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Schlafzimmer. Die Täler find noch nicht sr> «tttett.
Mannheim 5. Febr. Rhein und Neckar find in raschem Steigen begriffen. Der Rhein ist von gestern auf heute von 186 m auf 2.87 m, der Neckar von 2.06 m auf 4 84 w gestiegen. Der Neckar dürste da« rechtsseitige Borland im Lauf de« Vormittag« überfluten. — Lu» Waldmichelbach im Odenwald wird gemeldet, daß dort der Waldmichelbach großen Schaden anrichteto. Die Karlrstroße ist vollständig überflutet. Dar Vieh stand in den Ställen di« an die Köpfe im Wasser und konnte r ur mit großer Mühe gerettet werden.
Nürnberg 5. Febr. Die au« Nordbayern einlaufenden Hochwafssrmelbungen enthalten meist Wendungen wie z. B. „seit Jahrzehnten" oder „seit Jahrhunderten" nicht dagewesen. Die Mainbrücke bei Zopfendorf, die Regnitzbrücke bei Möhrendorf, sowie viele andere Brücken find hinwegeschwemmt. Eine Reihe Lokalbahnen hat den Betrieb eingestellt. Er find mehrere Menschen- leben zu beklagen. Das Fallen der Pegnitz bei Nürnberg hat stch nur als vorübergehend erwiesen.
Regensburg 5. Febr. Die Donau und die hier mündenden Nebenflüsse Labor, Nab und Regen führen bedeutende« Hochwasser. Dis Donau stieg seit gestern mehr als 3 w. Die wilden Wogen führen Hausgeräte, Badehäuser und landwirtschaftliche Maschinen mit sich. Die nieder- gelegenen Häuser mußten geräumt werden. Schwer heimgesucht ist namentlich das Labor tal. Viel Vieh kam in dem Wasser um. Auch aus der Obrrpfalz werden große Verwüstungen gemeldet. Der Marktflecken Hohenburg gleicht einem See. Die Häuser mußten geräumt werden. Der Schaden ist sehr groß. Der Poflverkehr in der Umgebung ist eingestellt.
Wiesbaden 5. Febr. Dis „Wiesbadener Ztg." meldet au« Oberlahnstein: Die reißenden Wasser der Lahn haben die Fundamente der Eisenbahnbrücke vollständig unter- spült, so daß einer der Pfeiler sich bereit« um gelegt hat und die Brücke nach der einen Seite geneigt ist. Sie hängt nur noch lose an der Eisen Vergitterung und ist für die Zukunft unbrauchbar.
Berlin 5. Febr. Die Lage im Heber« schwewmungsgebiet hat stch im Laufe des gestrigen Tage« bedeutend verschlimmert- Die Flüsse sind noch überall im Steigen begriffen. Sur Leipzig wird gemeldet: Durch schnelle« Schmelzen de« Schnee« im oberen Vogtlands find im Elsterland weite Flächen überschwemmt. In Untrrsachserberg, einem Dorf am Abhange des Aschberx es ori der böhmischen Grenze find 3 Wohnhäuser und 3 Wirtschaftsgebäude vom Besser weg gespült worden, wobei 2
Personen umkamen. Auch au« Thüringen werden große kleberschwemmungen gemellwt.
Berlins. Febr. Der Schriftsteller Stein veröffentlicht ein Nachwort zu seinem Buch „Wilhelm II.", wonach der Kaiser selbst den Wunsch ausgesprochen haben soll, daß das Buch nicht erscheinen solle, wenn e« eine beunruhigende Wirkung haben würde. Der Kaiser habe erklärt, auf eine Verteidigung seiner Person komme es nicht an; da» Volk werde einst schon von selbst von den Uebertreibungen der Kritik zurückkommen. Mehr als auf seine (des Kaisers) Person komme es auf den ruhigen Fortgang der deutschen Politik an.
Bonn 5. Febr. Da« plötzlich herein- brechende Hochwasser der Sieg schwemmte bei Hennef 600 Schafe fort. 80 konnten gerettet werden, dis übrigen find ertrunken.
— In Leipzig scheint der junge Mensch, der am 2. Nov. da« Friedrich'sche Ehepaar er- mordete, aber unermittelt blieb, derselbe zu sein, von dem am zweiten Weihnachtstag ein Brief an den Verleger der „Leipziger Illustrierten Zeitung", I. I. Weber, einlief mit der Aufforderung, an einem näher bezeichnten Zeitungskiosk 5000 ^ niederzulegen, widrigenfalls s« ihm ebenso ergehe, wie dem Friedrich'schm Ehe- paar. Der Briefschretber gab an, er habe schon 3 Morde begangen und schrecke vor einem vierten nicht zurück. Um der Drohung Nachdruck zu verleihen, schilderte er einige Szenen de« Morde« und gab an, er habe die Uhr des Friedrich am Tag des Mords« im Leihhaus versetzt. Die polizeilichen Nachforschungen ergaben die Richtigkeit dieser Angabe. Am 8. Januar erhielt Weber einen zweiten Brief, worin der Schreiber nur noch 1000 ^ verlangte. Seine diesmalige Eröffnung, daß er den fehlenden Schlüssel der Friedrich'schen Ehepaars in einen bestimmten Kanal geworfen Habs, führte ebenfalls zur Be- stätigung durch die Polizei. Neuerdings kam ein dritter, in blutige« Papier gehüllter Brief an. Darin erklärt der Schreiber, er habe 30 Morde begangen, davon 3 in Leipzig. Die Staatsanwaltschaft hat auf seine Ergreifung eine Belohnung von 5000 aurgesetzt.
Hamburg 4. Febr. Ein Einschreibe, brief mit Brillanten und Schmucksachsn im Werte von 9000 ist verschwunden.
Brüssel 5 Febr. Zu dem Brands im Kursaal von Spa wird noch gemeldet: Das Hauptgebäude ist bis auf dis Mauern nieder- gebrannt, die Brandursache ist unbekannt.
Salzburg 5. Febr. Das Gigl-Gut am Annaberg wurde von einer Lawine zerstört. Zwei Personen wurden dabei verletzt und eine gerötet. — In Weißbach wurde das Echloßhau« verschüttet. Hierbei wurde ein Bauer getötet.
Wien 5. Febr. Ja ganz Oesterreich wütet ein orkanartiger Sturm. In den Alpentälern ist vielfach Ueberschwemmung eingetreten. Im Salzkammsrgut find 2 Lawinen nieder gegangen. Eine davon fiel auf einen vo (überfahrenden Eisen, bahnzug. Dabei wurden 4 Personen erheblich verletzt. Die über die Traun führende Brücke wurde weggeriffen. In Wien selbst wurden mehrere Personen vom Sturm zu Boden gerissen. Die Feuerwehr wurde mehr als 80 mal requiriert.
Belgrad 5. Fl-br. Gestern wurde da» serbische Memorandum an die serbt- schen Gesandten, die bei den Signatarmächten beglaubigt find, gesandt. In ihm werden alle bisherigen Kompensation«. Forderungen aufrecht erhalten. Es wird eins territoriale Entschädigung verlangt in Gestalt eines Landstriche« zur Verbindung Serbiens mit dem Mimischen Meer und außerdem die Autonomie Bosniens und der Herzegowina unter dem Schutz und der Kontrolle der Großmächte gefordert. Da« Memorandum legt dar, doß die Annex'»! für Serbien eins große Gefahr bedeute. Deshalb rät die serbische Regierung den Großmächten, zur Herstellung de« Gleichgewicht« auf dem Balkan ihren Vorschlag anzunehmen.
Landwirtschaftlicher KrMsverein Calw. Bekamttmachimg.
Wegen Mangels an Nachfrage findet ein Aufkauf von Saatftüchte« seitens des landwtrt- schaftlichen Vereins nicht statt und muß solcher de« einzelnen Gemeinden überlassen bleiben. Vielleicht könnte ein Aufkauf durch die Darlehenskassenvereine vermittelt werden.
Bekanntgegeben wird, daß in Pforzheim vom 1. März d. I ab eine Saatgnt- und Kartoffel- anSstellung stattfinden wird. Gegenstände der Ausstellung sind: Sommer- und Winterfrucht, insbesondere Wetzen, Roggen, Gerste und Hafer, Klee- und Esparsettesamen, Wicken, Mais, Runkelrübensamen, sowie Saatkartoffeln.
AnMeldungest find bis zum 18. Febrnar 1S0S an die Direktion des landwirtschaftlichen Be- ztrksvereins Pforzheim (Gr. Bez.Amt) einzusenden. Der Unterzeichnete ist bereit, nähere Auskunft hierüber zu erteilen.
Calw, 5. Februar 1909.
Der Vereinsvorstavd:
Regierungsrat Boelter.
StarrdeSamt «alw.
Gestorbene.
31. Jan. Hedwig, T. d. Johann Georg Wetzel, Goldarbeiters in Pforzheim, 2'/« Jahre alt.
3. Febr. Franz Josef, S. d. Josef Nagel, Fabrikarbeiters, 11 Wochen alt.
der gastlichen Frage: „Lu bleibst doch zum Diner und den Abend bei uns, Heinrich?"
„Nein, Onkel Robert," aniworlete Heinrich, ans einem langen Noch- sinnen anffohrend, «ährend dessen er in die Perlen in seinem Champagner- glase niederblickte, „ich reffe oltbald nach dem Frühstück heim, ich habe einen Berg Briefs vor gesunden und muß ein paar Stunden arbeiten. Wenn die Tante erlaubt, komme ich am Sonntag zu Tisch und am Syl- vesterabend wie immer zum zweiten Anzünden des Weihnachttbaumer wieder zu Euch."
„Wie immer!" gab die Frau Kommerzienrat zurück. „Du hast im vorigen Jahre beim Sylvesterpunsch und dirrmol gar am heiligen Abend gefehlt» Heinrich, — man weiß ja kaum noch, wann man auf Dich zählen kann I Uns soll e» freuen, wenn Du wenigstens diese« Mal Wort Hallen wirst."
Der junge Fobrikherr ließ mit guter Miene da» erneute Zürnen Frau Martha« über stch ergehen. Seiner Base Christine aber, die ihm betrübt zrflüsterte: „Tu reitest wirklich kalb hinweg. Ich hoffte, Dir Fräulein Münter vorfiellen zu können — um Deinen Schutz für sie zu gewinnen." erwiderte er leise: „Eben dem ersten Eintritt der Fräuleins in bar Haus möchte ich aurweichen! Ich mag nicht sehen, daß men sich solch einem armen Wesen gegenüber spreizt und sie von vornherein zu demütigen trachtet, nur deshalb. weil man vor Hochmut nicht weiß, wie man sie empfangen soll. Ich mag es vollend« nicht sehen, seit Du mir gesagt hast, daß sie Erika heißt. Der Name regt wich schon auf. Ich weiß wohl, daß ich ein. Narr bin, Schwesterherz, aber Tu kannst Dir wohl denken, daß mich die vergeblichen Reisetage innerlich ein wenig nervö» gemacht haben."
Es währte immerhin noch eine halbe Stunde, bevor da« festlich reich« F ühfiück zu Ende ging und eins weitere halbe, ehe dem jungen Fabrtkherrn, der inzwischen mit seinen Tarten, mit Eva und dem Leutnant von Sravenreuth in den unteren Saal hinabgestisgen war und die Weih,
nachtrbescherung gemustert halte, durch Martin gemeldet wurde, daß sein Pferd vor der Tür stehe. Heinrich eilte noch einmal die Treppe empor, um stch oben von der kranken Christine in ihrem eigenen Zimmer zu verabschieden und ihr zur ersten Begegnung mit ihrer neuen Gefährtin eine gute Wunde zu wünschen. Christine sagte ihm da, daß der Wagen zum Abholer? der erwarteten Gesellschafterin längst nach der Station abgegangen sei und beinahe sckon auf dem Rückweg sein könne, was Heinrich Hagen veranlaßts, seinen Abschied noch zu beschleunigen, um nicht am Ende doch dem Einzugs der Fräulein Münter in der Villa beiwohnen zu müssen. Die Vorweisung des Bildes war in der Hak seines Abschiede« auch vergisst« worden. Ueberrascht bemerkte Heinrich, au« Christinen« Zimmer tretend, doß ouf dem Vorflur der Leutnant v. Gravemeuth wartete und eben Martin Auftrog gab, ihn bei dem gnädigen Fräulein arzumelden. Noch indem Heinrich sich unten von der Rätin und seiner jüngeren Cousine Eva verabschiedete und sein Pferd bestieg, stand ihm der wunderlich befangene Gkfichtrouitrnck vor Augen, den er an dem soldatischen Gast des Hauses heute schon ein paar Mal und eben jetzt wieder wahrgenommen hatte. Er fühlte sich versucht» bevor er seinen Fliegenschimmel in Gong fitzte, dem hübschen frühreifen Evchen eine Warnung zvzrflüstern. Aber wie fie j.tzt neben ihm stand, den Hal, der Pferdes streichelnd, und ihn selbst, den stattlichen Vetter liebenswürdig onlächelnd und dabei doch eirmal um« andere über die Aufgangstreppe der Villa zurückblickend, ob Herr v. Gravenreuth noch nicht wieder auftauchrn wollte, mußte er über das kindliche Huldigungsbedürsnis dcr jungen Cousine lächeln und sagte stch selbst; fie spielt noch mit ollem — er ist gefährlicher, fie zu warnen, al, ste ungkwarr t zu lassen. So nickte er, nachdem er vor Tante Martha noch tffnal den Hut gezogen, dem säören Coufinchen zu und sagte: „Guten Abend, Erchen. Iß nicht zu viel Bor bork, K-nd, md glaube ron cllew, wcs Dir Schönes gesagt wird, immer nur den hundertsten Teil!"
(Fortsetzung folgt.)