LtGA-protest gegen Posträuberei
«Klare Verletzung der Haager Konvention*
Washington» 3. Jan. Auf Anweisung von Staatssekretär Hüll hat die amerikanische Botschaft in London beim britischen Außenamt einen scharfen Protest gegen die Beschlagnahme amerikanischer Post auf neutralen Schiffen durch England eingelegt.
In dem Protest werden folgende Fälle als Beispiel« aufgezählt:
Am 10. Oktober nahmen die Engländer vom Dampfer „Black Gull" 293 Säcke amerikanischer Post, adressiert nach Rotterdam, 10 Säcke adressiert nach Antwerpen- Am 12. Oktober nahmen die Behörden in Len Downs vom Dampfer „Zaandam" 7? Säcke Paketpost. 33 Säcke eingeschriebene Post, 156 Säcke gewöhnliche Post für die Niederlande, 63 Säcke gewöhnliche Post für Belgien, 44 für Luxemburg, 3 für Danzig, 259 für Deutschland. Am 12. Oktober nahmen die Behörden in Leymouth vom Dampfer „Blacktern" 94 Säcke amerikanische Post für Rotterdam, 81 für Antwerpen, 184 für Deutschland. Am 24. Oktober nahmen die Behörden von Kirkwall vom Dampfer „Astrid Norden" 468 Säcke Post von Newyork nach Gotenburg und 18 Säcke von Newyork nach Hel'inki. Außerdem seien viele andere Fälle der Beschlagnahme und Zen'ur amerikanischer Post zur Kenntnis oes Staatsdepartements gekommen.
Die USA-Regierung gebe das Recht der englischen Regierung zu. Privalposl zu zensieren, die aus britischen Gebieten kommt oder dorthin bestimmt ist oder Privatpost, die auf norma'em Woge durch britische Gebiete zur Weiter- leituna an das Endziel läuft. Die USA-Regierung könne jedoch nicht irgend ein Recht der englischen Behörden anerkennen, die amerikanische Post auf amerikanischen oder anderen neutralen Schiffen auf So« zu beschlagnahmen, noch könne sie das Rocht der englischen Regierung anerkennen, Post auf Schiffen zu zensieren, die Britenhäfen anliefen.
Die 11 Haager Konvention stelle fest, Laß der Postverkehr von Neutralen oder Kriegführenden auf hoher See un» . verletzlich sei. Die USA-Regierung glaube, daß die gleiche Regel auch die Post auf Schiffen betreffe, die von englischen Behörden gezwungen werden, die britischen Häfen anzulaufen. Diese Auffassung finde eine Stütze in Artikel 1 der Konvention, welcher bestätige, daß, wenn Schiffe angehalten werden, die Post von den anhaltenden Behörden mit geringstmöglicher Verzögerung weiterzuleiten ist.
Die USA-Regierung betrachte als ganz besonders unzulässig die Praxis dc>r englischen Behörden. Post von Schiffen zu nehmen, welche direkt zwischen Amerika und neutralen europäischen Häfen verkehren un- welche durch englischen Zwang veranlaßt werden, bestimmte britische konkrollsta- tlonen anzulaufen. Darin erblicke die USA-Regierung sine klare Verletzung der Immunität, die in der Haager Konvention vereinbart wurde. Die USA-Regierung fühle fick veranlaßt, gegen obige Methoden entschieden zu protestiere!, und di? Hoffnung auszusprechen, daß die englische Regierung baldigst die Versicherung abgebe, daß diese Methoden auf- hören.
Die befreite Slowakei.
Rundfunkansprache des Staatspräsidenten
Preßburg, 4. Januar. In einer Ansprache über die slo-i wakischen Sender erklärte der slowakische Staatspräsident Dr. Josef Tiso, daß das slowakische Volk im vergangenen Jahre die Erfüllung der Sehnsucht vieler slowakischer Generationen erkämpft habe „Das slowakische Volk ist heimgekehrt. Wir haben den Kampf für das Recht unseres Volkes. der seit Jahrhunderten von unseren Besten geführt wurde, zu Ende gekämpft. Wir sind zu Hau;e und tragen unseren eigenen Namen. Wir leben und arbeiten nur mehr für uns selbst. Die ausländische Propaganda die uns gerne wieder vor fremde Interessen spannen würde, kann uns nicht beirren, und auch die Stimmen unzufriedener Tschecho- Slowaken, die ihre Vorherrschaft über die Slowakei nicht mehr aufgeben und für den Verrat unseres Volkes an fremde Interessen keine Belohnung mehr bekommen, können uns nicht beirren.
Wir. die wir auch in der Vergangenheit nicht uns selbst, sondern nur das historische und natürliche Recht unseres Volkes aus fein arteigenes Leben suchten, bekonnen es in vollem Bewußtsein der freudigen Tatsache: „Das slowakische Volk ist zu Hause, die slowakische Republik ist seine Heimat, seine freie und unabhängige Heimat.*
Alle drei erledigt;
Nevjahr-grutz de» Zagdseschmader» Schuhmacher au Eagland - Dreimal Luflkampf. dreimal Luftflegl
<PK) Ein aufregender Luftkampf, bei dem, wie bereits gemeldet, drei englische Flugzeuge vernichtet wurden, spielte sich in der Deutschen Bucht ab. Der „Adler von Friesland* gibt hierzu einen ausführlichen Bericht von diesem Neujahrsgruß des bekannten Jagdgeschwaders Schumacher an England. Schwarmführer Leutnant H.» den wir auf einem Flughafen dicht an der Nordseeküste trafen, erzählte unserem Berichter über den Luftkamvi folgende Einzelheiten.
„Am Dienstag nachmittag'flog "ich mit vier Zerstörern nach Helgoland. Plötzlich erhielt ich durch Funk den Befehl, auf West bis Nordwsst zu drehen. Unsere Maschinen fliegen sofort den neuen Kurs ein und hielten eine durchschnittliche Höhe von 3» bis 4000 Meter. Zuweilen stießen wir bis auf 6000 Meter hoch, doch herrschte dort starker Dunst. Kein Engländer würde darin sich zurecht finden. In die'er Annahme gingen wir wieder auf unsere alte Höhe zurück. Lein- gere Zeit flogen wir so in dem uns zugewiesenen Raum etwa 80 km westlich von Helgoland, ohne etwas zu finden. Als ich Kurs westlich bis Südwest fliegen ließ, bemerkte ich plötzlich in weiter Entfernung drei dunkle Punkte, die -ch zuerst für deutsche Aufklärer hielt. In einem Kilometer Entfernung jedoch erkannte ich an dem spitzen hohen Leitwerk englische Maschinen, die ich schnell anflog, um mich über ihre Bewaffnung zu unterrichten und danach meinen Angriff zu fliegen. NureinweißerRing deutete das englische Hoheitsabzeichen an. Alles andere verschwand in der graugrünen Tarnungsfarbe. Die Engländer hatten uns längst gesehen, kümmerten sich aber kaum darum, sondern flogen in Ostrichtuna weiter. Ihr Ziel war anscheinend Hel- aoland. Ich ging sofort zumAngriffüberund hielt dabei starkes Abwehrfeuer. Feldwebel F. war iirdetz auf den mittelsten Engländer gestoßen und hatte ihn in kurzer Zeit erledigt. Die beiden Engländer flüchteten nun in leichter Rechtskurve nach Süden. Erneut griff ich an und schoß einem aus nächster Nähe eine Ladung in die rechte Tragfläche, worauf der Gegner abrutschte. Im Notwurf warf er noch etwa acht bis zwölf Bomben aus der Maschine, die auf dem Wasser explodierten. In Steilkurve folgte ich ihm und sah, wie er senkrecht auf das Wasser aufschlug und bald versank. Ich selbst hatte acht Treffer in meiner Maschine. Mit nur einem Motor flog ich nach Hause zurück, wo die Begeisterung über den neuen Luftsieg natürlich groß war."
Und nun erzählt Feldwebel F. von seinem siebenten Luftsieg. Noch ist lein Gesicht nicht vernarbt von den Splittern, die englische Kugeln aus seiner Maschine rissen. Ueber 20 Einschüsse weist sie auf, und hauptsächlich ist die Kabine getroffen. Der Bordfunker, Unteroffizier P-, erhielt einen Schuß in das Band und wurde durch Metallsplitter am Oberkiefer, Kinn, Nase und Mund verletzt. Feld- weböl F. schildert seinen Lustkamps folgendermaßen:
„Als ich die Engländer sah und als solche erkannte, setzte ich mich hinter sie und griff sie an. Das vereinte Abwehrfeuer der Heck'chützen der drei Maschinen traf naturgemäß meine Maschine zuerst, doch stürzte ich mich entschlossen auf den Gegner und nahm mir den mittelsten auf das Korn. Innerhalb kurzer Zeit explodierte er in der Luft und flat- terte aus 3500 Meter auf das Wasser. In aller Röhe beobachtete ich seinen vollständigen Untergang. Mit einem Motor — der andere war mir gleich dem meines Schwarmführers zerschossen worden — brachte ich meine Maschine glücklich über die Nordste zum Flughafen, wo wir uns alle natürlich zuerst um den verletzten Kamer.aden bemühten."
'erucy oer ivesreire 18 ., oer sich mttibFeind- flögendas Ei'erne Kreuz bereits in Polen geholt hat, war bei die'em Kampf mit einem Abschuß beteiligt. Er sah den letzten Engländer fluchtortiq den Kampfraum verlassen und jagte ihm nach. Aus fast 4000 Meter Höhe war der Gegner mehr als 3000 Meter hinabgestoßen, doch alles half ihm nichts mehr. Schon beim ersten Anqriff stürzte er zerschossen hinab und klatschte schwer auf die Wogen der Nord'ee, darin jeder englische Flieger, der sich der deutschen Küste zu nahe wagt, sein Grab finden soll. Das jedenfalls ist der feste Wille aller Flieger des ruhmreichen Jagdgeschwaders Schumacher, das hier Tag und Nacht an der Nordsee die Wacht hält.
Lekmann.
»Außerordentlich gefährliche Maschinen^
Oslo 4. Januar. Im Anschluß an das Gefecht englische» Bombenflugzeuge mit deutschen Jagdflugzeugen über de» helgcllander Bucht stellt „Morgenposten" fest, daß die Vik- kers-Wellington-Flugzeuge wohl für Langstreckenflüge ge- eignet erschienen, daß aber, wie auch neutrale Fachleute zugeben. die zweimotorigen neuen deutschen Mess arschmitt 110 außerordentlich gefährliche Maschinen sein müßten. Das habe sich besonders in der Fliegerschlacht über der Helgoländer Bucht vor Weihnachten erwiesen und fei nun wisder bestätigt worden.
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Der Wehrmachisberichi
DNB Berlin, Z. Januar. Das Oberkommando der Wehrmacht gibt bekannt:
An der Westfront geringe Artillerie- und Spähtrupp- tätigkeit. Grenzüberwachungs- und Auskläcungsflüge.
Boi dem versuch, in die Deutsche Bucht einzufliegen, wurden drei britische Vickers-Welling ton-Bombenflugzeuge modernster Bauart von deutschen Messerschmitt-Flugzeugen abgeschossen. Auf deutscher Seite sind Verluste nicht eingetreten.
Oer finnische Heeresbericht
küstonforls von russischem Kriegsschiff vombardierl
Helsinki. 3. Januar. Der erst« Tag des neuen Jahres verlief, wie der finnische Heeresbericht vom 2. Januar mitteilt,' abgesehen von Vorpostengefechten und Artilleriefeuer aus der Karelischen Landenge, verhältnismäßig ruhig. An dev Ostgrenze fanden an dem Frontabschnitt östlich des Ladogasees Kämpfe statt. Weitere Angriffe bei Aitojoki und Kuhmo sollen von den Finne« abgewehrt worden sein. An den an-! deren Frontabschnitten herrschte Patrouillen- und Artillerie-^ tätigkeit.
Das russische Kriegsschiff „Oktoberrevolution" bombardierte das Küstenfort von Koivisto. Mit Ausnahme lebhafter! russischer Fliegertätigkeit war es an der Küste ruhig. Russische Flieger unternahmen u. a. Luftangriffe auf Turku (Abo) und Oulu (Uleaborg). Die finnische Luftwaffe solh nach dem Heeresbericht Erfolge durch mehrere Abschüsse erzielt haben.
Russische Lrkundungsflüg«
Moskau, 3. Januar. Wie der Stab des Leniugrader Militärbezirks üb«r die Lage an den finnischen Fronten bekanntgibt. war am 2. Januar kein wichtiges Ereignis zu! verzeichnen. Wegen des schlechten Wetters führte die russisch»! Luftwaffe lediglich Erkundungsflüge durch.
Einberufungen in Norwegen
Oslo, 4. Januar. Hiesige Blätter meiden die außerplanmäßige Einberufung aller zum Dienst bei der norwegischen Marine bestimmten wehrpflichtigen Maschinisten der Jahresklassen 1928, 1929 und 1930 zum 12. Januar nach dem Kriegshafen Horten. Es handelt sich dabei sowohl um diejenigen, die bei der letzten Einberufung zurückgestellt wurden, als auch um die Wehrpflichtigen, die vom Friedensdienst durch das Los befreit waren.
Dollar gegen Dumping tu Südamerika.
Wie das Wirtschaftsblatt „United States News" berichtet. haben sich die amerikanischen Hoffnungen, wenigstens einen Teil der durch den Krieg sreigewordenen deutschen Märkte in Jbero-Amerika an sich zu reißen bisher nicht erfüllt. England versuche krampfhaft, durch Einführung regelrechter Ausfuhrunlernehmungen und Preisdrük- kerei mit Hilfe feiner entwerteten Pfundvaluto den USA- Geschäftsleuten diese „goldene Gelegenheit" wegzuschnap- pen. Das Blatt hofft jedoch, daß es den Amerikanern mit Hilfe von Dollaranleihen und dank ihren sicheren Verschiffungsmöglichkeiten gelingen werde, der britischen Konkurrenz zu begegnen.
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Ilrheberrechtsschutz Roman-Verlag A. Schwingenstein, München
40. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.)
„Auch eine Deutsche, nur schon älteren Semesters", lachte er. „Meine Frau ließ sie kommen, als wir hier soweit eingerichtet waren, daß es sich lohnte. Nanny hat schon in ihrem Elternhaus gedient und kam gern. Jetzt führt sie allerdings das Regiment. Alle haben vor ihr Respekt. Aber ich wette, Ihnen ist sie bald ergeben wie ein treuer Hund. Da ist sie schon l"
„Nanny, das ist Fräulein Lingg, von der ich dir vorhin sprach. Bitte bringe sie auf ihr Zimmer, damit sie sich etwas von dem Ritt erfrischen kann."
Die Wirtschafterin war wirklich älteren Semesters. DaS Haar leuchtete silberweiß, aber die Augen sprühten Leben. Das Gesicht war rundlich, ja, sogar pausbackig. Schlecht hatte es sich Nanny nicht gehen lassen, das merkte man.
Sie musterte das junge Fräulein, das ihr vorgestellt wuroe, erst etwas mißtrauisch. Dann aber schien sie zufrieden zu sein.
„Ich wünsch' Ihnen eine recht gute Zeit bei uns", grüßte sie freundlich. Kommen Sie! Ihr Zimmer ist soweit fertig."
AmaryU ging mit ihr die Treppe hinauf in den ausge- iauten Dackraum. Nanny öffnete die Türe zu dem Raum, )er Amaryll zur Verfügung gestellt war.
„Das ist das Mädchenziytmer unserer seligen Gnädigen gewesen", meinte sie. Dabei kollerten Tränen über das alte Gesicht.
Ganz in Weiß gehalten, wirkte das Zimmer überaus freundlich. Duftige Vorhänge wehten, vom Wind hin- und herge- schaukclt, der durch das offene Fenster kam.
„Hier schauen Sie direkt hinüber zum Dserno'l"
Amaryll sah hinaus. .
Die schneeübergossene Kuppe leuchtete wie Kristall in den tiefblauen Himmel.
„Sie müssen einmal hinüberreiten. Direkt aus der blauen Flut eines großen Sees entsteigt dieser Berg. Die Frau hat es erzählt, als sie mit dem Herrn einmal drüben war. Aber es ist weit. Nur gut, daß der Oserno nicht mehr spuckt!"
„Also ein erloschener Vulkan. Herr Sindinger nannte ihn schon vorhin seinen Hausberg. Sicher werden wir ihn einmal genauer besehen. Jetzt danke ich Ihnen, Nanny. Ich wcrde mich schnell etwas waschen und umkleiden, damit ich zum Frühstück komme. Man hat Hunger, wenn man seit Morgengrauen unterwegs ist." ,
Nanny verschwand mit einem Knicks lind schloß die Ture hinter sich. Während sie die Treppe zur Küche hinabging, murmelte sie: „Ein schönes Fräulein, ein liebes Fräulein! ^ch glaube, wir kriegen eine neue Frau."
Eine halbe Stunde später saß Sindinger mit semen Kindern und der neuen Hausbewohnerin beim Frühstück.
„Bei uns wird erst nachmittags um fünf Uhr Mittag gegessen", erklärte er. Man geht hier spät zu Bett. Ist es Ihnen recht, wenn ich Ihnen heute noch einen kleinen Teil der Farm zeige? Wir haben hier hauptsächlich Getreidebau und Viehzucht. Die Hazienda ist sehr ausgedehnt. Natürlich sind auch große Obstgärten angelegt. Gleich hier um das Haus werden Sie die Bäume sehen. Wenn sie alle blühen, ist es eine Pracht, kaum vorstellbar. Wir haben in Chile keinen Frühling wie in Deutschland. Es gibt Regenzeit, einige Monate kühles Wetter, dann Sommer. Und oft über Nacht kleidet sich die Natur in ihr schönstes Gewand. Es fehlt das langsame Erblühen. Man wird überrascht von der Fülle oer Schönheit, die sich gleichzeitig enthüllt.
Nun ruhen Sie sich aber erst ein halbes Stündchen aus! Ich sehe inzwischen nach der Post, die während meiner Abwesenheit eingetroffen ist. Dann reiten wir zusammen. Die Kinder dürfen mit."
Peter und Anneliese jubelten. Sie ritten gern. Peter mit Leidenschaft, die Kleine mit Liebe, aber noch mit etwas Angst. Sie hatte zwar ein zahmes Pferd für sich, saß aber meist mit auf Vaters Rappen. Heute wollte sie dem Fräulein zeigen,
was sie konnte und erbat sich von ihm ihre „Meise".
Als Amaryll kurz geschlafen und sich etwas von dem Ritt ausgeruht hatte, klopfte Peter an die Tür.
„Tante, mach dich fertig! Es geht losl"
„Ist recht, kleiner Mann", antwortete sie fröhlich. „Ich bin gleich unten."
Sie hatte bei Tisch die Kinder gebeten, sie nicht mit Fräulein anzurcden. Das schloß eine innigere Vertrautheit aus. Sie aber wollte den Kindern, soweit es in ihrer Kraft stand, die Mutter zu ersetzen versuchen.
Sindinger saß schon auf dem Pferd, neben ihm stand ruhig und brav die „Meise". Ec hatte sein Töchterchen bereits auf den Sitz gehoben und kurz vor Amarylls Kommen ein paarmal um das Haus geführt, damit die Kleine sicher wurde.
Der Weg, den sie ritten, führte langsam bergan.
„Ich muß zu den Viehweiden", erklärte der Farmer. „Sie liegen höher als unsere Felder und Gärten. Bis hoch hinauf in den Kordilleren ziehen sich die Almen. Ein Besitz von drci- bis viertausend Rindern und Schafen, aber auch Pferden ist hier keine Seltenheit. Soweit habe ich es nun allerdings noch nicht gebracht, ich habe mich mehr für Getreidebau und Obstanlagen eingesetzt. Aber immerhin ist auch mein Viehbe» stand kein geringer. Hier ritt ich oft mit meiner Frau. Mich binden viele Erinnerungen. Ich glaube, daß ich den Weg nach Deutschland nicht mehr so rasch finde, als ich früher einmal gehofft hatte. Immer wieder, wenn ich auf meine Hazienda komme, spüre ich, wie ich mit dem Boden und dem Lande hier verwachsen bin."
Amaryll mußte an ihren Vater denken. Ob ihm dieses prachtvoll schöne Land auch so ans Herz gewachsen war? Und ob ihm Silvia Hallstein die Gefährtin geworden, die er in dieser Einsamkeit brauchte? Sie konnte sich nur noch dunkel an sie erinnern. Der Vater hatte sie zwar öfters nach Holzenhagen mitgenommen. Aber das Bild der beiden Hallsteins war in ihr verblaßt. Es hieß damals nur, sie wären ausgewandert, weil der Alte Schuld an dem Tode seines Bruders trüge. Mehr hatte sie nie erfahren, da der Rosenhof durch das Gebot der Großmutter ganz vom Verkehr mit den Nachbargütern abgeschnitten war (Fortsetzung folgt.)