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mannr A. Henßler mit einem Arbeiter ein Stück Holz wegtragen, ruschte aber aus dem frisch ge. fallenen Schnee aus und kam zu Fall. Vom nachstürzenden Balken wurde er so schwer an den Kopf getroffen, daß er bewußtlos ins Spital getragen werden mußte. Der Arzt stellte einen schweren Schädelbruch fest, so daß wenig Hoffnung auf Erhaltung des jungen Lebens vorhanden ist.

Stuttgart 9. März. Nachdem der König von Württemberg gestern abend in Be. gleitung des Flügeladjutanten, Oberstleutnant Mohn, die Residenz verlassen hat, um seiner Schwägerin, der Königinmutter im Haag für einige Tage einen Besuch abzustatten, wird jetzt bekannt, daß der König nur bi« Mittwoch in vollem Inkognito dort weilen wird um dann am Mittwoch abend wieder hier einzutreffen.

Stuttgart 9. März. Der Polizeibericht schreibt: Am Samstag vormittag erlitt ein 30 Jahre alter, verheirateter Maler» an einem Neu. bau in der Neefstraße beschäftigt,dadurch Brand­wunden, daß er eine mit Lack gefüllte Blechbüchse an einem Strohfeuer erwärmte, wobei der Lack sich entzündete und die Flamme dem Maler ins Gesicht schlug. Der Verletzte wurde in« Katharinen. Hospital überführt. Heute früh 7°/« Uhr wurde aus dem Mühlkanal in Berg die Leiche eines bis jetzt unbekannten Mannes geländet und ins Leichen. Haus des Pragfriedhofes übergeführt. Personal- beschreibung: ca. 40 Jahre alt, ca. 1.70 m groß, kräftig, dunkle Haare und Schnurrbart, Mücke, volles Gesicht, trägt schwarzen Anzug, schwarzen Ueberzieher mit blaukarrierten Futter, Schnür, schuhe, Tricotunterhose, rotkarriertes Hemd, weiße« Vorhemd, weißen Umlegkragen, schwarzen Schlips, rotkarriertes Taschentuch, graue Socken. Leib, riemen, eine Uhrkette mit Anhänger, bestehend in Zaum, Hufeisen, Striegel, Peitsche, Radschuh, zwei Schlüssel und ein Messer. Die Kopfbedeckung fehlt. Der Verstorbene dürfte dem Fuhrmannr- stande angehören.

Endersbach 9. März. Gestern feierten der Weingärtner Linsenmeier und seine Ehefrau, geb. Hottmann, das seltene Fest der diamantenen Hochzeit. Am Vorabend brachte der hiesige Kirchenchor dem noch rüstigen Ehepaar ein Ständchen und gestern wurde das Jubelpaar durch den Orts- geistlichen in seiner Behausung eingesegnet.

Heilbronn 9. März. (Heilbronner Pferdemarktslotterie.) Viele Gewinne find noch nicht abgeholt. So harren der achte Bar- gewinn von 1000 (Los Nr. 3225) und ein Pferdsgewinn (Los Nr. 6480) noch der Abholung.

Geislingen .9. März. Eine schöne Feier wird heute in unserer Stadt abgehalten, die goldene Hochzeit des Oberamtsbaumeistersa. D. Vetter und seiner Frau geb. Löb. Der Jubilar ist 76, die Jubilarin 73 Jahre alt und beide

erfreuen sich geistiger und körperlicher Rüstigkett. Obgleich das Jubelpaar seinen Ehrentag nur im engsten Kreise begehen will, so nimmt doch die ganze Stadt Antäl, denn der Jubilar, der neben seinem Hauptamt viele Jahre eine Reihe von Ehrenämtern begleitete, ist in Stadt und Bezirk in den breitesten Schichten der Bevölkerung bekannt und eine hochgeachtete Persönlichkeit.

Ulm 9. März. Der am letzten Samstag hier abgehaltene Frühjahrssaatfruchtmarkt war mit 102 Ztr. Roggen, 650 Ztr. Gerste, 1867 Ztr. Haber. 204 Ztr. Weizen. 275 Ztr. Erbsen, 10 Ztr. Linsen, 590 Ztr. Wicken, 80 Ztr. Ackerbohnen, 40 Ztr. Esper und Rotklee und 3184 Ztr. Kartoffeln befahren. Bezahlt wurden für Roggen 11 bis 12 Weizen 11,50 ^ bis 12 Erbsen 10,50 bis 11,20A, Esper 18 ^ bis 196, Kartoffeln 3St bis 5 Der Gesamtumsatz betrug 5973St.

Schramberg 6. März. Während die Gewerkschaften damit beschäftigt find, hier eine Metzgereigenossenschaft behufs Versorgung der Einwohner mit preiswertem Fleisch zu gründen, hat die Mtzger-Jnnung einen Fleischabschlag eintreten lassen, der bei Mastrindflstsch 4 Pfg. und bei Schweinefleisch 6 Pfg. beträgt. Bei Kalbfleisch wird an dem seitherigen Preise von 80 Pfg., der bisher auch der Preis der übrigen Fleischsorten war, festgehalten.

Tuttlingen 9. März. Eine schöne Einnahmequelle besitzt die hiesige Stadt in dem Ertrag ihrer Waldungen. Im obgelaufenen Jahre vereinnahmten sie die stattliche Summe von 45 000St. Ihr Waldbefitz mißt 675 La oder 2143 Morgen. Hiebei befinden sich 56 °/° Tannen, und Fichtenbestand und ca. 44°/o Buchenholz.

Ebingen 9. März. (Arbeiterwohn. Häuser). Vor einigen Jahren wurde hier auf Veranlassung des Oberförsters Schleicher die «Gemeinnützige Baugesellschaft" gegründet, um der hier herrschenden Wohnungsnot abzuhelfen und den Arbeitern billige und schöne Wohnhäuser zu verschaffen. Es wurde denn auch «Ostheim", eine Kolonie von mehreren Arbeitshäusern, ge- baut. Leider aber ging der Verkauf der Häuser ziemlich flau und neuerdings scheinen ernsthafte Streitigkeiten zwischen der Baugesellschaft und den Käufern der Arbeitshäuser zu bestehen. Eine größere Anzahl von Arbeitern gedenkt wieder auszuzikhen und der Genossenschaft die Häuser wieder zu verkaufen.

Pforzheim 9. März. In dem benach. barten Niefern gaben Rekruten einem 12jährigen Schuljungen soviel Freibier zu trinken, daß er total betrunken wurde. Er setzte sich in diesem Zustand an das Gelände der Enz und fiel dabei ins Wasser, wurde jedoch noch rechtzeitig gerettet.

Mannheim 6. März. Zum Abschluß der Jubiläumsausstellung hatte der Ge. neralanzeiger geschrieben, daß auch heute noch ein Defizit vermeidbarerscheine. Allerdings hänge der endgültige Abschluß ab von dem Ausgang verschiedener noch schwebender Prozesse und von der Art der Abrechnung der Ausstellung mit den städtischen Aemtern, namentlich mit dem Wasser-, Ga«, und Elektrizitätswerk. Erfolge diese Ab­rechnung in der Weise, wie sie die Ausstellung-, leitung für berechtigt halte, dann könnte die Heranziehung der Garantiefondrzeichner als aus. geschloffen erachtet werden. Gegenüber diesen Ausführungen erklärt dieVolksstimme" auf das bestimmteste, daß, wenn die Abrechnung in der Weise stattfinde, wie sie sich allein rechtfertigen lasse, nicht weniger als 70 Prozent des Garantie, fonds eingcfordert werden müßten.

Aus Hohenzollern 6. März. Kürzlich wurde in einer Gemeinde des hiesigen Oberamtes eine Fernsprech-Stotion errichtet. Als die Ein- richtung fertig gestellt war, knüpfte die Postver. Wallung Haigerloch ein Gespräch an mit der neu. errichteten Stelle und machte u. a. die Mitteilung: Sie werden nächstens einen Mobilmachung s. brief erhalten, den sie gut aufheben müssen. Der Empfänger erschrak ob dieser Meldung und machte die Mobilmachung alsbald im Dorfe be. kannt. Die jungen Leute, die sich gerade in der Theaterprobe befanden, hörten augenblicklich auf zu spielen und ein im letzten Herbst zur Reserve entlassener junger Mann lief schnurstracks heim zu seiner Mutter und bat sie: Mutter, richte mir auf morgen früh zwei frische Hemden hin und zwei Paar Unterhosen, 's zeit Kriag. Die Panik im Dorfe war groß, bis sich die Sache als Mißverständnis aufklärte.

Würzburg 9. März. Zwei vermummte Männer drangen in Martinsheim bei einer 80jährigen Privatiers ein, banden sie und raubten 10000 in Geld- und Wertpapieren.

Berlin 9. März. Aus London wird ge. meldet :Harald News Paper", ein Arbeiterblatt, das sich jedoch durch Mitteilungen aus amtlichen und höfischen Kreisen nicht selten als zuverlässig gezeigt hat, stellt die Lüftung des Schleiers über den Brief des Kaisers an Lord Tweedmouth folgendermaßen dar: Die Angabe, Lord Tweed- mouth habe den Brief des Kaisers einer ganzen Reihe von Personen gegenüber erwähnt, ist falsch. Er habe außerhalb seines Prtvatzirkels nur zu zwei Leuten davon gesprochen, einem Oberhaus. Mitglied mit besonders regem Interesse für Marinefragen und einem hohen Beamten der Admiralität. Einer von beiden müsse die Sachs direkt oder indirekt dem militärischen Ge- währsmann der «Times" mitgetetlt haben urü> Lord Tweedmouth ist sich über die Person, der der Vertrauensbruch zur Last fällt, vollkommen

2. Kapitel.

Das Gewitter hatte sich verzogen, schneller noch, als es gekommen war. Hauptmann Wimkach» Ballon stand längst im Schuppen von Jaspers. Hagen verpackt, als die ersten Schatten der Dämmerung ihr Goldnetz über die Fluren senkten, die nach dem erfrischenden Regen beinahe etwas Früh, lingshaftes bekommen hatten.

Nach einem kleinen Imbiß, ten ihm Hilde durch eine der Mägde gesandt, hatte er sich umgezogen und war dann beschäftigt gewesen, seinen Bericht zu verfassen, den er mit einem Telegramm zusammen nach dem nächsten Postamt schaffen lassen wollte.

Haben Sie einen Boten, Mamsellchen?" fragte er Hilde, die ihm auf der mächtigen Diele der einfach gebauten Gutshauses in den Weg lief. «Aber er muß zuverlässig sein."

Sie versprach ihm, einen Ausbund von Gewissenhaftigkeit zu senden, und bat ihn zugleich, bei seinem Freunde anzufragen, ob er zur Abendmahl, zeit herunterkommen wollte.

Eine Viertelstunde später ritt Klaus Wittensand, der bei den Ulanen in Demmin gestanden hatte, mit den Postsachen des Hauptmanns in den leise herntederfinkenden duftklaren Abend hinaus, während aus den Fenstern de» großen selten benutzten Eßzimmer» im Erdgeschoß des Gute Haus es schon da« Licht der Lampen blinkte.

Malwitz hatte sich nach langem vergeblichen Zureden des Hauptmanns ermuntert und war wieder aufgestanden, wiewohl er diese Nötigung für eine geradezu grausame Maßregel erklärte, da man bei Abwesenheit jede« herrschaftlichen Familiengliede« keine Rücksichten zu nehmen brauche, er also ebensogut im Bette hätte speisen können. Aber Wimbach hatte schließ, lich mit dem Hinweis auf die außergewöhnlich nette und hübsche Guts, mamsell doch den Sieg davongetragen.

Nun saßen die Beiden sich in dem altmodisch ausgestatteten, mäßig beleuchteten Riesenzimmer einander gegenüber, lauter gute Dinge vor sich, wie der ländliche Tisch sie auch bei Ueberrumpelungen zu bieten imstande ist, und dennoch hatte bisher keiner von ihnen sein Gedeck angerührt. Sie warteten nämlich aufMamsellchen", für das sie aus eigener Machtvollkommen, heit ein drittes Gedeck hatten auflegen lassen.

AberMamsellchen" wollte sich nicht blicken lassen, trotzdem sie schon zweimal nach ihr geschickt hatten, und Malwitz, der Leutnant von den Garde- dragonern, in seinem schick fitzenden Jagdkostüm knurrte unwillig:Da haben Sie's, Wimbach! Ich bin wirklich wieder der Dumme! Aber warum bin ich nicht konsequent gewesen und liegen geblieben! So 'ne kleine pom- mersche Gans hat doch keine Ahnung!"

«Sagen Sie da« nicht, lieber Malwitz!" meinte lächelnd Wimbach, der schon seit fünf Minuten immer heißer mit einem köstlich duftenden gebratenen Hähnchen liebäugelte.Das Mädel ist nicht halb so dumm, wie Sie sich einbilden. Steht hier dem ganzen Kram vor, seitdem der Inspektor durchgebrannt ist. Mitten in der Ernte! Ach nein, allen Respekt! Sie führt für ihr Alter ein bewundernswerte» Regiment."

Meinetwegen", brummte Malwitz und stocherte rücksichtslos an einer Platte mit allerhand Schinken-, Wurst- und Gänsebrustschnitten herum. Aber da es mein Regiment nicht ist, das sie führt, so"

Still! Das wird sie sein!" flüsterte der Hauptmann und sah ge- spannt nach der Tür. Richtig, da trat die Erwartete über die Schwelle. Sie hatte offenbar Toilette gemacht, aber sich nicht etwa in städtische Klei- düng gesteckt. Ein dunkler Rock mit dem landesüblichen Faltenreichtum schloß dicht über den Knöcheln ab, und ein Heller Schimmer zwischen dem sich leise wiegenden Saum und den koketten Halbschuhen verriet, daß die Füßchen in leuchtend weiße Strümps geschlüpft waren.

(Fortsetzung folgt.)