Der festgesetzte König
Die Erzählung einer wahren Begebenheit von Karl Maussner
König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen liebte sein Leben lang die Schlichtheit in allem: er war ein bürgerlicher König, und er ging, zumal „zu Hause" in den Gärten Potsdams, die er groß liebte, noch allemal lieber im einfachen Rock des Bürgers als etwa in der königlichen Uniform mit Säbel, Band und Stern.
Eines schönen Sommervormittags war er, lange dazu, wieder in den inneren Gärten um das Neue Palais gewandert und hatte dabei so seine Gedanken — und die neue Parole, die gestern erst ausgegeben, wollte ihm — er merkt' es urplötzlich! — absolut nicht mehr einfallen, solange sein Nachdenken auch einen ununterbrochenen Kreislauf tun mochte... Was sollte die dumme Parole auch, jetzt, im Duft der Rosen, im tausendstimmigen Vogelkonzert?...
Der König begann seine Schritte endlich heimwärts zu lenken, dem Schlosse zu. Denn er war ein pünktlicher Haushalter und Hausherr, und das Mittagsmahl hatte er noch nie ohne zwingenden Grund versäumt.
Alles wäre wie am Schnürchen gegangen wie alle Tage, wenn da an einem der inneren Pforten des gedehnten Parks — nun ja, der stramme Grenadier, der tadelfrei vor seinem Schilderhaus den Weg hin und her seine Schrittrunde tat, nicht gewesen wäre! ...
Der Soldat, vor wenigen Tagen erst aus der Provinz zum Leibregiment versetzt, hielt den einsamen Spaziergänger, der sich so beiläufig durchzuschlängeln im Begriffe schien — der König merkte es Wohl, daß der Soldat ihn nicht grüßen mochte! —, scharf an und forderte ihm die Parole, ohne die hier keiner Lurch dürfe, ab.
Die Parole — ja, jetzt ausgerechnet diese ^ Parole —, wo der König unter gar keinen Umständen ihrer sich erinnern kann!
Was tun?...
Der König versucht es, den Soldaten da- !von zu überzeugen,' daß er selber — der l König, sein oberster Kriegsherr, sei...
Da kommt er aber schlecht an:
.Lieber Mann", spricht die Wache, Hohn im Wort, „das kann ein jeder sagen — nun,
> Wie ein König seht Ihr mir gerade nicht aus — unser König hat noch allemal eine Uni-
!form an, und die Brust hat er mit Orden besetzt, über und über — und die Parole ! tvüßt' er noch allemal!"
Da half wenig.
Da war nichts zu tun.
Der König redete und redete, gegen seine i Gewohnheit — aber den Soldaten konnte das s nur noch mißtrauischer machen, und als der König, dem das Reden und unnütze Verhandeln lange über sein mochte, nun gar >den Versuch machte, einfach seitwärts zu ent-
> kommen, hatte ihn der Soldat in einer Schnel- ! ligkeit, die ihm nicht zuzutrauen gewesen, mit
> starker Hand am Schlafittchen — ja, nun half nichts mehr: dem König wurde von seinem Grenadier jedes weitere Wort strikte'verboten, und er selber hatte im Schilderhaus stehenzubleiben und durfte sich nicht einmal rühren, während unser Soldat mit schußbereitem Ge-
l wehr und pflichtbewußter Miene vor dem Schilderhaus, dem nicht sehr umfänglichen . Arrestlokal, seinen unverrückbaren Stand j faßte. —
„Wie lange es denn noch dauere, bis die ^ Wachablösung, gewiß unter einem altgedien- t'en Sergeanten, käme? ... Der würde Wohl schöne Augen machen, wenn er seinen König, den, wenn auch ein wenig anders, zu bewachen freilich Aufgabe eben der Wache sei, so der
— Freiheit beraubt vorfände! ... Und die Mittagstafel — die würde er nun versäumen und die Königin gar beunruhigen?..."
„Schweig' Er mit seinem dummen Gewäsch da!"
Nein, da half gar nichts!"
Es galt jetzt ganz einfach und ausschließlich, sich in Geduld zu fassen und weiter zu üben.
Oh, wie lang doch können einem so Gefangenen einfache fünf Minuten werden, eine viertel, eine halbe Stunde gar, und jetzt ist
— der König sieht's an der schlichten Uhr, die er immer bei sich zu tragen Pflegt, und findet's bestätigt vom Glockenschlag des Neuen Palais! (ach, hätte er nur den mindesten Ausweis, das kleinste Schriftstück bei sich, denkt, halb verzweifelt, der König!) — ja, eine geschlagene Stunde steht er da also im königlichen Schilderhaus als — Arrestant! ... Hilft nun einmal nichts: der König — wird nun auch noch die letzte halbe Stunde bis zur Ablösung der Wache ausharren müssen ... Ja, das ist nun einmal wohlanerzogene Preußische Disziplin, die nicht mit sich handeln läßt, denkt, betroffen, im Grunde gar nicht unzufrieden, sich, soweit es erlaubt, die Langeweile vertreibend und vertretend, Friedrich Wilhelm IV.
Da, da! ... Drüben geht, suchend, des Königs Leibdiener! Man wird den König Wohl vermißt haben und weiß es doch, daß er nur im Park sein kann. — Die Königin wird suchen lassen...
,„Heinrich, Heinrich!" ruft es laut aus dem Schilderhaus.
" „Will Er auf der Stelle das Maul halten
— oder ich schieße —, da drüben geht Wohl Euer Spießgesell?"
Der König ist gezwungen, auf der Stelle zu schweigen — aber Heinrich hat des Königs absonderliches Rufen sogleich vernommen und kommt eilends näher:
„Aber, Majestät!" stammelt er verwundert.
„Ja, Heinrich, dein König ist arretiert, schon weit über eine Stunde — hör', ich Hab' die Parole, die blöde Parole vergessen!"
Wenn nun einer geglaubt hätte, jetzt wäre alles gut gewesen und seine richtigen Wege wieder gelaufen, so hat er ganz gewiß nicht mit der Festigkeit und Pflichttreue eines preußischen Grenadiers gerechnet! ... „Halt!" donnert der Soldat, der sich in dem Glauben erhielt, ihm solle nun erst recht eine tolldreiste Komödie Wohl verdächtiger Elemente vorgespielt werden, in diesem Augenblick dazwischen. „Schweig' Erl Schweig' auch der Herr! — —"
Und dann spricht der Soldat zum Leibdiener: „Geh' Er schnell, sonst muß ich Ihn auch noch ins Schilderhaus stecken!"-
Nein, da half wieder nichts!
Der Leibdiener des Königs rennt allsogieich eilends zum Schloß und zunächst in großem Trab um die nächste Ecke, um womöglich von dem rabiaten Grenadier (au, dem mag's schlecht gehen nachher!) nicht noch eine blaue Bohne nachgejagt zu erhalten.
Heinrich, geistesgegenwärtig gewiß, rennt allsogleich zum Schloßkommandanten, einem Oberst, und erklärt dem, händeringend und mit stockendem Atem, daß Seine Majestät vom Posten am Garteneingang — arretiert sei und bereits seit weit über eine Stande im Schilderhaus gefaugenstehe ...
„Waaas??..."
„Ja, ja, Herr Oberst!"
Der rennt, als hätte er mit einemmal Zunder zwischen den Beinen, zu seinem Adjutanten, und der, zusammen mit dem Obersten, rennt, noch viel, viel schneller, zur Schloßwache und dem gerade diensttuenden Leutnant, und alle zusammen rennen sie nun, die sämtlichen Grenadiere der Wache, der Leibdiener, Gärtner, Hauspersonal, Köche und wer sonst gerade in der Nähe sein mochte, hinterdrein, wie ein richtiger Kometen- schwanz, stürmend zum bezeichneten Schilder
haus — der Posten, der, mit entsichertem Gewehr, seitlich von seinem Arrestanten gestanden, Präsentiert nun vor den Offizieren und seinem Leutnant, der ihn allsogleich zur Seite treten heißt, und die Offiziere und die inzwischen schnell wohlausgerichtete Reihe Grenadiere stehen nun stramm vor dem aus dem Schilderhaus ein wenig lächelnd heraustretenden - König, und der Oberst bittet die Majestät auf der Stelle groß um Entschuldigung — und die Parole, die vergessene, die alles verschuldet hatte, bekommt der König auf der Stelle — und, ach ja. jetzt weiß er es. wie er nur etwas gewußt, und es war der rechte Hohn fast, denn sie hieß: „Freiheit, Pflicht. Gerechtigkeit"!
Aber nun ist ja alles gut: die Offiziere nehmen allsogleich und einigermaßen natürlicherweise den Wachgrenadier ins Gebet — aber da mischt sich gleich der allzeit gerechte König ein: Nichts, aber auch gar nichts dürfe der Wache geschehen — der Mann habe durchaus nur seine Pflicht getan und als Soldat und Wache in den königlichen Gärten ganz und gar und verständig obendrein gehandelt — und der König im Bürgerrock nickt dem mit hochrotem Kopf, nun freilich sehr verdattert, ja, wie an der halben Welt irre geworden. dastehenden Grenadier lächelnd, ja gnädig zu.
Der König ging nun, der Leibdiener Heinrich hinterher, während noch alle, präsentierend oder ehrfürchtig grüßend, standen, ruhig seines Weges zur verspäteten Mittagstafel und erzählte dort, heiter durchaus, der besorgten Königin und allen das eben über- standeue Abenteuer in den friedlichen Gärten seiner Residenz.
Dem wachsamen Grenadier ließ er noch am gleichen Nachmittag durch einen seiner Adjutanten einen blanken Dukaten mit seinem Bildnis darauf als Lohn für seine unbeirrbare Haltung überreichen, und die ganze Residenzstadt, in Kasinos und Kasernen, auf Straßen und auf Märkten, in Wirtschaften und in den Zimmern der Bürger und der Offiziere des Königs, hatte zumindest eine ganze Woche eben diese hübsche Geschichte von ihrem arretierten König, wieder und wieder in neuer Fassung und gemehrter Auflage, zu berichten, und so ist sie — solch wahre Geschichten haben ein langes Leben! — die ganzen dazwischenliegenden mehr als hundert Jahre trotz allen großen Welttheaters, bis auf unsere Tage gekommen.
Wandlung /
Immer wieder überflogen die Augen Lutz Heisings das Briefblatt in seiner Hand. Bei der Durchsicht der Schreiben, die auf seine Anzeige eingegangen waren, die die Suche nach einer medizinisch und wirtschaftlich gss- schulten Mitarbeiterin für ein Sanatorium zum Inhalt hatte, fand er es.
Anna-Gret Lindkamp —, der Name führte ihn zurück in seine Jugend. Unsanft erschien ihm daher die Stimme der Schwester, die draußen einen verspäteten Patienten abzuweisen versuchte, und ihn in die Wirklichkeit zurückriß. Als wolle er auch den letzten privaten Gedanken auslöschen, fuhr er rasch einmal mit der Hand über die Stirn.. Seine Sinne waren durch jahrelange Gewohnheit zur Umstellung geschult, und so gehörte er für die nächste Zeit ganz dem Ratsuchenden. — Nach dessen Fortgang mußte sich Schwester Maria einen kleinen Vorwurf gefallen lassen: „Aber Schwester Maria, Sie wissen doch, daß ich für meine Kranken immer zu sprechen bin."
„Ich werde mich bessern, Herr Doktor, aber mal müssen Sie ja schließlich auch Ruhe haben", war die bei solchen Anlässen immer wiederkehrende Antwort der Schwester. „Uebrigens soll ich Sie von dem kleinen Schwarz grüßen; es ist ihm gar nicht so recht, daß der Onkel Doktor nicht mehr kommt, und er bemüht sich deshalb, mit Bauchweh einen Grund zu finden." — „Ach, der Wolfi! Nun, sagen Sie ihm nur, ich würde mich bestimmt mehr freuen, wenn er mich ohne Bauchweh einmal besuchen wollte. — Auf Wiedersehen, Schwester, bis morgen." —
Schneller als sonst wendeten sich die Gedanken Lutz Helsings von seinen Kranken ab, um wieder in Erinnerungen zu fallen. —.
Sie durchwanderten seine Kinderspiele, die ohne Anna-Gret nicht zu denken waren. Ihre Freundschaft bekam den ersten ernsten Riß, als er ihr seinen Plan, Arzt zu werden, mitteilte. Mit krasser Sachlichkeit, die ihm heute selbst unfaßbar schien, hatte er vor ihr die Frage der Berufswahl mit ihrem Für und Wider entwickelt. Er war sich lange nicht klar gewesen, hatte geschwankt zwischen Jurist, Kaufmann, Chemiker, Mediziner, und hatte sich schließlich für den Beruf des Arztes entschlossen; einzig und allein deshalb, weil er dort die besten finanziellen Möglichkeiten sah.
Anna-Grets Blick traf ihn, als sähe sie ihn zum ersten Male. „Arzt sein heißt helfen wollen, und alles andere kommt erst viel später." Das war der Sinn ihrer zornigen Erwiderung. — Damals hatte er sie ausgelacht und
Skizze von B. L. Möller
Küken genannt. Erst später, viele Jahre später erfaßte er, wie sehr sie im Rechten war.
Gewiß, er hatte von Anfang an eine auskömmliche Praxis und setzte sich auch für seine Kranken ein, so wie es dem Rahmen seiner medizinischen Fähigkeiten entsprach und in seine Auffassung von beruflichen Pflichten Paßte.
Auch in jener Nacht schien es nicht anders zu werden als sonst. — Man hatte ihn zu einem sechsjährigen Kinde gerufen. Ein schwerer Diphtheriefall. — Er machte den üblichen Schnitt und setzte eine Röhre zur Erleichterung der Atmung ein. Dann bat er um Benachrichtigung der Eltern, die sich jedoch auf einer Reise durch die USA. be- sanden.
Während er noch einmal den fast verschwindenden Puls sühlt, gab er der Schwester einige Anordnungen, und im Bewußtsein, alles nur Mögliche getan zu haben, ließ er die Hand des Kindes fallen, um sich zum Gehen zu rüsten. — Doch das Kind, das bis dahin matt und röchelnd in den Kissen gelegen hatte, fuhr auf, griff mit den Händchen in die Luft, und in seinem Lallen kehrte das Wort „Mama" immer wieder. Es schien ihn für die Mutter zu halten, denn als er die suchenden Hände wieder mit seiner Rechten umschloß, beruhigte es sich. Und da, — da alles medizinische Wissen sich einem Höhepunkt beugen mußte, — wurde Lutz Helsing zum wahren Arzt. Die Schwester ward bald zum Schlafen geschickt; und er kämpfte zum ersten Male auch als Mensch um das junge Leben.
Als gegen Morgen ruhige Atemzüge den heilenden Schlaf kündeten, waren ihm die Worte Anna-Grets eingefallen. Er hatte erkannt, daß man mit einer Einstellung, wie er sie noch gestern hatte, niemals ein wahrer Arzt sein konnte.
Viel hatte sich seit jener Nacht geändert. Sein Name war weit über die Grenzen seines Bezirks gedrungen. Und seitdem ihm sein Helferamt zu einer hohen Mission geworden war, fühlte er nicht nur seine Kraft sich mit den Anforderungen steigern, sondern die Berufung zum Seelenarzt, wenn es galt. Zusammengebrochenes wieder aufzurichten.
Nie hörte er in dieser Zeit von Anna-Gret. Er wußte nur, daß sie damals, kurz nach ihrer Trennung, nach Schweden gegangen war. Nun hatte sie sich auf seine Anzeige gemeldet. Ob sie ahnte, wer sich hinter der Chiffre verbarg?
Sie durfte es jetzt — denn sie würde zufrieden sein mit ihm.
Erzählte Kleinigkeiten
Von einem berühmten Universitätsprofessor wird dieses hübsche Geschichtchen erzählt;
Der Professor hielt naturwissenschaftliche Vorlesungen, bei denen er ausgezeichnet experimentierte. Als er nun eines Tages im Kreise seiner Hörer einem Frosch das Gehirn herausnehmen wollte, entwischte das Tier Plötzlich und sprang vom Pult herab auf den Boden.,
Alle Anwesenden brachen hierüber in lautes Gelächter aus. Das ärgerte den Professor, der an diesem Tage schlechter Laune war, und er sagte:
„Hier haben Sie den Beweis dafür, wie wenig Gehirn dazu gehört. Sie zum Lachen zu bringen!"
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Der Historiker Gervinus stellte unter den Dichtern Shakespeare am höchsten, wogegen er bei den Musikern Händel am höchsten schätzte.
Eines Tages geriet er mit einem Bekannten, der sehr für Mozart eingenommen war. deswegen in Streit. Als man sich gar nicht einigen konnte, sagte der Bekannte zu Ger- vinus:
„Wozu sollen wir uns weiter streiten? Es hat ja doch keinen Zweck. Sie sind und bleiben eben händelsüchtig!"
Der alte Grillparzer fällte einmal ein hübsches und treffendes Urteil über die Musik.
Er erhielt eines Tages Besuch, als er gerade eine Händelbiographie las. Sein Gast fragte, wie ihm das Buch gefalle.
Grillparzer entgegnete:
„Ach, das Buch ist recht fesselnd, aber ich muß gestehen: Beschriebene Musik ist genau sowenig imstande, zn befriedigen wie etiva erzähltes Mittagessen!"
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Eine seltene Kaltblütigkeit bewies einmal der berühmte Nechtslehrer von Wacchter.
Vor Leipziger Studenten hielt er ein juristisches Kolleg ab. Mitten in seinen Ausführungen stockte er mit einemmal. faßte sich an den Puls und sagte:
„Meine Herren, ich muß meiuen Vortrag unterbrechen! Mein Puls setzt aus, und mein Arzt sagte mir gestern, daß ich ein toter Mann sein werde, wenn dieser Zustand länger als eine Minute anhält!"
Damit zog er seine Uhr, legte sie auf das Pult vor sich hin und verfolgte mit größter Aufmerksamkeit die Umdrehung des Sekundenzeigers, während seine Zuhörer vor Schreck wie gelähmt dasaßen und angstvoll auf den verehrten und beliebten Lehrer blickten.
Endlich — dem Auditorium schien es eine Ewigkeit — sagte von Waechter:
„Jetzt arbeitet mein Puls wieder! Der Tod ist noch einmal an mir vorüüergegangen! Fahren wir also in unseren Betrachtungen fort, meine Herren!"
Mäufejagd auf dem Richterlich
Eine Gerichtsverhandlung in Sender in Norwegen wurde durch das aufdringliche Benehmen einer Maus unterbrochen, die auf den Richtertisch kletterte und großes Interesse für die Akten zeigte. Alle Prozeßbeteiligten gingen nun auf die Mäusejagd, und dem Verteidiger, einem Rechtsanwalt aus Moß, gelang es, den kleinen Störenfried zu fangen. Von einem Todesurteil wurde Abstand genommen, die Maus „flog" durchs Fenster in die Freiheit. Als man sich wieder zur Fortsetzung der Verhandlung gesetzt hatte, spazierte eine weitere Maus auf den Richtertisch zu; sie war noch größer als die erste. Auch sie wurde gefangen, diesmal war der Staatsanwalt Jagdkönig. Mit einer Kelle Lehm verschmierte jetzt der Gerichtsdiener das Mauseloch in der Wand, und die Gerichtsverhandlung konnte ohne weitere Störung zum Abschluß gebracht werden.
Joseph, der „Messervirtuose"
Die Metzger der Schlachthäuser von Chikago erfreuen sich eines internationalen Rufes über ihre Geschicklichkeit, das Messer zu handhaben. Das Messer ist in ihrer Hand gewissermaßen ein Instrument geworden, mit dem sie so umgehen. wie ein anderer Mensch vielleicht mit seiner Hand, wie ein Pianist mit seinen Fingern. Deshalb war es von den beiden Banditen unbedingt leichtsinnig, in den Metzgerladen des Joseph Jankowitsch einzudringen, um ihm 175 Dollar abzunehmen. Joseph hatte lange in den Schlachthäusern gearbeitet. Er konnte sich zwar vor den auf ihn gerichteten Waffen in der Sekunde nicht schützen, aber kaum drehten ihm die Banditen den Rücken, als er auch schon zwei große Messer ergriff und den Banditen nachschleuderte. Der erste Messerwurf riß dem einen den Hut vom Kopf und pickte den Hut gegen die Tür. Das zweite Messer aber fuhr dem anderen Banditen tief in die linke Schulter. Allerdings gelang es dem ersten Verbrecher, seinen Kumpanen noch mit in das Auto zu reißen und davonzufahren. Aber die Polizei überwacht jetzt alle Aerzte und Krankenhäuser, denn früher oder später muß sich ja der Mann melden, dem die Messerklinge des Joseph Jankowitsch in den Rücken fuhr.