Montag den 21. September 1936

Der Enztiiler

94. Jahrgang Nr. 220

In Reutlingen stießen an der Kreuzung Kaiser- und Uhlandstraße ein Personenwagen und ein Kraftfahrer zusammen. Dabei erlitt der Kraft­fahrer schwere Verletzungen. Während des Sommers besuchten rund 56 000 Personen das Arbachbad.

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Kürzlich brannte in GundelSheim. OA. Neckarsulm, die Scheuer des Josef Leimer ab. Der Besitzer wurde noch am selben Abend durch die Landjäger vernommen. Als man ihn später noch einmal vernehmen wollte, fand man ihn mit durchschnittener Kehle tot im Abort auf. Es ist mit Bestimmtheit anzunehmen, daß der Besitzer selbst den Brand legte, um in den Besitz der Versicherungssumme zu kommen.

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Ein nicht alltäglicher Unglücksfall ereignete sich am Ortsausgang von Cappel nach Oehringen. Ein Personenkraftwagen fuhr an der Hohenloher Löwenbrauerei vorbei, als ein junger Hahn gegen die Windschutzscheibe flog, diese durch den heftigen Anprall zertrümmerte und den Fahrer über dem Auge verletzte. Der Fahrer konnte 'seinen Wagen noch rechtzeitig abbremsen und ein Unglück vermeiden.

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Am 1. Oktober 1936 tritt der neue Ent­fernungszeiger für den Güter- und Tierver­kehr der Deutschen Reichsbahn in Kraft. Er weist zum Teil nicht unerheblich« Entfer­nungskürzungen auf, wodurch sich bei einer Reihe von Verkehrsverbindungen Frachtermäßigungen ergeben. Zum gleichen Zeitpunkt werden der Deutsche Eisen­bahn-Gütertarif, Teil 1 Abt. L, der Fracht- sahzeiger für den Güterverkehr, der Deutsche Eisenbahn-Tiertarif, Teil I und H, und der Tiersrachtzeiger neu ausgegeben. In die neuen Frachtsatzzeiger ist der seit 20. Januar 1936 eingeführte sünsprozentige Zuschlag zur Fracht organisch eingearbeitet worden. Für die bisher von diesem Zuschlag befreiten Güter des Regeltarifs und für Schlachttiere werden besondere Ausnahmetarife eingeführt, die diese Vergünstigungen beibehalten. Im übrigen bringen die neuen Tarife zum Teil wichtige Aenderungen der Fracht­berechnungsgrundlagen und sind deshalb für alle Verfrachter von Bedeutung. Die Tarife können durch Vermittlung der Güterabfertigungen bezogen werden, dm auch weitere Auskünfte geben.

Berlin, 20. September 1936

Die Organisationsleitung des Reichspartei­tages 1936 bittet alle Partei- und Volks­genossen, die am diesjährigen Reichsparteitag teilgenommen und photographische Ausnahmen hergestellt haben, je einen Abzug mit genaue« Angabe des Urhebers, des Dargestellten, und der evtl. Archiv-Nummer an die Organi- sationsleitungNürnberg,Generalseldmarschall- Von-Hindenburg-Platz 1, für Archivzwecke ein­zusenden. Sämtliche Vervielsältigungs- und Berösfentlichungsrechte an den Bildern blei­ben den Urhebern gewahrt.

Dorsliliterslichlitigen

Glnsatzdieust des Hochschulkreises Württemberg

Am Mittwoch, den 16. September 1936, trafen im Hohenloher Land in Künzelsau aus allen Gauen Deutschlands, vom Reichs­parteitag, aus den Werkstudentenstellen, vom Bauplatz und aus den Ferien etwa 30 stu- dentische Mitarbeiter des Hochschulkrerses Württemberg ein, um an einem Vorberei­tungslager teilzunehmen, auf welchem die- ser freiwilligen studentischen Arbeitsgemein­schaft Richtlinien für ihre Arbeiten zur Un­tersuchung der besonderen landschaftlichen, bäuerlichen, wirtschaftlichen, sozialen und bevölkerungspolitischen Verhältnissen des Hohenloher Landes unter der Leitung des Hochschulkreises Württemberg von berufe­nen Vertretern der Partei und des Staates gegeben werden.

Der Hochschulkreis Württemberg ist für diese Aufgaben in den Lagern geschult und schon öfters zu solchen Arbeiten eingesetzt worden. So wurden von Kameraden des NSD.-Studentenbundes unter der Leitung des Hochschulkreises im vergangenen Seme­ster ähnliche Untersuchungen vorgenomrnen im Raum von Reutlingen und Bie­tigheim und ferner Untersuchungen über die Verhältnisse der Gemeinde Birken- selb und im Gebiet Schwenningen durchgeführt.

Für die Untersuchungen im Hohenloher Lande wird die Frage der Landflucht von besonderer Bedeutung sein. Es wird Aus­gabe dieser Untersuchungen sein, die Ur­

sachen und Auswirkungen der in diesem Gebiet durch Landflucht entstandenen großen Bevölkerungsabnahme festzustellen und Ab- wehrmaßnabmen vorzubereiten.

Der Hochfchulkreis Württemberg wird im engsten Einvernehmen mit der küzlich gegründeten Landesplanungsgemeinschaft Württemberg-Hohenzollern Zusammenarbei­ten. Die Ergebnisse, die von den Studenten vorgenommenen Untersuchungen sollen der Landesplanungsgemeinschaft für ihre Prak­tische Arbeit zur Verfügung stehen. Von der Gauleitung Württemberg und dem Württ. Innenministerium werden die Un­tersuchungen weitestgehend gefördert. Zu diesem Zweck hat das Württ. Innenmini­sterium einen Fragebogen an die Landräte und Bürgermeister des Hohenloher Landes herausgegeben, der im Einvernehmen mit dem Statistischen Landesamt vom Hochschul, kreis und von der Landesplanungsgemein- schast aufgestellt worden ist. Diese bereits ausgefüllten Fragebogen werden zur Zeit ausgewertet und dienen der Vorbereitung zum Gesamteinsatz des studentischen Hoch­schulkreises für seine Arbeit.

Es ist zu wünschen, daß die selbstlose Ar- beit der Kameraden vom Hochschulkreis Württemberg im Interesse der Bevölkerung des Landes Hohenlohe von allen Beteilig­ten, namentlich von der Einwohnerschaft in den Dörfern, Verständnis und Unterstützung findet und diese Arbeit zum Nutzen der Ge­samtheit von Erfola sein wird.

Ser Svslbau im Kleingarten

Viel zu oft muß fest-gestellt werden, daß die Hoffnungen, welche bei der Anlage des Gar­tens gehegt wurden, zunichte waren, als die OMbümne voll zur Entwicklung kamen. An­statt des schönen, sonnigen Gärtchens hatte sich ein Urwald herausgebildet, in dem das Son­nenlicht kaum noch durchdringen konnte, da­für aber umso stärker Krankheiten und Schäd­linge aller Art sich einnisteten, und wo selbst eine intensive Schädlingsbekämpfung nicht mehr den gewünschten Erfolg verspricht. Ge- nniföknlturen oder gar Blumen anzrchflanzen, ist nicht mehr möglich, da im Schatten ja nichts Gescheites gedeihen kann. Man säht dann unter die Bäume Gras an und das ist der Anfang vom Ende des früher so schönen Gartens. Kein Wunder, wenn das Interesse für einen solchen Garten nachlätzt.

Was ist nun hauptsächlich die Ursache dieses Mißerfolges?

Der Gartenbesitzer wollte möglichst viele Obstarten und Porten angepflanzt haben, um später seinen Bedarf an Frischobst decken zu können, ja sogar zum Einmachen sollte noch Ueberschutz vorhanden sein. Aus diesem Be­dürfnis heraus wurden die betr. Bäume viel zu eng gepflanzt, unbekümmert der Unterlage, auf welcher die Bäume veredelt sind. Die auf Wildling veredelten AWl- und Birnhoch- stämme sollten aber mindestens 10 Meter von­einander entfernt gepflanzt werden. In einem

Garten von 600 Quadratnieter Fläche dürften also nur sechs Okstbäume zu stehen kommen. Daraus geht hervor, daß Kernobst, Hoch- und Halbstämme, welche auf Wildling veredelt sind, nicht die geeignete Baumform für den Kleingarten sind und die berechtigten Wunsche der Besitzer damit nicht erfüllt werden. Es müssen also Nisderstämme (Bufchbänme) auf Zwergunterlage Verwendung finden, wobei dann mindestens doppelt so viel Bäume ange- pslanzt werden können; neben denselben kön­nen noch wagrechte sowie senkrechte Schnur­bäume in Apfel auf Paradiesunterlage, sowie Birnen auf Quitten Verwendung finden. Außer den genannten Vorzügen tritt bei Liesen die Tragbarkeit viel früher ein, die Früchte werden größer und schöner.

Wir unterscheiden also hei den Apfelbäumen drei verschiedene Unterlagen

1. den Sämling, oder Wildling, aus welchen Hoch- und .Halbstämme veredelt werden und welche für den Kleingarten also nicht geeignet sind;

2. den Doucin- oder Splittapfel, worauf die Nisderstämme (Bufchbänme) veredelt wer­den und in 5 bis 6 Meter Entfernung für mittelgroße Gärten zu empfehlen sind. Die Tragbarkeit beginnt hier einige Jahre früher wie bei Hoch- und Halbstämmen.

8. -er Paradiesapfel als Unterlage für Bufchbänme starkwachsender Apfelsorten

Heute beginnt hier die

Geschichte

von

Hase

dem Manne, der von nichts weiß. Das wird eine lustige Sache!

Lesen Sie mit!

nnd Schnurbäume, welche bald nach der Pflanzung zu tragen beginnen. Was für den Apfel die Paradiesunterlage ist, ist für die Birnen die Quitte. Birnbuschbänme , und Schnurbäume auf Quittenunterlage sind ulk'ch empfehlenswert wie Apfel auf ZwergunterlSM. - .

Beim Pflanzen derartiger"BÄUllL-.ist jedoch zu beachten, daß dieselben nur flach im BooM- wurzeln, und deshalb nur in gut vo' ereitetem nahrhaftem Boden ähnlich wie das Boerenobst freudig gedeihen können. Auch bedürfen solche dauernd einer Stütze (Baumpfahl).

Im Kleingarten mit ahsterbenden Obstbaum­beständen empfiehlt sich, nie wieder Hoch->bezw. Halbsdämme zu Pflanzen, sondern nach Ent­fernung der unwirtschaftlichen Bäume zweck­mäßig dem Buschbanm oder Schnurbaum auf Zwerguntcrlage den Vorzug zu geben. Eine größere Verüvendnng von solchen Bäumen ermöglicht noch sehr gut, daß Beere nebst, sowie Gemüse und Blumen im Kleingarten wieder Platz finden können und viel dazu bei­tragen, die Freude am Kleingarten zu steigern.

Krcisbaumwart Schecrer.

Der 8. keieksvottdeverb kür ölokorkluginoüello

In Anwesenheit des Leiters der Landes­gruppe Paderborn des RLF., Major Boehme, von Vertretern der angrenzenden Luftkreis­kommandos, der Partei und Behörden, wurde am Samstag vormittag der 6. R ei ch s w e t t- bewerb des RLF. für Motorflug., modellein dem in der Münsterschen Bucht zwischen Dülmen und Haltern gelegenen Flie­gerlaber Borkenberge eröffnet. Nach der teierlrchen Flaggenparade hielt der Vertreter des Reichsluftsportsührers und Wettbewerbs­leiter Major Huber (Berlin) die Eröff­nungsansprache.

. Urheber-Rechtsschutz: Dret Vuellen-Derlag, Königsbrück svez. Dresden)

S1

Er ruft irgend etwas herüber. Lisel winkt und winkt. Sie winkt noch, als die roten Schlußlichter des Zuges um ptne Kurve biegen.

Dann dreht sie sich um und rennt davon, zurück in die Dunkelheit der Chaussee.

Es ist nicht viel, was über sie in den letzten beiden Tagen tereingebrochen ist. Ihr Herz ist aufgewacht l Und es ist Dennoch sehr viel: Denn in diesem Aufwachen ist das erste Wunder und die erste Erschütterung eines neuen Gefühls, das ihre Seele wie mit einer süßen Trunkenheit erfüllt.

Atemlos kommt sie zu Hause an. Aber sie mag noch sticht ins Haus gehen. Sie wandert durch den Garten wie benommen, sie hat die Hände über dem Herzen gefaltet, sie summt ein paar Worte vor sich hin in den lauen Wind: »Auf unsrer Herzen Kling und Klang." Ein leises Lachen springt ihr über die Lippen, das plötzlich in einem Schluchzen gbreißt, und dann wirft sie die Arme in einer wilden Auf- lgelöstheit um den Stamm einesußungen Kirschbaumes und sschmiegt ihr Gesicht an die kühle Rinde.

So steht sie lange.

Die Lisel aus dem Spätzlehaus lauscht auf das geheim­nisvolle Pochen ihres Blutes und auf das Steigen der Säfte im Kirschbaum, und erschauernd fühlt sie, daß nun beides einer Erfüllung entgegenreifen muß, gegen die sich nichts auf der Erde wehren kann.

Sie-blickt zum gestirnten Himmel empor. -L

Die Sterne tanzen ganz sacht und blinzeln.

Drittes Kapitel /

. »Die Fahrt scheint dir ja mächtig bekommen zu sein, Mein Junge l"

Fritz Rübesam grinst unverschämt und ein bißchen neid­voll. Er sitzt auf einer Kiste, die in diesem Mansardenloch die Bibliothek darstellt, und ist damit beschäftigt, sich mit viel Spucke und wenig Wichse die Stiefel zu putzen. Im übrigen ist er ein junger, untersetzter Mann mit einer mächtigen Haarmähne und ziemlich ostentativ abstehenden Ohren. Er ist überzeugt, einmal ein ganz großer Musiker zu werden, vielleicht erster Kapellmeister an der Staatsoper oder be­rühmter Komponist und so. Vorläufig ist er noch Musik­student im sechsten Semester und spielt des Abends irgend­wo in einem Kaffee sentimentale Schlager für ein paar Mark, damit er die Vorlesungen bezahlen kann.

Peter ist schon seit einer halben Stunde aus den Federn, pfeift und singt vor sich hin, bindet sich die Krawatte eine Viertelstunde lang vor dem Stück Spiegel, das mit einer Schnur an einem Nagel an die Wand gehängt ist, und läuft dann auf den Händen ein Stück durch die Stube.

In der Nacht ist er von seiner Reise heimgekommen, hat sich gleich in die Falle gehauen. Nun sehen sich die beiden nach sieben Tagen wieder.

Weißt du, Fritz, besser als die Heuböden im Bruch sieht unsere Bude eigentlich auch nicht aus", sagt Peter, Wenn man sich so die .Gegend' nach langer Trennung wieder beguckt."

Na ja, schön ist natürlich anders. Diese ganze Man­sardenbude kostet im Monat zwölf Mark. Mehr ist sie also nicht wert. Möbliert haben sich die beiden die Stube selber. Da steht also ein Tisch, ein Bettgestell in zwei Etagen, das sie sich allein gezimmert haben und auf dessen Haltbarkeit sie mächtig stolz sind, zwei Stühle fehlen nicht, und ein Gaskocher ist auch da. Viel mehr wäre ein Luxus gewesen, der an Verschwendung gegrenzt hätte.

Aber gute Luft und feine Aussicht ist hier oben in dieser nördlichen Stadtgegend, fünf Stock über dem Pflaster.

Peter, vielleicht läßt du nun bald die blöden Zicken" der macht gerade voll Temperament ein paar Kniebeugen und exakte Numpfdrehungen «und erzählst mir, ob du da draußen auf dieser total überflüssigen Fahrt einen reichen

Onkel entdeckt hast oder 'ne wohlhabende Müllerstochter, oder ob dich 'ne Kuh gebissen hat!"

Peter stellt seine Morgenübungen ein und lacht.

Mensch, von heute ab wird gebüffeltl"

Aha! Dann hättste die sieben Tage zu Hause bleiben sollen. Das schöne Geld! Hast doch mindestens zwanzig Mark ausgegeben, nich? Kinder! Kinder! Also nu leg' mal los! Du mußtest ja durchaus mal weg! Na wenn ich nich die letzte Woche ganz gut verdient hätte, möchte wissen, wovon du vorläufig leben wolltest!"

Peter haut ihm die Hand auf die Schulter.

Menschenskind, fein war'sl Die paar Mark, die ich mir treu und brav bei der Buddelei an der Untergrundbahn gespart habe, tun mir nicht die Bohne leid, mein lieber Musikante. Mal muß der Mensch doch rauskommen aus dem gewohnten Hott und Trott, zum Donnerwetter noch mall Und das Land da draußen ist nun mal meine heim­liche Liebe."

Weiß ich, mein Junge, weiß ich, nu mecker bloß nich so viel pack schon aus! Du kannst doch wenigstens 'n bißchen erzähl'», nich wahr? Wo ich sieben Tage lang die Bude allein gefegt. Staub jewischt und jelüftet habe! Hab' ich? Was?"

Bist 'ne treue Seele, Musikänte. Aber nu laß man. Vielleicht zum Abend, da erzähl ich dir was. Jedenfalls, damit du beruhigt bist, Onkel und Müllerstochter is nich! Wir müssen schon beide auch weiterhin mit Musste und Magenknurren durch das schöne Studentendasein wandern. Also immer feste druff, Fritze, das Leben ist so schön und das Examen so schwer! Aber was machen wir uns schön daraus!"

Kinder, 'n Redefluß haste! Setz wenigstens mal Wasser auf, damit endlich unser .Bliemchen' in die Kanne kommt. Ich muß bald weg."

Peter steckt den Gaskocher an und setzt Wasser auf. Zehn Minuten später flitzt Rübesam los, noch im Stehen kippt er sine TasseHeißen" hinter die Binde und zer­knautscht «wK alte Schrippe.

"(Fortsetzung folgt.; ^