268
wendet sich dann noch gegen den Abgeordneten Brandys. Württ. Militär-Bevollmächtigter v. Dorrer tritt einigen Beschwerden des Abg. Storz entgegen. Abg. Erzberger (Ztr.) führt aus: Die ganze Sparsamkeitsaktion scheint im Sande zu verlaufen, wie die Menge der Anträge beweise, Abstriche der Kommission wieder zu beseitigen. Wir freuen uns aber jedenfalls, daß die Bündnistreue mit allen Konsequenzen aufrecht erhalten werden soll. Wir sind damit einverstanden. Wir freuen uns auch, daß der Minister erklärt hat, die Kommandogewalt des Kaisers sei eingeschränkt durch das Budgetrecht des Reichstages. Daß, wie der Minister sage, das Militär-Kabinett niemals in seine Befugnisse eingegriffen habe, das ist doch wohl nicht ganz richtig. Ich erinnere da an den 13. Hauptmann. Redner geht dann aus die Mißhandlungen ein und verurteilt die geheimen Oualisikationslisten. Sehr eingehend behandelt Redner dann noch das Lieserungs- mesen für Armeebedarf. Zu verurteilen sei auch das Forschen nach Konfession und politischer Gesinnung bei der Armee. Auch bei den Kriegervereinen müsse die Politik draußen bleiben. Kriegsminister v. Einem widerspricht nachdrücklich einer Angabe des Vorredners, daß zwei Ossiziere, die des Ehebruchs schuldig gewesen, trotzdem an das Militär-Reit-Jnstitut in Hannover versetzt worden seien. Hieraus erfolgt Vertagung auf Antrag Bebels. Morgen 2 Uhr Fortsetzung.
Berlin Uz. März. Wie das „B. D." aus Wien erfährt, wird heute die allerhöchste Entschließung vom 15. März publiziert werden, womit dieDruppen in Bosnien, der Herze - gowina undDalmatien aus den Kriegs- § fuß gebracht werden. Die Einberufungen ! begannen schon gestern. Bis Sonntag früh werden ! die Mannschaften an Ert und Stelle sein. Tie ! Einberufung der Reservisten umfaßt 5—7 Jahrgänge, da die in den erwähnten Gebieten stehende Truppenzahl von beiläufig 120 000 auf 250 000 Mann gebracht werden soll.
Bern 18. Mürz. Im Speisesaal einer hiesigen Pension hat nach einem heftigen Wortwechsel der österreichische Militär-Schriftsteller Oberleutnant Bar tun eck einen anderen Kurgast aus London durch einen Revolverschuß ins Herz getötet. Ter Streit war dadurch entstanden, daß der Kurgast glaubte, Bartuneck fixiere seine Frau und auf ihn zuschritt mit den'Worten: „Sie sind ein deutscher Lump!" Der Täter stellte sich selbst der Polizei.
Wien 18. März. Das „Fremdenblatt" bespricht an leitender Stelle die russische Note und konstatiert, daß der Standpunkt der österreichisch-ungarischen Regierung hinsichtlich der Konferenz derselbe ist, den sie bereits mehrfach der europäischen Oeffentlichkeit kund gegeben hat. Oesterreich sei einer Konferenz nicht abgeneigt, doch müsse für jeden einzelnen Punkt des Kon- serenz-Programmes eine Formel ffriert werden, für welche sich alle Mächte aus dem Wege von Vorverhandlungen einigen könnten, sodaß die
glatte Annahme auf der Konferenz gesichert und die Gefahr von Meinungs-Differenzen und dadurch entstehenden Komplikationen absolut ausgeschlossen seien.
Vermischtes.
Ein lehrreicherProzeß und eine Warnung für Handwerker. Aus Baden wird berichtet: Eine bittere Lehre haben drei Glasermeister in Ettlingen erfahren, weil sie es unterließen, Verträge vor dem Unterschreiben genau durchzulesen. Da eine darartige Praxis auch anderwärts vielfach besteht, sei der Verlauf des Prozesses weiteren Kreisen zu Nutz und Frommen mitgeteilt. Die drei Handwerker beteiligten sich mit vereinigten Kräften im Jahre 1007 an dem Submissionsversahren für ein größeres städtisches Bauwerk. Um die Arbeit sicher zu erhalten, hatten sie sich der genauesten Berechnung befleißigt, waren indessen immer noch um 120 -47 teurer als eine konkurrierende Firma, deren Stand freilich auf eine prompte Erledigung der Arbeit nicht hoffen ließ. Der Gemeinderat beschloß bei der geringen Differenz ihnen den Auftrag im Gesamtwerte von 4000 - // zu übertragen, unter der Bedingung, daß sie ihn zu dem billigeren Gebot übernehmen. Der damalige Bürgermeister trat in Verhandlungen mit den Handwerksmeistern ein. Sie weigerten sich, unter ihr Angebot herunterzugehen. Trotzdem wurden sie zum Unterschreiben der Verträge aufs Rathaus bestellt. Dort wurden ihnen die Arbeitsbeschriebe mit Detailpreisen in Vertragsmänteln vorgelegt, auf dem u. a. stand, daß die Glasermeister die Arbeit zu ihrem Angebot übernehmen. Sie verstanden darunter den Preis ihrer in der Submission abgegebenen Offerte und unterschrieben die Vertragsmäntel und Beschriebe ohne eine Ahnung, daß darin die Preise der Konkurrenz eingesetzt waren. Die Folge war ein Prozeß auf Ungiltigkeit des Vertrages, der durch zwei Instanzen lief und viel Geld kostete. Bereits das erste Gericht entschied zu Ungunsten der Handwerksmeister, ließ aber die Frage offen, ob das Bürgermeisteramt richtig gehandelt habe. Das in der Berufung angerissene Landgericht urteilte dahin, „daß der Unterzeichner einer Urkunde sich zu deren Inhalt bekenne, weil er sich von deren Inhalt überzeugt habe, oder weil er deren Inhalt ohne eingehende Kenntnis billigen wolle." Es wies die Kläger kostenpflichtig ab und die Handwerker mußten also für ihre Vertrauensseligkeit ein teures Lehrgeld zahlen.
Ko««t«s Lät«r», 21. März. Vom Turm: 331. Predigt- lied 11: Sieh hier bm ich Ehrenkönig. 90-Uhr: Vorm. Predigt. Dekan Wurm. 1 Uhr: Christen' lehre für die Söhne. 5 Uhr: Bibelstunde im VereinShauS Vikar Köstlin.
Aetertag Mariä ZkerSüudigung. 25. März. Uhr:
Predigt im Vereinshau», Vikar Köstlin.
Knitag, 26. März. Stellen der Konfirmanden in der Kirche, Dekan Roos.
Das Opfer ist für das Martinshaus in Altshausen bestimmt.
der Beurteilung innerer Heeressragen sollte sich namentlich auch Herr Müller-Meiningen etwas mehr Beschränkung auferlegen. Herr Stücklen habe wieder nur Unzufriedenheit in der Armee Hervorrufen wollen. Seine Freunde dagegen wollten die Zufriedenheit in ihr erhalten. Die vielen Angriffe der Sozialdemokraten machten zum Glück auch im Auslande keinen Eindruck mehr. Abg. Brandy (Pole) bemerkt, daß für die Religiosität im Heere mehr geschehen müsse.
Katholische Soldaten schicke man mit Vorliebe in protestantische Garnisonen. Redner bringt dann weiter konfessionelle Beschwerden vor.
Abg. Schräder (w. Vg.) führt aus: Wenn es beim Marine- und Militär-Etat so weiter gehe, dann würden auch die neu bewilligten Mittel nicht ausreichen und es werde sehr schwer sein, neue Steuern zu finden. Man müsse deshalb den Etat und besonders den Militär-Etat ernst prüfen. Heute seien wir nicht mehr isoliert.
Unsere Beziehungen zu Frankreich und England sind gebessert. Da müssen wir uns die Frage vorlegen, ob es wirklich nötig ist, eine so große Land- und Seemacht zu erhalten. Auf dem Balkan müssen die Dinge so geleitet werden, daß sich die Leute dort unter einander prügeln, ohne daß Deutschland in Mitleidenschaft gezogen wird. Wir wollen nicht im Schatten der 'Armee in Sicherheit leben, denn unser ganzes Volk ist ein Volk in Waffen zu dem die Armee nichts weiter ist als die Oberleitung. Redner berührt dann das in das bürgerliche Leben noch gar zu tief eingreifende Reserve-Ofsizierswesen.
Abg. Storz (südd. Vp.l gedenkt der Tätigkeit Bebels, der heute vor 4o Jahren seine erste Rede im Reichstage hielt. Redner bedauert dann die Zurücksetzung der Juden im Heere. Die dreijährige Dienstzeit der Juden für Feldartillerie und Kavallerie sollte man beibehalten. Unsere Armee ist in ihrem innersten Kern gesund. Ter Redner bringt dann Klagen aus Württemberg vor. Kriegsminister v. Einem meint, Herr Schräder habe erklärt, wir könnten abrüsten, weil wir weder von Osten noch von Westen angegriffen werden würden. Wenn mir diese Sicherheit haben, so verdanken wir sie eben unserem starken Heere.
Wir stehen entschlossen aus der Seite unseres Verbündeten. Wenn wir mit England zu einer Entente cordiale kommen, so könnten wir vielleicht daran denken, etwas abzurüsten. Ich weiß es nicht. Zch weiß auch nicht wie es kommen kann.
Ich gebe zu, daß die Last jetzt groß ist und daß sie nicht in demselben Tempo wie in den letzten Jahren vervielfältigt werden kann, aber die Güte des Heeres muß erhalten werden. Die Kluft zwischen Armee und Volk ist lediglich herbei- gesührt durch die Sozialdemokratie. Ihr einziges Streben ist daraus gerichtet, Armee und Volk zu entzweien. (Gelächter bei den Sozialdemokraten. Sehr richtig rechts.) Ich weise jede Verfolgung eines Reserve-Offiziers wegen politischer Betätigung innerhalb der staatserhaltenden Parteien weit von mir, aber sozialdemokratisch dürfen sie sich nicht betätigen. Der Minister
gegraben haben. Genau weiß das aber kein Mensch, und wie gerne er sonst renommiert — davon spricht er nie, und vorwitzige Frager fertigt er allemal mit einem derben Scherz ab. Eins aber ist sicher: Hans Kramer ist mit allen Hunden gehetzt, er weiß sich in die Welt zu schicken und die Menschen zu nehmen, und er macht dabei jedenfalls die besten Geschäfte. Seiner allseitigen Beliebtheit dankt er sogar die Berufung in den Gemeinderat, und Manders muß ihn sogar im Kirchenrat dulden. Als Vierzehnjähriger war er zu einem Verwandten in die Stadt gekommen, damit er ein Handwerk erlerne. Seitdem sah man ihn durch zwanzig Jahre im Dorfe nickt mehr. Dann starb seine Mutter, und die hinterließ ihm ein Häuschen, das mitten in einem kleinen Garten lag.
Run endlich kam Hans, er besah sich das Dorf. Das war im Grunde dasselbe geblieben, nur eine gewisse Solidität, die früher nicht zu spüren gewesen, siel ihm aus. Das machte die Fabrik, die sich oben beim Walde erhob, das machte die geregelte und ausreichende Arbeitsgelegenheit, die durch ne gewährleistet war. Dann besah Hans Kramer sein Erbe. Was sollte er damit? Das Hüttchen sah aus, als könne der nächste Herbststurm es über den Hausen werfen, und im (Karten gedieh unter ein paar Steinobstbäumen nur kümmerlich etwas Gemüse. Verlockend war die Sache also keinesfalls.
Ta kam dem wackeren Hans eine gesegnete Idee: Das Torf hatte kein Wirtshaus. Ein Arbeiterdors und kein Wirtshaus! Bier gab's nur beim Krämer, und der ließ stch's einmal in der Woche frisch aus Mühlhausen kommen. Es konnte also kein 'Mensch behaupten, daß der „Stoff" wirklich gut und zum Genüsse einladend sei.
Hans fand diesen Zustand geradezu skandalös und sann darauf, den armen Arbeitern, die nach des Tages Last und Mühen doch auch eine Erholung dringend notwendig gebrauchten, ein anständiges Wirtshaus und einen freundlichen Aufenthalt zu schaffen. Nach einem Jahre war das Hüttchen dann verschwunden, und ein stattlicher Neubau erhob sich an seiner Stelle. Und den Dörflern behagte die Schöpfung des braven Hans. Beim Krämer wurde das Bier sauer, aber Hans sah Abend um Abend die Gassstube gefüllt. Wurden die Gäste gegen das Ende der Woche spärlicher, dann war Hans mit tröstlichem Zuspruch da; er kreidete mit einer Liebenswürdigkeit an, die den Leuten schmeichelte — allerdings hielt er dann auch streng daraus, daß die Striche am Zahltag von der Tafel verschwanden. Hans Kramer bekam fast immer den ersten Tribut von dem ausgezahlten Lohn, und man konnte ohne Schwierigkeit seststellen, daß die Entwickelung des bescheidenen Wohlstandes der Arbeiter zum Stillstand gekommen war, seit ein gar nicht geringer Prozentsatz des Lohnes in Kramers Kasse floß. Der Kommerzienrat sah darum auch das Wirtshaus sehr ungnädig an, er warnte seine Leute dringend vor dem Wirttzhausbesuch und drohte unter bestimmten Voraussetzungen sogar Entlassungen an: Hans Kramer aber hatte darum doch Ursache, mit seinem Geschick zufrieden zu sein. Er nahm zu an Fülle des Leibes, und alle Vierteljahre hatte er in Mühlhausen beim Bankier zu tun. Nur auf Bornemann mar er nicht gut zu sprechen und es war immer sein stiller Kummer, daß er dem nicht einmal seine unfreundliche Gesinnung vergelten konnte.
(Fortsetzung folgt.)