ÄMts- und ÄnzeigehlaLt für den Bezirk Calw.

82. Jahrgang.

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SrsHlinung«tage: Dienttag, Donnerstag. Tam«- »ag, Tonntag. Jn>ertion»pret» 10 Psg. pro Zeile für Stadt »nd BezirlSorte; außer Bezirk 12 Psg.

Samstag, den 9. November 1997.

NbonneNiNtrpr. in d. Stadt pr.Bierrelj.Mk.l.ldincl.DrSgerl. Bierteliützrl. PostbezuaSprei« ohne Bestell-, f. d. Ort»- u. Nachbar­ort,oertehr I MI., f. d. sonst. B-rkr-r M!. > l0. »estellg-It 20 Psg.

TagKsnenigkeite«.

^Amtliches aus dem Staatsanzeiger.) Die Bestellung des praktischen Arztes vr. meck. Albert Zeller in Weil der Stadt zum Stadt-, Spital- und Armenarzt der Gemeinde Weil der Stadt wurde am 2. November d. Js. von der K. Regierung des Neckarkreises bestätigt.

DaS K. Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten, Verkehrsabteilung, hat den Ober­bahnassistenten Zartmann in Calw nach Heil­bronn Hauptbahnhof seinem Ansuchen entsprechend versetzt.

Neubulach 6. Nov. Heute fand in der Wasserbauconzessionssache des Gemeinde-Ver- bands-Elektrizitätswerks für den Bezirk Calw, der Firma Baumwollspinnerei Calw und des E. Philipp, Fabrikanten zur Talmühle unter Leitung des Herrn Präsidenten v. Hofmann der K. Kreisregierung in Anwesenheit der Vertreter der Gesuchsteller und unter Mitwirkung des techn. Referenten der K. Kreisregierung, Baurat Burger, des Obsramtmanns Commerell, des Bezirks-Vor­stands des Regierungsbaumeisters

Schaar-Stuttgart und der Ingenieurs Wald­ström von Stur.^l die Augenscheinsnahme des I rains, die die etn,.->nen Projekte in Anspruch nehmen, statt. Vom Bahnhof Teinach aus wurde auf der linken Seite der Nageld an der Hand der Plan-Vorlagen ans den betr. -stellen die Projekte erläutert und bis ......mhle die Gefäll- und Wasser-Verhältviffe besichtigt. Im Saale der Talmühle wurden unter dem Vorsitz des K. Präsidenten dis Verhandlungen geführt, der in sachlicher Weise die einzelnen Projekte be­leuchtete und insbesondere hervorhob, daß die schon im Jahr 1828 für den Waldecker Hof erteilte Wasserbaukonzssfion durch dar WaflerrechtS'Gesetz verjährt sei und die Ansprüche hierauf verloren seien und daß die beiden Projekte der erst Genannten nicht zusammen ausführbar seien, jedoch die begrün­dete Hoffnung auf eine Einigung in der Sache da- durch vorhanden sei, daß die Firma Baumwoll­spinnerei Calw die Geneigtheit ausgesprochen habe unter Verzicht auf ihr Conzssstons>Gesuch den Wald­ecker Hof zu verkaufen, dessen Erwerb er im Interesse einer raschen Förderung der Sache empfehle. Nach längeren Verhandlungen, nament­lich über die Höhe des Preises wurde eine Eini­gung dahin erzielt, daß nun der Waldecker Hof in dar Eigentum des Gemeinde.Verbander um den Preis von 38 000 ^ einschl. eines Wiesen­grundstücks auf Markung Altbulach übergegangen ist. Hiedurch ist in sichere Aussicht zu nehmen, daß die gewünschte Conzesston von der Regierungs­behörde bald erteilt und die Bauausführung in keiner Weise mehr gehindert ist. Einer demnächst stattfindenden Versammlung der Vertreter des Verbandes wird über das Projekt und die Kosten näherer Aufschluß gegeben werden und wäre zu wünschen, daß die bisher zaudernden Gemeinden und namentlich auch die Stadt Calw dem aus- sichtsreichen Unternehmen beitreten würden.

X Gechingen 6. Nov. Wie anderwärts, so haben auch die hiesigen Bäcker eine Erhöhung der Brotpreise eintreten lassen. Es kostet nun der 4-pfündige Laib Schwarzbrot 52 und jedes Kleinbrot Stück für Stück 3 -H. Ein Drein- brot bei einem Dutzend gibt es nicht mehr.

Rohrdorf OA. Nagold 7. Nov. Heute morgen fünf Uhr brannte die Zehntscheuer und das anliegende Wohn- und Geschäftshau s des Mechanikers Epple ab.

Tübingen 5. Nov. Die von der Studenten­schaft errichtete Bismarcksäule ist jetzt vollendet. In einigen Wochen, nach Beendigung der Planie­rungsarbeiten und Fertigstellung der gärtnerischen Anlagen soll die Einweihung stattfinden. Die Kosten des Bauwerks belaufen sich auf 23 000

T Tübingen 7. Nov. Der Gastwirt Eugen Schifer z.Deutschen Kaiser" in Unter­reichenbach wurde aus der Haft entlassen. Die hiesige Straskammer hat die Untersuchung gegen ihn auf Verfolgung wegen Körperverletzung mit Todesfall betreffs seiner Ehefrau eingestellt. Die Untersuchung hat die Voraussetzung einer Schuld nicht ergeben.

Stuttgart 6. Nov. Kaufmann Joh. Georg Vöhringer wurde heute Nachmittag auf dem Pragfciedhof beerdigt. Die große Zahl der Leidtragenden, die dem Sarg folgte, gab Zeugnis von dem Ansehen, dessen sich der Verstorbene er­freute. Viele Mitglieder der bürgerlichen Kollegien mit Oberbürgermeister v. Gauß an der Spitze, ferner Abordnungen verschiedener wohltätiger Vereine waren im Trauerzug. Nachdem der Posaunenchor des christlichen Vereins junger Männer einen Choral geblasen und die Traueroersammlung einen Vers des Lieds:Die Christen geh'n von Ort zu Ort" gesungen hatte, hielt Prälat v. Weitbrecht die Grabrede an der Hand des Textes: Unser Gott ist ein Fels". An diesem Felsen habe der Verstorbene in den 63 Jahren seiner Erdenlebens seinen festen Stand gehabt und in diesem Felsen habe das Geheimnis seiner Kraft und Ausdauer und seiner wohltuenden Weitherzig­keit geruht. Auch die schweren Stürme seines Lebensabends haben ihn nicht von diesem Felsen wegreißen können. Ein weites Arbeitsfeld, zu dem er edle und reiche Gaben mitgebracht, habe der Verstorbene bestellt durch sein Wirken im Dienst der Stadt, im Kirchengemeinderat der Stiftskirche und in der Landessynode, insbesondere aber für gemeinnützige Anstalten, denen er viel Zeit und Kraft geopfert. Kränze wurden nieder­gelegt vom Gemeinderat Schleicher namens des konservativen Vereins, von Dekan Leypold im Auftrag der Diakonissenanstalt» von Feldpropst Blum im Namen des Verwaltungrrat der ev. Kinder- und Brüderanstalt Karlshöhe, ferner für den Bürgervsrein der inneren Stadt und namens des Vereins der Kinderfreunde.

Stuttgart 6. Nov. Das auf noch nicht ganz aufgeklärte Weise um« Leben gekommene 13*/» Jahre alte Mädchen Klara Schabel wurde heute vormittag auf dem Pragfriedhof beerdigt. Dazu hatte sich eine große Menge, in der Haupt­sache Frauen, eingefunden. Stadtpfarrer Plieninger wies in der Grabrede darauf hin, daß das Mäd­chen den Eltern eine willige Hilfe im Geschäft gewesen sei und auch ihr früherer Lehrer habe ihr in Beziehung auf ihr Betragen und ihr Ver­halten ein günstiges Zeugnis ausgestellt. Die Art ihres Todes stehe noch nicht fest, sicher sei nur, daß das halbentwickelte Mädchen einem ruch­losen Menschen in die Hände gefallen sei.

Stuttgart 7. Nov. Die Opfer der grauenhaften Familientragödie vom 2. Nov. wurden heute in früher Morgenstunde, um einen zu großen Andrang des Publikums zu vermeiden, auf dem Pragfriedhof beerdigt. Es hatten sich aber trotzdem viele nicht nehmen lassen, der Trauerfeierlichkeit anzuwohnen. An sämtlichen Gräbern sprach Stadtpfarrer John. Zuerst wurde die Geliebte Raiths, die Kellnerin Baum, beerdigt, wobei der Geistliche nur ein Gebet, das ernste Mahnungen und Warnungen vor der Sünde ent­hielt, sprach. Einen erschütternden Anblik bot es, als an einer anderen Stelle des Pragfriedhofs die 4 Särge der Frau und der 3 Kinder in ein Grab gebettet wurden, und kein Auge dürfte dabei trocken geblieben sein. Der Geistliche legte seiner ergreifenden Ansprache den Text: Psalm 143 V. 2: Herr, gehe nicht ins Gericht mit uns, denn vor dir ist kein Lebendiger gerecht", zugrunde. Ein Gefühl tiefen Erbarmens überkam jeden beim Anblick dieses Grabes, vor allem des Erbarmens mit den 3 Kindern, diesen völlig unschuldigen Opfern der Sünde ihres Vaters. Und was die arme Mutter gelitten und erduldet und still ge­tragen, seit ihr Mann sein Herz einer anderen zugewandt habe, das wisse nur Gott allein. Wir müssen erschrecken vor der Sünde, die solche Opfer gefordert. Auch hieran schlossen sich ernste Mah­nungen des Geistlichen. Zum Schluß wurde ab­seits von dem Grab der Frau und der Kinder noch der Urheber all dieses Unglücks unter die Erde gebracht. Der Geistliche sprach am Grab nur ein Vaterunser.

Stuttgart 7. Nov. Auf Gleis I in der westlichen Bahnhofhalle, fuhr heute Nachmittag 2 Uhr 45 Min. eine Rangterabteilung mit großer Geschwindigkeit auf einen alleinstehenden Postwagen, der etwa 30 w vor der nicht auf dieses Geleis eingestellten Drehscheibe stand. Mehrere, an dem Postwagen beschäftigte Unter­beamte, wurden durch laute Warnungsrufe auf die Gefahr aufmerksam gemacht und konnten noch rechtzeitig beiseite springen; ein Schaffner rannte noch in der letzten Sekunde vor den sich beängstigend rasch nähernden Puffern der Rangierabteilung aus dem Gleis und brachte sich damit in Sicher­heit. Im nächsten Moment erfolgte ein heftiger Anprall, der in den gewölbten Hallen mit dem Widerhall angstvoller und warnender Stimmen sich zu einem greulichen Akkord mischte. Für einen Augenblick war aller wie gelähmt vor Ent­setzen. Die Wagen rollten inzwischen gegen die Drehscheibe, die ein beherzter Beamter rasch auf das Gleis I stellte. Kurz vor der Scheibe war es dann gelungen, die Wagen zum Stehen zu bringen. Aus dem Postwagen stieg ein Unter­beamter mit blutender Stirne, ein großes rot und weiß getupftes Taschentuch vor das rechte Auge gedrückt. So ließ er sich, kreidebleich, zum Ver­binden abführen. Sonst schien niemand zu Schaden gekommen; aber man hatte das Gefühl, daß man knapp einer Katastrophe entronnen war. Ein Portier sagte noch:Da draußen er machte eine Handbewegung dem Bahnkörper entlang passiert so was öfter, aber er rumpelt nicht so I" Und dann wandten sich die Männer wieder zur Arbeit. Eine Viertelstunde später war der Zwischenfall" im Trubel des Stuttgarter Bahnhof­lebens vergessen.