Samstag
Beils tze z« Nr. 17«
2«. Oktober 1997.
Der verlorene Sohn.
Row.au vonElsbeth Borchart.
(Fortsetzung.)
Ich teilte ihm meinen unwiderruflichen Entschluß mit, und er blieb
hartnäckig und störrisch bis zuletzt-. Erst als er auf dem Schiff —
als er mir zum letztenmal Auge in Auge gegenüberstand, da sah er mich so bitter wehmütig an. „Vater, bei Gott, ich bin unschuldig," sagte er; fast gleichzeitig wurde das Abfahrtssingnal gegeben, der Dampfer setzte sich in Bewegung und entführte mir den Sohn, den ich nie Wiedersehen sollte.
-Aber seine letzten Worts wollten nicht mehr aus meinem Gedächtnis:
sie verfolgten mich im Wachen und im Schlaf. Ich beschloß in meinem liebenden Vaterherzen, den Ungeratenen nach höchstens zwei Jahren Verbannung wieder zurückzuholen, ihn wieder in Gnaden aufzunehmen. Die fehlende Summe hatte ich stillschweigend gedeckt und zu niemand über den wahren Grund von meines Sohnes Reise nach Amerika gesprochen.-
„Zu niemand?"
Mr. Williams, der bis hierher stillschweigend, aber mit weitgeöffneten Augen und starren Zügen der Erzählung Helmbrechts gelauscht hatte, tat jetzt diese Zwischcnfrage.
„Doch-" erwiderte Helmbrecht-„zu meiner Hausdame
und zu dem Freund meines Sohnes."
„Ah!"
Es war ein Ruf, so unbestimmbar in seinem Ausdruck und doch so qualvoll, daß Helmbrecht erstaunt innehielt.
„Was haben Sie, Mr. Williams?"
„Nichts, Herr Kommerzienrat. Fahren Sie, bitte, weiter fort: Was sagte Ihre Hausdame und-der Freund Ihres Sohnes dazu?"
„Sie waren entsetzt und tief bekümmert-sein Freund trat
tapfer für seine Unschuld ein — aber die Beweise, die Blendlaterne und der Nachschlüssel, übersührten ihn schließlich auch."
„Und-die Hausdame?"
„Sie erklärte meinen Ratschluß, ihn nach Amerika zu schicken, als
sehr gerecht und zweckmäßig-sie tröstete mich damit, daß er dort
ein besserer Mensch werden und als solcher bald wieder ins Vaterhaus zurückkehren würde. Die gute Seele I Sie war mir und meinem Hause sehr zugetan; sie teilte stets Freuden und Leiden mit mir."
Ein eigentümliches Lächeln flog um Williams Züge. Dann sagte er:
„Sie war es auch, die Ihnen mitteilte, daß — Ihr Sohn das Geld zu üblen Passionen verbraucht habe?"
„Ja-"
„Ah!" Wieder kam der gequälte Ausruf aus seinem Munde.
„Und sie-konnte das beweisen?"
„Beweisen?" fragte Helmbrecht bitter. „Die Aussage des Freundes mußte uns genügen, ebenso wie wir die Beweisstücke als einzigen Anhalt nehmen mußten. Ich durfte die Sachs nicht an die große Glocke hängen. Es hätte nicht allein meinen Ruf untergraben, ich hätte auch die öffentliche Schande nicht ertragen können. Meiner Hausdame und
ihrem Neffen-das war der Freund-legte ich Stillschweigen
auf, und sie haben ihr Versprechen redlich gehalten. Nie kam etwas von dem wahren Sachverhalt an die Oeffentlichkeit; ich kann ihnen dar nicht genug danken."
„Hm!" machte Williams-„wäre es für Ihren Sohn nicht
besser gewesen, die Sachs wäre eingehend untersucht worden?"
„Wie meinen Sie das?" Helmbrecht richtete sich auf, und in seinen Zügen lag etwas Gespanntes. „Kamen Ihnen während meiner Erzählung Zweifel an der Schuld meines Sohnes?"
Der Amerikaner antworte nicht sogleich: es war, als wenn er erst nachsänne.
„Ich will nicht gerade Zweifel sagen, nur-meine ich-
sicher konnte man dis Schuld doch jedenfalls nicht feststellen — zumal der der Sohn-es leugnete."
„Und die Beweise-die Blendlaterne-der Nachschlüssel?
Gelten die Ihnen nicht genug?" fragte Helmbrecht zitternd vor Erregung weiter.
„Offen gestanden-nein. Diese Gegenstände konnten ihm von
jemand anders-"
«Mein Gott, Williams, welche Zweifel regen Sie in meiner Brust an? Wenn Sie recht hätten, wenn-er unschuldig wäre und ich
— — ich hätte ihn grausam verbannt und verworfen!"
Wie ein Schluchzen klang es durch seine Stimme. Da griff Williams beschwichtigend nach seiner Hand. Regen Sie sich nicht auf, Herr Kommerzienrat, es war nur eine vage Möglichkeit, die ich da aufstellte, und wenn ich gewußt hätte, daß meine Worte Sie so erregen konnten, hätte ich geschwiegen."
„Nein, nein-Sie stellten nur die Zweifel auf, die ich längst
empfand-hundert — tausendmal-eine innere Stimme rief
mir schon oft zu: „Er ist unschuldig", und Reue und Sehnsucht verzehrten
mich. Aber-auf den Zweifel, den Sie soeben aussprechen, wäre
ich nimmermehr gekommen. Wer sollte ihm Gegenstände, die ihn zum Dieb stempeln mußten, in seine Kommode gespielt haben? — — Ich
wüßte niemand, den ich dessen für fähig hätte halten können.-Sie
vergessen auch, daß meine Hausdame ihn ertappte-ihn sah, wie er
sich nachts in mein Kontor schlich."
„Bauen Sie darauf so fest?-Konnte die Dame sich nicht —
— geirrt haben?" sagte Williams langsam.
„Sie beschwor es."
„Wie? Das tat sie?"
Das Gesicht des Amerikaners verfärbte sich; er griff an seine Stirn und verharrte so, ohne sich zu rühren.
Helmbrecht sah dar nicht. „Nun zweifeln Sie auch nicht mehr, nicht wahr, Mr. Williams?" fragte er.
„Nein-" entrang es sich mit qualvollem Stöhnen aus seiner
Brust. „Was wurde weiter aus ihrem Sohn, Herr Helmbrecht? Was geschah in Amerika mit ihm?"
„Ich hatte ihn in die Fabrik zu einem Geschäftsfreunde nach Chikago gegeben. Anfangs erhielt ich regelmäßig Bericht. Er lautete befriedigend,
ja, er stellte meinem Sohn ein glänzendes Zeugnis aus. Da-ich
war gerade im Begriff, ihn früher, als ich beabsichtigt hatte, zurückzurufen, traf mich eine niederschmetternde Kunde: Georg — war aus Chikago, aus
der Fabrik geflohen — — Alle Nachforschungen waren erfolglos-
er blieb verschollen bis — heutigen Tages. So verlor ich meinen ein- zigen Sohn und Erben — — für immer — —"
Seins Stimme versagte-sie brach ab, und nur ein seltsam herz
zerreißender Ton kam über seine Lippen.
Der Amerikaner rührte sich nicht, und mit keinem Laut unterbrach er die qualvolle Stille, die für einige Sekunden cintrat.
„Ob er tot sein mag?" Wie zu sich selbst sprach Helmbrecht diese Worte nach einer Weile vor sich hin. „Wenn ich nur glauben könnte, daß er ehrlich und rechtschaffen gestorben ist. Aber ich weiß nichts von ihm
und-werde nie von ihm wissen. Niemand kann mir Beweise seiner
Unschuld bringen.-Und brächte man sie mir dennoch, müßte ich mich
dann nicht um so härter anklagen, müßte die Verzweiflung darüber mich nicht zum Wahnsinn treiben? Williams, Williams, könnten Sie in meine Seele schauen! — Sie würden erschrecken, wie es darin aussieht. Zweifel,
Reue, Sehnsucht, Groll-aller auf einen Platz gehäuft! Dazu der
niederschmetternde Gedanke, die Lossagung und Flucht meiner Sohnes, meine jetzige Blindheit wäre Strafe für die Grausamkeit, die selbst durch die mögliche Schuld des Sohnes nicht gerechtfertigt ist."
(Fortsetzung folgt).
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