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82. Jahrgang

Amts- und Änzeigeblatt für den Bezirk Calw.

UrlcheinungStage: Dienltag, Donnerst ag. TamS- vao. Sonntag. Jnserttonspreis 10 Psg. pro Zeile für Ttadt and Bezirksorte; außer Bezirk 12 Psg.

Samstag, den 11. Mai 19V7

«bonnementspr. tnb. «tabtpr. Biertelj. Mk. 1.1» incl.Driiaerl. BierteliLhrl. Postbepi^tpret» ohne «estellg. f. d. Ort«, u. Nachbar, ortsoerkehr 1 Mt., s. b. sonst. Verkehr Mk. 1.1», Bestellgeld 20 Psg-

«mtttche vekamrtmachmrgerr.

Arztgesuch.

Die Gemeinden Neuweiler, Agenbach, Breiten­berg, Hofstett, Oberkollwangen, Schmieh und Zwerenberg mit Mammen 2008 Einwohnern be­absichtigen eine Drstriktsarztstelle mit dem Wohnsitz in Neuweiler ans 1. Juli 1907 zu errichten.

Das Wartgeld beträgt 2000 ^ pro Jahr und steht eine Wohnung mit 5 bezw. 9 Zimmern, Wasserleitung und Kelleranteil zu 330 bezw. 500 Miete pro Jahr zur Verfügung.

Der Distriktsarzt hat hiefür die Verpflichtung zu übernehmen, die Orts- und Landarmen im Distrikte in ärztlicher, -wund- und hebärztlicher Be­ziehung unentgeltlich zu behandeln, jede Gemeinde des Distrikts wöchentlich 2mal ohne besondere Reise-Entschädigung zu besuchen, auch gegen be­sondere Entschädigung die im Distrikt befindlichen Mitglieder der Bezirkskrankenkasse und Bezirks- krankenpflege--Verstcherung zu behandeln.

Die Herren Bewerber um diese Stelle wollen ihre Meldungen unter Anschluß der Prüflings - und sonstigen Zeugnisse

binnen 10 Tagen an den Unterzeichneten einsenden.

Die näheren Bedingungen können beim Oberamt eingesehen werden.

Calw, 8. Mai 1907.

Regierungsrat Voelter.

Tagesueuigketteu.

Calw 10. Mai. Das von dem Gesang­vereinCon-cordia" hier veranstaltete Konzert war trotz des reichhaltigen Programms, das selbst den verwöhntesten Ansprüchen Rechnung trug, bedauerlicherweise schwach besucht. Das Programm wies verschiedene Chöre, Tenorsolis und Biolin- stücke auf. Unter den Chören ist besondersDer letzte Ritt" von Wengert hervorzuheben, welcher in überaus ansprechender und formvollendeter Weise vorgetragen wurde. Herr Tränkle, dessen prächtiger Tenor, zu den schönsten Hoffnungen berechtigt, machte seinem Lehrer (Prof. Siegmundt, Kammersänger in Stuttgart) alle Ehre. Die Vtolinvorträge der Herren Beißer und Höfer mit Klavierbegleitung durch Herrn Handelslehrer Kauffmann fanden sehr beifällige Aufnahme.

X Gechingen 8. Mai. Heute wurde hier unter großer Ehrung Gemeinderat Ludwig Schwarz zur Erde bestattet. Derselbe ein Kriegs. Veteran von 1870, erreichte ein Alter von 60 Jahren. Hiesige und auswärtige Vereine mit 6 Fahnen beteiligten sich am großen Leichenzug. Nach dem Ortsgeistlichen sprachen noch ein hiesiger und ei» Stammheimer Kamerad Abschiedsworte. Den Trauergesang hatte der Kirchenchor und der Liederkranz übernommen. Drei Salven beendeten die erhebende Trauerfeier.

Stuttgart 8. Mai. (Württ. Landtag.) Fortsetzung der Beratung bei Titel 2, Ziff. 7 betr. Förderung von Wanderarbeitsstätten. Hierüber wird der Antrag Haußmann, Verweisung an die Kommission für innere Verwaltung, angenommen. Zu Kapitel 25, öffentliche Wasserversorgung spricht Frhr. v. Perglas (B.-K.) den Wunsch aus, daß die in jeder Beziehung mustergültige öffentliche Wasserversorgung in Württemberg auf der im nächsten Jahre in Cannstatt stattfindenden Ausstellung der

deutschen Landwirtschaftsgesellschaft im großen Maß­stabe zur instruktiven Darstellung gelange. Stauden­meyer (Vp.) bemerkt, daß von der Bevölkerung die Unterstützung, welche der Minister des Innern dem öffentlichen Wasserversorgungswesen zu teil werden lasse, dankbar anerkannt werde; dies gelte insbe­sondere auch von der Schwarzwaldversor­gungsgruppe. Von einer Reihe von Schwarz­waldgemeinden werde übrigens geklagt, daß die Forstverwaltung sich weigere, eine in unmittelbarer Nähe der Pumpstation vorhandene Quelle der ge­nannten Wasservecsorgungsgruppe zur Verfügung zu stellen, weil Stuttgart die Quelle ankaufen wolle. Schmid-Neresheim (Z.) wünscht, daß die Ober­ämter angewiesen werden, auf die Gemeinden, welche eine genügende Wasserversorgung noch nicht haben, in suasorischer Weise einzuwirkeu. Der Staat sollte mit Beiträgen an solche Gemeinden nicht kargen. Minister v. Pischek stellt die Erfüllung der vom Abg. v. Perglas ausgesprochenen Wünsche in Aus­sicht. Bezüglich der von der Schwarzwaldwasser­versorgungsgruppe gewünschten Quelle habe er sich mit dem Finanzministcr bereits in Benehmen gesetzt. Kübel <D. P.) gibt der Hoffnung Ausdruck, daß die Regierung den Wünschen und Bedürfnissen der Stadt Stuttgart ebenso Rechnung trage, wie denjenigen der Schwarzwaldgruppe. Zu einer Ver­ständigung mit letzterer sei Stuttgart übrigens gerne bereit. Krug (Ztr) und Maier- Rottweil <Ztr.) bringen Wünsche lokaler Natur vor. Zu Kapitel 26, Landjägerkorps, haben Ab­geordneter v. PerglaS und Genossen (B.-K) den Antrag eingebracht, daß auch im Jagstkreis, ähnlich wie in anderen Kreisen, berittene Landjäger in den der Grenze nahe liegenden Bezirken stationiert werden, v. Kiene (Ztr.) wünscht die baldige Vorlegung des Gesetzentwurfes über den Waffengebrauch der Land­jäger, damit in dieser wichtigen Frage endlich einmal ein klarer gesetzlicher Zustand geschaffen werde. Ferner befürwortet er eine wettergehende Einführung des Revolvers. Der Gedanke der Anlegung einer Kriminalsammlung habe manches für sich, doch wäre zu erwägen, ob nicht die Errichtung einer Landjäger­schule zweckmäßiger wäre. Das sogenannte Seelen­wärtersystem, das bei allen anderen Kategorien ab­geschafft worden sei, sollte auch bei den Landjägern beseitigt und durch das Dienstaltersvorrückungssystem mit dreijährigen Vorrückungsfristen ersetzt werden. Ferner sollte die Vereinigung der drei Arten von Bezügen zu einem einheitlichen festen Gehalt unter Aufrundung der Bezüge vorgenommen werden. (Die Finanzkommission hat einen diesbezüglichen Antrag angenommen.) Sommer (Ztr.): Bei den durchaus beftiedigenden Leistungen unseres Landjägerkorps könne man den Anträgen der Finanzkommission ohne weiteres zustimmen, damit die württembergischen Landjäger in ihren Bezügen hinter ihren badischen und preußischen Kameraden nicht allzuweit zurück­stehen müssen. Jmmendörfer (B.-K.) be­fürwortet ein schärferes Vorgehen gegen die Automobile. Man sollte Automobile nicht rascher fahren lassen als andere Fuhrwerke, v. Perglas (B.-K.) vertritt auch den Wunsch nach einer Besserstellung der Landjäger und befürwortet dann den Antrag auf Aufstellung berittener Land­jäger im Jagstkreis; der Grenzverkehr lasse die Er­füllung des Wunsches für dringender erscheinen als tm Oberland, wo die Iller auf einer langen Strecke die Grenze bildet. Einige Landjäger, etwa vier, dürften für den Jagstkreis genügen. Leibfried (Vp.): Die Leistungen des Landjägerkorps verdienen allgemeine Anerkennung, die auch in einer besseren Bezahlung zum Ausdruck kommen müßte. Worüber die Landjäger am meisten klagen, sei die Behandlung seitens ihrer Vorgesetzten. (Ruf: Sehr richtig.) Man sollte Leute in diesem Alter nicht mehr Exerzieren und Griffeschmieden zumuten. Liesching (Vp.):

Er wolle auf die Automobilfrage nicht eingehen, obwohl dieselbe nachgerade ein Jnventarstück zu werden scheine, wie die Zigeunerfrage und die Laub­streufrage seinerzeit war. In der Instruktion sollte den Landjägern beigebracht werden, daß ihre erste Ausgabe die Berichterstattung über objektive Tatsachen und Wahrnehmungen ist, nicht aber Angeklagte zu einem Geständnis zu bewegen oder Verdachtsmomente zusammenzutragen. Nach weiteren Erklärungen der Abgeordneten Krug (Z.), Feiger (Vp.), Bau­mann (DP.) bemerkt Bantleon (D. P.): Daß die Landjäger bei ihren Meldungen und Anzeigen über Kleinigkeiten hinweggehen sollten. Zu der Einführung weiterer berittener Landjäger sollte nur geschritten werden, wenn ein dringendes Bedürfnis nachgewiesen sei. Keil (Soz.) befürwortet u. a. auch die baldige Vorlegung eines Gesetzes über den Waffengebrauch der Landjäger. Nach einer kurzen Bemerkung des Abgeordneten v. Per glas führt Minister v. Pischek aus, daß er den Entwurf über den Waffengebrauch zu geeigneter Zeit vor­legen werde. Die Anträge der Finanzkommission begrüße die Regierung mit Freuden, wenn auch in den letzten Jahren den Landjägern in mehrfacher Beziehung entgegengekommen worden sei. Die Aus­stattung des Korps mit Revolvern schreite täglich fort. Das Exerzieren und die Ausführung von Gewehrgriffen u. s. w. werde auf das Notwendigste beschränkt. Zum Anträge v. Perglas möchte er zunächst bemerken, daß auch der Schwarzwaldkreis keine berittenen Landjäger habe; er werde aber den Wunsch auf sein Bedürfnis prüfen, das sei um so notwendiger, als die berittenen Landjäger einen großen Aufwand verursachen und ihre Verwendbar­keit eine beschränkte sei. Der Kommisfionsantrag zu Titel 6 wird hierauf angenommen, ebenso der Antrag v. Perglas. Zur Annahme gelangt auch der Kommissionsantrag bezüglich der Einführung des Dienstaltersvorrückungssystems und Gewährung eines festen Gehalts. Der Rest des Kapitels wird ohne Erörterung genehmigt, ebenso Kapitel 27, Ge­fangenentransport. Hier wird abgebrochen. Frei­tag nachmittag Fortsetzung der Beratung.

Tübingen 8. Mai. Im Mer von 67 Jahren ist in vergangener Nacht der Nestor der medizinischen Fakultät, Vorstand der ärztlichen Prüfungskommission und der Poliklinik, Professor vr. v. Jürgensen nach mehr als 30jähriger hiesiger Tätigkeit gestorben. Der Verschiedene war den Kranken von Tübingen und Lustnau ein treuer ärztlicher Berater und steter hilfsbereiter Freund der vielen kranken Armen.

Pforzheim 9. Mai. Im Pforzheimer Ratskeller wurden im Juni beim Bier die Chicagoer Schlachthausskandale besprochen. Da meinte der hiesige Tierarzt Salbim Pforzheimer Schlacht­haus komme auch manches vor"; unter anderem sei ein umgestandene» Schwein ausgeschlachtet worden. Selbstredend war das kein Lob für den städtischen Schlachthausdirektor Schönweller. Allein er klagte nicht gegen Salb. Um die Sache auf. zuklären, stellte schließlich da» Gr. Bezirksamt Strafantrag gegen Salb. Die Sache wurde gestern vor dem Schöffengericht unter Zuzug von 13 Zeugen und des Karlsruher Schlachthaus, direktors als Sachverständiger verhandelt. Der Pforzheimer Schlachthausdirektor schnitt aber schlecht dabei ab. Salb trat sofort den Wahrheitsbeweis an. Die Verhandlung ergab unter anderem, daß ein Nieferner Einwohner zwei an infektiöser Darm« entzündung erkrankte Stück Vieh hatte, von denen eines bei ihm notgeschlachtet, da» andere ins