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stattgesunden. Die Unglückliche war mit einem Tuch an beiden Händen gefesselt und damit am oberen Bettstattende festgebunden. Die Füße steckten in einem festverschnürten Rucksack, dessen Riemen gleichfalls am unteren Bettstattende an­gebunden waren. Die Mörder haben alles durch­sucht und geraubt, was sie Brauchbares vor­gefunden hatten. Von den Tätern hat man noch keine Spur. Man vermutet, daß sie mit zwei Männern identisch sind, die sich nach früheren Aussagen der Frau schon am Donnerstag abend bei ihr eingefunden haben, um angeblich Kaufs­unterhandlungen wegen ihres Hauses zu pflegen. Gestern Nachmittag wurde in der Ludwigs­straße der Generalarzt Dr. Segge! von einem Automobil überfahren, so daß er mit bedeutenden Kopfwunden bewußtlos liegen blieb. Er wurde in seine Wohnung transportiert, wo eine schwere Gehirnerschütterung konstatiert wurde. Der Zu­stand des Verunglückten ist sehr ernst.

Berlin I. März. (Reichstag.) Die Beratung desKolonial - Etats wird fortgesetzt. Abg. Werner <Rfp.) führt aus, es ist anzuer­kennen, daß man hinsichtlich der Behandlung der Eingeborenen zu einem humaneren Verfahren gekommen ist. In der jetzigen Kolonialpolitik müsse man vor allem auf Verkehrswege bedacht sein. Sehr wichtig ist die Inderfrage. Eine Ausbeutung der Neger durch die Inder wie bisher, müsse verhütet werden. Abg. Ablaß (frs. Vp.j: Ein Fall, den ich zur Sprache bringen muß, hat bisher eine sachliche Erledigung nicht gefunden, nämlich der Fall Raabe. Raabe ist durch den Assessor Fehlandt überhaupt nicht ordnungsgemäß zum Richter bestellt gewesen. Für die Bestellung richterlicher Beamten und für den Vertretungsfall bestehen genaue gesetz­liche Vorschriften, die in diesem Falle nicht ein­gehalten sind. Abg. Edler zu Putlitz (Kons.j: Erfreulich ist die Einmütigkeit dieser Debatte darüber, daß ein Fortschritt in der Entwickelung unserer Kolonien unverkennbar ist. Einmütigkeit besteht auch darüber, daß auch finanziell unsere Kolonien sich entwickeln. Abg. Noske (Soz.): Ich stimme in das Lob über den finanziellen Fortschritt und die Verminderung der Reichs­zuschüsse ein. Die Werte in den Kolonien bestreiten wir gar nicht, nur den Wert für die große Masse des Volkes, für die Arbeiter. Afrika muß ein Negerland bleiben. Die Missions-Tätig­keit dürfe nicht staatlich unterstützt werden. Religion sei Privatsache. In der Rechtsprechung fehle es an der Hauptsache, an der Gerechtigkeit. Ein Weißer, der drei Neger auf dem Gewissen habe, erhalte nur 9 Monate Gefängnis, ein Neger dagegen, der sich am Eigentum eines Weißen vergehe, werde mit dem Tode bestraft. Staatssekretär Dernburg erwidert, die Ver­waltung stehe selbst auf dem Standpunkt, daß in den Kolonieen noch viele Mängel bestehen,

aber der Vorredner sehe doch zu sehr durch seine Parteibrille. Auch die finanziellen Angaben des Abg. Eichhorn seien unrichtig. Dieser wisse noch nicht einmal, daß Togo schon seit Jahren keinen Reichszuschuß mehr brauche. In der Jnderfrage ferner bleiben wir bei unserem Standpunkt. Uebergriffe von Indern gegen die Eingeborenen werden wir natürlich nicht zulassen. Im Gegensatz zu Herrn Lattmann meine ich, hier in diesem Hause sind alle bürgerlichen Parteien einig für eine Kolonial-Politik. Die Einen unterstreichen allerdings mehr die nationale, die Andern mehr die kulturelle Seite. Bei den Differenzen handelt es sich immer nur um kleine Detailfragen und denke ich selbst sowohl für eine gute Kolonial­politik nach nationaler und kultureller Seite zu wirken. Das soll meine Sorge sein. (Beifall.) Abg. Storz (südd. Vp.): Die Gefahr besteht, daß die Baumwoll-Produzenten uns einmal durch ein Kartell wer weiß wie hohe Preise auserlegen können. Dieser Gefahr können wir durch Baum- wollkulturen in unseren Kolonien Vorbeugen. Redner schildert dann die Bedeutung des Muha- medanismus für die Negerländer, seinen wachsen­den Einfluß aus die Neger. Der Gouverneur Rechenberg sei eine tüchtige Kraft, wenn er es auch nicht verstanden habe, mit allen Weißen im Einvernehmen zu leben. Das System Trotha werde wohl von Niemanden! mehr verteidigt. Im Ganzen haben wir allen Anlaß, mit der gegenwärtigen Kolonial-Wirtschaft zufrieden sein. Der Tiefstand in unseren Kolonien ist jetzt überschritten, es geht vorwärts. Damit schließt die Debatte. Abg. Arning (natl.) bittet sodann, eine Petition der deutschen Kolomal-Gesellschaft, um schleunigen Weiterbau der Usambara-Bahn bis Aruscha der Regierung nicht blos als Material, wie die Kommission vorschlage, sondern zur Berücksichtigung zu überweisen, da die neuesten Berichte über die dortige Entwickelung fortgesetzt günstig lauten. Staatssekretär Dernburg er­klärt sich einverstanden hiermit und weiterhin plädiert Abg. Arning dafür, die von der Kom­mission abgestrichenen 25 000 - für Anwerbung farbigen Personals außerhalb des Schutzgebietes wieder herzustellen. Nack, kurzer Debatte wird dieser Antrag angenommen mit der Maßgabe, daß die Anwerbung außerhalb der deutschen Kolonie, also nicht in einem anderen deutschen Schutzgebiet statthaft sein soll. Im weiteren Verlauf der Debatte wird der Rest des Afrika- Etats genehmigt. Morgen 2 Nhr Fortsetzung des Kolonial-Etats.

Darmstadt t. März. Das Rodel- Unglück, bei dem wie bekannt, Leutnant v. Trott tötlich verunglückte, hat ein zweites Opfer gefordert. Von den vier schwer Verletzten ist gestern noch Leutnant v. Reden gestorben.

Bern 1. März. Die deutsche Regie­rung hat ihre Not betreffend die Verstaatlichung

der Gotthardbahn durch ein Rechtsgutachten unterstützt, das von einem hervorragenden Völker­rechtslehrer stammt; das Gutachten bildet eine Konsultation für die deutsche Regierung, genannt ist im Gutachten der Verfasser nicht. Auch der Bundesrat hat mehrere Juristen zu Rat gezogen.

Paris 1. Mürz. Nach einer Belgrader Meldung des Matin erklärte König Peter in einer Unterredung, er betrachte Frankreich als sein zweites Vaterland und jedes von dort kommende sympathische Wort klinge seinen Ohren wie schönste Musik. Weiter habe der König erklärt, Serbien verlange nichts Besonderes, es wolle nur ein klein wenig Luft und einen Platz an der Sonne.

Wien 1. März. Aus gut unterrichteter Quelle wird gemeldet: Da nun die bulgarisch­türkische Verständigung, die während der Anwesenheit des Königs Ferdinand von Bulgarien inWien bei einer langen Besprechung zwischen dem König und dem türkischen Bot­schafter in Wien, Reschid Pascha, angebahnt wurde, in der Hauptsache perfekt ist und da ferner das österreichische Abkommen unterzeichnet ist, wird man jetzt zur Beilegung der serbischen Krise schreiten.

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Lippen bot, sagte Heinrich init leisem Bedauern :Warum mußten wir Jahre verlieren. Erika warum habe ich damals am Fuße der Wart­burg die eine Frage an Dich nicht getan?"

Sei stille, lasse Dir nichts leid sein, Heinrich!" antwortete sie, seine Küste willig erwidernd, und mit jauchzendem Erwachen alles Lebens­gefühls, aller Zuversicht ihrer Jugend.Es kommt Dir zu gut, Liebster, für jeden Tag der verlorenen Jahre muß ich Dir einen Tag doppelten Glückes geben! Und nun laßt uns nicht zögern, hinübergehen, damit alles klar zwischen mir und Deinen und Christines Venvandten wird."

Sie schritten mit verschlungenem Arm über den Vorflur nach dem Salon hinüber, dessen Tür Herr v. Lestwitz, als er Christine hinüber­gebracht, nur angelehnt, nicht geschlossen hatte. Von drinnen hörten sie Tante Cordulas Stimme:Ich habe es ja immer und immer wieder gefürchtet, daß der Heinrich uns eininal eine Braut bringen wird, die nicht auf unserem Boden gewachsen ist und die mit all ihrer Schönheit und Liebens­würdigkeit der Familie stets fremd bleiben wird."

Ach Gott, Du Aermster!" flüsterte Erika, ehe sie eintraten, aber ihr ganzes Gesicht war lachende Anmut und glückseliger Uebermut und die Liebenden traten rasch ein, um Christine und dem Obersorstmeister jede Entgegnung zu ersparen.

Andern Tages, als der große Schlitten von Wolseck Erika v. Graven- rcuth, der ihr Bräutigam Heinrich Hagen entgegengeritten war, abermals zum Besuch Christines herüberbrachte, trennten sich die Verlobten schon an der Schwelle der Hagenschen Villa. Heinrich war von seinem Vetter Franz, den er gestern nicht erblickt hatte, um eine kurze Unterredung ersucht worden und begab sich in dessen Gemächer, Erika aber stieg rasch die Treppe empor und ließ sich von Martin in Evas Zimmer führen.

Die Unterredung der Vettern war sehr kurz:Ich muß Dir auf meine Kosten Glück wünschen, Heinz!" hob Franz an und versuchte vergebens die ironische, siegesgewiste Miene wieder aufzusetzen, die ihm sonst eigen mar.Der Vater ist der Meinung, daß ich ineine Glückwünsche an Fräulein Erika, Deine Zukünftige, besser bis zu meiner Rückkehr aus London verspüren werde. Ich soll trotz Don Arboledas schlechtem Englisch - an Deiner Stelle hinüber also Gott besohlen! Wir werden ja nun wohl mit der Familie v. Gravenreuth doppelt verschwägert?"Das weiß ich noch nicht, das wird die Zeit lehren glückliche Reise Franz!" ant­wortete Heinrich und eilte nach oben, um seine Braut auszusuchen. Martin wies ihn zu Eva und als er in das zierlich ausgestattete kleine Gemach seines Bäschens trat, sah er diese, einen Brief in der Hand, in Tränen, und Erika bemüht, sie zu beruhigen.

Die kleine Dame stampfte unmutig den beblümten Teppich und sagte halb lachend, halb schluchzend:Zwei Jahre ist viel zwei Jahre will ich ihn erwarten, aber verlaß Dich daraus, Erika, wenn es auch Dein Bruder ist nicht einen Tag länger! Kommt man denn aus dem abscheulichen Ostasrika überhaupt mit heiler Haut wieder heim?"

Erika zog das jugendliche Mädchen an sich und sagte:Ich will Dir ein Geheimnis verraten, Evchen. Bodo will allerdings nach Afrika, aber Herr v. Lestwitz und Heinrich sind der Meinung, daß es nicht nötig sein wird. Er soll um Versetzung in eine andere Provinz einkommen, die zwei Jahre werden ihm und Dir wohltun. Ihr habt es noch immer bester als wir, ihr kennt einander und hört von einander. Heinrich und ich haben uns drei Jahre geliebt, ohne eines vom andern nur zu wissen, wer wir sind und sind nun doch so glücklich, als Menschen nur zu sein vermögen!"

(E n d e.)