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Leonberg 4. Jan. JnWeil imDorf wurde am Samstag außer Schultheiß Bock roch Amt« dien er Godel durch da« Oberamt vom Amte suspendiert. Untersuchung ist eingeleitet. E« handelt sich um Unterschlagung von Kranken« kassengeldern in Höhe von 500

Korntal OA. Leonberg 4. Jon. Am Neujahr«fest abend« brach imGip«w erk Feuer au«, da« von der rasch herbetgeeilten Feuerwehr noch unterdrückt werden konnte. Der Schaden ist bedeutend, der Betrieb jedoch nicht gestört. Brandstiftung ist zweifello», da während der Feier« tage die Fabrik nicht geheizt worden war.

Vaihingen a. d. F. 4. Jan. Im Gast« hau« z.Traube" hat ein Einbrecher gestern abend eine Kassette samt der Schublade, an deren Boden sie befestigt worden war, gestohlen. Die Kassette war zum Glück vorher vom Wirt ihre» Inhalt» von ungefähr 1000 ^ geleert worden, we»halb der Dieb, von dem übrigen« jede Spur fehlt, seinen Zweck nicht erreicht hot.

Beutel»bach 2 Jan. In der Sylvester­nacht hat sich hier ein mißlicher Vorfall ereignet. Der hiesige Landjäger hatte Kenntnis davon er­halten, daß an dem Ortsgeistlichen ein Racheakt ausgeübt werden solle, weshalb er mit dem Nacht­wächter bi» gegen 1 Uhr früh am Psarrhau« Wache hielt. Kaum hatte nun der Landjäger den Patz verlassen, so stellte sich ein Haufen junger Leute ein. Unter wüstem Geschrei wurden Pistolen­schüsse abgegeben und Steine geworfen, wobei Fenster zertrümmert wurden. Der Ortrgeistliche zeigte beim Neujahrsgottesdienst einen Stein und eine Kugel vor. In der Nacht vom Freitag auf Samstag wurden wiederholt Fenster mit Steinen eingeworfen. Bei der Untersuchung durch den Landjäger fanden sich weitere Kugeln vor. Bis jetzt hat eine Verhaftung statt gefunden.

Herrenborg 3. Jan. Heute nachmittag hielt der Bezirktveretn de« Bunde« der Land« wirte im Hotel zur Sonne eine besonder« au» den Landorten zahlreich besuchte Versammluug. Den Houptgegenfiand bildete ein Vortrag de« Landtag«adgeordneten Körner überWichtige Fragen der Lande»« und Reich«Politik". Der Redner warf zunächst einen wirtschaftlichen Rück- blick auf da« Jahr 1908, da» man nicht ohne «eitere« loben dürfe, da« aber auch nicht zu denen gehöre, die un« nur Enttäuschungen gebracht haben. Uebergehend zu den Reichrtagrverhandlungen be« dauerte er, daß an den bekannten Novembertagen de« vergangenen Jahre« die höchste Stelle im Reiche in einer Art und Weise habe hereingezogen werden müssen, die jedem Vaterland«freunde wehe getan habe; der Retch»tag trage aber einen großen Teil der Schuld selbst, weil er nicht fckon bei der Entlassung Bismarck« eine so klare Sprache ge­

sprochen habe, wie in diesen Tagen. Bezüglich der Reichsfinanzreform bemerkte der Redner, seine Partei verwerfe die Nachlaßstemr, weil sie nicht die lachenden, sondern dis weinenden Erben be­treffe und viele Härten im Gefolge hätte; ebenso sei die Steuer auf Gar und Elektrizität abzulehnen. Seine Partei empfehle dafür dis stärkere Heran­ziehung der Großbetriebe im Brauerei- und Müller­gewerbe und der Bergwerksgesellschaften, sowie eine Dividendensteuer der großen Aktiengesell­schaften. Von den Vorlagen im württ. Landtag befaßte sich Redner eingehend mit der Volksschul« gesetznovelle. Seins Partei sei für einen ge­mäßigten Fortschritt, Beibehaltung der kon- fesfionelln Schule und des Religionsunterrichts als Hauptfach. Die extremen Forderungen seien zu verwerfen, denn dabei ständen wir vor einer finanzicllen Belastung unserer Gemeinden, die nicht verantwortet werden könnte. Den Dank der Versammlung sprach Gemeinderat Haag Unter- jetiingen aus, der in einer vorausgegangenen Vertrauensmännerversamwlung wieder zum Vor­sitzenden de« Bezirksverein« gewühlt worden war.

Heilbronn 4. Jan. Von den in Messina vermißten Heilbronnernist fitzt endlich glück­licher Weise Kunde eingetroffen: von dem jungen Kaufmann Felix Schwenk haben seine in mehr­tägigen Sorgen geängstigten Eltern endlich eine Depesche erhalten, daß er in Messina gerettet worden ist und sich j tzt in Catania befindet. Der andere Heilbronner, Diem, meldete seinem Pflegevater Kaufmann Heinrich Kleinbach sich ebenfalls als gesund: er besitzt in Antiber an der R vlera eine Gärtnerei und war von seinem Freund Schwenk nach Messina bestellt gewesen, um kort gemeinsame Früchteeinkäufe zu machen. Ein plötzliche« Unwohlsein hat Diem aber von der Reffe zurück- und ihn so gerade in der Kata­strophenzeit von Messina ferngehalten.

Oberndorf 1. Jan. Inmitten de» Sylvkstertrubkl« in einer Wirtschaft Hot sich au« unaufgeklärter, jedenfalls unbegreiflich törichter Ursache ein verheirateter Mann, der als ein stiller und geordneter Mensch galt, mit einem Revolver in den Mund geschaffen. Da die Waffe nur zum Neujahrsfchteßen geladen war, war der Schuß nicht tötlich, hat aber da« Innere de« Kopfe« be­deutend verletzt, sodaß der Mann erkrankt dar­niederliegt. Die Unsitte de« Schießen« hat Heuer etwa« abgenommen; an manchen Plätzen kann e« natürlich nicht unterlassen werden. Der strengen Kälte wegen unterblieb die Produktion der Musik und der Gesangvereine um die Mitter­nachts stunde. Der Sportklub hat sich eine Rodelbahn eingerichtet.

Rottweil 3. Jan. Testern abend kamen hier drei Herren an, welche so glücklich waren,

bei der furchtbaren Katastrophe in Messina unversehrt zu entkommen und außer ihrem Leben wenigsten« da» zu retten, was sie auf de« Leibe trugen, die Herren Karl Müller von hier, Sohn de« Oberamtsdiener« Müller, Han« Schneider au« Nürnberg und Paul Steine- mann au« Wahrender g bei Wittenberge. Die drei Herren find Kanfleute im Alter von 25 und 26 Jahren; sie bewohnten eine freistehende Villa auf einer kleinen Anhöhe in nächster Nähe von Messina und wurden morgen« 5 Uhr 20 Min. durch gewaltige Erderschütterungen überrascht, in­folge deren sie schleunigst die Behausm g verließen. Erst al« e« Tag wurde und sie zur Stadt gehen wollten, sahen sie die ganze Größe des Unglücks und die jammervolle Ver­wüstung, die durch die Katastrophe angerichtet worden war. Am nächsten Tag fiel auch die von den 3 Herren bewohnte Villa in Trümmer. Nachdem sie 2 Lage noch in dem zerstörten Messina geweilt und, wo es möglich war, Hilfe geleistet hatten, wurden sie mit anderen Geretteten von dem deutschen DampferTerapia" ausgenommen und nach Neapel befördert, wo ihnen ein Berliner Herr die Mittel zur Weiterreise zur Verfügung stellte. Während die Chefs der Herren Müller und Schneider mit dem Leben davon kamen, find zwei von den drei Chef« de» Herrn Steinemann umgekommen. Hätte sich das Unglück wenige Stunden später ereignet, so wären die jungen Männer in den Geschäftshäusern gewesen und unter den Trümmern, welche beim ersten Erdstoß einstürzten, begraben worden.

Pforzheim 4. Jan. Gestern verbreitete sich hier das Gericht, der Mörser der Else Bauer sei in Calmbach verhaftet worden. Die Tatsache hat sich vorerst noch nicht bestätigt. Der Ver­haftete konnte vorläufig sein Alibi Nachweisen, doch steht er in dringendem Verdacht, zwischen Wildbad u-,d Calmbach am 16. Dezember einm Raubanfall auf einen Holzhändler verübt zu haben, der ihn wieder erkennen will. Auch hat er sich seit drei Jahren der militärischen Kontrolle ent­zogen. Der Name des Verhafteten ist Karl Beque. Er ist ein 32jährtger lediger Zimmer, mann von Tchönenbuch und kennt den Vater der ermordeten Else Bauer. Nähere» wird dt« Untersuchung noch ergeben müssen.

Aus Baden 4. Jan. In der heutigen Mannheimer Stadtratsfitzung teilte der Ober­bürgermeister mit, daß der Stadt al« erster Beitrag zur Hilfeleistung fürdte Erdbebengeschädig­ten in Süditalien 20000 von einer Mann- heimer Familie überwiesen wurden. Hier wird ein amtliches Hilfskomitee gebildet.

Berlin 4. Jan. Der Kaiser wird sich morgen auf 5 oder 6 Tage nach dem Jagd»

behaglichen Fremdheit in diesem Hause überhoben. Sr wandte sich an die dienende Schwester, die die Begrüßung der beiden angesehen hatte und geduldig noch immer mit den Schlüsseln in der Hand wartete:Wollen Sie der Frau Oberin melden, daß ich da» Zimmer nehmen werde, da« Sie mir zuletzt gezeigt hoben und daß ich von heut an in Pension trete und etwa einen Monat bleibe! Ich freue mich, Ihnen hier begegnet zu sein» Fräulein Adderhoven. Jetzt muß ich hüiabgehen und mein Gepäck herausbringen lassen ich kann doch gleich hier bleiben?"

Die Schwester, die ein wenig verwundert Über den plötzlichen Entschluß de« deutschen Reisenden schien, mußte doch freundlich b>jähen:Wie der Herr Doktor will!" Die Dome aber, in deren Gesicht Mch immer ein Schotten von Unmut oder Verlegenheit sich zeigte» hatte ein paar Mal die Lippen aneinar berge preßt, um ein Wort zwischen ihnen zu ersticken, da« nun doch, al« Dokror Gerland die Marmorflufen hinabging, ihm nach, klang:Sagen Sie mir, wenn Sie an Peter schreiben, Herr Doktor. Er muß zuerst von mir erfahren, daß ich in Rom bin."

Ganz nach Ihrem Wunsch, F äulein Adder hcven," rief der Ankömm« von unten nach oben.Wir wechseln nicht so häufig Briefe, daß Sie mir nicht leicht ein paar Wochen zuvor kommen könnten!"

Sie sah ihn, er sie nicht mehr und so atmete sie tiefer und blickte mit verdüsterten Mienen in den Hof mit seinem Brunnerbecken und seinen Sträuchern uud Blumen hinab.Immer wieder ein Hir dernis, immer wieder Sperrbalken über den Weg, der so kurz und gerade ist/ hauchte sie vor sich hin.Wenn ich ihn gebeten hätte, nicht hier im Hause Quar- tier zu nehmen, hätte e« ihm anffollen müssen. Aber so lange er hier ist, gilt e« wieder zu warten. Meine Heiligen werden ja wessen» warum sie mir da« schicken."

Sie faltete über dem Riegel de« Fenster», an dem sie gelehnt stand, die schmalen Mißen Hände und rasch genug kehrte in ihre Züge die Klar heit und heitere Fassung zurück, die ihnen sorst zu eigen war. Zugleich hörte sie au« dem Flur de« stillen Hanse« herauf, daß der Landsmann,

der ihr nur halb willkommen war, bereit» zurückkehrte und sein Gepäck hinter ihm heraufgebracht wurde. So eilte sie rasch zur Treppe und be­gegnete dem Dokior Gerland auf dem ersten Absatz derselben. Er gab ihr ehrerbietig Raum und Klara Addenhoven sagte lächelnd zu ihm:Viel Glück zu ihrem Einzug denn, Doktor Gerland. Hoffentlich wird'« Ihnen nicht zu still sein hier bei den Schwestern. Ich gehe jetzt nach Santa Maria Maggiore und hoffe. Sie beim Pranzo zu treffen. Um sieben Uhr Sie müssen doch zunächst die Hausordnung und einige» von der Hau«- genoffenschaft kennen lernen."

Friedrich Gerland sah der hohen Gestalt nach, di« in guter Haltung, aber mit leiser Neigung de« Haupte« gegen die Brust, die Stufen der Treppe vollend« hinabging.Tie steht au», al« ob sie selbst in diese« geistlichen Hause Priorin oder Aebtisfin wäre. Und ich habe jedenfall« eine Dummheit begangen, daß ich mich, eigentlich doch um ihretwillen, zu« Hierbleiben entschloß. Run geschehen ist geschehen. Ruhige Arbeitsstunde« find mir hier fidenfoll« gewiß, klebriger« will ich mich mit meiner häus­lichen Einrichtung beeilen und an Rom denken, denn bi« jetzt bin ich au« Deutschland nicht sehr herausgekommen. Die grellroten Kinder in de« wafferblauen Hause find da« Römischste, was mir noch begegnet ist!"

Keine Halbs Stunde später verließ der Deutsche da» stille Hau» der Suore d»lla Crcce und schlug den Weg nach der Ptozza del Popolo und dem Korso ein, über den ihn ein guter Plan der ewigen Stadt nicht im Zweifel ließ.

Am Abend desselben Tage« wurden in dem Speisezimmer für di« Gäste de« Hause« die bescheidenen Kronleuchter über den beiden lange« Tafeln eben angezündet, al« sich die ersten dieser Gäste in den kleine« Vorgemächern zum Eßsaal zu sammeln begannen. Auch Doktor Gerland, der von seinem ersten Tang über Straßen und Plätze ziemlich ermüdet zurückgt kehrt war, trat in die kleinen Räume, al« er aber nur unbekannt« Gestalten wchrrahm, entfernte er sich wieder.

(Fortsetzung folgt.)