seiner politischen Einigung länger brauüüe als irgend ein anderes auf dieser Welt. Jetzt, da diese Einigung vollzogen ist, steht diese Welt ebenso ratlos da: ein einiges deut­sches Volk ist ihr zunächst noch nichts an- deres als unheimlich. Ein halbes Dutzend und mehr Völker sehen sich in ihrer Existenz und ihrem Besitzstand nur deshalb bedroht, weil cs erstens in jüdischen Zeitungen so zu lesen war und zweitens, weil Deutsche, die ans allen Erdtteilen zusammengckommen waren, cs zustande brachten, dieselben Lie­der in derselben Sprache nach derselben Meise und mit genau der gleichen Emp­findung zu singen.

Daß eine solche Auffassung in der Welt um uns noch immer ihr Unwesen treiben kann daran sind letzten Endes die Deutschen inner­halb des Reiches zu einem guten Teil selbst schuld. Für sie war der Volksgenosse fünfzehn Meter jenseits der Reichsgrenze bereitsA n s- ländcr" und damitFremder" mochte er zehnmal einen Stammbaum haben, der sich durch sämtliche deutschen Gaue wand wie heute die Reichsantobahucn. Jin günstigsten Falle interessierte er sich durch eine dynastisch bestimmte Schulerziehung dazu veranlaßt noch für den Volksgenossen, der es vielleicht nur einem Zufall verdankte, daß er die Staats­bürgerschaft seines Fürstenkümchcns noch nicht verloren hatte. Daß der Schwabe in Banat, der unter dem Druck der Verhältnisse vielleicht sogar seinen Familiennamen der Sprache jenes Volkes angepaßt hatte, das gerade die staat­lichen Hoheitsrechte für sich in Anspruch nahm, dennoch Schwabe geblieben war und seine Kinder immer noch deutsch beten lehrte das wußte man im Gau der Schwaben kaum mehr und interessierte sich auch kaum dafür.

Es ist vorgekommen, daß Deutsche aus dem geschlossenen Siedlungsgebiet der Deut­schen in Mitteleuropa unmittelbar nach Uebcrschreiten der Neichsgrenze von Deut­schen gefragt wurden, wo sie so gut deutsch sprechen gelernt hätten. Diese Fragesteller vermuteten, daß die deutsche Welt an den schwarz-weiß-roten Grenzpfählen ende. Sie haben wahrscheinlich noch Me Schulerzie­hung genossen, die nichts wußte von dem Band des Blutes, von dem Band der Sprache, von dem Band der gemeinsamen Urheimat, das alle umschlingt und nie- mals jene freiläßt, die deutsch sind. Ge­wiß, das Deutsche Reich umfaßt 67 Millio­nen Menschen aber allein der geschlossene deutsche Siedlungsrauin ist 95 Millionen Deutschen Heimat. Eine unglückselige Ge­schichte hat diese 28 Millionen außerhalb der Neichsgrenzen gestellt. Es wird niemand behaupten dürfen, daß diese 28 Millionen sich in die staatspolitischen Gegebenheiten nicht gesügt hätten. Sic sind sogar im Laufe der Geschichte auch außerhalb des Neichsverbandes Träger und Hüter der anderen Staatsidee gewesen, darüber hinaus noch Gestalter und Former, zu min- bestens aber Jdccngeber des ihnen eigent­lich fremden Staates.

Nicht immer haben diese Staaten und Völ­ker cs den in ihrem Raume lebenden Deut­schen zu danken gewußt, was diese sür sic leisteten und opferten. Schon aus diesem Grunde hat auch keiner dieser Staaten oder Staatsgewalten das Recht, aus dem dem tief, innersten Gefühl und damit dem Blute ent­springenden Bekenntnis zur Geineinsa m- keit aller Deutschen in Blut, Sprache und Lied auch nur die Ver­mutung eines deutschen Imperialismus an- zunehmcn, der, wie z. B. der Imperialismus der Sowjetunion, die ganze Welt oder zu mindestens eine ihrer Teile überschwemmen

Vom MihteinnrischimgS-Schauplatz

Londoner Prefsekombiualiorrerr Pariser »3ovr*: Deutschland hat recht!-

London, 2. August.

Der diplomatische Korrespondent der M orningPost" schreibt, die Weigerung des sowjetrussischen Botschafters, die Gewäh­rung der Rechte Kriegführender zuzugestehen, scheint (!) die britischen Vorschläge zerstört zu haben. Wenn der Sowjetvertreter seine Stellungnahme nicht ändert, wird es not­wendig sein, die britischen Vorschläge aufzu­geben. In diesem Falle würde, wenn kein neuer Plan zustande käme, das Nichtein­mischungsabkommen fortgesetzt werden, aber nur in seiner gegenwärtigen verstümmelten Form, nämlich mit einer teilweise» Sccüber- wachung und überhaupt keiner Landkon­trolle. Der diplomatische Korrespondent des Daily Telegraph" schreibt, in fran­zösischen Kreisen sei vorgeschlagen worden, daß es letzten Endes am besten sein würde, sich darauf zu beschränken, eine wirksame Kontrolle wiederherzustellen. Das würde be­deuten, daß die beiden Streitfragen der Freiwilligenzurückziehung und der Rechte Kriegführender beiseite gestellt würden. Der liberaleNews Chronicle" entwickelt ähnliche Gedanken und befleißigt sich im übrigeil einer tendenziösen Entstellung der Lage, indem er u. a. erklärt, daß dasHin­

dernis" der deutschen und italienischen Stel­lungnahme in der Nichteinmischungsfrage viel größer sei als die von Sowjetrußland gemachten Schwierigkeiten (!).

Der Direktor der Pariser ZeitungLe Jour" stimmt in seinem außenpolitischen Leiiaussatz der Nichtigkeit der Feststellung des deutschen Botschafters in London, von Nibbentrop, zu, die dahin lautete, daß ohne Sowjctrußland in Spanien nicht der Krieg wüten würde. Der deutsche Botschaf­ter von Nibbentrop, so PflichtetLe Jour" bei, hat in London das Wort gesprochen, das der Lage entspricht:Wir können un­möglich die Nichtigkeit der Aeußerung von Nibbentrops bestreiten, daß es ohne die Sowjetrcgierung in Spanien keinen Bürger­krieg geben würde." Sowjetrußland hat inE urvpa nichtszu schassen. Der Abscheu, den jeder Franzose vor dem Bolschewismus empfinde, sei nur der cin- sachste und richtigste Reflex eines gesunden Körpers angesichts einer tödlichen Gefahr. Was denn anders habe Sowjetrußland in Spanien zu suchen, als den Keim der Revo­lution zu verbreiten, der dann bald auch Frankreich anstcckcn solle.

Neuer Schlag gegen eine alte Lüge

Zeitgemäße Feststellungen eines englische« Historikers in der Kolonialfrage

X Berlin, 2. August.

Im Juli-Hest derEuropäischen Revue" berichtet Sir Beazley über die Entschei­dungsjahre der deutschen Kolonialpolitik in Afrika 1890 und 1894.

Mit unendlichem Wagemut und größter Zähig­keit habe Karl Peters den Anspruch Deutsch- lands auf weite und wertvolle Gebiete erworben und in Uganda, wo Englands Bemühungen uni Einflußnahme ziemlich erfolglos geblieben waren, das Vertrauen der Sultane zu Deutschland ge­wonnen. Aber mit einem Federstrich wurde ein großes Kolonialgebiet (oder doch zumindest der sichere Anspruch daraus) durch den Sansibar- Vertrag zunichte gemacht. Das war 1890.Drei Jahre später, fährt Beazleh fort,legte ein gütiges Schicksal Deutschland eine einzigartige Entschädigung zu Füßen, die aber nach reiflicher Ueberlegung zurückgewiesen wurde." Hier hat es sich uni ein Angebot Englands an Deutschland gehandelt, sich mit ihm in den zentralen Sudan so zu teilen, daß Deutschland ein großes Stück des heutigen sranzösischcn Zentralasrikas zu- aefallen wäre. Aber auf den energischen Protest

Frankreichs hin, für dessen afrikanische Pläne diese Gebiete eine erhebliche Nolle spielten, hat Deutschland ohne jede Entschädigung auf das englische Angebot verzichtet. Beazleh schließt seine» Artikel mit den Worten:

Selten hat eine große Nation (oder vielmehr ihre Negierung) sich unbedachter von großen, wiederholt dargebotenen Gelegenheiten zurück- gezogen. Aus jeden Fall aber rechtfertigen diese Verzichte, wie sie dann auch in der Marokko- Politik von 1911 geübt wurden, keineswegs das Bild eines Deutschlands, daS immer und überall koloniale Expansion erstrebt und gegen jeden Nachbarn, sei er Nivale oder Freund, konspiriert, um diese Expansion zu ermöglichen."

Diese Feststellung eines der bedeutendsten britischen Historiker der Gegenwart verdient mit ehernen Lettern in das Buch der Kolonial­geschichte Deutschlands eingetragen zu werden. Hiermit wird die schwerwiegendste Begrün­dung sür die Fortnahme der deutschen Kolo­nien, der deutscherseits immer auf das schärfste entgcgengetretcn worden ist, nun auch engli- scherseits Lugen gestraft. Sie führt auf Grund

mocyle. Die Deutschen, die von Msetts der Grenzen nach Breslau kamen, sahen Plötzlich in ihrer Urheimat den Gegensatz Staat und Volk, den sie selbst am schwersten emp­finden, aufgelöst und zu einer Einheit ver­schmolzen, die sich in jener Person verkör­perte, der allein diese Verschmelzung zu dan­ken ist: in Adols Hitler. Genau so, wie den Tschechen in Amerika ihre National- Hymne: »licke ckomvv muj ..." »ach der Grün- düng ihres Staates im Winter 1918 ganz anders klang als vorher, ebenso wird jede fremde Nation anerkennen müssen, daß daS Deutschland. Deutschland über alles" einen viel tieferen Sinn bekommen hat, seitdem Deuts-üland wahrhaft erstanden ist.

Die Jubelstürmc, die den Führer der deut­schen Nation am Sonntag in Breslau um- brausten, waren in keinem einzelnen Falle auch auf die Person gerechnet eine Kund­gebung eines da und dort angenommenen deutschen Imperialismus. Das deutsche Lied weckte nur noch schlummernde Erkenntnisse der unlösbaren Gemeinsamkeit des Blutes.

Breslau sah d a s d e u t s ch e V o l k

das Barrieren von Stein und Holz ein­zuengen oder zu vermindern nicht imstande sind, denn diese Barrieren bauen Menschen

die Gemeinsamkeit der Deutschen aber,

die über alle diese Grenzen hinwcgrcicht, ist von Gott. ck. 54.

stichhaltiger Beweisführung die Behauptung der Antwortnote der Alliierten vom 16. Juni 1919 ad absurdum, daß die Fortnahme der Kolonien die Sicherung des Weltfriedens be­deutegegen einen militärischen Imperialis­mus, der darauf ausging, sich Stützpunkte zu schaffen, um gegenüber anderen Mächten eine Politik der Einmischung und Einschüchterung zu verfolgen".

Gleichzeitig sollte diese Feststellung abe: auch als Mahnung denjenigen gelten, die auch heute in erster Linie mit der gleichen ungerecht­fertigten Verdächtigung der Anerkennung des deutschen Kolonialanspruchs entgegenarbeiten, daß Deutschland wie vor dem Kriege auch künf­tig mit seiner Kolonialforderung imperia­listische Ziele verfolgen werde und sich mit der Rückgabe seiner früheren Kolonien niemals be­gnügen werde. Sir Raymonds Feststellung wird in Deutschland nicht vergessen werden, und mit Befriedigung und Dankbarkeit kann festaestellt werden, daß der Geschichtsschreiber auch englischerseits heute die Kolonialschuld­lüge als solche erkennt und brandmarkt und Deutschland die Gerechtigkeit zukommen läßt, an die wir den Glauben nie verlieren werden. Die Politiker würden viel zur Verständigung und zum Frieden beitragen, wenn auch sie sich ihrer Gerechtigkeit nicht länger verschließen würden.

LllWUMlsohrt mit Panzerwagen

Ligenber!ckt cker HL-kresss vAs. Koblenz, 1. August.

Am 4. August beginnt vor dem Amts­gericht Brünn der Prozeß gegen einen Groß­schmuggler er hat sich selbst den Namen Sch m u g g c lkö n i g der Eifel" zu­gelegt und dessen Genossen. Vor ungefähr dreiviertel Jahren nahm die Zollfahndungs­stelle Köln an der Grenze eine Reihe von Männern fest, die sich unter Führung des Schmugglers Sch. zu einer gefährlichen Schmugglerbande zusammengeschlossen hatten und so ein glänzendesGeschäft" ent­wickelten.

Nach zwei Jahren hatte der Anführer seine Bande schon so organisiert, daß sie mit einem Panzerwagen über die Grenz tz fuhr, bis es eines Tages gelang, dw Schmuggler und Hehler, insgesamt 21 MäH ner, zu verhaften. Der Prozeß, der wohl dör größte Schmuggel-Prozeß sein dürfte, der deutsche Gerichte jemals beschäftigte, wird voraussichtlich drei bis vier Wochen dauerK 25 Personen sind angeklagt, während als Zeugen über 109 Personen auftreten werden!

Geliebte und sich selbst erjchsmn

Ligenberlclit cker I48-?resss

j. Staßfurt, 1. August.

In Staßfurt trug sich eine schwere Blut­tat zu. der die Ehefrau Ella Dehne und der 50jährige August Neinhardt zum Opfer fie­len. Als der Ehemann Dehne Donnerstag gegen 15 Uhr von der Arbeit heimkehrte, fand er die Wohnung verschlossen. Da er sah, daß der Schlüssel von innen steckte, stellte er eine Leiter an das Fenster der Schlaskammer und stieg ein. Dort bot sich ihm ein entsetzlicher Anblick. Er fand seine Ehefrau und den ihm bekannten Neinhardt erschossen auf dem Bett liegend vor. Neben der rechten Hand des Reinhardt lag eine Pistole und nicht weit davon ein Zettel mit der Aufschrift:Wir scheiden beide. Lebt wohl!"t

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> ganz krirfl

Urheberrechtsjchutz durch Verlagsanstalt Manz. München. 53. Fortsetzung. Nachdruck verboten.

Er klopft unter der Türe Robert noch einmal mit alter Zärtlichkeit auf die Schultern.

Ein Prachtkerl bist Respekt!" Dann hört man ihn langsam den Flur hinauspoltern.

Robert Meißner wartet nur, bis er um die nächste Straßenecke verschwunden ist, dann jagt er wie von tau­send Teuseln gehetzt ins Freie: Luft! Licht! Bäume! Nichts denken, nur wandern!

Und er rennt, was er aus sich hcrausbringt. Nur nicht stillstehen, denkt er. Wenn ich stillstehe, stürzen die Ge­danken auf mich herein wie bissige Hunde.

Schließlich landet er doch in seinem Atelier. In die Wohnung heim will er nicht, denn an Schlaf ist nicht zu denken in dieser Nacht.

Zuerst verdeckt er die Madonna, denn er kann es nicht ertragen, daß ihn Hilde immerzu anschaut. Ein paar kleine Versuche, worin er aus der Erinnerung heraus sie model­lieren wollte, nimmt er fort und schleudert sie in die Ecke, wo das Gerümpel liegt. Ein Stotz Zeichnungen wird zer­rissen. Bis zu diesem Augenblick hat er sich noch immer in der Gewalt gehabt. Aber nun kommt eine barbarische Zer­störungswut über ihn. Er holt, was an Plastiken und Zeich­nungen in der Ecke liegt und nicht ganz zertrümmert ist, wieder hervor und schlägt es in Fetzen. Dann gräbt er ausstöhnend den Kopf in die Arme und seine Schultern ..ucken.

Wie hat er sie geliebt! Gibt es denn eigentlich Worte ,ür all das, was sie ihm gewesen? Die Stunde erwacht !ed:r in ihm, als sie in sein Leben trat und mit ihrem n'.crgründlich stillen Lächeln nach seinem jungen Herzen

griff. Nein, es kann nicht sein, daß dies alles Spiel und Lüge gewesen ist!

Als Robert beim Anbruch des neuen Tages sich im Spie­gel betrachtet, erschrickt er selbst vor seinem Aussehen. Grau und verfallen sieht sein Gesicht ans, und an den Nasen­flügeln hat diese Nacht zwei ganz feine Linien eingegraben.

Dann feiert er Weihnachten, das allereinsamste Weih­nachten seines Lebens. Er sitzt in seinem Zimmer und die Kerzen brennen am kleinen Baum, den ihm Frau Stein­köhler besorgt hat.

Nach den Feiertagen werde ich wieder arbeiten," spricht er sich zu, und er glaubt auch daran. Aber schon beim ersten Versuch wirft er alles beiseite. An nichts mehr hat er Freude. Was bedeuten ihm jetzt noch Geld und Ruhm? Für wen soll er denn eigentlich noch schaffen? Hilde wird in dieser Stunde vielleicht bei ihrem Galten fitzen? Ob sie ihm er­zählen wird? Was?

Daß es einmal einen jungen Bildhauer gegeben hat, der ihr alles gegeben hat, seine Liebe, sein Ich, seine Kunst? Sie mutz eine schöne Frau sein. Gewaltsam mutz er sich zwingen, nicht mehr an sie zu denken.

Ach, wenn das nur so leicht ginge! Wie oft hat er es denn schon versucht, nicht mehr an sie zu denken. Aber im­mer tänzelt sie um seine Seele herum, stiehlt sich in seine Träume und geht alle Wege hartnäckig neben ihm her.

Und es kommt so, daß Robert immer tiefer sinkt. Er ist wie Laub im Herbst, das der Wind spielend hintreibt, wo­hin es ihm beliebt. Kein Sturm des Lebens hätte ihn je in die Knie zwingen können. Aber das Leid um Hilde macht den großen Künstler klein und haltlos.

Manchmal saßt er den Entschluß, heimzufahren. Aber dann schämt er sich und hat Angst vor der Einsamkeit. Was er braucht, ist Ablenkung, und das kann ihm die Stadt im reichen Matze geben.

Einige Kollegen rücken ihm eines Tages energisch auf den Leib.

Menschenskind, dich kennt man ja kaum mehr. Komm schließ dich uns an und bleib den Kneipen fern!"

Er weiß nicht, soll er sich darüber freuen oder ärgern. Es ist um die Faschingszeit und da könnte man sich überall ganz nett zerstreuen. Schließlich nimmt er die Einladung zu dem ersten großen Kiinstlerfest der Saison an.

Als er an diesem Abend seit langer Zeit zum erstenmal wieder im Frack vor dem Spiegel steht, wird ihm ganz elend zumute. Ist das eigentlich noch sein Gesicht, das da herausschaut aus der blanken Spiegelscheibe? Ja, es ist es noch. Aber die Wangen sind fahl und farblos, die Augen liegen tief in den Höhlen und sein Mund ist so traurig.

Das Künstlersest fand in den festlichen Räumen des deutschen Theaters statt. Robert hatte ausgemacht, daß man sich im Vestibül an der Garderobe treffe. Schon reute ihn fekn Versprechen, als er sich der Einfahrt zum Hofe des Theaters näherte. Hier stand ein Schwarm von Neugieri­gen, die mit Ausdauer die herrlichen Kostüme und Abend­kleider der ansahrendcn Gäste bewunderten. Denn was man hier sah, waren die repräsentativen Persönlichkeiten der Münchner Kunst. Robert bog eben von der Schwanthaler Straße in den Torbogen ein, da fährt er zurück!

Eine Bremse kreischt hart auf. Beinahe hätten ihn die Kotflügel eines Autos gestreift. Der Wagen steht und Ro­bert will eben seinem Unmut Luft machen, da bleibt ihm das Wort in der Kehle stecken.

Unter der braunen Lederkappe des Fahrers sehen ihn ein paar graue Augen scharf an. Ein Mund öffnet sich, als möchte er etwas sagen. Das Gesicht kennt er, es ist ihm un­vergeßlich! Dr. Karras, jener Herr vom Seewirtshaus! Dann ist die Frau an seiner Seite ganz gewiß Hilde!

Robert Meißner steht noch immer auf dem gleichen Platz, unfähig, nur ein Glied zu rühren, und schaut dem Wagen nach, der soeben langsam in den Hof rollt.

Natürlich! Er hätte es sich denken können, daß sie aus das Kiinstlerfest kommen würden.

(Fortsetzung folgt.)