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belgischen Königspaar einen warmen Begrüßungsartikel und betont, daß es sich um eine Erwiderung des vorjährigen Antrittsbesuches des Großherzogspaares in Friedrichshafen handle. Das badische Volk habe den damaligen herzlichen Willkomm lebhaft empfunden, ebenso die Verleihung des 8. Infanterie-Regiments Nr. 126, dessen langjähriger Chef der verstorbene Großherzog gewesen sei, an seinen Nachfolger. Das Königspaar dürfe herzlichster Aufnahme in Karlsruhe sicher sein. König Wilhelms ritterliche Gesinnung, seine freiheitlichen Anschauungen, ein Gemeingut des schwäbischen Stammes, seine auf ehrlicher Ueberzeugung gegründeten Regierungsgrundsätze, deren Durchführung das schöne, reichgesegnete Land Württemberg auf eine hohe Entwicklungsstufe gehoben habe, sicherten ihm den Dank seines Volkes und die Verehrung aller Deutschen. Königin Charlotte, die Vorkämpferin für tatkräftige Wohlfahrtspflege, sei von allen geliebt und geehrt. Das Blatt wünscht, daß Württemberg noch lange des segensreichen Wirkens seines Königspaares teilhaftig sein möge.
München 10. Mai. Den „Münchener Neuesten Nachrichten" geht aus Berlin folgende Auslassung zu: Wiener Nachrichten sprechen von der Absicht der Westmächte, Pariser Meldungen von dem Plane Englands und Frankreichs, eine ernste Aktion zu unternehmen und schleunige direkte Maßnahmen zu ergreifen, falls die Ruhe in Kleinasien nicht bald wieder hergestellt sei. Wir bezweifeln, daß wirklich derartige Pläne in London und Paris erwogen werden. Sollte es aber wirklich zu einer Intervention der Westmächte in Kleinasien kommen, so wird, das können wir auf Grund bester Informationen erklären, Deutschland sich nicht daran beteiligen. Das Deutsche Reich wird nicht zögern, Gut und Blut seiner Angehörigen zu schützen, aber sich jeden Eingriffs in die Souveränität der Türkei enthalten und die Unverletzlichkeit ihres Staatsgebietes streng respektieren.
München 10. Mai. Wegen eines B rillanten-Diebstahls in einem Juweliergeschäft wurde am Samstag nachmittag die 67 Jahre alte Baronin Albertine v. Szegau und die 52jährige Baronin Rotgi, beide aus Prag in Böhmen, verhaftet. In ihrem Besitze fand man eine große Geldsumme und viele Brillanten. Im Laufe der Untersuchung gestand die Baronin Rotgi ein, einen Teil dieser Brillanten in Meran, Reichenhall und Bozen unrechtmäßig erworben zu haben, wobei ihre Begleiterin behilflich war. Beide waren in einem erstklassigen Hotel abgestiegen. Sie wurden in Untersuchungshaft abgeführt.
München 10. Mai. Zu der Verhaftung zweier adliger Damen aus Prag unter dem Verdacht des Juwelen-Diebstahls ist noch zu melden: Die Baronin von Scegau dürfte voraussichtlich wieder in Freiheit gesetzt werden, da die eigentliche Täterin ihre Begleiterin, die Baronin Rotgi ist, welche die Diebstähle ausführte. Bei
dem Münchener Diebstahl handelt es sich nur um einen Edelstein im Werte von 90 Als sich die Damen verfolgt sahen, warf die Baronin Rotgi den Stein auf die Straße.
^Frankfurt a. M. 10. Mai. Der Kaiser wird am 19. Mai abends 8 Uhr zu dem Begrüßungs-Konzert des Sängerfestes in Frankfurt eintreffen. Es steht noch nicht fest, ob er per Auto oder per Bahn kommen wird. Die Ankunft wird wahrscheinlich lt. Frkf. Gen.- Anz. im Automobil durch die Mainzer Landstraße erfolgen. Die Kriegervereine sollen Spalier bilden.
Frankfurt a. M. 10. Mai. Bei der Auktion des Romans „Doppelte Moral" zahlte ein Händler für die hier vorhandenen 6000 Bände etwas über 400 Das macht für den Band nicht ganz 7 Z. Seiner Zeit sollte er 7,50 kosten. — Dem „Frkf. Gen.-Anz." wird aus Worms berichtet: Der Schuster Voigt — der Hauptmann von Köpenick — wurde durch die Wormser Polizei an seinem Vorhaben, sich gegen Eintrittsgeld sehen zu lasten, verhindert und ausgewiesen, sobald er hier angekommen war.
Berlin 10. Mai. Im Gegensatz zu den Meldungen, die von einer Fortdauer der Metzeleien in Adana zu berichten misten, wird an hiesiger zuständiger Stelle versichert, daß alle diese Meldungen stark übertrieben seien. Die Beruhigung dort schreite infolge der von der türkischen Regierung ergriffenen Maßnahmen von Tag zu Tag fort und werde eine Wiederkehr der Gewalttätigkeiten zur Zeit nicht mehr zu befürchten sein.
Malta 10. Mai. Das deutsche Kaiserpaar ist heute Vormittag 10 Uhr hier eingetroffen.
Paris 10. Mai. Der „Matin" veröffentlich eine Unterredung seines Berliner Korrespondenten mit Herrn Zollitsch, dem Vorsitzenden des deutschen Post- und Telegraphen- Beamten-Verbandes, worin dieser erklärte, die deutschen Beamten würden sich niemals zu Taten Hinreißen lasten, wie es die französischen Kollegen getan Hütten, deren Haltung verurteilt werden müsse. Die jetzigen wirtschaftlichen Verhältnisse gestatteten es allerdings nicht, daß ein Beamter mit einem Monatsgehalt von 200 Fr. sich und seine Familie ernähre. Ihre Bestrebungen gingen deshalb begreiflicherweise auf eine Besserung der Lebenslage hinaus. Zollitsch schloß seine Erklärung mit der Versicherung: Wir werden uns niemals um die sozialistische Fahne scharen.
Paris 10. Mai. Die Bewegung unter den Pariser Postbeamten ist vorläufig zu einem kleinen Stillstand gekommen. Auf der gestrigen Massen-Versammlung in der Reitschule zu St. Paul trat die Tendenz zu Tage, bevor der Generalstreik praktisch durchgeführt werden soll, erst genau die Stimmung im Publikum zu untersuchen. Auch will man abwarten, ob die Opposition in der Deputiertenkammer geneigt sein würde, den Generalstreik als Anlaß zu
einem Vorstoß gegen das Kabinett Clemeneeau zu benutzen.
Konstantinopel 10. Mai. Aus Anlaß der heutigen Feier der Schwertumgürtung ist die Stadt festlich geschmückt. Die staatliche» Bureaus, die Banken und viele Privativstitute sind geschlossen. Vor der Hagia Sofia und dem Kriegsministerium sind Ehrenpforten errichtet. Truppen und Schulen ziehen zur Spalierbildung auf. In den Straßen sammeln sich große Menschenmengen an. Die Blätter veröffentlichen Festartikel, in welchen sie den heutigen Tag als den Beginn einer neuen Epoche in der türkischen Geschichte feiern. Das Wetter ist schön.
FrüWngszauber.
Wie merken's die Bienen, wo der Honig ist.
Wo ihnen der Nektar der süße fließt?
Sie suchen nicht lange, sie haben entdeckt Den Honig in Blumenkelchen versteckt.
Ist wohl ein Elschen im Blumenbeet,
Das der Blumen Geheimnis den Bienen verrät? Ist wohl den Bienen die Blumensprache Bon Hans aus eine bekannte Sache?
Was summen die Bienen, ist's wohl der Dank Für's Wohlbekommen von Speis und Trank? - Nun fliegen sie fort, doch in stiller Rast Harrt die Blume, ob nicht ein andrer Gast
Bei ihr cinkehre in muntrem Flug,
Zu trinken aus ihrem Honigkrug. —
Wer hat denn euch ihr Blüten wert So große Gastfreundschaft gelehrt?
Laßt ihr euch alles denn gefallen
Von Gästen, die nur mit Summsen zahlen?
Man muß für seden guten Tropfen
Doch sonst in der Welt auf's Portemonaie klopfen!
„Ei, seid ihr Menschen denn so blind?"
Lacht neckisch da ein Elfenkind Mit seiner Stimme feiner Flöte Aus einer Blumenkelchtrompete:
„Es ragt aus jeder Blume Raum Ein wunderbarer Goldstaubbaum,
Den können wir nicht selber schütteln.
Die Bienen kommen nun und rütteln
Mit ihren Beinen stark und groß Den Goldstaub in der Blume Schoß.
Das ist Schöndank der guten Bienen,
Womit sie summend uns bedienen.
Dann haben nur unten im Honigkrug 4ln Mitteln die Fülle und Gold genug, llnr unsre Kinder aufzunähren Zu runden, rotwangigen, herrlichen Beeren
So zahlen die Bienen mit reichem Gold.
Und darum sind ihnen die Blumen hold Und locken sie an mit feinem Parfüm Gekleidet in reizendes Frühlingskostüm."
Derql. die physiologischen Vorgänge.
Eingesandt.
Unlautere Engherzigkeit.
Um vorhandenen religiösen Bedürfnisten entgegenzukommen, hält seit fünf Jahren ein im Ruhestande lebender Pfarrer im Schulzimmer einer Filialgemeinde jeden zweiten Sonntag eine Rachmittagspredigt, die von der Bevölkerung,
dienen mit Kaffee und frischem Kuchen, den die alte Wirtschafterin selbst hereinbrachte, und lachte über den Wettstreit der beiden Herren, die sich nicht genug tun konnten, um es ihr behaglich zu machen. Kein Schatten trübte die Gegenwart, sie wurden ihres Zusammenseins froh. Seit dem Tode des alten Barons hatte Regina nicht eine solche gute Stunde gehabt.
Der alte Kraußneck gewann sein früheres Selbstbewußtsein zurück, er fühlte, daß man vergessen wollte, was geschehen war, und daß er in Wirklichkeit mit seinem Einzug in diese Stätte des Friedens ein neuer Mensch geworden war. Er konnte sich nicht ersättigen an der Schönheit seines Kindes und strich ihr dann und wann zärtlich über die Wangen, wenn sie sich gemeinsam über die Bücher beugten, die Wolf Dietrich so eifrig studierte.
Die Stunde war verflogen, der Schlitten mußte jeden Augenblick Vorfahren, da kamen vorsichtige Schritte über den Hausflur, und eine leise Hand öffnete die Zimmertür, Wilhelm stand aus der Schwelle und spähte mit eifersüchtigen Augen zu der Gruppe Hin, die, von der Lampe hell beschienen, am runden Tisch dicht beieinander saß.
Wie die Wangen Reginas glänzten! Ihr Helles Lachen begrüßte den Mann, der sich wie ein Dieb hier eingeschlichen hatte. Der alte Kraußneck hatte einen harmlosen Witz über einige Schönen der Südsee gemacht, den sie belachten. Jetzt fühlte die junge Frau wohl den kalten Luftzug von der Tür her, da die beiden anderen den Rücken drehten, und blickte dorthin.
„Ach, Wilhelm," rief sie erfreut, „das ist wirklich lieb von dir, mich selbst zu holen. Denke dir, ich traf Vater auf meinem Heimwege
und mußte ihn doch begrüßen, auch lockte mich die warme Taste Kaffee nach der langen Fahrt."'
Es wurde ein allgemeiner Aufstand, Wolf Dietrich versuchte zwar, Wilhelm zu bewegen, noch etwas zu bleiben, aber unter dem Vorwand, daß die Pferde zu unruhig seien, veranlaßte er die junge Frau, sich rasch in ihren Pelz zu hüllen. Regina war dessen froh, denn es war ihr, als sei der Frost der Winternacht plötzlich hineingedrungen in den behaglichen Raum und habe sich hier breit gemacht.
„Auf baldiges Wiedersehen in Groß-Ellern, Vater. Du kommst aber bestimmt mit, Wolf Dietrich", rief ihre Helle Stimme noch den grüßenden Herren zu, dann zogen die jungen Pferde mit einem heftigen Ruck an, denn die Peitsche Ellerns hatte sie unsanft berührt.
„Das war gegen die Abrede, Regina," begann Wilhelm tadelnd, als die Tiere in ruhigen Trab gefallen waren.
„Daß ich meinen Vater besuchte? — Sollte ich etwa an ihm vorbeifahren?"
„Warum wähltest du überhaupt den Weg über Klein-Ellern?"
„Auf dem anderen sind Steine aufgefahren, wie mir Friedrich meldete."
„Ach so."
Dann herrschte Schweigen zwischen ihnen, bis sie zu Hause waren. Erst als sie nach dem Esten in Mutters Zimmer den Kaffee nahmen, berichtete Regina dieser von ihrem Einfall in Klein-Ellern und meldete den Besuch ihres Vaters als etwas Selbstverständliches an.
„Ich hoffe, du wirst ihn auch empfangen, Mama", bat sie und faßte mit einem guten, bittenden Lächeln die Hand der alten Dame. (Forts.folgt.)