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er die Materie, wenn nicht beherrscht, so doch angesehen hat. Unter der Herrschaft der reinen Volkskammer ist es mit der Vielrsderei nicht besser geworden, eher noch schlimmer als zuvor. Zeit ist Geld und hier könnten große Ersparnisse gewacht werden. Weniger Prüfen, weniger Reden, rascher voran, da» wäre auch eine Ersparnis! Wenn mancher glaubt, er müsse in Rücksicht auf seine Wähler oder im Hinblick auf seine Selbst, einschätzung immer wieder sein Licht leuchten lassen, so würde auf der anderen Seite di? Prvpulärität der Volkskammer gewinnen, wenn statt der Breitspurigkkit und häufigen Langeweile alle« war im Ständehau« geschieht, vor sich ginge nach dem Vorsatz: „Kurz und gut."
Zuffenhausen 14. Febr. Der infolge Entladung seine« Gewehr» verunglückte Lautechniker ist seiner Verletzung erlegen. Die Kugel hatte die Herzkammer durchbohrt und dann ihren Weg zum Halse ge. nommen.
Ludwigsburg 13. Febr. Der heurige Lichtmeßmarkt verlief ziemlich unbelebt, trotzdem die Landbevölkerung wegen de« gleichzeitig statifindenden Viehmarkl» gut vertreten war. Auf letzterem betrug der Zutrieb 320 Stück, von demn etwa ein Drittel bei etwa« nachlaffenden Preisen verkauft wurde. Mit dem Markt verbunden war eine Prämierung von Ochsen. Er konnten 9 Preise zu 20 »4t und 5 Preise zu 15 ^4t vergeben werden.
Heilbronn 12. Febr. Reichtagrabg. Naumann hielt heute nachm, im Falken hier eine Versammlung mit den Weinbauinte« ressenten, die von etwa 200 Weingärtnern, Wirten und Weinhändlern besucht war. Naumann berichtete über die Arbeit der Wsingesetz- kowmisfiou und seine besondere Tätigkeit und Erfolge hinsichtlich der Wünsche, die ihm von den Weingärinern de» 3. Wahlkreise« vorgetragen worden waren. Die Versammlung war im großen und ganzen mit dem R-ferat einverstanden.
Pfäffingen 13 Febr. Dem Bauern Johann Reichert wurde au« Anlaß der Geburt einer 7. Tochter von der Königin ein Paten, ge schenk von 20 »4e überwiesen.
Herrenberg 6. Feir. Auf den heutigen Schweinemarkt waren zugeführt: 126 Stück Milchschweine, E, lös pro Paar 36—48 «4t; 62 Stück Läuferschweine, Erlös pro Paar 58—100 «4t. Verkauf gut.
Reutlingen 12. Febr. Die letzte Nichte Friedrich List«, Luise Göppinger, eine der ältesten Einwohnerinnen der Stadt, ist gestern im 95. Lebensjahr nach kurzem Kranken- lager verschieden.
Göppingen 13. Febr. Der hundertjährige Geburtstag de» Privatiers Thomas Schall in G.uibingen wurde unter reger Teilnahme gefeiert. Am Vorabend veranstaltete der Militär- verein einen Fackelzug und brachte dem Jubilar ein Ständchen. Der Geburtstag wurde mit Böllerschüssen eingelettet. Sodann folgte ein Fest, zug vom Rathaus zur Wohnung Schalls, der feierlich in die Kirche geleitet wurde, wo ein Dankgottesdienst stattfand und der Ortsgeistliche predigte. Nachdem Schall dar Grab seiner Frau besucht hatte, wurde iw Adler dar Festessen ein- genommen, bet dem Regierungrrvt Dr. Schön, mann dis Glückwünsche de« König« zum Aus. druck brachte unter Überreichung der Photogiaphie der Königs mit eigenhändiger Widmung. Zugegen waren 5 Söhne, 1 Tochter, 18 Enkel, 9 Enkelinnen, 7 Urenkel und 10 Urenkelinnen. Bei der Tafel wurden zrhlreiche Trinksprüche ausgebracht.
Ulm 14. Febr. Der gestrigen Schranne waren 2194 Zentner Getreide zugesühit, da» zu folgenden Mittelpreisen gär zlich abzesetzt wurde: Kernen 10,98 «6, Weizen 1081 «4l, Roggen 832 Gerste 9,45 «4i, Haber 8 33 «4t. Gegenüber dem letzten Fruchtmark! Hot der Zentner Kernen 37 H Weizen 21Roggen 1 iZ, Haber 4 iZ, Gerste 3 abgeschlagen.
Btberach 13. Febr. Gestern abend war der Besitzer der Gasthauses zum „Hirsch" in Fisch, bach damit beschäftigt, an seinem Acs!y'engas- behälter die Uebergase zu regulieren, wobei er mit dem Licht dem aurfirömenden Ges zu nahe kam. Die Folge war eine gewaltige Explosion, welche den Wirt zu Boden warf. Abgesehen von einigen Brandwunden kam er mit dem Schrecken davon.
Leutkirch 13. Febr. Am Donnerstag abend ist das große Hofgut Haselburg, Gde. Herlaz- hofen, samt Fahrnis total abgebrannt. Da« Vieh, zirka 30 Stück, konnte gerettet werden. Es herrschte großer Wassermangel. Während der Besitzer im nahen Gasthaus in U lau seine Hochzeit feierte und eine ungemein große Anzahl Gäste anwesend war, ertönte gegen 9 Uhr der Schrecken«« ruf: „Femr". Sein schöner Hof samt prächtiger Einrichtung stand in Hellen Flammen. Zweifellos handelt es sich hier um einen Racheakt.
Darmstadt 13. Febr. Ein Kommando der 21. Pioniere au» Castel ist zur Zeit auf dem Truppenübungsplatz Griesheim mit dem Bau einer 40 Meter langen Halle beschäftigt, die zur Unterbringung eine« Militär-Luftschiffe» für da» 18 Armee-Korps bestimmt ist. Auch sollen im Frühjahr dort Flugversuche mit Aero- plansn vorgenommen werden. — Der Ingenieur
Weißenburgsr und der Architekt Boßsrt halten heute Vormittag eins Audienz beim Groß. Herzog von Hessen, welche das Modell ihre» starren zerlegbaren Luftschiffe« vorführtsn.
Berlin 13. Febr. Der „National-Zsitung" zufolge haben die Verhandlungen, die der Staatssekretär de« Reichr.Kolonialamte» Dernburg mit dem Staatssekretär des britischen Kolontalamt« während der Anwesenheit de» englischen Herrscher« paare» in Berlin gepflogen hat, zu dem Abschluß einer Vereinbarung beider Staatsmänner über die Frage nachbarlicher Hilfeleistung der deutschen und britischen Kolonialver- waltung bei allen Eingeborenen-Auf« ständen in dem Gebiete eine» der beiden ver. tragschlteßendsn Teile geführt. Dis zunächst auf. gesetzt Panktation steht den Beitritt der französischen und portugiesischen Regierung zu dem Abkommen vor. Der Anschluß Frankreichs ist bereits von zuständiger amtlicher Stelle in sichere Aussicht gestellt.
Berlin 14 Febr. Gestern abend 7*/. Uhr verwundete der Messerstecher abermals eine Frau Meißner aus Lichtsnberg. Die Frau erhielt einen Messerstich in den Oberschenkel. Die blutende Wunds scheint aber zum Glück nicht gefährlich zu sein. Der Attentäter wurde von Privatpersonen festgenommen, riß sich jedoch los und verschwand. Dis Polizei ist dem Attentäter bereit« auf der Spur und hofft ihn in den nächsten Tagen dingfest zu machen. Er soll etwas sehr auffälliger in der Kleidung haben.
Berlin 13 Febr. Ein fünfte» Opfer, welche« von dem Messerstecher überfallen wurde, hat sich gestern bet der Polizei gemeldet. Ei ist die 14jährige Juliane Koch, die am Dien«, tag Abend als sie fich mit ihrer Mutter auf dem Heimwegs befand, von einem Unbekannten vor den Leib geschlagen wurde. Zu Hause ergab sich, daß die Kleider durchstochen waren, verletzt wurde dr« Mädchen jedoch nicht. — Ja Lichten, berg wurde in einer Wirtschaft ein junger Mensch verhaftet, der sich über die Bemühungen der Polizei, den Messerstecher zu fangen, lustig machte. Auf der Wachs wurde er von der grade dort anwesenden Frau Koch und ihrer Tochter als der Angreifer bezeichnet. Der Verhaftete leugnet, konnte aber kein Alibi beibringen. Er soll heute den übrigen Opfern gegenüber gestellt werden. — Nachträglich wird bekannt, doß dis Gegenüber« stellung von Zeugen die Haltlosigkeit dieser Annahme bewiesen.
Wien 13. Febr. Die Entwickelung der serbischen Angelegenheit scheint an eine» kritischen Punkts angelangt zu sein. Die ungarischen Zeitungen bringen Meldungen, daß mi
bet un« zum Besuche ist. Eigentlich ein angenehmer Mensch — aber immer auf der krankhaften Jagd nach Vergnügen! — Sie kommen morgen früh zu mir, nicht wahr, Erika? Wir nehmen den Morgerteo mit einander und wollen dann eine Tageseinlettung feststtzen, wie ich Ihnen schrieb. Die Vormittage möchte ich Sie möglichst für mich behalten, hier und drüben in meinem lieben Wintergarten. Ich merkte schon, daß ich viel von Ihnen haben werde, auch als Sie eben so wunderschön vorlasen, daß ich viel von Ihnen lernen kann. Und ich freue mich darauf — jetzt aber schicke ich Sie unbarmherzig fort und zu Bett!"
„Annette ist auch Ihr Zimmermädchen", fuhr Christine fort, „sie wird für alll« sorgen, was Sie etwa noch brauchen — Sie sehen ja. daß ich Ihnen leider nicht« helfen kann und wenn Sie ihr nicht« mehr zu befehlen haben, schicken Sie sie zu mir herüber. Gute Nackt, liebe« Fräulein — Sie spüren doch keine Lust, unten noch witzutarzen?"
Erika machte eine verneinende Bewegung und erwiderte die Umarmung Christine« herzlich, wenn auch mit schwerem Herzen. Jede« hoffrung« reiche Wort der armen Gelähmten tat ihr w h, und indem sie hir.auiging, kam ihr der Gedanke, fich da« Bild Christine« zu erhalten, wie sie e« in dieser Minute sah, glücklich, von liebevollem Vertrauen beseelt. Wenn sie ihr schrieb, wa« gesagt werden mußte und zugleich schweigend abreifie, so konnte sie fich den herben Schmerz ersparen, auf diesem Gesichte plötzlich kalte« Mißtrauen, herbe Befremdung zu lesen. Doch scheuchte sie den Einfall alsbald hinweg, e« war ihrer unwürdig, fich davor zugleich«», und kein Brief konnte auf gewichtige Fragen Antwort geben, die fich vielleicht an ihr Geständnis knüpften. Daß fich dahinter eins leise Hoffnung barg, fich auch dann noch da« erhallen zu können» wa« ihr heute so unerwartet rasch und reich geboten worden war, gestand sich Erika nicht ein. Auf dem Wege nach ihrem Zimmer kam sie am Treppenaufgang vorüber und hörte deutlicher al« vorher, daß unten im Gartensaal nach den Klängen de« Flügel« getanzt wurde. Sie versuchte umsonst fich vorzust llen, wie ihrem Bruder, den ste mitten im Wirbel wußte, zu Mut» sei, und gab es endlich seufzend auf, um etwa« Ruhe zu finden.
Gegen Morgen war Erika von Gravenreuth nach ein paar schwere« Stunden wider Berhoffen eingeschlummert und so erschien ste, wie e« besprochen war, um neun Uhr in Fräulein Hagen« Gemächern, ohne außer dem gemeinsamen Kammermädchen noch irgend jemand im Hause gesehen zu haben. Sie sah frischer und kräftiger au«, al« ste sich fühlte und wurde Christine mit neuem Wohlgefallen an ihrer Erscheinung willkommen geheißen. Christine fiel es nur ein wenig auf, daß Erika in einem dunkeln Kleide zu ihr eintrat; da ste die Bedeutung derselben al« Retsekleid nicht ahnte, sagte sie leichthin: „Sollten Sie fich'« nicht ein wenig bequemer machen, liebe Erika? Sie müssen fich ein für allemal merken, daß wir Freundinnen find und so mit einander verkehren. Und mit dem Tee, dessen Bereitung Mama immer meiner Gesellschafterin aufträgt, wollen wir'« so halten, daß ich ihn den einen. Ste den andern Lag Herstellen. Heute bewirte ich Sie, Erika, und Sie werden sehen, daß ich mich ganz gut daraus verstehe.
Die Gelähmte saß dabei in ihrem Fahrstuhl, den Teetisch vor fich und ließ die anmutige Geschicklichkeit bewundern, mit der ste fich zu helfen wußte.
Eltka war an« Fenster nach dem Park getreten und blickte von ihrer Gefährtin hinweg auf die Baum- und Buschgruppen, die au« dem Morgen« nebel heraus mit frischgefallenem Schnee schimmerten. Ein unsäglich bittere« Gefühl wandelte sie an — die» umfriedete Hau« und diese Zimmer schiene« ein Asyl, wie ste e« nicht besser hatte träumen können, seit dte Notwendigkeit an ste herangetreten war, selbst für ihre Existenz zu sorgen. Und er, der diese Notwendigkeit unbesonnen herbetglführt hatte, beraubte ste jetzt vor- au»stchtltch auch einer Zuflucht, dte fich so vielversprechend anließ. Gleich, wohl war e» Zeit, der Wahrheit dis Ehre zu geben.
Christine hatte ihren Lee fertig und ries Erika, die fich fragte, ob ste die er tscketdende Unterredung bi« nach dem Frühstück verschieben sollte, an den Tisch, — ste kam aber nicht mit ihrem gewöhnlichen elastischen Schritt, sondern langsam und unschlüssig näher.
(Fortsetzung folgt.)