Das alte Bild
Don Ferdinand Fosef Holzer
Seit dreißig Jahren stand es beim Dorfschneider droben auf dem Boden, den Spinnenweben preisgegeben, die es mit einem feinen Schleier umhüllten, als müßten sie es vor der Verständnislosigkeit der Menschen beschützen. Kein Mensch kümmerte sich darum, und es Würde noch heute nicht aus seinem Dornröschenschlaf erwacht sein, wenn es nicht der funa- Dorfschneider entdeckt und wieder zu Ehren gebracht hätte.
Das Bild besitzt seine Geschichte. Vor dreißig Jahren kam in das Dorf ein junger Maler aus München. Er meldete sich beim Bürgermeister und fragte, ob der alte Bahnwärter Martin Bockenreuther noch lebe. Der Bürgermeister mußte ihm den betrüblichen Bescheid geben, daß Bahnwärter Bockenreuther schon vor sechs Jahren gestorben sei und daß ihn auch sein altes Weib nur um etliche Monate überlebt habe.
Der junge Maler nahm diese Kunde mit doppelter Betrübnis auf; denn zum ersten War der Bahnwärter sein Großvater gewesen und zum zweiten trug er den Befehl seines Arztes in der Tasche, mindestens ein Vierteljahr in der Stille und gesunden Luft eines Bergdorfes zu verbringen, wenn er sich von seiner Lungenkrankheit wieder erholen wolle. Und nun war der Plan, den alten Großvater aufzusuchen und sich von der Großmutter gesundhätscheln zu lassen, jählings ins Wasser gefallen.
Mit umflorter Stimme erzählte er sein Schicksal dem Bürgermeister. Dieser meinte, daß er ja leicht anderswo Unterkommen könne; jeder Bauer nehme ihn gegen eine kleine Bezahlung auf. Aber darin lag eben die Schwierigkeit; denn der Maler besaß nicht mehr, als er auf dem Leibe trug, und dies war dünn und schäbig genug.
Ohne Hoffnung machte sich der Maler wieder auf den Weg, das Dorf zu verlassen. Da wandte sich plötzlich sein Schicksal; denn als er so armselig dahinschlich, redete ihn ein älterer Mann an und fragte nach seinem Kummer. Ehrlich erzählte der Maler sein Los. Da sagte der alte Dorfschneider, denn dieser war es: Wenn's weiter nichts ist als das, dann kann dir geholfen werden. Ich bin zwar bloß der Dorfschneider, über den die anderen lachen; aber auf so ein sperr's Mandel, wie du bist, kommt's mir nicht darauf an. Bleib nur
dein Vierteljahr im Dorf und erhol* dich! Hat's bisher bei mir für sieben gelangt, dann langt's auch für den achten."
So kam der Maler doch zu seinem Erholungsaufenthalt. Nach zwei Monaten war der junge Mann wieder so aus den Beinen, daß er sich nach Arbeit sehnte. Der Schneider beschaffte ihm von seinem bißchen Geld Leinwand und Farben, und der Maler malte ihm zum Dank dafür ein großes, mächtiges Bild, das Bild seiner alten Mutter, just so. wie sie hinter dem Ofen saß mit ihrem schwarzen Spenzer, dem faltigen Rock und dem noch faltigeren Gesicht, in den Händen den Strick- strumps haltend, den unvermeidlichen Strick- strugipf.
Als der Maler gesund und froh wieder in die Fremde ging, ließ er dem Dorfschneider das Bild zurück. Der hing es in die Stube und freute sich. Aber nicht lange; denn die Bauern des Dorfes spotteten darüber und nanten ihn einen Narren, weil er den Maler volle drei Monate umsonst gefüttert habe. Und wenn er ihm dann schon statt des Lohnes ein Bild gemalt hätte, dann hätte es zum mindestens doch ein Heiliger sein müssen, entweder der heilige Martin mit dem Bettler oder der heilige Rochert mit dem Pestkreuz. Aber so. die verhutzelte Gestalt eines Weibseins, das kein einziges Wunder vollbracht habe, bloß acht Kinder geboren und großgezogen wie so viele andere auch, so was brauchte man doch nicht zu malen.
Den alten Dorfschneider verdroß dieses Gerede so sehr, und noch mehr verdroß es die uralte Mutter selbst, daß er eines Tages das Bild auf den Dachboden trug und in den Winkel stellte. Da stand es bis vor wenigen Wochen.
Da feierten sie im Dorf zum erstenmal die Verteilung der Mütterkreuze. Etliche Tage vorher sagte der Ortsgruppenleiter zum jungen Schneider, der das Amt des Propagandaleiters innehatte: „Da sollten wir halt als Saalschmuck ein schönes Bild von einer alten Mutter haben, das wäre fein!"
Nun erinnerte sich der junge Schneider des alten, verstaubten Bildes. So erlebte esseine selige Urständ und beglückte alle, die es sahen. Seitdem steht es nicht mehr verachtet und verbannt. Strahlend schenkt es seine Wärme und Güte, die Heiligkeit des Mutteradels.
Zwei Mütter /
Schon seit zwei Tagen zitterte die Luft vor Hitze. Man atmete keine Luft, man atmete gepreßte Sonnenglut, man sah glühende Linien und Weiße Funken vor seinen Augen.
Der Himmel war hell, unbarmherzig klar, strahlend sengenv.
Müde, fast trunken von der Hitze, stand Ue Frau des Ansiedlers vor dem kleinen, roh gezimmerten Blockhaus. Sie guckte nach dem Himmel, mit Angst und Hoffnung zugleich auf Ausschau nach einem Unwetter. Sie blickte nach dem Wald, und sie bemerkte eine Fahne am Himmel, eine Fahne von Rauch. „Der Wald brennt!" Ein furchtbares Entsetzen preßte ihr diesen Schrei heraus. „Der'Wald brennt", sie schrie es ohne Unterlaß. ..Der Wald brennt!". Die umstehenden Blockhäuser warfen es förmlich als Echo zurück. Und die Frau eilte ins Haus, nahm den Säugling aus der Wiege und preßte ihn fest an- sich. Die Männer kamen zuhauf, das Feuer zu bekämpfen. Die Frauen verpackten die geringen Habseligkeiten nach Möglichkeit tragfähig. Und die Männer gruben Gräben zwischen sich und dem Wald.
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Im Walde bedarf es nicht einmal eines Luftzuges, es genügt der Atem der Flammen, um überall neue Fackeln anzuzünden. Dicke Stämme knicken wie Streichhölzer. Die Rinde knackt von den Bäumen, als ob Elefantenzähne sie abschälen. Jahrzehnte sinken zu Staub und Asche. Glühend ist der Waldboden, das vertrocknete Laub springt auf wie winzige Feuerwerkskörper. Alles stirbt. Die Flammen verschlingen sogar das Moos alter Steine. Das Dickicht, das nie Wind durchlietz, jetzt ist es ein lodernder Busch. Die Tiere des Waldes sind auf der Flucht. Der Schweiß tritt ihnen aus den Poren, er verdampft auf ihrem Körper, Die Tiere wollen Luft, nichts als frische Luft, und sie atmen Rauch, Rauch, nichts als Rauch.
Eine Waldmaus vergißt die Scheu vor den Menschen. Sie stürzt in die Reihe der Löschmannschaften. Die Furcht hat die Augen der kleinen Maus übergroß geweitet, ihr Fell riecht versengt, die lustigen Schnurrhaare sind ihr verbrannt.
Auch eine junge Bärenmutter ist auf der Flucht. Sie führt ihr erstes Kind. Die Augen tränen ihr. Sie grunzt, sie hustet von verschlucktem Rauch. Gehorsam läuft das Jungtier nach. Es schmatzt, halb vor Wut, halb vor Angst. Der Boden ist derart glühend, daß die Haut dem kleinen Petz von den Sohlen springt. Doch bleibt der Kleine bei der Mutter
im grenzenlosen Vertrauen. Und die Bärin arbeitet sich durch, dorthin, wo die Männer Gräben ziehen.
Als sie aus dem Feuermeer tritt, auf gesichertes Land, weil die Gräben sich bewährten, rast ein Entsetzen durch die Löschmannschaft. „Ein Bär. Ein Bär" und wuchtige Arme heben schwere Spaten, zum Angriff auf das Tier bereit.
Doch die junge Mutter, die als erste den Waldbrand sah. sie sieht jetzt bei der Bärin das Jungtier. Den Säugling an sich gepreßt, stellt sie sich schreiend und schützend vor die Bärin. Die greift, ihrer Gewohnheit entgegen, nicht an. Ruyig zieht sie ihres Weges — zwei Mütter hatten sich in die Augen gesehen.
Der Besuch
Eine Alltagsfkizze
Frau Mettenbach war nicht zu Hause. Der Fremde hatte schon zum dritten Male geklingelt. Unschlüssig stand er vor der verschlossenen Korridortür. Wartete noch ein Weilchen. Stieg die Treppen wieder hinab.
Kurz bevor er das Haus verließ, traf er eine Hausfrau mit dem Marktnetz.
„Verzeihen Sie bitte", sagte er, „ich wollte zu Frau Mettenbach, aber ..."
„Das bin ich selbst", erwiderte die Frau erstaunt. „um was handelt es sich denn?"
„Mein Name", antwortete er und verbeugte sich, „ist Westerkamp."
.Herr Direktor Westerkamp", stotterte Frau Mettenbach und öffnete die Tür, „aber bitte sehr, treten Sie doch näher."
Hastig strich sie mit der Hand ein paar unsichtbare Falten aus der Tischdecke, rückte verlegen einen Stuhl, holte eine Schachtel mit Zigaretten.
„Sie haben es nett hier", lächelte Direktor Westerkamp, „eine gemütliche kleine Wohnung."
„Ja", sagt die junge Frau und wurde ganz rot vor Stolz, „wir haben uns auch die Einrichtung lange genug zusammengespart."
„Ich wollte mich", sagte der Besucher und blickte die Soldatenfrau forschend an, „einmal erkundigen, wie es Ihnen geht. Besuche alle Familien meiner Mitarbeiter, die im Felde stehen. Haben es ja schließlich durch ihre jahrelange treue Arbeit für mich verdient, daß ich mich außerhalb der Arbeitsgemeinschaft um ihre großen und kleinen Sorgen kümmere. Kommen Sie denn mit der Unterstützung aus?"
„Aber ja", sagte die lunge Frau und verlor langsam die Scheu vor dem unerwarteten Besuch, „wir kommen sehr gut aus, ich schicke Willi davon noch immer etwas Geld ins Feld."
„Und Ihr Junge", fragte Westerkamp, „ist auch mit ihm alles in Ordnung?"
„Ja", sagte Frau Mettenbach stolz, „ex lernt gut und macht seinem Vater Freude."
„Dann", lächelte Direktor Westerkamp und
erhob sich, „ist der Zweck meines Besuches jo erfüllt. Wenn Sie mal etwas auf dem Herzen haben, kommen Sie ruhig zu mir. Wenn ich kann, werde ich gerne helfen. Alles Gute und Heil Hitler. Frau Mettenbach."
„Heil Hitler", antwortete die junge Frau leise, als sie die Tür schloß. Dann erst fand sie auf dem Tisch den verschlossenen Briefumschlag mit einem Gruß des Werkes und den Zwanzigmarkschein
Soldat Jörg Sixt wird Vater
Eine kleine Begebenheit unserer Zeit » Erzählt von Erich Klaila
Im Frühling heirateten sie und zogen in eines der weißgekalkten Siedlungshäuser am Rande der großen Stadt. Lisa band sich ein rotes Kopftuch um und machte sich daran, den Garten zu bestellen. Es kam ein Tag, da war es der Frau nicht gut. Sie dachte: Ich werde wohl . . . Am Abend sagte sie es Jörg. „Wenn es ein Mädchen ist", sagte sie, „muß es Silke heißen."
Der Mann fand den Namen komisch, denn er hatte ihn nie gehört. Er tröstete sich aber, es würde ein Junge sein, und der sollte Ul heißen.
Es war August. Jörg arbeitete im Garten; da kam der Gestellungsbefehl. Von dem Mann kamen Briefe, und Lisa antwortete. Von dem weitzgekalkten Haus schrieb sie. daß Jörg es deutlich sehen konnte: die niedrigen Mauern, das große Dach, und in der Tür seine Frau, die ihm winkte.
Ob es ihr gesundheitlich gut gehe? fragte der Mann im nächsten Brief. „Hast du gar keine Beschwerden? Schaffe dir viel Bewegung!" schrieb er. „Das ist gut."
Als ob sie das nicht selbst wüßte! antwortete Lisa. Jörg hörte deutlich ihr gutes Lachen.
„Die Buschbohnen habe ich jetzt alle geerntet". schrieb sie. „Die essen wir, wenn du auf Urlaub kommst. Kommst du bald?"
Eines Tages kam er. Er fand die Frau verändert, nicht nur um die Hüften. Eine Woche konnte Jörg bleiben, dann mußte er wieder fort. Lisa schrieb wieder vom Haus, auf dessen breites Dach der erste Schnee gefallen. und von dem Kinde schrieb sie, das sie in der letzten Nacht gespürt.
„Halte dich gut warm!" schrieb der Mann. Jörg war in einem Dorf aufgewachsen. Dort läßt sich an langen Winterabenden viel Gescheitheit über das Kinderkriegen aufschnap- pen. Er konnte Lisa also sehr Wohl einen Rat geben.
Nach Weihnachten wurden die Briefe der Frau kürzer. Der Mann spürte: sie verschweigt dir etwas; die Angst will sie verbergen. die sie nun doch erfaßt hat.
„Es wird schon nicht so schlimm werden!" schrieb er heim. „Wenn es wirklich schlimm kommt, mußt du es schreiben! Nicht wahr, du schreibst es mir sogleich?*'
„Ich habe mich zu sehr gehen lassen!" entschuldigte die Frau sich. Jörg sollte doch so gut sein und nicht alles wörtlich nehmen, was sie ihm mitteilte. Sie habe wirklich keine Angst. Ueberhaupt: vor was sollte sie sich denn fürchten?
Der Mann ging auf den Ton ein. Er ging, zum Hauptmann; daß sie so allein war. die Frau, das war es eben.
Der Hauptmann mußte die Bitte um Urlaub ablehnen.
„Jetzt ist es bald soweit!" schrieb Lisa. „Gestern ist meine Mutter gekommen. Nun habe ich wirklich keine Angst mehr. Es war zu dumm von mir. mich zu fürchten."
Und sie hat doch Angst! dachte Jörg. Alle Frauen haben Angst beim ersten Kind.
Ob es ein Mädchen sein wird. Wie Lisa meint? Sie soll ihren Willen haben. Aber daß sie es Silke nennen will! Was'wird man daheim von mir denken? In meiner Heimat heißen die Mädchen Ricke und Gina. Aber Silke! Sie werden sagen: Als er noch nicht stubenrein war. wollte er schon radfahren lernen. Dabei ist er mit dem Rad in eine Kalkgrube gefallen. Und als er zehn Jahre alt war, mußte er unbedingt lange Hosen bekommen. Das war aber gar nichts gegen das, was er sich jetzt geleistet hat: ein Kind, das Silke heißt! Immer hoch hinaus. Wenn das nur gut geht auf die Dauer!
Endlich die Nachricht: Silke ist änge- kommen!
Also doch! denkt Jörg. Nun hat sie ihren Dickkops durchgesetzt! „So ist sie", sagt er zu den Kameraden. „Wenn sie sich etwas vorgenommen hat. dann macht sie es auch. Eine Silke wollte sie haben, und was hat sie: eine Silke natürlich!"
„Silke?" fragen die Kameraden. In ihren Gesichtern ist deutlich die Bewunderung für Jörg zu erkennen, der eine Tochter hat, di? Silke heißt.
„Silke?" sagt der Gefreite Schrade. „Den Namen hört man nicht jeden Tag. Wie bist du eigentlich darauf gekommen?"
„So halt!" meint Jörg leichthin, als hätte er wirklich gar keine Mühe gehabt, diesen Namen zu finden; als ob er den Namen schon wußte, da er mit dem Fahrrad in die Kalkgrube kna
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„Ein Ausländer^
Von Paula Lach
Der Rundfunk rief es in alle Welt: Danzig heimgekehrt! Danzig wieder deutsch!
Wer von den Millionen, die diese Freudenbotschaft am Lautsprecher hörten, konnte wohl ermessen, wie denen zumute war. die zwanzig Jahre lang nur mit einem Patz bewaffnet in die glte. schöne Heimat fahren durften und ihr Gepäck einer Zollkontrolle unterwerfen mußten, an der ein polnischer Beamter teilhatte?
Danzig wieder deutsch! Da steht urplötzlich die glückliche, ferne Kindheit, steht das üppige Land des Werders wieder aus mit seinen weiten, saftigen Weiden. Schwarzbuntes Vieh grast friedlich und Störche stelzen gravitätisch einher. Alte, knorrige Kopfweiden säumen die Gräben und grüßen vertraut, einzelne Höfe liegen verstreut und reiche Dörfer steigen aus der Erinnerung auf.
Eine unbändige Sehnsucht nach der fernen,- weitgedehnten« Heimat ergreift das Herz. Jahre sind vergangen, seit das Auge zum letztenmal dieses alles sah, und dennoch steht es zum Greifen lebendig in der Erinnerung da. als wäre es eben gestern gewesen!
Und mit der rauschenden Fahrt über dis Ostsee auf dem Weißen, blitzblanken Motorschiff ersteht zugleich das Bild eines heimatlichen Menschen, der diese Fahrt mitmachte. Ein Unbekannter, und doch einer von den vielen, zwischen denen man einmal ausgewachsen ist.
Seine Augen waren von jenem Blau, mit dem die Vergißmeinnichtblüten an den Grabenrändern die Blicke auf sich ziehen: hell und leuchtend. Die Gestalt, nicht viel über mittelgroß, war breit und kräftig, ohne doch derb zu sein. Der Kopf — ja, eigentlich sind doch nur die Augen im Gedächtnis haften geblieben. die Augen und der aschblonde Schopf, der. vom Wirbel am Hinterkopf ausgehend, ein wenig widerspenstig wie bei einem Jungen der Kopfform nach allen Richtungen folgte
Als ich vorüberkam, stand er in einem Kreist anderer Männer und sprach so erregt, daß auch Fernerstehende ihn hören mußten: „Wie wenn ich ein Ausländer wär'", schalt er. .Habei habe ich meine Knochen genau so hingehalten wie die! Und Hab' mein Blut gegeben! Da!" Er schlug sich auf den rechten Schenkel, der wohl die Narbe einer Verwundung tragen mochte.
„Natürlich hast du!" pflichtete ihm einer der Umstehenden bei, „komm', ich geb' einen aus dafür!" Sie standen nahe der Stelle, wo Oe- tränke ausgescheM wurden.
Der Trank aber erhöhte nur die Erregung meines Landsmannes. Er begann seine Erzählung noch einmal von vorn, und nun hörte ich. daß man auf seiner Fahrt in Deutschland ihn ein paarmal als Auländer angesprochen hatte! Ach ja. es gab auch daS! — Den Patz hatte er vorweisen und seinen Koffer dem Zoll öffnen müssen, er. ein deutscher Soldat des Weltkrieges!
Er schlug sich heftig mit der geballten Rechten gegen die Brust: „Ein Ausländer! Ein Ausländer! Ich bin ein Deutscher, so gut wie die! — Paß! Zoll! Ich Hab' für Deutschland geblutet, ich brauch' keinen Paß — Ein Ausländer!" grollte er noch einmal hinterher.
Wieder wurde ein Korn darauf gekippt. Das nächstemal war es ein Kümmel, dann ei« Machandel. Die Männer machten sich einen Spaß mit ihm. Doch er in seiner Erbitterung merkte es nicht.
Ich habe mich für die 'anderen geschämt. Mir war ja genau so zumute, da ich mit meinem Paß in die Heimat fuhr, wie jenem Mann, der einen Patz gebraucht hatte, um in sein altes Vaterland fahren zu können, das er mit seinem Blut verteidigt hatte. —
Nach der Landung sah ich ihn in Zoppot auf dem Seesteg wieder. Ein Sohn und eine Tochter hatten ihn erwartet, genau so blauäugig und blondschopfig wie er. Strahlend ging er zwischen ihnen, froh, wieder in der engsten Heimat zu sein, in der es niemandem eingefallen wäre, sein Deutschtum anzutasten.-
Danzig ist heimgekehrt Ich grüße meinen unbekannten Landsmann.'