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die Antwort ablehnend, weil z. B. auf die An, Wesenheit des Zeugen besonders Wert gelegt wird, so muß dieser zum Termin erscheinen.

Talheim O.A. Heilbronn 18. Juli. Am Dienstag früh 6 Uhr war der Taglöhner Christoph Belle vom Hohenrainerhof damit beschäftigt, die Eisen von den Klauen eines Ochsens loszumachen. Hiebei wurde Belle von dem bösartigen Tier angegriffen und derart rücklings zu Boden ge­schleudert, daß er einen Schädelbruch und eine schwere Gehirnerschütterung erlitt.

Urach 18. Juli. Eine Kuh des Bauern Ludw. Wetze! in Upfingen, hiesigen Oberamts, brachte dieser Tage drei gesunde Kälber zur Welt. Die Kuh hatte schon mehrmals Zwil­linge gebracht.

Friedrichshafen 18. Juli. Mit der Erbauung der schwimmenden Ballonhalle durch den Grafen Zeppelin geht es ziemlich langsam vorwärts. Doch wird auf der Werft emsig gearbeitet um in etwa 6 Wochen neue Ballonausstiege zu unternehmen. Auf die Fertig­stellung der neuen Halle wird nicht gewartet. Die Nachrichten, daß Graf Zeppelin beabsichtige mit seinem Luftschiff eine Fahrt von Friedrichs­hafen nach Wilhelmshaven zu unternehmen, be­ruhen auf reinen Mutmaßungen. In unterrichteten Kreisen weiß man hievon nichts. Wohl aber dürfte es von besonderem Interesse sein, zu hören, daß Graf Zeppelin seit einigen Wochen schon an einem weiteren neuen Luftschiff arbeitet, das bis zum Herbst ds. Js. vollendet sein soll und das seine Unterkunft in der neuen schwimmenden Ballonhalle finden dürfte.

Karlsruhe 17. Juli. Unter großem Andrang des Publikums begann heute vormittag vor dem Schwurgericht die Verhandlung gegen den Rechtsanwalt Hau, der beschuldigt wird, am 6. Nov. 1906 in Baden-Baden seine Schwieger­mutter, Frau Molitor ermordet zu haben. Es find einige 80 Zeugen geladen.

Offenbach 17. Juli. Gestern Abend gegen 10 Uhr explodierte auf dem Hof einer Wirtschaft ein mit Pulver gefülltes guß- eisernes Hohlgefäß. Die Sprengstücke waren in weitem Kreise umher geflogen, ohne Schaden anzurichten. Als Urheber wurden zwei Former ermittelt, die zur Verherrlichung einer Feierlichkeit ihrer Wirtsfamilie durch diesen Knalleffekt bei­tragen wollten.

Radolfrzell 16. Juli. Gestern mittag brach in dem im Güterbahnhof Schaffhausen be­findlichen Petroleumlager der Firma Gebr. Kummer Feuer aus, dem eine große Anzahl Fässer Petroleum und Benzin zum Opfer fielen.

Da in allernächster Nähe sich noch vier größere Petroleumbehälter befinden war die Gefahr nicht ausgeschlossen, daß auch diese vom Feuer ergriffen werden. Infolge der ausströmenden großen Hitze und Explosionsgefahr mußte eine zeitlang der Zugsverkehr nach Singen eingestellt werden.

München 17. Juli. Wie dieMünchener Neuesten Nachrichten" erfahren, soll den Aus­wüchsen des Automobilismus künftig energisch entgegen getreten werden. Wie dieAbend­blätter" melden, ist der ehemalige Theestuben-Be- sitzer Wülfel, welcher von einem hiesigen Rechts­anwalt über 200000 ^ erpreßt hat, gestern in Lausanne verhaftet worden. Er wird an Bayern ausgeliefert. Die Frau des Verhafteten hält sich in Genf auf. Sie wird wahrscheinlich auch ver­haftet werden.

London 18. Juli. Nach einer tele­graphischen Meldung aus New-Dork fand in­folge Uebersüllung einer Zuges Nachts ein furcht­barer Zusammenstoß auf der Third Avenue Elevated Railway statt. Bei der 106. Straße fuhr ein Zug in einen andern hinein, der von einer Bande mit Messern wütend um ihre Plätze kämpfenden Italienern angefüllt war. Die Wagen wurden bei dem Zusammenstoß über das erhöhte Geleise gelegt und die Passagiere, welche jeden Augenblick den Absturz auf die Straße erwarteten, kämpften in wilder Panik um den Ausgang aus dem Wagen. Männer warfen Frauen und Kinder rücksichtslos zu Boden. Die stromleitenden Schienen setzten die Zugtrümmer in Brand, wodurch das grausige der Scene noch erhöht wurde. Etwa 50 Verletzte wurden nach dem Hospital geschafft. Viele liegen im Sterben. Der Zugführer wurde verhaftet, obwohl er infolge des Kampfes der Jtcüiener schuldlos sein soll.

Vermischtes.

Ein heiteres, von echt schwäbischer Gemütlichkeit zeugendes Stückchen, erlebten unlängst die Passagiere eines in der Nähe der schwäbischen Oberamtsstadt X. verkehrenden Zuges der Nebenbahnlinie L.G. Hatte da ein ehrsamer Metzgermeister aus X. in H. ein Schwein, chen aufgekauft und solches auf der Haltestelle daselbst in die Obhut der Eisenbahnverwaltung, d. h. in Verwahrung des Viehwagens des genannten Zugs gegeben. Aber, o Schicksal, als dasZügle" auf der nächstgelegenen Station M. anlangte, bemerkte der Zugmeister zu seinem nicht geringen Schrecken, daß die Rolltüre des Viehwagens weit offen stand und sein einziger Insasse nämlich das Schweinchen unterwegs die goldene Frei­heit gesucht und gefunden haben mußte. Da nun aber der Metzgermeister sein Eigentum nicht ohne Weiteres verloren sein lassen wollte, vielmehr Ansprüche an die Eisenbahnverwaltung bezw. die

betr. Beamten zu erheben drohte, so kam das Personal des Zuges einstimmig zu dem heroischen Entschluß gemeinschaftlich Jagd auf das entflohene Säule" zu machen!Aelles ausschteiga"! tönte die Stentorstimme der Schaffners in die zwei Paffagierwagen hinein und nachdem seitens der Passagiere dieser Aufforderung Folge geleistet war, erhielt dasZügle" Contredampf und langsam fuhren die Jäger auf ihre rückwärts liegenden Jagd- gründe, dieweilen die zurückgelassenen Passagiere Gelegenheit hatten, amBahnhof" in M. sich in Vermutungen über das Jagdglück der unfreiwilligen Jägdler zu ergehen. Zwischen H. und M. steigt das Terrain, und da die Rolltüre des Viehwagens, bezw. der Verschluß desselben augenscheinlich defekt Mr, so hatte sich diese bei der Bergfahrt lang- sam zurückgeschoben; da nun aber dasZügle" gerade in seinem schönsten Schneckentempo fuhr, so faßte sich vas erstaunte Schweinchen ein Herz und sprang mit einem kühnen Satz auf die Böschung, auf der es die goldene Freiheit, wenn auch nur auf kurze Zeit wiedergewinnen sollte. Als unsere Jäger diese Stelle wieder passierten, schlug ihnen das Herz vor Freude, als sie wahr­nahmen, daß sich das Schwein auf einer nur etwa 100 w weiter abwärts liegenden Wiese eifrig grunzend herumtummelte und schnell ent­schlossen wurde das Zügle zum Halten gebracht. Zugmeister, Schaffner und Wagenwärter, dieses Neilige Personal des berühmten Sekundärbähn- chens umkreisten kühn das ahnungslose Vieh, das der Zugmeister als der erste am Ohr erwischte, worauf es im Triumph nach demZügle" zurückge­tragen wurde. Die Rückfahrt wurde schleunigst, d. h. so rasch es eben gehen wollte, ausgeführt nur mit dem Unterschied, daß diesmal das Schweinchen eine Ehrenwache in der Person des Wagenwärters erhielt, der während der kritischen Fahrt die Rolltüre ständig im Auge d. h. fest- halten mußte, um eine wiederholte Flucht des Borstentiers zu verhindern. Nach einer Ver- spätung von nahezu 1 Stunde konnte dann von M. aus die unterbrochene Fahrt fortgesetzt werden, und merkwürdigerweise traf man unter den Passagieren trotz bedeutender Verspätung bei ihrer Ankunft in X. nur vergnügte Gesichter über das köstliche Erlebnis, das sie für die Unannehmlichkeit des unfreiwilligen Aufenthalt in M. und dazu unter freiem Himmel, reichlich entschädigt hatte.

o. §.

Gottesdienste.

8. Komrtag «ach Hriutt- 2 t. Juli. Vom Turm: 88. Predigtlied: 83. 9 Uhr: Vorn itt.-Predigt, Stadt­pfarrer Schmid. 1 Uhr: Christenlehre mit den Söhnen. 2 Uhr: Bibelstunde in der Kirche, Dekan Roos.

JakoSur-Aeiertag, 2S. Juli. 9 Uhr: Predigt im Vereinshaus, zugleich Vorbereitung und Beichte, Stadtpfarrer Schmid.

mon äisu, gu6 la vis sst awörs!"

Die süße Melodie scholl über die Wogen, während Meurices Boot pfeilgeschwind vor dem Sturm dahinflog, hinaus in die dunkle, empörte See.Meurice selbst hat so schnell niemals segeln können! Schneller, schneller!" rief sie, schlug in die Hände und lachte.Auf, nach den I-s.uuiou8! Dort wird er sein Gesicht nicht abwenden! Ich komme so sicher wie der Wind und die Wellen! Das war mein gutes bretagnisches Versprechen! Schneller! schneller nach den I-auulons! Zu Thymert!"

Im Morgengrauen des nächsten Tages stand Thymert in der Tür seiner Kapelle. Es war ein heftiger Sturm gewesen, und er fürchtete schlimme Nachrichten von seinen Fischern zu vernehmen. Seine sorgenden liebevollen Augen mit der Hand beschattend, spähte er nach allen Richtungen über die Wasser, dann längs des Strandes der I-aunions, in der Hoffnung, nirgends eingestürzte Schornsteine, oder abgedeckte Hütten zu erblicken. Zuletzt glitt sein Blick prüfend über sein eigenes, kleines Eiland.

Doch, was war das da unten bei dem großen Felsen? Etwas Rotes, etwas Weißes, ein langgestreckter Gegenstand. Hastig schritt er hinzu, von Grauen erfaßt.

Mein Gott! mein Gott!" stöhnte er und kniete neben der kleinen Gestalt nieder. Sie lag mit dem Gesicht auf dem Boden, aber Thymert hatte genug gesehen, er wußte, wer nach den lEmou8 gekommen war, so sicher, wie Wind und Wogen. Er hob sie in seinen Armen auf mit wildem, starrem Blick und trug sie über die Schwelle des kleinen Gottes­hauses. Auf seinem eigenen Bett legte er sie nieder. Jetzt gehörte sie chm allein. Niemand stand mehr zwischen ihnen. Niemand sollte sich ihr nahen. Da lag sie vor ihm, so jungfräulich und schön. Er verriegelte Tür und Tor. Heut riefen seine Leute vergeblich nach ihrem Priester. Den ganzen Tag lang kniete der starke Mann neben dem toten Kinde, allein mit ihr, mit seiner Seelenpein, seinem Gewissen und seinem Gott.

Gegen Abend stand er auf und rief die alte Brigitte. Als sie sein Gesicht erblickte, schrie sie laut auf.Still," sagte er,komm her und sorge für das kleine ertrunkene Mädchen. Wache bei ihr, bis ich dir jemand zur Hilfe sende."

Heilige Jungfrau, das ist ja Guenn!"

Die lieblichen Augen waren geschloffen, das bewegliche, lebensprühende Antlitz war regungslos, das glockenhelle Lachen für immer verstummt, die emsigen kleinen Hände lagen nun ruhig über dem roten Brusttuch gekreuzt das treue, edle Herz hatte aufgehört zu schlagen.

So sanft, so still liegt sie da," schluchzte die alte Brigitte,man kennt den kleinen Wildfang nicht wieder."

Der Pfarrer beugte sich über das bleiche, reine Antlitz, in seinen tiefen Augen brannte «seine Seelenqual. Sehnsuchtsvoll breitete er die Hände über ihr geliebtes Haupt. Er hatte sie nicht ein einzigesmal berührt, außer um ihr die Augen zuzudrücken, ihre Hände über der Brust zu kreuzen und die Falten ihres Kleides zu ordnen. Auch jetzt waren sein Gebet, sein Segensspruch und sein Lebewohl so stumm wie seine Trauer. Er wandte sich ab und verließ sie, mit ihr alle Freude seines Lebens.

Er segelte allein nach Plouvenec hinüber. Weder zur Rechten noch zur Linken blickend schritt er an den erstaunten Seeleuten vorbei, gerades- wegs nach dem Gasthaus, wo or mechanisch mit aschbleichem Gesicht einige Worte an Madame richtete. Hn derselben Nacht fuhr er nach Quimper und saß dort viele Stunden in geheimer Unterredung bei seinem verehrten Bischof, der in große Unruhe und Bestürzung geriet.

Plouvenec sollte seine feurigen, seelenvollen Züge niemals Wiedersehen, sollte niemals mehr die alte, abgetragene Soutane in seinen Straßen er­blicken, nie mehr sein warmer, sonniges Lächeln schauen, die Macht seiner Gegenwart empfinden. Seine liebevollen, braunen Augen ruhten nie wieder auf seinem armen Gotteshaus und seinem Fischervolk. (Forts, folgt.)