Regierung wegen einseitigen Jnschutznehuuns der Vor­gesetzten scharf an. Dr. v. Kiene referierte noch über die Versetzung von Stuttgarter Bahnhosbeamten, die kurz nach Erreichung einer Petition versetzt wurden, was zu der irrtümlichen Auffassung einer Strafversetzung führte. Minister v. Weizsäcker verharrte auf seinem Standpunkt, der von Körner (BK) und Baumaun (DP.) gebilligt wurde. Graf (Ztr.) nahm den Eckaß nicht so tragisch und wünschte Sicherung des Beschwerderechts. Die Be­sprechung endigte mit der Annahme einer von allen Parteien des Hauses unterstützten Resolmion, wo­nach dem Grundsätze, daß den Staatsbeamten eine geordnete Geltendmachung gemeinsamer Wünsche sicher gestellt werden solle, die Zulassung gemein­samer Beschwerden uud Vorstellungen einer Mehrheit oder einer Grrppe von Beamten, gegen die sie ge­meinsam in Mitleidenschaft ziehenden d'enstlichen Maßregeln entspricht. Dienstag nachmittag Fort- ß tzung.

Stuttgart 12. Juni. Die Zentralstelle für Obstverwertung gibt auf Grund der Erhebungen des Statistischen Landesomtes von Mitte Mai d. I. nachstehende Zusammenstellung über die Ob st­aussichten in Württemberg: Aepfel sehr gut im Neckarkreis, gut im Oberamt Leonberg, gering bis sehr gering in Cannstatt und sehr gering in Backnang und Vaihingen. Im Schwarz­waldkreis sind die Aussichten für Aepfel sehr gut bis gut im Oberamt Horb und gut in Rotten­burg, gering bis sehr gering in Calw und sehr gering in Nürtingen. Im Jagstkrcis sind die Aussichten für Aepfel gut im Oberamt Nercsheim, gering bis sehr gering in Gerabronn, Gaildorf und Oehringen, sehr gering in Nercsheim und Welzheim. Der Donaukreis weist überhaupt keine guten oder sehr guten Aussichten für Aepfel auf. Gering sind sie in Ehingen, Geislingen, Kirchheim, Leutkirch, Saulgau und Waldsee. Gering bis sehr gering in Ravensburg, sehr gering in Biberach und Blaubeuren. Was Birnen anbetrifft so lauten die Nachrichten im Neckarkreis sehr gut im Oberamt Cannstatt. Im Schwarzwaldkreis sehr gut bis gut im Ober­amt Horb, gering im Oberamt Reutlingen. Im Jagstkreis sehr gut im Oberamt Schorndorf, und sehr gut bis gut in Mergentheim, gering in Nercsheim. Im Donaukreis sehr gut bis gut im Oberamt Tettnang und Wangen, gering Oberamt Blaubeuren. Ziffermäßig ausgedrückt, wenn 1 sehr gut, 2 gut, .8 mittel, 4 gering und 5 sehr gering bedeutet, stehen im Ncckarkreis Aepfel 3,8, Birnen 2,2, Schwarzwaldkreis Aepfel 3,7, Birnen 2,5, Jagstkreis Aepfel 3,9, Birnen 2,0, Donaukreis Aepfel 3,9, Birnen 2,7, Durch­schnitt Aepfel 3,8, Birnen 2,5.

Stuttgart 12. Juni. Wochenmarkt. Trotz des Regenwetters war der heutige Markt stark befahren. Auf dem Großmarkt kosteten

576

Kirschen bei reicher Zufuhr 816 per Pfund. Für Prestlinge verlangte man 3040 per Pfund. Im Einzelverkauf waren Kirschen durch­schnittlich um 10 c) teuerer. Der Gemüsemarkt verzeichnete Gurken zu 2040 A Kohlrabi 58 <), Blumenkohl 2050 c) per Stück. Bohnen zu 4045 per Pfund. Nntertürk- heimer Spargeln kosteten 5090 §) per Bund. Tie Spargelsaison geht übrigens ihrem Ende entgegen. Auf dem Seefischmarkte kosteten Schellfische 3540 cl, Kabliau 3035 See­aal und Seelachs 30 Rotzungen 60 Mer­lans 25 ^ per Pfund.

Vom Lande 13. Juni. Im Hinblick auf die bevorstehenden größeren Einberufungen zu militärischen Hebungen sei daran er­innert, daß die Familien der zu Friedensübungen einbcrufenen Mannschaften der Reserve, Land­wehr und Seewehr auf Antrag eine Unterstützung aus öffentlichen Mitteln erhalten. Die Unter­stützung beträgt für die Ehefrau 30°/° des orts­üblichen Taglohns für erwachsene männliche Arbeiter am Aufenthaltsorte des Einberufenen und für jede der sonst unterstützungsberechtigten Personen 10"fi. Der Gesamtbetrag darf aber 60°/° nicht übersteigen. Die Unterstützung wird nur auf einen gestellten Antrag, der mündlich oder schriftlich bei der Gemeindebehörde ange­bracht werden kann, gewährt. Der Antrag kann vorher oder während der Uebung gestellt werden, spätestens aber vier Wochen nach beendigter Uebung, da sonst der Anspruch verloren geht. Die Unterstützung kann nicht verpfändet oder an dritte abgetreten werden. Sie unterliegt auch nicht der Zwangsvollstreckung und gilt nicht als Armenunterstützung.

Tübi n gen 13. Juni. DieApotheker und Chemiker veranstalteten gestern einen großen Ulk umzug nach Art der Kliniker. Vier- Wagen waren in origineller Art ausgerüstetworden. Der erste enthielt die Nahrungsmittelabteilung. Hier wurden die Landjäger, Bretzeln, Häringe, Zwiebeln und Erbsen unter die Schuljugend geworfen, die sich darum balgten. Dann kam auf zwei Wagen der Alchymistenkongreß, der in einer Goldmacherwerkstatt einen Klumpen Gold herstcllte und auch den Stein der Weisen fand. Im letzten Wagen wurde man in die Geheim­nisse einer Apotheke eingeweiht. Reiter, kostü­mierte Radfahrer, ein überaus drolliger Botaniker und andere lustige Masken befanden sich noch im Zuge, der unter den Klängen einer Kapelle durch die Straßen der Stadt zog und überall viel Beifall fand. In Lustnau tagten die fidelen 99er dann im Ochsen weiter.

Freudenstadt 13. Juni. Der Gasthof zumKronprinzen" ist in der Zwangs­

versteigerung zum Preise von 54 000-^7 an die Leicht'sche Brauerei in Vaihingen a. F. über­gegangen.

Tuttlingen 12. Juni. Zwischen Ober­flacht und Durchhausen wurde in vergangener Nacht der in den sechziger Jahren stehende Vieh­händler Hermann Ganter von Durchhausen erschlagen und beraubt. Der Ermordete, der ein Stück Vieh nach Durchhausen führte, ist verheiratet und Vater von 7 Kindern. Vom Täter fehlt jede Spur.

Durchhausen OA. Tuttlingen t 3. Juni, lieber den Raubmord verlautet näher folgendes: Der auch in weiten Kreisen bekannte, angesehene und beliebte, im 64. Lebensjahr stehende, ver­heiratete Viehhändler Hermann Ganter ist auf der Straße von Oberflacht hierher, auf Ober- flachter Markung, unweit dem Grenzstock ermordet und beraubt worden. Ein von Oberflacht gebürtiger Schreinergesclle, der bei Schreinermeister Ganter hier in Arbeit steht, brachte die erste Mitteilung von der schrecklichen Bluttat. Er fand die Leiche, noch mit den Füßen auf der Straßenböschung, im übrigen rücklings im Chausscegraben liegend. Der Ermordete hatte sich am Freitag morgen mit zwei Fuhrwerken, seinem eigenen und dem des Gasthofbesitzers Schorpp zum Hirsch, in Begleitung seines Sohnes Hermann und des Dienstkncchtes aus dem Hirsch nach Mülheim a.D. begeben, um Steine zu holen, die er zu seinem eigenen größeren Neubau benötigte. In seiner Eigenschaft als Viehhändler hielt er sich länger in Mülheim auf als die beiden Fuhrwerke. Wie cs heißt, hatte er einen Mann von Kölbingen bestellt, der ihm von dort eine Kuh nach Mül­heim bringen sollte, was, wie es scheint, auch der Fall war, denn Ganter traf, wie der Besitzer des Gasthofes zumSchwarzen Bären" in Tutt­lingen berichtet, um 6 Uhr nachmittags mit einer Kuh dort ein und machte, sich mit anderen Gästen unterhaltend, kurze Rast. Zuletzt hielt er sich auch noch in der Krone in Oberflacht auf, von wo er sich als einziger Gast zwischen Hs und h» 11 Uhr auf den Heimweg begab. Die schreckliche Tat dürfte demnach, da die Leiche etwa 1V- Kilometer von diesem Ort entfernt gefunden wurde, 'etwa um 11 Uhr begangen worden sein. Bei der Leiche lag ein Schirm. Ein weiterer Schirm und der Hut lagen einige Schritte davon entfernt. Die Kuh wurde in der Nähe der Oberflachter Ziegelhütte eingefangen. Als Vieh­händler führte der Ermordete viel Geld bei sich. Er soll, als er sich auf den Heimweg begab, noch drei Hundertmarkscheine und in einer Blase Gold, im ganzen gegen 500 bei sich gehabt habe. Allem Anschein nach ist ihm der Schädel eingeschlagen worden. Anhaltspunkte über den

Ja, doch verbrieft war es nicht, und als der alte Herr starb, konnte Baron Wilhelm machen, was er wollte. Den Eckardt konnte er nicht leiden, ich weiß auch warum."

So, der hat ihm doch nichts getan."

Nein, aber er ihm, als er hinter Försters Rotkopf her mar."

Aha, pfeift der Wind daher? Ja, Baron Wilhelm verstand was von den Weibern, und die jetzige Willert war ein sauberer Bissen."

Eckardt hat sich beim alten Herrn beschwert, und bald darauf ver­lobte sich Baron Wilhelm, und die Else nahm den Willert."

Na, dann war ja alles wieder in der Reihe, Anton."j

Ihr vergeht, daß Baron Wilhelm es Eckardt nachtrug, daß er ihn bei seinem Vater verklagt hatte, und als er selber Herr wurde, machte er kurzen Prozeß. An dem Tage als er damals nach Berlin fuhr, war Eckardt gerade zum Rapport bei ihm. Ich war im Vorzimmer und hörte alles, denn der Herr sprach immer sehr laut. Seine letzten Worte waren: Es bleibt dabei, im Frühjahr räumen Sie die Försterei. Willert wird nicht Ihr Nachfolger, ich habe einen anderen Förster engagiert." Ich sehe noch den Eckardt aus dem Zimmer kommen, totenbleich. Der Mann konnte sich kaum auf den Füßen halten,Anton," sagte er,habt Jhr's gehört?" Ich nickte nur, cs war zum Erbarmen, wie der Mann aussah. Ich soll aus der Försterei hinaus, wo schon mein Urgroßvater drin wohnte. Und der Willert! Alles Alte soll fort, Erbarmen und Mitleid gibt's bei dem nicht." Ja, Fischmeister, und da hat unser Herrgott auch kein Erbarmen mit ihm gehabt und gab ihn einige Tage später in des Mörders Hand. Für den Eckardt war es ein Glück und für den Willert auch." Es herrschte eine Weile ein dumpfes Schweigen zwischen den Männern, dann fragte Anton:

Habt Ihr Nachricht vom Karl?"

Nein, das gibt's fürs erste nicht, bis die Sache entschieden ist. Sorgt Ihr nur, daß die Grete zu ihm hält."

Hat keine Not, die hat ihn lieb, und feit sie weiß, daß die Herr­

schaft für den Karl sorgen will, hat die Heulerei ein Ende, und sie lacht wieder."

Da soll sie man beibleibcn. Der arme Karl braucht später eine, die ihn das Lachen wieder lehrt. Zuchthaus! Es läuft einem kalt über den Buckel. Da kommen die Herrschaften, Anton. Wie der Herr lacht und wie schön es die Gnädige läßt! Gott erhalte ihnen ihr Glück."

Ja, Gott erhalt's", murmelte der alte Diener vor sich hin und sprang aus dem Boot, um seiner Herrin zu helfen.

Na, alles bereit, Fischmeister? Dann stecht in See!"

Unter Scherzen und Lachen stiegen sie ein. Wolf Dietrich steuerte, und Regina setzte sich ihm gegenüber. Der Fischmeister führte die Ruder, die das flach gebaute Fahrzeug schnell vorwärts trieben. Der Weg war weit, denn die Fahrrinne schlängelte sich in wunderlichem Zickzack durch Moor und Bruch, an Erdhügeln vorbei, die dicht mit Erlen und allerlei Gesträuch bestanden waren. Ab und zu wo das Gelände anstieg, leuchteten die weißen Stämme hoher Birken; vereinzelte Eichen ragten dazwischen, die ihr verknorrtes Astwerk wie drohende Arme ausstrcckten.

Daß Sie mir den großen See nie gezeigt haben, Meinhardt."

Der selige Herr Baron hat es mir verboten, er wollte die Frau Baronin selber dahin fahren.

Ja, es ist die Perle vom ganzen Bruch, Regina, Du wirst Augen machen." Quer über den See ging die Fahrt, um dann in einer Bucht zu enden, die von allerlei Strauchwerk, aus dem kurze Bäume hervor­ragten, umstanden war. Regina glaubte auch graue Mauerreste entdeckt zu haben.

Da liegt die Wasserburg", rief sie fröhlich.

Nicht so rasch", mahnte Wolf Dietrich, als sie leichtfüßig ans Ufer sprang und in den schmalen, verwachsenen Pfad einbog, der kaum zu erkennen war.An meiner Seite sollst Du der Burgjungsrau Reich zum erstenmal betreten."

(Fortsetzung folgt.)