftige Gestalt des jungen Atkins, der in tadellosem Gesellschaftsanzug dastand und mich nach einem kräftigen Händedruck mit den Worten begrüßte:
„Ich bin wirklich sehr erfreut, lieber Herr Doktor, daß Sie gekommen sind. Glücklicherweise ist auch das Essen schon fertig, und ich hoffe, Sie werden ihm Ehre antun."
Die Flügeltüren, die in das Nebenzimmer führten, taten sich auseinander, und ein appetitlich hergerichteter, reich mit Blumen und Silbergeschirr ausgeschmückter Tisch wurde sichtbar.
Nachdem wir Platz genommen hatten, benutzte ich den ersten günstigen Augenblick, um einen verstohlenen Blick auf Frau Atkins zu werfen. Sie war allerdings blasser und magerer als bei unserer ersten Begegnung, aber die Veränderung hatte ihr nichts von ihrer Schönheit genommen, sondern dieser nur einen neuen Reiz hinzugefügt. Dunkle Ringe umgaben ihre Augen und gaben ihnen einen melancholischen und zugleich leidenschaftlichen Ausdruck, der sie noch schöner machte, als sie ohnehin schon waren. Im übrigen kam sie mir weniger verändert vor, als ich nach der Beschreibung ihres Mannes vermutet hatte, und von der von ihm besonders hervorgehobenen nervösen Gereiztheit vermochte ich gar nichts zu entdecken. Nur wenn sie mit ihrem Manne sprach, schien ihr Wesen etwas gezwungen zu sein, aber selbst dies war nur bei ganz besonderer Aufmerksamkeit zu entdecken. Dagegen schien ihr Mann in großer innerer Unruhe zu sein, und ich bemerkte, daß er sie fortwährend verstohlen beobachtete. Ich sah auch, daß sie sich dieser beständigen Beobachtung bewußt
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war, denn von Zeit zu Zeit machte sein langer, forschender Blick auch sie unruhig. Dann aber warf sie wieder mit herausfordernder Miene den Kopf zurück und plauderte und lachte mit der früheren Lebhaftigkeit.
Das Essen war ausgezeichnet zubereitet und aufs leckerste hergerichtet; die Wirtin war außerordentlich hübsch, der Wirt beinahe übertrieben liebenswürdig und in der Unterhaltung angenehm, wenn auch nicht von höherer geistiger Bedeutung. Wir waren beim Obst, und ich saß bequem in meinem Stuhl zurückgelehnt und beglückwünschte mich im stillen zu dem Zufall, der mich einen so angenehmen Abend erleben ließ, als plötzlich Frau Atkins ausrief:
„Aber hören Sie, Herr Doktor, Sie haben uns ja noch kein Wort von ihrem entsetzlichen Abenteuer erzählt! Was für ein Glück, daß es dem Irrsinnigen nicht gelang, Sie zu treffen! Bitte, erzählen Sie uns doch ganz genau, wie es war!"
Da ihr Mann mir gesagt hatte, daß die bloße Erwähnung des tragischen Ereignisses sie aufrege, hatte ich natürlich mit größter Sorgfalt jede Anspielung darauf vermieden. Ich war daher nicht wenig überrascht, als ich sie anscheinend völlig ruhig das Thema aus eigenem Antriebe erwähnen hörte.
Ich warf einen fragenden Blick zu Atkins hinüber; dieser aber sagte, ohne seine Augen von dem Gesicht seiner Frau abzuwenden:
„Ja, bitte, erzählen Sie's uns."
„Ach, es ist nicht viel davon zu erzählen," antwortete ich zögernd; „ich habe den Zeitungsreportern eine ziemlich ausführliche Schilderung des ganzen Vorfalls gegeben."
„O, aber Sie waren dabei viel zu bescheiden!" rief sie. „Ein Vögelchen hat uns zugezwitschert, Sie seien ein großartiger Detektive und hätten Argot von Anfang an im Verdacht gehabt. Sagen Sie doch, wie kamen Sie denn gerade auf ihn? Aber erzählen Sie's uns, bitte, mit allen Einzelheiten."
Diese Schmeichelei löste mir, wie ich leider gestehen muß, die Zunge und ließ mich meine bis dahin beobachtete Vorsicht vergessen.
„Na, in der Hauptsache war's doch bloß ein glücklicher Zufall, dem ich meinen Erfolg verdanke," sagte ich und begann die Geschichte umständlich zu erzählen. Dabei wurde ich allmählich selber warm, und das war auch kein Wunder, denn meine Zuhörer lauschten mir mit sichtlichem Interesse. Und so ließ ich mich denn zu einer unvorsichtigen Frage Hinreißen:
„Ich möchte wohl wissen," rief ich, „ob Ihnen, als Sie die Beschreibung des Ermordeten in der Zeitung, oder als Sie ihn mit eigenen Augen sahen, irgend etwas Besonderes an ihm ausgefallen ist! Ich muß gestehen, daß der Umstand mir völlig entgangen war, und daß meine Aufmerksamkeit erst durch Herrn Merritt darauf gelenkt wurde."
„Etwas Besonderes?" fragte sie. „Von was für einer Besonderheit wollen Sie sprechen?"
„Nun, von dem Fehlen eines wichtigen Bestandteils eines Herrenanzuges," versetzte ich.
„Nein; in dieser Beziehung habe ich durchaus nichts Ungewöhnliches bemerkt," sagte die kleine Frau, nachdem sie wohl mehrere Minuten lang nachgedacht hatte.
Ich wandte mich zu ihrem Gatten. Dieser hatte sich vornübergelehnt und beobachtete seine Frau mit so gespannter Aufmerksamkeit, wie wenn er meine Anwesenheit gänzlich vergessen hätte. Auf seinem offenen Antlitz sah ich zu meinem größten Erstaunen Mißtrauen und Liebe um die Herrschaft kämpfen. Betroffen über sein Schweigen blickte auch sie ihn an, und als ihre Augen sich begegneten, sah ich in die ihrigen einen Ausdruck von Furcht sich schleichen, während das schwache Rot ihrer Wangen einer tiefen Blässe Platz machte. Als er dies sah, versuchte er sich zusammenzunehmen und strich sich schnell mit der Hand über das Gesicht, wie wenn er auslöschen wollte, was etwa darauf geschrieben stände.
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