zuführen. In dem Gutachten des Oberamtsarzts ist ausgesprochen, daß der Vortrag ohne wissenschaftlichen Wert und daß mit Sicherheit anzunehmen sei, die Mehrzahl der Besucher werde nicht durch wissenschaftlichen Bildungsdrang zum Besuch des Vortrags veranlaßt werden, sondern durch Triebe, die mit dem Liebes- und Geschlechtsleben mehr zusammenhängen als mit der Wissenschaft.
F ri ed ri ch s h a f e n 3. März. Die Au f - stiege des X I sind wegen ungünstigen Wetters bis auf Weiteres verschoben.
Langenargen 3. März. Im Gasthof z. „Schis f" hier, Eigentümer Oskar Schneider, entstand heute früh nach 3 Uhr ein Brand, der das Anwesen und die Nebengebäude in kurzer Zeit in Asche legte. Die Entstehungsursache ist bis jetzt nicht ermittelt worden. Der Abgebrannte ist versichert.
Pforzheim. lieber die Lage des Pforzhei i» er Arbcitsmarktes berichtet der „Gen.-A.": Der Februar 1903 zeigt gegenüber dem Vormonat, wie übrigens auch in früheren Jahren, eine wesentliche Verschlechterung. Die Verschlechterung der Arbeitsgelegenheit ist hauptsächlich aus den flauen Geschäftsgang in der Goldwaren-Industrie zurüüzuführen. In vielen Betrieben wird mit verkürzter Arbeitszeit gearbeitet. Durch die ungünstige Witterung und den anhaltenden Frost können die Arbeiten im Baugewerbe immer noch nicht ausgenommen werden, weshalb z. Zt. eine große Arbeitslosigkeit bei den Maurern, Erdarbeitern und Taglöhnern besteht. Wie im Zanuar, so konnten auch im Februar durch das Ucberangcbot von Arbeitskräften in fast allen Berufen nahezu fast alle Stellen sofort besetzt werden. Mangel an Dienstmädchen, Küchenmädchen, Köchinnen ?c. herrscht auch heute noch in Pforzheim. Im Monat Februar d. Js. haben sich wiederum 52 arbeitslose Goldarbeiter und 83 arbeitslose Handwerker und und ungelernte Arbeiter bei dein Stadt. Arbeitsamt gemeldet, wovon !02 Personen bei dem Städt. Diefbauamt als Notstandsarbeitcr eingestellt wurden. Die Uebersicht über die Tätigkeit detz Städt. Arbeitsamts im Monat Februar 1909 ergibt, daß die Zahl der verlangten Arbeitskräfte (einschl. Lehrlinge und Lehrmädchen) 1212, die Zahl der Arbeitsuchenden 1722 und die Zahl der vermittelten Personen (einschl. 36 Lehrlingen und 20 Lehrmädchen) 941 beträgt.
Pforzheim. Dieser Tage hat der verheirateteBijouteriesabrikant Wilh. Erccelius, Teilhaber eines Bijouteriegeschästs, unter Mitnahme einer größer« Partie Brillanten und Goldwaren, sowie über ca. 4350 .// bar
Geld, das Weite gesucht. — Weiter erfährt man hierüber, daß E. bereits vergangenen Samstag abend mit einer Dirne aus München, die zuletzt in Karlsruhe eingeschrieben war, von hier abgereist ist. Er hatte sich zuvor einen Auslandspaß verschafft, auf der Bank verschiedene tausend Mark erhoben, eine Planche im Wert von ca. 1000 - // zu Geld gemacht und von Steinhändlern und Fabrikanten für etwa 6600 // Brillanten und Waren sich erschwindelt. Der Durchgegangene ist erst etwa 27 Jahre alt und jung verheiratet.
Berlin 3. März. Der Kaiser begab sich, wie aus Wilhelmshaven gemeldet wird, heute Morgen 10 Uhr per Boot in Begleitung des Prinzen Heinrich und des Admirals Hollmann auf die Werft, um dort unter Führung des Oberwerfldirektors Tick und des Staatssekretärs von Tirpitz Besichtigungen vorzunehmen.
Paris 3. März. Der „Matin" meldet aus Belgrads Ter russische Oie sandte in Belgrad begab sich gestern zu dem Minister des Aeußern, um freundschaftlich auf Serbien ein- zuwirken, damit die serbische Negierung auch weiterhin die bisherige ruhige und korrekte Haltung beibehalte. Der von Nußland bei Serbien unternommene Schritt, aus welchen dieses demnächst antworten wird, ist nur der Anfang einer Anzahl Schritte, welche seitens Rußlands unternommen worden sind. Die Besuche, welche gestern die Vertreter verschiedener anderer Mächte im auswärtigen Amte inachten, Hütten nichts mit dem russischen Schritt gemein. Im Laufe des gestrigen Nachmittags fand ein Kabincttsrat unter dem Vorsitz des Königs statt, der bis 7 Uhr dauerte. Das Ergebnis des Kabinetts- rats wird streng geheim gehalten. Was die Forderungen betrifft, welche von dem Fremden- blatt in Aussicht gestellt worden sind, so hat die serbische Negierung weder eine direkte noch eine indirekte Notisicierung erhalten. Man weist daraus hin, daß Oesterreich den Augenblick wünscht, wonach Serbien sich zum Nachgeben entschließt.
Paris 3. März. Aus Smyrna wird dem „Petit Journal" gemeldet, in Phokea habe gestern ein Erdbeben stattgefunden, durch das das Dorf Marfan in der Nachbarschaft von Jerusalem vollständig zerstört wurde. 150 Personen sollen unter den Trümmern des Dorfes den Tod gefunden haben.
W i e n 3. März. Weder hier noch in einer anderen Hauptstadt hat die serbische Negierung bis jetzt offiziell eine Erklärung abgegeben, daß sie auf ihre territorialen Forderungen verzichte. Auch in offiziellen und diplomatischen Kreisen herrscht noch keine Gewißheit darüber, daß Serbien eine solche Erklärung und einen Verzicht auf die Autonomie in Bosnien abzugeben bereit ist.
Man wartet daher in den Kabinetten darauf, ob und welcher Schritt Serbiens erfolgen wird, und unterhält sich inzwischen über die Schritte, welche die Mächte zu tun hättten, wenn eine Erklärung Serbiens ausbleiben sollte.
Belgrad 3. März. ^ Hier heißt es, die serbische Regierung werde gegenüber den Ratschlägen, von ihren territorialen Forderungen abzustehen, die definitive Entscheidung den Großmächten überlassen. Die serbische Regierung sei von der lleberzeugung durchdrungen, daß ein die sachlichen Verhältnisse auf dem Balkan nicht beachtender Beschluß Europas keineswegs zur Festigung des Friedens beitragen werde.
Sofia 3. Mürz. Der Mörder Boris Sarafows, der Bandenführer Panitza, hat sich in den letzten Tagen hier aufgehalten und angeblich einen Mordanschlag gegen den König von Bulgarien beabsichtigt. Die Polizei verhaftete einige Verdächtige und nahm eine Haussuchung bei dem sozialdemokratischen Blatt „Kambana" vor.
D e r K ö n i g v o n I ta li en an K a is er W i l h e l m w e g en d er H och w a s s e r - K a t a- strophe. Die Opfersreudigkeit, welche das deutsche Volk gezeigt hat, als die dem Reiche verbündete italienische Nation durch die elementare Katastrophe von Messina in tiefe Trauer versetzt wurde, hat jetzt einen Widerhall gefunden. König Viktor Emanucl von Italien hat aus Anlaß der Ho ch w asserkatastroph e in Deutschland an den Kaiser Wilhelm ein in herzliche Worte gefaßtes Telegramm mit dem Ausdruck seiner warmen Teilnahme gerichtet. Kaiser Wilhelm hat dem verbündeten Herrscher Italiens in gleich herzlichen Worten seinen Dank für diese Kundgebung, ebenfalls auf telegraphischem Wege, ausgesprochen.
Ablösungütransport für dieSchutz- truppe in Südwestafrika. Voraussichtlich in der ersten Hälfte des Monats Mai 1909 wird ein Ersatztransport von rund 500 Mann in das Schutzgebiet entsandt werden, der aus Freiwilligen zusammengestellt wird. Als solche kommen in erster Linie aktive Mannschaften älterer Jahrgänge in Betracht. Nur wenn der Bedarf durch diese nicht gedeckt werden kann, würden Mannschaften der Reserve und zwar in erster Linie diejenigen ausgewählt werden, die der Schutztruppe bereits angehört haben. Gute Führung und Zuverlässigkeit, sowie vollkommen körperliche Brauchbarkeit sind unerläßliche Bedingring. Die zum Uebertritt bereiten Reservisten können sich bei dem Bezirkskommando ihres Aufenthaltsorts melden.
einen ausreichenden Erwerb und eine menschenwürdige Existenz zu schaffen? Der neue Fabrikherr könnte doch im besten Falle nur ein Geschäftsmann sein, dem der Gewinn selbstverständlich obenan steht, dem die Menschen -Mittel zum Zweck, persönlich aber doch wohl ziemlich gleichgültig sein würden. Und dann erst recht würde er finden müssen, daß hier keine Schätze zu holen sind: er würde sich beeilen müssen, die Geschichte wieder los zu werden, ehe er viel Geld hineinsteckt — na, und das Ende wäre dann leicht abzusehen. Wir dürfen uns also nicht mit Hoffnungen betrügen, die sich doch nie erfüllen werden. Was hier geschaffen wurde, das ist eben aus der Heimatliebe unseres am Wohltun verbluteren Toten herausgewachsen, und opfersrohe Heimatliche allein könnte das alles nur auch retten und erhalten."
„Nun, ich weiß doch nicht!" meinte der Arzt zweifelnd. „Die Industrie, die Herrn Bornemann hier begründet und mit schweren Opfern unterhalten hat, trug ja allerdings bis zu einem gewissen Grade den Charakter des Persönlichen, aber vielleicht doch nicht so sehr, daß nicht auch ein anderer, der dann freilich wieder ein Menschenfreund sein müßte, sie fortführen könnte. Die Söhne vielleicht —?"
Manders schüttelte den Kopf. „Sie sind keine Kaufleute. Horst, der ältere, ist Mediziner; er will Halsspezialist werden und ist noch nicht ganz durch die Assistentenjahre hindurch. Paul studiert im vierten Semester Chemie — er ist schwer durch das Gymnasium gekommen und darum ein wenig spät daran mit dem Studium. Aber abgesehen davon und selbst die Möglichkeit zugegeben, daß Paul sein Studium aufgeben und sich hier festsetzen wollte — was könnte er dann ohne Geld ausrichten?"
„Nun, das ließe sich vielleicht aufbringen."
„Nieinen Sie? Wenn das möglich wäre, dann Hütte sicki doch auch nie das Unglück ereignet, das uns liier zusammengeführt hat."
Der Arzt war noch nicht überzeugt.
„Es gilt dock aber das Wohl der ganzen Gegend. Ein vaar Wochen noch und wir haben bier oben auf der Höhe den bittersten Winter.
Unser Boden gibt wenig her und seit der Begründung der Fabrik hat man sich mehr noch als bisher daraus eingerichtet, alle Lebensbedürfnisse durch den Einkauf zu beschaffen. Aber nun fehlt die Arbeit, nun stehen die Felder leer, und es ist unausbleiblich, daß der Hunger mit allen seinen Schrecken hier Einkehr halten muß. Ich meine nun, unter solchen Umständen müßte eben geholfen werden — ich meine sogar, daß die Regierung cingreifen und energisch stützen müßte, was eben hier zusammenbrechen will."
Mauders lächelte traurig. „Sie sind ein Optimist, Herr Doktor, und der erste Versuch, Hilfe von dieser oder einer anderen Seite zu erlangen, würde Sie bitter enttäuschen. Abgesehen davon, daß die Hilfe, selbst alle Bereitwilligkeit vorausgesetzt — doch nicht schnell genug kommen könnte, spricht doch auch ein wichtiger Umstand direkt gegen jede Hilfsaktion Man wird doch selbstverständlich sagen: Was dem Kommerzienrat Borne- mann nicht gelang, das wird einem Anderen erst recht nicht gelingen; konnte er die Industrie, die doch seine eigenste Schöpfung war, nicht halten, dann darf man ruhig annehmcn, daß sie doch wohl nicht lebensfähig ist —"
Der Arzt widersprach lebhaft: „Aber die Schlußfolgerung ginge doch viel zu weit."
„Zugestandcn, soweit die innere Lebenskraft der Industrie in Frage kommt. Aber jede Industrie braucht gute Absatzmöglichkeiten, sie braucht bequeme und billige Verkehrswege, wenn sie konkurrenzfähig sein soll, und daran hat es hier leider gefehlt — daran wird es auch noch lange fehlen, denn eine Bahn baut uns einstweilen kein Mensch auf unsere Höhe. Und nun die Regierung! Du lieber Gott, die hat doch gesehen, was hier unter den Händen des selbstlosen Mannes erstand, sie konnte sich auch nicht über die hervorragende Bedeutung des ganzen Betriebs für die notleidende Bevölkerung täuschen, und sie hat es denn auch an einer billigen Anerkennung nicht fehlen lassen: Herr Bornemann ist ja Kommerzienrat i geworden — zu einer Zeit vielleicht, da er schon verzweifelt um die Existenz ; feines Werkes rang." (Fortsetzung folgt.)