46

sinken sich u. 8 . Tust. Linkenheil, Schreiner in Calw.

--- Stammheim. Letzten Sonntag hielt der hiesige MilitLrveretn im .Hirsch' seireWeih. nochtrfeier ab. Durch ein Quartett wurde die Feier kingelkitet. Die zahlreich erschienenen Mitglieder wurden aus« beste unterhalten durch dis Aufführung von 6 humoristischen Stücken, welche sämtlich gut gegeben wurden und der halb auch allgemeinen Beifall fanden. Die erste Nummer «Lenäeri-vous auf dem GiMÜsemarkt" führte gleich in» richtige Soldatenlrben ein. Durchdie Jnstruktionsstnvde" unddie Abendstunde in der Kaserne" wurde sehr drastisch da« Tun und Treiben in und außer dem Dienst vor geführt. Viel Heiterkeit erregten .da» lustige Kleeblatt", «der Witzefobrikant" und «der Dorfpolizist". Ganz vorzüglich wiedergegeben wurde «der kranke Orkel". Sämtliche Stücke wurden durch Herrn Schullehrer Köw pf eingeübt, der auch die Aufführung leitete und die Klavierleitung übernommen hatte. Erst in vorgerückter Stunde trennte man sich. Der Militärverein hat mit diesen Larbietungkn seinen Mitgliedern einen genußreichen Abend bereitet und konnte au» dem gespendeten Beifall ersehen, daß er da« Richtige getroffen.

Stuttgart 1b. Jon. (Zweite Kammer.) In der heute fortgesetzten Beratung über Art. 3 der Lolksschuluovelle betr. die fakultative Simul­tanschule führte der Abg. Schrempf (B. K.) au», der Entwurf bedeute die Festlegung der bis­herigen Praxis und genüge jedem Bedürfnis. Er fei nicht der Anfang zur Simultanfchule, wohl aber treffe dies auf deu Kommifsionsantrag zu. Die Simultanfchule fei nicht charakterbildend und werde vom Volke abgelehnt; nicht eine einzige Gemeinde habe darum petitioniert. Gerade die paritätischen Gemeinden hielten um des konfessionellen Friedens willen an der Konfessionsschule fest. Seine Partei gehe keinen Schritt über den Regierungsentwurf hinaus. Dr. Hieber (D. P) betonte, seine Partei habe allen Grund, an die Seite der Regierung und des Kultusministers zu treten, der in anerkennenS-

f?Mnge Zustimmung finden. Der Redner begrün­dete dann nochmals seine Schwenkung in der Frage der fakultativen Simultanfchule. Sie bedeute keine SeringerschätzungdeS Religionsunterrichts. Angefichs der konfessionellen Trennung sei die Konfessionsschule wohl das normale. Aber so wenig diese Trennung vom religiösen und nationalen Standpunkt aus das Ideal sei, so wenig könne ans dem Schulgebiet die Konfessionsschule das allerletzte Ideal sein. Der KommisfionSantrag sei ein gangbarer Weg. Die volksparteilichen Anträge lehne seine Partei ab. Heymann (Soz.) trat für die Simultanschule ein. Die Konfessionsschule verschärfe die Gegensätze und sei auch aus ethischen und schultechnischen Gründen zu verwerfen. In der Verwahrung des Bischofs sei nichts anderes zu erblicken, als das Streben nach Festhalten und Erweiternng der Machtstellung der Kirche im Staatslebeu. Allerdings brauche die Kirche nicht die Dienstmagd des Staates zu sein,

der Staat aber auch nicht der Hausknecht der Kirche. Der KommisfionSantrag sei eine schwächliche Halb­heit und könnte nur für die größeren Slädte von praktischer Bedeutung werden. Die volksparteilichen Anträge seien ein geeignetes Mittel zum Uebergang. Minister v. Fleischhauer, der aus der Tribüne nur sehr schwer verständlich war, bestritt gleichfalls, daß der Entwurf die Simultanfchule enthalte und erklärte es unter Zustimmung zu dem Antrag Späth als eine moralische Pflicht der Gemeinden, auch Mittelschulen für die MinderheitSkonfesfion zu er­richten. Ter Minister sprach sich dann eingehend gegen die Simultanschule und damit auch gegen den Antrag der Kommission und die Anträge der Volks­partei aus. Die Frage sei so wichtig, daß die Rück­sicht auf eine Minderheit nicht maßgebend sein dürfe. Auch vom Standpunkt der Gewissensfreiheit könne man diesen Anträgen nicht zustimmen, die in ihren Konsequenzen zu einer völligen Zersplitterung unseres Schulwesens, zu einer Einschnürung der KonfesstonS- schule und schließlich zur religonSlosen Schule führen würden. Die Volksvertretung werde gut tun, den von Heymann angedeuteten ersten Schritt nicht zu tun. Die Rede des Ministers wurde wiederholt von Beifallskundgebungen des Zentrums begleitet. Kübel (DP.) trat für den Kommissionsantrag ein. Rem- bold - Gmünd (Ztr.) wandte sich gegen den Minister, der von Anfang an mit aller Deutlichkeit hätte sagen sollen, daß seine Unterredung mit dem Bischof eine amtliche war. Der Bischof selbst habe diese Auffassung nicht gehabt. Er habe mit Recht die Interessen seiner Diözese öffentlich vertreten. Zn einem so scharfen Ton seines Vorgehens sei kein Anlaß gewesen. Das Ordinariat habe keine Macht­erweiterung der Kirche, sondern nur die Erhaltung des bisherigen Zustandes verlangt, nicht mehr, als was eS für das katholische Volk für geboten erachte. Daß im Lande ein Bedürfnis nach der Simultan« schule bestehe, müsse bestritten werden. Morgen wird die Beratung fortgesetzt.

Cannstatt 15. Jan. Der Neckar ist infolge der Schneeschmelze und der beständigen Regengüsse stark gewachsen urd hat Hochwasser. Wenn ihm roch weitere Waffe, mengen zugeführt werden, ist ein Heber tritt über da» Ufer zu befürchten. Da» Ei» hatte sich gleich bei Eintritt viknarral wuo gemeldet, daß'der Neckar Treib- ei» führe und Ueberschwcmmungsgefahr bestehe.

Herrenberg 15. Jan. Der Bezirk», geflügelzuchtverein veranstaltet am 30. und 31. Januar eine große allgemeine Gtflügel- auLstellung, an ter sich auch die zu einem Gau­verband zusammengeschlossenen Geflügelzuchtvereine Cglw, Freudenstadt, Nagold und Rotten, bürg beteiligen. Düse Ausstellung dürfte be- sonders gut beschickt werden, indem der aurstellende Verein durch bedeutende Zuwendungen eine Menge schöner Ggldpreise und wertvolle Ehrer preise zu vergeben hat. Die Anmeldeliste wird am 20. d. Mt«, abgeschlossen.

Bartenstein 15. Jan. Gestern wurden zwei Bäckerlehrlinge verhaftet, die den Einbruch»!» iebstahl aus dem hiesigen Post­

amt verübt haben. Man fand bei ihnen noch etwa zwanzig Mark in Postwertzeichen und hun­dert Mark in einer Banknote.

Kleingartach 13. Jan. Der seit dem Weihnachltfest vermißte Müller Friedrich Weiß ist trotz umfassender Nachforschungen bi« jetzt nicht gesunden worden. Da» Stadtschultheißenamt er­läßt nun ein Ausschreiben. Weiß ist 1,75 m groß, von kräftiger Statur, hat weißgraue.Haare und ebensolchen Schnurrbart, stumpfe Nase, tief­liegende Augen und gesunde Gesichtsfarbe, trägt eine schwarze Hose, dunkelgestreifte Oberkletder, einen weißen Schal und hellgrauen Filzhut. Er steht im 63. Leben«jrhre.

Vom Ob er amt Mergentheim 15. Jan. Von dem dietjährtgen schlechten Hasenjahr legt nachstehende Jagd Zeugnis ab. In Löffel­stelzen wurde bei der aus zwei Bögen abgeteilten Treibjagd in zwei Tagen je ein Hase zur Strecke gebracht.

Au» Hohenzollern 15. Jan. Im Jahre 1908 wurden in Hohenzollern im ganzen 1160 Kreuzottern gefangen und getötet und dafür 348 ^ Prämien aurbezahlt. Davon ent­fallen auf den Oberamtrbezirk Sigmaringsn 230, Hechingen 294. Haigerloch 34 und Gamertingen 602 Stück. Die meisten wurden in Jungnau gefangen, nämlich 123 Stück. Ja Sigmaringon wurden 14 Stück erlegt.

München 15. Jan. Vor 1> Jahren war vom Münchener Schöffengericht der verant­wortliche Redakteur der «Münchener Post", Martin Gruber, wegen Beleidigung de« Reichtkommiffar« a. D. Dr. Km! Peters zu 500 ^ Geldstrafe verurteilt worden. Auf die Berufung des Ver­urteilten fällte heute nach dreitägiger Verhandlung das Berufungsgericht folgende« Urteil: Das Urteil des Schöffengericht« wird in drei Punkten auf­gehoben und der Angeklagte wegen zweier Vergehm der Beleidigung zu 400 ^ Geldstrafe eventuell

Peters ist schuldig eine« Vergehen« der Beleidigung, wird aber freigesprochen.

Berlin 15. Jan. Mit dem heutigen Tage tritt die Geschäftsordnungs-Kom- mission des Reichstage» in die Verhand­lung der Anträge ein, die ihr nach den großen November Debatten über da» Kaise«.Interview zur Vorberatung überwiesen worden. E« handelt sich dabei einmal um die Schaffung einer Minister- Verantwortltchkeitsgesetzes, dann aber auch um Aenderungen der Geschäft«ordnung, durch die eins größere Selbstständigkeit de« Reichstages gegenüber der Regierung bei Verhandlung von Interpellationen und Anfragen al« bither erzielt werden soll. Für diesen zweiten Teil der Kom- Mission« aufgabs schlagen mehrere Anträge, die von den Abgeordneten Müller-Meiningen, Haußmann

hatte, im Gespräch mit diesem au» der Gegenwart ins vierzehnte Jahr­

hundert zurück.

Zu seinem Glück hatte Doktor Gerland während der Unterredung mit dem trotzig fordernden Maler weder gesehen, daß der Wagen, in dem Frau und Fräulein v. Herbert saßen, zweimal langsam an der großen Terrasse vorübergefahren war und daß er mit Frank Holter» au« dem Wagen wohl bemerkt worden sei, noch konnte er ahnen, welcher Zwist zwischen Tante und Nichte in den Kiffen eben diese« Wagens während der weiteren Korsofahrt nachklang. Frau v. Herbert hatte sich nicht versagt eine Bemerkung über den Hausgenossen zu machen, der ihr noch Wochen so störend war als am Abend der ersten Begegnung:Sieh dort, Erika Dein Doktor Gerland mit dem verkommenen Künstler, den er in« Hau» gebracht hat. Der gelehrte Herr mnß doch Wohlgefallen an dem Strolch finden und eine Geelensympathie zwischen dem edlen Paar obwalten. Jetzt hat er sogar die ehrwürdige Oberin der Schwestern für diesen Herrn Holter« interessiert, sie läßt sich ein paar verfallene Wallfahrtskirchen in der Campagne von ihm malen. Sie wird so unerquickliche» Gepinsel er­halten al« die Blätter, die Du an Deinen Vater geschickt hast."

«Sie wissen recht gut, Tante Hedwig, daß Doktor Gerland nur dem kranken Künstler und seiner armen Frau zu Hilfe gekommen ist. Papa hat mir übrigen« bereit« geschrieben, daß ihm die Aquarellen recht gut gefallen, es sei etwas apart Wilde» in ihnen, wie man gerade aus Rom fetten erhalte," entgegnete Fräulein Erika und mühte sich, so gefaßt als mHlich drein zu blicken und zu sprechen, obschon der Wechsel der Farben auf dem jugendlich schönen Gesicht die innere Erregung verriet.

«Davon verstehe ich nichts und Du verstehst noch weniger, Kind," versetzte Frau v. Herbert verdrießlich.Ich weiß aber, daß in diesem ganzen Verkehr, zu dem Dein törichte» Mitleid mit aller Welt leider den

ersten Anstoß gegeben hat, etwa« Ungehörige« liegt. Es beweist mir, was ich freilich schon vorher wußte, daß Doktor Gerland kein Gentleman ist."

Kein Gentleman" rief Fräulein Erika so laut und im Tone ehr­lichster Entrüstung, wie er nur der Jugend zu eigen ist, so daß die Tante auf ihrem Sitz zusammenzuckte und die Lippen sofort zu einem Verweis öffnete. Aber da» junge Mädchen ließ sie sitzt nicht zu Worte kommen, sondern fuhr beinahe zitternd fort: «Ich weiß nicht, Tante, wa« und wen Sie einen Gentleman nennen, aber ich habe in unseren Kreisen keinen Mann gesehen, der mir so ehrenhaft, so vertrauenerweckend vorgeko mmon wäre, al« Doktor Gerland. Sie lasten ihn entgelten, daß der Onkel einmal seine Mutter gern geheiratet hätte und ich finde doch, daß ihn die« eigentlich nichts angeht. Alle unsere Tischnachbarn verwundern sich über Ihre Feindseligkeit, denn alle haben sie wahrgenommen und niemand begreift sie, da Doktor Gerland allen gefällt."

Man sollte denken, der Herr Doktor mache Dir den Hof und Du wärst kindisch genug, Dich für einen Mann zu interessieren, der, glaub' ich, noch einmal so alt al« Du" gab Frau v. Herbert zurück. «Ich wenigstens würde an Deiner Stelle zu stolz sein, einen Mann zu lieben, der Dich manchmal tagelang kaum bemerkt und Dich wahrscheinlich für ein noch unreiferes Kind hält, als Du wirklich bist, Erika."

«Ich verlange gar nicht, daß Doktor Gerland sich um mich be­kümmere," sagte das junge Mädchen und blickte au« dem Wagen hinaus, auf die Rase, flächen und Laubgänge der borghestschen Gärten hinunter, um sich eine Miene völliger Gleichgültigkeit zu geben.Ich ich frage auch nicht« nach dem gelehrten Herrn und lasse ihn Fräulein Adder». Hoven mit Freuden, Allein ich kann nicht hören, daß Sie ihm alle Achtung versagen, auf die er doch ein Recht hat, wie wenige I"

(Fortsetzung folgt.)