82. Jahrgang
67. Ämts- und ÄnzeigeblaLt für den Bezirk Calw.
VrschetnungStage: Dienstag, Donnerst ag, Samstag, Sonntag. JnsertionspreiS 10 Pfg. pro Zeile für Stadt und Bezirksorte; außer Bezirk 12 Pfg.
Amtliche Bekairntmachnrrgeir.
Erlaß an die Ortspolizeibehörden
betr. die Verzeichnisse über gewerbliche Betriebe, welche der Gewerbe-Aufsicht unterstehen.
Die Ortspolizeibehörden werden aufgefordert, die ihnen zugegangenen Verzeichnisse über
1) Fabriken, Mühlen und die nach § 154 Abs. 2—4 der Gewerbe-Ordnung den Fabriken gleichgestellten gewerblichen Anlagen, wozu nach der Kaiser!. Verordnung vom 21. Febr. 1907 (Reichs-G.-Bl. Seite 65) sämtliche Werkstätten der Fabriktndustrie gehören, in welchen nicht ausschließlich zur Familie des Arbeitgebers gehörige Personen beschäftigt werden,
2) Bäckereien und Konditoreien,
3) Gast- nnd Schankwirtschaften, ck. Min.-Erl. vom 27. Dezbr. 1902, M.-A.-BI. 1903, S. 1,
4) gewerbliche Betriebe, welche fremde Kinder beschäftigen, ck. Min.-Erl. vom 24. Febr. 1905, Min.-A.-Bl. S. 120,
5) Betriebe, in denen Maler-, Anstreicher-, Tüncher-, Weißbinder- oder Lackiererarbeiten ausgeführt werden, ct. Mn.-Erl. vom 26. Jan. 1906, Min.-A.-Bl. S. 17,
ans den neuesten Stand ergänzt bezw. mit beurkundeten Fehlanzeigen sofort hieher wieder vorzulegen.
6) Ferner find, falls im vergangenen Jahr in einer Gemeinde Roßhaarspinnereien, Haar- und Borstenzurichtereieu oder Bürsten- und Pinselmachereien entstanden sind, Verzeichnisse nach Ziffer III, Min.-Erl. vom 27. Dezbr. 1902, Min.-A.-Bl. 1903, S. 1, sofort einzusenden.
7) Desgleichen haben die Behörden hieher zu berichten, wenn seit der letzten Berichterstattung Steinbruch- oder Steinhauereibetriebe, die unter Ziff. IV der genannten Min.-Verfügung fallen, in der Gemeinde neu entstanden sind.
Die Vorlagen haben als portopflichtige Dienstsache zu erfolgen.
Calw, 26. April 1907.
K. Oberamt. Amtm. Ripp mann.
Sonntag, den 28. April 1907.
Den Ortspolizeibehörden
gehen unter Hinweis auf die Min.-Verf. betr. die Abänderung von Vollzugsverfügungen zur Gewerbe- Ordnung vom 22. Januar 1907 Reg.-Bl. S. 13 und den Min.-Erl. vom gleichen Tage betr. die Durchführung der Bestimmungen des 8 105 i und des ß 138 a der Gewerbeordnung Min.-A.-Bl. 1907 S. 31 die Verzeichnisse der aus Grund des 8 lOSk Gew.-Ord. gestatteten Ausnahmen von dem Verbot der Sonntagsarbeit mit dem Auftrag zu, die vom 1. Januar bis 31. März d. I. angefallenen Anträge einzutragen und die Verzeichnisse sodann wieder vorzulegen.
Bemerkt wird, daß dieses Verzeichnis vom 1. April d. I. ab vom Oberamt geführt wird, da nunmehr letzteres für die Bewilligung der genannten Ausnahmen zuständig ist.
Calw, 26. April 1907.
K. Oberamt.
Amtm. Rippmann.
Bekanntmachung.
Der Viehmarkt in Pforzheim am 6. Mai
d. A ist wegen Gefahr der Maul- und Klauenseuche seitens des Gr. bad. Bezirksamts Pforzheim verboten worden.
Calw, 26. April 1907.
K. Oberamt.
Amtm. Ripp mann.
Tagesueuigkeiteu.
X Calw 26. April. Der Jungliberale Verein Calw hielt am 25. April im badischen Hof seine Hauptversammlung ab. Der Kassenbericht wurde ohne weiteres genehmigt, der Rechenschaftsbericht zeigte, daß auch die Jungliberalen ein Jahr reicher und vielseitiger Tätigkeit hinter sich hatten, das besonders durch die Land- nnd Reichstagswahlen für den jungen Verein von großer Bedeutung war. Zum Vorsitzenden
AbormkmentSpr.tnd. Stadtpr. Mertelj. Mk.l.Ivincl.DrSgeri BterteljShrl. BostbezuzSpretS ohne Best -Lg. f. d. Ort»- u. Nachbar. ortSoerkehr I d. sonst. Verkehr Mk. 1.10, Bestellgeld 20 Pfg
des Vorstandes wurde an Stelle des um den Verein wohlverdienten Herrn Stadtpfleger Dreher, der aber eine Wiederwahl als erster Vorsitzender aus verschiedenen Rücksichten ablehnen zu müssen glaubte, Herr Rechtslehrer Fischer, zum zweiten Vorsitzenden Herr Amtmann Rippmann gewählt. Zu weiteren Vorstandsmitgliedern wurden die seitherigen wiedergewählt.
Wild bad 25. April. Unter dem Vorsitz von Stadtschultheiß Bätzner hielt der vor Jahresfrist gegründete Kurverein dieser Tage seine erste Generalversammlung. Nach dem Bericht des Vorsitzenden fand der in 10 000 Exemplaren hergestellte Führer von Wildbad weiteste Ver- breitung. Es ist seitens des Vereins geplant, im Lauf der nächsten Jahre auch hier das als dringend notwendig erachtete Konversationshaus zu errichten.
Stuttgart 23. April. Unter dem Vorsitz von Hofjägermeister Frhr. v. Gaisberg hielt gestern abend im „Stadtgarten" der Landesverein Württemberg des „Allgemeinen Deutschen Jagdschutzvereins". seine Generalversammlung ab. Aus der vom Sekretär des Vereins Major a. D. v. Ferrier erstatteten Jahresbericht ist zu entnehmen, daß der Verein gegenwärtig 2 Ehrenmitglieder und 1198 Mitglieder zählt. Der Ver. mögensstand beziffert sich auf 13 437 An Prämien für Anzeigen von Jagdvergehen wurden 2616 ausbezahlt. Von den zur Anzeige ge- kommenen 511 Jagdvergehen betrafen 463 Wilderer, deren Helfer rc, welche vielfach sehr empfindliche Strafen davontrugen. Es wurden 11 Ehrendiplome, an Forstwarte, Jagdaufseher, Waldschützen, Landjäger für Absassen und Uebersührung von Wilderern verteilt. Raubzeugprämien wurden 207 mit zusammen 1117 ^ verteilt. Hofjagdinspektor Lanz berichtete über die neuen Jagd- schutzvorschriften, sowie über die Gesetze betreffend
Var Kschermädchen von der Bretagne.
Von B- W. Howard.
(Fortsetzung.)
Thymerts braunes Gesicht, sein warmes Lächeln, seine dunklen gütigen Augen sah man unter dem breiten Hut hervor, ihm widerstand keiner. Selbst ohne seine persönliche Anziehungskraft würden die Tatsachen aus seinem Leben beredt genug für ihn zu den Herzen seiner Fischer gesprochen haben. Persönlicher Mut, Selbstaufopferung, unermüdliche Güte und Freund- lichkeit find Eigenschaften, die auch auf das roheste Gemüt ihre Wirkung nicht verfehlen. In Plouvenec galten Mut und Unerschrockenheit viel und deckten die Menge der Sünden zu; den meisten Seeleuten fehlte es dort weder an Mut noch an Sünden.
Thymert war wie geschaffen zum Volksführer. Hätte er tausend Jahre früher gelebt, sein kühne Phantasie, seine Liebe zur See, sein hoher Sinn würden ihn an der Spitze seines Stammes Hinausgetrieben haben, um sagenhafte, glückliche Gefilde zu suchen; Barden hätten seine Heldentaten in Gesängen gefeiert, die noch nach Jahrhunderten in keltischen Klöstern erklungen wären. Im ganzen Lauf der Geschichte der Bretagne konnte man sich Thymert leicht in jeder hervorragenden Rolle denken, nur durfte man ihn nicht aus seinem heimatlichen Boden verpflanzen. Hier wäre er stets sicher gewesen eine Gefolgschaft, treue Anhänger zu finden.
Dem wackern Priester strahlte sogar bei dem einfachsten Gruß, ihm selbst unbewußt, das Feuer seines Wesens, Liebesglut, Heldenkraft, heiliger Zorn, aus den Augen; Licht und Wärme schienen seiner Spur zu folgen, wohin er kam. Die Leute von Plouvenec liebten ihn, jeder freute sich, dem er begegnete; die kleine Welt in der er lebte, schien ihnen eine weit bessere, glücklichere zu sein. Stellten sich doch die meisten unter ihnen einen Engel
der Barmherzigkeit nicht als ein überirdisches Wesen mit wallenden weißen Gewändern und goldenen Fittigen vor, sondern als einen sonnengebräunten Priester in alter, abgetragener Soutane.
Zum erstenmal vielleicht in seinem Leben erging sich Thymert heute in Betrachtungen über die Gemütsart seiner Landsleute. Aber so befrie- digend sein Urteil auch ausfallen mochte, er fragte dennoch keinen von ihnen nach Guenn Rodellec, wie er es gestern noch ruhig getan haben würde, gestern — ehe die Fremden kamen. Heute schien ihm als müsse er eine Frau nach ihr fragen, und welche Frau war wohl so klug und verständig wie Madame in den Vo^a^surs? Guenns Name war schon viel zu viel im Munde der Männer gewesen; auch nicht mit den braven Schiffern, die doch das Leben für sie gelassen hätten, konnte er heute von dem kleinen Mädchen sprechen.
Er fand Madame in ihrer Vorratskammer, wo sie eifrig, bafHüftigt war Winterbirnen abzuwischen und i» Seidenpapier zu wickeln. Er bat sie, sich nicht stören zu lassen, und blieb neben ihr stehen, aufmerksam allen Bewegungen ihrer sichern fleißigen Hände folgend. Prüfend blickte sie von Zeit zu Zeit von ihrer Arbeit zu ihm auf.
„Es ist so still hier, Madame," begann Thymert endlich seufzend.
„Weil man hier die See nicht hört, monsisur Is Isettzur," erwiderte sie gleichmütig.
„Ihr Haus ist gut besucht, das Geschäft blüht und gedeiht, nicht wahr, Madame?"
„Ja; zwar die Sommergäste sind fast alle fort, aber wir haben noch die Künstler zum Winteraufenthalt und die Geschäftsreisenden. Ich bin recht zufrieden mit der Saison."
„Sind das dieselben Künstler, die gestern auf den Imvnions waren?"
„Jawohl, inovsisur Is rscteur." (Forts, folgt.)