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ver Kaiser und die Kaiserin ^
in Stuttgart. !
Stuttgart 6. Sept. Der Fremdenzufluß nach Stuttgart hat schon eine ansehnliche Höhe erreicht. Auf dem Bahnhof herrscht ein ungemein lebhafter Verkehr. Die Straßen, durch die das Kaiserpaar bei seinem Einzug fahren wird, prangen in schönstem Farbenschmuck. Vom Bahnhof an dem Königsbau entlang bis zur Planie sind zu beiden Seiten Flaggenmaste errichtet, die durch Guirlanden miteinander verbunden sind. Die Mafien selbst tragen oben hübsche Kranzwimpel. Vor dem Königsbau stehen Postamente mit Blumenkörben. In der Mitte erhebt sich ein Triumphbogen. Im Bahnhof sind Palmen und Lorbeerbäume aufgestellt. Das Rathaus prangt in schönstem Schmuck. Die Fassade ist mit Teppichen und Draperien geschmückt. Besonders hübsch geziert ist der große Balkon. Der Sitzungssaal, in dem dem Kaiser der Ehrentrunk dargereicht wird, ist reich mit Pflanzen geschmückt. Inmitten einer Pflanzengruppe ist der Silberschatz der Stadt aufgestellt. Auf dem Marktplatz sind mit Guirlanden umkleidete Flaggenmaste errichtet. Hübsch dekoriert ist die Königsstraße. Die reich geschmückten Schaufenster zeigen die Büsten und Bilder des Kaisers und des Königs. Es herrscht prachtvolles Herbstwetter.
Stuttgart 6. Sept. Der Kaiser und die Kaiserin sind mit dem Sonderzug um 2.50 Uhr auf dem hiesigen Hauptbahnhof eingetroffen. Zum Empfang hatten sich eingefunden : der König in der Uniform des Leibgardehusarenregiments, die Königin, die Mitglieder des königlichen Hauses, die hier anwesenden fremden Fürstlichkeiten, nämlich Prinz Eitel
Dienstag, den 7. September 1909.
z Friedrich, Erzherzog Friedrich von Oest- ^ reich, Prinz Ludwig von Bayern und j Prinz Johann Georg von Sachsen, die zum Ehrendienst für den Kaiser bestimmten Herren: Kriegsminister, General der Infanterie v. March- taler, der württembergische Militärbevollmächtigte in Berlin, Oberst v. Dorrer und Ordonnanzoffizier Oberleutnant Schott, der Ehrendienst der Kaiserin: Palastdame Freifrau v. Wöll- warth-Lauterburg, Oberkammerherr Frhr. v. Neurath und Kammerherr Frhr. v. Palm, ferner die Minister mit dem Ministerpräsidenten Dr. v. Weizsäcker an der Spitze und die gesamte zum großen militärischen Empfang befohlene Generalität mit dem kommandierenden General Herzog Alb recht von Württemberg an der Spitze, weiterhin der württembergische Gesandte in Berlin, Frhr. v. Varnbüler, der preußische Gesandte in Stuttgart v. Below- Rutzau und Graf Zeppelin in der ihm neuerdings verliehenen Uniform des 19. (1. württ.) Ulanenregiments. Eine Shrenkompagnie - vom Grenadierregiment König Karl (5. württ.) Nr. 123 erwies die Honneurs. Die Majestäten begrüßten einander aufs herzlichste. Nach der Vorstellung der Umgebungen und einem Vorbeimarsch der Ehrenkompagnie erfolgte die Fahrt zum königlichen Residenzschloß, wo der Kaiser und die Kaiserin Wohnung genommen haben. Der Kaiser fuhr mit dem König, die Kaiserin mit der Königin. Die Wagen wurden geleitet von einer Geleiteskadron des Dragonerregiments König (2. württ.) Nr. 26 und einer solchen vom Ulanenregiment König Karl (1. württ.) Nro. 19. Vor dem Residenzschloß stand eine zweite Ehrenkompagnie vom Infanterieregiment Kaiser Wilhelm König von Preußen, (2. württ.) Nr. 120. Die Infanterieregimente! Kaiser Wilhelm und
BezuaSpr.i,d.StadtV«jührl,m.Trägerl,Ml. 1.2S. PostbezugSpr, s. d. OrtS- u. Nachbarortsoerk. >/üährl. Ml, l.so, im Fernverkehr Ml. 1 .S 0 . Bestellg. in Württ. so Pfg., In Bayern u. Reich 4L Psg,
Kaiser Friedrich bildeten Spalier. Die Majestäten wurden von einer vieltausendköpfigen Menschenmenge begrüßt. Das Wetter ist sehr schön. Mit dem Kaiser ist auch der Fürst von Fürstenberg hier eingetroffen. Nach der Ankunft am Schloß entstiegen der Kaiser und der König den Hofwagen und schritten die vor dem Schloßportal aufgestellte Ehrenkompagnie ab. Hierauf defilierten die Ehrenkompagnie und die Eskadronen, die die Majestäten zum Schloß geleitet hatten, vor dem Kaiser. Nachdem der Kaiser das Schloß betreten hatten, wurden die Fahnen des Infanterieregiments Kaiser Wilhelm, König von Preußen Nro. 120 in die Gemächer des Kaisers gebracht.
Stuttgart 6. Sept. Vom Residenzschloß begaben sich der Kaiser und die Kaiserin im Wagen zum Rathaus. Auf dem ganzen Wege begeistert begrüßt. Der Wagen der Majestäten wurde von der Stuttgarter Stadtgarde geleitet. In weiteren Wagen folgten die -Damen und Herren des Gefolges, auch Fürst von Fürsten- - berg. Am»Hauptportal des Rathauses begrüßte Oberbürgermeister v. Gauß die kaiserlichen Herrschaften und geleitete sie in den glänzend beleuchteten und reich mit Blumen geschmückten Festsaal, wo die Majestäten vor den bereitgestellten Sesseln Aufstellung nahmen. Im Saale hatten sich die Bürgerlichen Kollegien, sowie Frau Oberbürgermeister v. Gauß nebst ihrer Tochter und einigen weiteren Damen eingefunden. Oberbürgermeister v. Gauß richtete an die Majestäten eine Ansprache, indem er im Namen der Stadt den ehrerbietigsten Dank für die Ehre ihres Besuchs aussprach. Gerade im Süden des Reiches sei es bedeutsam, vor dem Kaiser Zeugnis davon abzulegen, daß das Bewußtsein, nur ein Glied eines großen Ganzen zu sein, in Schwaben stets lebendig gewesen sei, daß aber dieses Gefühl der
28 Abt Wilhelm in Hirsau 1069—1091.
15. Hirsauer Prälaten.
(Fortsetzung.)
1. Von Gebhards II t Wahl zum Bischof von Konstanz war bereits die Rede. Er verstand es, ganz in dem Sinne, wie es einst Gregor VII dem zu wählenden Gegenkönig gegenüber verlangt hatte, in seiner Person den Vorrang der geistlichen Gewalt den weltlichen Herren gegenüber zur Geltung zu bringen. Nicht genug, daß in Schwaben sein Bruder Herzog Berthold ll vor ihm mittelst eines Handgelübdes sich als einen Vasallen des heiligen Petrus erklärte, selbst Herzog Welf wußte er als einen Soldaten des Papstes in Pflichten zu nehmen. Als aber die schwäbischen Herren des langen Streites müde geworden waren, als die Welfen sich mit dem Kaiser ausgesöhnt hatten, auch unter dem Volke die Mißachtung des früher so gefürchteten päpstlichen Bannes immer weitere Ausbreitung erlangt hatte, wurde ihm die Ehre zu teil, daß Papst Paschalis II die Aebte und Mönche Schwabens aufforderte, auf das unter ihnen leuchtende Licht, nämlich Bischof Gebhard von Konstanz, zu schauen. Nach Wilhelms Tod war er es, der unermüdlich weit über die Grenzen seines Bistums hinaus für die kirchlichen Reformgedanken arbeitete; er war es aber auch, der dem Sohne Heinrichs IV zu seiner Empörung gegen den Vater den Segen des Papstes brachte und ihm für den Verrat und Meineid Vergebung versprach. Obwohl aber Gebhard sein ganzes Leben dem Interesse des Papstes gewidmet hatte, obwohl er in dessen Diensten lange Jahre von seinem bischöfllichen Sitze vertrieben war, wurde er schließlich doch noch vom Papste gemaßregelt, weil er in der Jnvestiturfrage gleich den andern deutschen Bischöfen als klar blickender Politiker, zumal angesichts des Widerspruchs des ganzen deutschen Volks, den schroffen Standpunkt des Papstes nicht einnehmen konnte. Nur die
§ Erinnerung an seine vielen früheren Verdienste, wurde ihm erklärt, und ! die Bitte seiner Brüder habe bewirkt, daß er nicht seines Amtes enthoben werde.
2. Ein zweiter Hirsauer Mönch, Tiemo, wurde Erzbischof in Salzburg. Um dem Verkehr mit Gebannten aus dem Weg zu gehen, zog er sich von der Stellung eines Abts im Kloster St. Peter in Salzburg zurück und trat im Jahr 1085 als Mönch in Hirsau ein. Nachdem Erzbischof Gebhard in Salzburg, ein eifriger Gregorianer, im Jahr 1090 gestorben war, trat er an seine Stelle und wurde durch Bischof Altmann von Passau geweiht. Ueber seiner hohen Stellung leuchtete kein günstiger Stern. Nachdem Heinrich IV, der infolge der Verräterei seines'Sohnes Konrad und seiner zweiten Gemahlin Eupraxia lange Jahre zur Untätigkeit verurteilt gewesen war, 1097 nach Deutschland zurückkehren konnte, wurde Tiemo von seinem gleichnamigen kaiserlichen Gegenerzbischof entscheidend besiegt, und als er über das Tauerngebirge nach Kärnten fliehen wollte, gefangen genommen. Völlig ausgestoßen aus seinem Erzbistum fand er nach harter Gefangenschaft Zuflucht bei Bischof Gebhard III im Kloster Petershausen. Als nach der begeisterten und übertriebenen Schilderung der Erfolge des ersten Kreuzzugs der alte Herzog Welf von Bayern sich an die Spitze eines Kreuzheers stellte, schlossen sich, durch den Hirsauer Geist beeinflußt, Erzbischof Tiemo und Abt Gisilbert von Admont an, aber schon in Kleinasien wurde das Heer fast völlig vernichtet, Welf starb auf der Heimkehr in Paphos auf der Insel Cypern, Gisilbert fand den Tod in Jerusalem, Tiemo aber war in Gefangenschaft den Seldschukken geraten. Seine Leiden und Märtyrertod wurde von der Legende reich ausgeschmückt.
3. Derjenige Schüler, der Wilhelm am meisten gesinnungsverwandt war und seinem Herzen besonders nahe stand, war Theoger. Er soll nach Hirsau gekommen sein, um Wilhelms Rat in einer Familienangelegenheit einzuholen; bereits im Begriff, sich zu verabschieden, wurde er von Wilhelms Persönlichkeit so gefesselt und durch seine Ansprache so ergriffen,