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Wirklichkeit des grimmigen Kampfes ums Dasein erwachen würden. Aber wenn ich recht berichtet bin, so betrachtet es der Kongreß als seine Hauptaufgabe, öffentliche Stimmung zu machen für die Organisation einer internationalen Gerichtsbarkeit durch Weiterentwicklung des schiedsgerichtlichen Prinzips und außerdem die Frage der Rüstungseinschränkung zu erörtern. Der Botschafter beleuchtete sodann diese beiden Fragen vom deutschen Gesichtspunkt aus und erinnerte zunächst daran, daß die deutsche Regierung sich zum Abschluß von einzelnen Schiedsgerichtsverträgen stets bereit gezeigt habe, wenn sie auch den Abschluß eines allgemeinen obligatorischen Schiedsvertrags für aussichtslos halte. Wie der Staatssekretär des Auswärtigen Frhr. v. Schön erst kürzlich im Reichstag betonte, habe Deutschland einen solchen Vertrag mit Großbritannien abgeschlossen und es sei nicht Deutschlands Schuld, wenn der Vertrag mit Amerika nicht zustande gekommen sei. Das Auswärtige Amt habe außerdem seit Jahren die Gewohnheit, politische Streitfragen der schiedsgerichtlichen Regelung zuzuführen und habe dies bezüglich der Casablanca-Frage getan, obwohl diese nahe daran war, die nationale Ehre zu berühren. Was die Einschränkung der Rüstungen betreffe, so habe der Reichskanzler in seinen Reichstagsreden wiederholt dargelegt, daß eine solche Einschränkung ohne Zweifel wünschenswert sei, daß es aber schwer halte, eine praktische Lösung der Frage zu finden, und daß die deutschen Rüstungen, festgelegt durch ein allgemein bekanntes Gesetz, keinen anderen Zweck als den der nationalen Verteidigung haben. So werde Deutschland beispielsweise im Jahre 1912 nur 10 Dreadnoughts und 3 Jnvincibles haben und nicht 17 oder 25, wie man irrtümlich behauptet habe. Von der Notwendigkeit einer starken Rüstung abei sei Deutschland durch die Geschichte der letzten 3 Jahrhunderte überzeugt worden. Lange genug das Opfer fremder Ueberfälle und der Schauplatz fremder Kriege, habe Deutschland endlich die Notwendigkeit erkannt, den vaterländischen Boden bis zum letzten Blutstropfen zu schützen. Seit aber das deutsche Volk ein Volk in Waffen geworden, habe es nur die Kriege geführt, die unerläßlich waren für das Werk seiner Einigung. Seitdem gelte seine Macht nur der Erhaltung des Friedens nach Washingtons berühmtem Wort: Für den Krieg gerüstet zu sein, ist eines der wirksamsten Mittel zur Erhaltung des Friedens. Seit nahezu 40 Jahren habe Deutschland nur zweimal gefachten, einmal Schulter an Schulter mit den Vereinigten Staaten für die Rache der Zivilisation in China, dann zur Niederwerfung des Aufstandes in Südwestafrika. Beides könne kein Krieg genannt werden. Man bezeichne in den Vereinigten Staaten den deutschen Kaiser gern als Kriegsfürsten, aber als Herr der größten
Armee der Welt haben in den 21 Jahren seiner Regierung noch keinen Krieg geführt. Erst jüngst in den Tagen der Balkankrisis sei die ganze Macht Deutschlands in die Wagschale des Friedens geworfen worden, und damit seien alle kriegerischen Absichten, wo solche bestanden hätten, zerstoben.
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Bei Magentatarrhen der Erwachsene«
muß eine leicht verdauliche Nahrung gegeben werden, welche dem Körper außerdem recht viele Nährstoffe zuführt. Als solche Nahrung ist „Kufeke" zu empfehlen, da dasselbe leicht verdaulich ist und durch seinen Gehalt an Eiweiß- und Mineralstoffen eine kräftige Nahrung darstellt.
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mußte des Sturmes wegen Abstand genommen werden.
Wien 5. Mai. Hier wird es als feststehend bezeichnet, daß bei dem demnächstigen Besuch des deutschen Kaisers in Wien Fürst Bülow nicht anwesend sein wird. Wie bekannt, trifft der Kaiser und die Kaiserin am 14. Mai in Wien ein und zwar direkt von Triest, also ohne Salzburg berührt zu haben.
Paris 5. Mai. Präsident Castro erklärte auf der Durchreise in San Sebastian, er werde sich demnächst nach der Republik Equador einschiffen und von dort aus versuchen, event. mit Waffengewalt, in Venezuela einzudringen. Die angebliche Kabel-Depesche an Castro, die von einer Revolution in Venezuela sprach, stellt sich als Bluff heraus. Der Chef der französischen Kabel-Gesellschaft in Carracas, der die Depeschen nach Paris sendet, erwähnt mit keinem Wort die Revolution. Präsident Gomez ist von seinem Urlaub in Carracas wieder eingetroffen und hat die Stadt in größter Ruhe gefunden. Am 20. Mai soll der Kongreß zusammentreten und mit einer Botschaft durch den Präsidenten Gomez eröffnet werden.
Rom 5. Mai. Der am 12. Mai statt- findenden Zusammenkunft des deutschen Kaisers mit dem König von Italien in Brindisi messen die leitenden Kreise in Italien eine hervorragende Bedeutung bei. Es sollen, wie der Corriere della Sera erfahren haben will, Trinksprüche gewechselt werden, die großes Aufsehen erregen dürften.
Mailand 4. Mai. Die Schneefälle in ganz Italien halten an. Mehrere Flüsse sind aus den Ufern getreten. In mehreren Provinzen wurden starke Erdstöße verspürt.
Corfu 5. Mai. Vor der Entrevue in Brindisi wird das deutsche Kaiserpaar auf Corfu den Besuch der Königin von England und der Kaiserin-Witwe von Rußland empfangen. Die beiden Fürstinnen werden Freitag von Neapel aus zum Besuch ihres Bruders, des Königs von Griechenland in Athen eintreffen und dann mit diesem die Fahrt nach Corfu antreten.
Chicago 5. Mai. Der deutsche Botschafter Graf Bernstorff hielt heute nachmittag auf dem zweiten Nationalen Friedenskongreß eine Ansprache, worin er ausführte: Jede Regierung kann mit den Absichten dieses Kongresses sympathisieren. Sie sind nicht nach Chicago gekommen, um den Traum vom ewigen Frieden zu träumen, sondern praktische Wege zu einer ehrenvollen Wahrung des internationalen Friedens zu suchen. Männer, die, wie ich, die Pflicht haben, die Interessen ihres Landes zu schützen und zu fördern, würden einen Traum nicht mitträumen können, aus dem sie bald zu der ernsten
stalt Ellerns, und die Stimme hatte zuletzt an Sicherheit verloren, es war, als ob ein Etwas ihm die Kehle würge. Mit seltsam gebrochenem Blick umfaßte er die Schönheit des Abends, die Herrlichkeit der kleinen Welt, dessen unumschränkter Herr er bisher gewesen war.
„Komm, Kind, setze dich zu mir und laß dir erzählen, welches Kreuz mir auferlegt ist. Sibylle darf es nicht erfahren, doch deine junge Schultern sind stark, und du hast mich lieb, ich weiß es. Du hast auch schon viel Leid erfahren trotz deiner Jugend, also laß dir erzählen."
So saßen sie zusammen auf der Bank, während der letzte rote Schein am Himmel jählings verlöschte, gleich den fröhlichen Hoffnungen, mit denen sich Ellern bis dahin getragen hatte. Es wollte Nacht werden auch bei ihm.
Mit unterdrückter, tonloser Stimme und doch grausam deutlich berichtete er der entsetzt Lauschenden, wie der große Arzt bei der Untersuchung sein Erschrecken über den Befund nicht zu verbergen vermocht habe, wie die Untersuchung mittels der Röntgenstrahlen das Krankheitsbild nur zu wahr ausgezeichnet und das Gespenst unserer Zeit, der furchtbare Würger, der den Königsthron ebenso wenig verschont wie die Hütten der Armut, in ihm sein furchtbares Zerstörungswerk begonnen hätte.
„Ein halbes Jahr haben sie mir noch gegeben, die weisen Herren, sie haben mir auf mein energisches Verlangen hin die Wahrheit nicht verschweigen dürfen."
„Aber eine Operation" . . .
„War nicht mehr möglich. Ich glaube auch nicht, daß ich mich einer solchen unterzogen hätte. Wozu solch Jammerleben noch erhalten. Was reif zur Ernte ist, muß unter der Sense des allmächtigen Schnitters fallen, das ist Naturgesetz."
„Vater!" Regina schmiegte sich dicht an seine Brust, und er schlang den Arm um sie. So saßen sie stumm und blickten in das dunkelnde
Tal, in das eine schnurgerade Schneise von oben bis unten verlief. Sie sahen die Schatten sich breiten, sie sahen den feuchten Nebel seinen nächtlichen Reigen beginnen und die Sterne am tiefblauen Himmel in leuchtender Klarheit erglänzen; dann sagte der stille Mann: „Komm, meine Tochter, wir müssen nach Hause, der Wagen wird schon lange angekommen sein, Mama kann sich ängstigen. Ist Wilhelm schon zurück?"
„Nein, er hat sich auf morgen angemeldet, Gräfin Bartenstein läßt ihn noch nicht los."
„Kann ich mir denken, aber das nutzt ihr nichts mehr. Der schönen Frau ist in dir eine Rivalin erwachsen. Wilhelms Geschmack hat sich geändert, zu meiner Freude, mein Töchterchen, zu meiner großen Freude. Du brauchst nicht eifersüchtig zu sein."
So scherzte der alte Herr mit einem Anflug an frühere Tage.
Reginas Gedanken waren ganz wo anders, sie gewann es kaum über sich, dem Gespräch Ellerns zu folgen und auf alle seine Fragen Antwort zu geben. Nun bogen sie in die Allee ein, und beim Anblick seiner stolzen Heimat übermannte den alten Herrn wieder das Schwere, das er zu!ihr trug, er wurde schweigsam, bis sie langsam die Stufen zur Terrasse emporstiegen. Warnend sagte er: „Laß Mama nichts wissen von dem, was ich Dir anvertraut habe."
„Und Wilhelm?"
„Der und mein alter Anton sollen es schon jetzt erfahren. Das Elend wird den anderen noch früh genug bekannt werden. Aber ehe ich es vergesse, Regina, Vater läßt grüßen. Dein Vetter Kraußneck hat die Sache in die Hand genommen, er wird dir darüber berichten. Der leichtsinnige alte Herr ist aufrichtig zerknirscht, wozu dein Brief wohl beigetragen hat. Er schämt sich vor dir. Ehrlich gesagt, er muß es in letzter Zeit ein wenig arg getrieben haben, es ist in zu weiten Kreisen bekannt geworden." (Forts, folgt.)