130 . Amts- und Anzeigeblatt für den GberamtsbeM Lalw. 84 Mga»,.

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ZrscheinrmgLtage: Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag und Samstag. Znsertionsprers 10 Bsg. pro Zeile für Stadt u. Bezirksorte; außer Bezirk 13 Pfg.

Kriegerischer Gei- oder ewiger Friede?

Trotz aller kriegerischen Unruhen der letzten Zeit, und obwohl doch eben erst die Kriegs­gefahr, die die Balkanwirren heraufbeschworen hatten, gehoben ist, wird schon wieder dafür Stimmung gemacht, die Rüstungen zu Lande und zu Wasser einzuschränken. Der kriegerische Geist im öffentlichen Bewußtsein wird als Barbarei gebrandmarkt und so dargestellt, als ob ein ge­sittetes Volk den Frieden um jeden Preis er­halten müsse. Wären solche Stimmen vereinzelt, so könnte man einfach zur Tagesordnung über­gehen, aber es werden selbst die Parlamente mit Anträgen bestürmt, und ein Teil der Zei­tungen stimmt in diesen Ton ein. Darin liegt eine große Gefahr. Stark und kraftvoll ist nur ein Volk, das von kriegerischem Geiste beseelt ist, und der Sieg heftet sich nur an die Fahnen einer Armee, deren Offiziere und Soldaten aus solchem Volke stammen.

Selbstverständlich ist die Schulung und Durchbildung der Armee ein wesentliches Mittel zum Siege, aber mehr noch steht die sittliche Kraft im Vordergründe, die ein Ausfluß des kriegerischen Geistes ist; ohne diesen ist der Soldat nur eine tote Maschine, ihm fehlt das Oel, das ihn bewegungsfähig macht. Nicht das Bewußt­sein, ein vortreffliche Schütze im Gelände zu sein, treibt den Krieger vorwärts und macht ihn todes­mutig, sondern nur der ernste Wille, aus Liebe zum Vaterlande und zum Landesherrn auch dann noch zu siegen, wenn die Führer schon gefallen sind. Wie aber soll dieser Wille in unserem Volke erhalten bleiben, wachsen und zunehmen, wenn es nicht mehr an die sittliche Berechtigung des Krieges glaubt? Gegen die Pflege des Ge­dankens vom ewigen Frieden muß mit aller Kraft Front gemacht werden. Es ist ausgesprochener Selbstmord, den kriegerischen Geist in unserem

Dienstag, öen 8. Zum 1909.

Volke zu töten. Wir werden zum Spielball der ; Laune jedes Feindes gemacht. Unsere über alles Lob erhabene Wehrverfassung, die besten Waffen, die vorzüglichste Ausbildung sind wertlos, wenn die Hauptsache, der kriegerische Geist als Lebens­nerv, fehlt!

Es kann einen dauernden Frieden niemals geben, so lange wir Menschen bleiben mit mensch­lichen Fehlern und Schwächen; es kann einen ewigen Frieden nicht geben, so lange noch die verschiedenen Nationen ihre Ziele verfolgen. Haben zwei ebenbürtige Völker dasselbe Ziel und ist eine Einigung nicht zu erreichen, so ist eben der Krieg da. Genau wie im täglichen Leben zwischen zwei Männern, die dasselbe Mädchen lieben, der Kampf entbrennt, wenn keiner freiwillig ver­zichtet, oder zwischen zwei Konkurrenten im Ge­schäft nicht eher Ruhe eintritt, bis der eine zahlungsunfähig ist; genau wie im Verkehr der einzelnen Menschen sich immer Freundschaft und Feindschaft, Eintracht und Zwietracht entwickeln werden, ja wie ganze Familien untereinander hadern und selbst Ortschaften in Fehde leben, so wird es auch immer zwischen den Völkern Freunde und Feinde geben. Ist das aber der Fall, dann ist ein ewiger Friede undenkbar, dann hält stets der Krieg drohend seine Fackel hoch, und wer wollte sagen, wann sie sich entzündet?

Wir wollen den Frieden, aber wir wollen ihn nicht um jeden Preis, das heißt nicht um den Preis der Ehre und unseres Ansehens unter den Völkern. Darum wollen wir den kriegerischen Geist erhalten und ihn durch Vaterlandsliebe schon in die Herzen unserer Kinder pflanzen; wir wollen alle Zeit eingedenk sein des alten Wortessi vis xueem, xuru bellum",Wenn Du den Frieden willst, rüste Dich zum Kriege". Erhalte Dir also vor allen Dingen den kriege­rischen Geist! (Kyffh. Korresp.)

BezugSur.i. d. Stadt ^jährl.m. Trägerl. Mk. 1 . 25 . Postbezugspr. f. d. Orrs- u. Nachbarortsverk. ^jährk. Mk. r.LO. im Fernverkehr Mk. 1 . 30 . Bestellg. in Württ. 30 Pfg., in Bayern u. Reich 42 Pfg.

Tages«erügkette«.

8.V. Calw 7. Juni. Am gestrigen A u s - flug des hiesigen Schwarzwaldvereins beteiligten sich gegen 40 Personen. DieWanderung begann für die meisten erst am Herrenberger Bahnhof und dauerte 5 Stunden. Zuerst wurde auf schönen und bequemen Weganlagen der dortige Schloßberg erstiegen, wobei man eine prächtige Aussicht ins nahe Gäu und über das Ammertal hinweg bis zur Alb hatte. Dann gings mit Marschgesang und Flötenklang durch den mai­grünen Schön buch und bei Sonnenschein und Regen im vielgenannten langen Goldersbachtal hinab nach Bebenhausen, Lustnau und Tübingen. Nach einem gemeinsamen Essen im Museum in Tübingen, dessen Pächter Heugle seine Calwer Landsleute aufs beste bewirtete, wurden in einem langen Rundgang die Sehenswürdigkeiten der alten Musenstadt besichtigt und vom Schloßberg aus eine selten klare Aussicht auf die Alb und ins Ammertal genossen. Auf fröhlicher Heim­fahrt wurde mit dem letzten Zug Calw wieder erreicht. Die Wanderer waren alle wohlbefriedigt von der schönen Wanderung imSchönbuch", und doch sangen sie alle mit vollster Ueberzeugung: O Schwarzwald, o Heimat, wie bist du so schön!

Korntal 7. Juni. Der 19 Jahre alte Schlosser Paul Niethammer von Weil im Dorf versetzte gestern abend auf dem Bahnhof in Korntal dem verheirateten Eisenbahnassistenten Adolf Huber, angeblich aus Rache für eine scharfe Zurechtweisung, die er sich von Huber im Streit mit einem Bahnbediensteten zugezogen hatte, mit einem Prügel einen Schlag auf den Kopf; Huber erlitt eine schwere Schädelverletzung und ist heute früh im Katharinenhospital ge­storben. Der Täter wurde ins Untersuchungs­gefängnis eingeliefert.

Regina.

Roman von I. Jobst.

(Fortsetzung.)

Verzeih, Regina, daß ich mein Versprechen brach. Aber da du mir wohl dieses aus Schonung verschwiegen hattest, erregte mich die Indiskretion von Tante Sibylle um so mehr. Du hast recht die ganze Angelegenheit ist nichts für Frauen, es ist gut, daß ich die Sache nun­mehr in die Hand nehmen kann. Gleich heute werde ich den Amtsrichter, der die Untersuchung führte, persönlich aufsuchen, wir müssen alles tun, um den Mörder zu entdecken, denn erst dann wird Tante Sibylle sich beruhigen."

Warte noch damit, geh nicht schon wieder fort", flehte Regina, der die Angst wegen dieser drohenden Unterredung aus den Augen sah. Ich geize jetzt mit jeder Minute, in der ich dich habe. Und bist du mir fern, packt mich die Angst um dich."

Du liebes Närrchen! Glaubst du, daß es mir Freude macht, Geschäftliches zu erledigen, anstatt bei dir zu sein? Aber dieses muß sein, es ist meine Pflicht. Auch gilt es noch, allerlei Formalität wegen der Erbschaft zu erfüllen. Ich muß mit dem Rechtsanwalt konferieren und, dann rate, was mir noch Liebes zu tun übrigbleibt?"

Was Liebes?"

In einigen Wochen feiern wir Hochzeit, da gilt es, beizeiten die notwendigen Papiere zu besorgen. Doch nun komm zu unserm Kinde. Du bist gar keine eitle Mutter."

Bewegt standen sie am Bettchen der erwachten Kleinen, die ihnen jauchzend die Arme entgegenstreckte.

Unser Schutzengel, Regina. Wie anders wäre alles geworden, wenn dort ein Sohn läge. Irmgard wird Gutsfrau von Klein-Ellern, so Gott will, und wir wollen dafür sorgen, daß sie ihrem dereinstigen Mann mit meiner alten Heimat eine willkommene Brautgabe mitbringt."

Oder als stolze Herrin dort allein regiert."

Energisch genug sieht sie aus, Regina. Ich finde, daß sie dir ähnelt."

Das behaupten alle."

Und ich bin sehr glücklich darüber. Ich will keine Erinnerung mehr an das, was früher war. Das Intermezzo ist aus, und das Lebens­stück beginnt, möchte es dereinst glücklich enden."

Wolf Dietrich hatte sich zärtlich zu der süßen Menschenknospe nieder­gebeugt und hob das lachende Kind auf seine kräftigen Arme. Fröhlich suchte sein Auge die Mutter, die sich schluchzend abgewandt hatte.

Aber Regina, wie kannst du nur so untröstlich sein."

Meine Nerven sind wohl krank geworden in der langen Wartezeit, Wolf Dietrich. Das Glück kam zu plötzlich und ich habe in den Jahren des Leids zu viel erfahren. Auch das Freuen will gelernt sein."

Ich will dich lehren und der kleine Sonnenschein wird mir helfen. Was bist du für ein herziger Kerl! Sieh doch, wie es mir die Mähne rauft. Willst du in den Himmel fliegen, Irmgard?"

Wie du gut mit ihr umzugehen weißt."

Ich war all mein Leben lang ein Kindernarr. Vielleicht, weil ich so einsam aufgewachsen bin. Auf dem Lande muß die Kinderstube voll krabbelnden Lebens sein, wie bei dem Kleinvieh auf dem Hof. Das ge­hört dazu."

Regina mußte lachen, als er ihr dabei mit spitzbübischer Fröhlichkeit in die Augen sah.

Denke dir", fuhr er fort,in Groß-Ellern nur ein Sohn, ein wahres Angstkind, und in Klein-Ellern meine Person, das war alles."