»Gut Heil! Gut Heil! Gut Heil!"
Das erste deutsche Turnfest zu Coburg im Jahre 1860
Anläßlich der Aufnahme der Deutschen Turnerschaft in den Reichsbund für Leibesübungen, wodurch eine geschichtliche Mission ihre endliche Erfüllung gefunden hat, bringen wir auf Grund eines zeitgenössischen Augenzeugenberichtes die folgende Schilderung jenes denkwürdigen ersten deutschen Turnfestes zu Coburg im Jahre 1660. das nicht nur ein sportliches, sondern auch ein nationales Ereignis von allergrößter Bedeutung war.
Voraus die wirbelnden Tamboure...
Schon in den ersten Morgenstunden des ersten Festtages, so schrieb im Jahre 1860 eine deutsche Zeitung, war in dem sonst so stillen Coburg ein reges Treiben bemerkbar. Die Häuser wurden mit Kränzen. Inschriften, Fahnen. Teppichen und Blumengewinden geschmückt, die Straßen gefegt und die Landleute räumten früher als gewöhnlich den Markt. Schon zeigten sich einige Zugvögel in leichter Turnerkleidnng, den Wanderstab in der Hand, das Ränzel auf dem Rücken, die dem .Hauptschwarme vorausgeeilt waren und mit ihren Qnartierzetteln von Haus zu Haus liefen. Die Stunden gingen und kamen und mit ihnen die Turnerzüge von Nord und Süd, von Ost und West, voraus die wirbelnden Tamboure, die Fahnenträger, ihre Feldzeichen schwingend, alles im Nebermute fröhlichen Jugendtreibens. Von Staub umhüllt, von der Sonne verbrannt, so wogte cs durch den Triumphbogen am äußersten Ende der Stadt. In goldener Schrift begrüßte der deutsche Turnergrnß „Gut Heil" die fremden Gäste. „Gut Heil" klang es aus den Fenstern herunter, klang es hinauf, „Gut Heil" riefs über die Straßen herüber und hinüber und das Losungswort der Turner schien auch zur Parole des Tages geworden zu sein...
e tragen den unvermeidlichen Regenschirm
Am 16., 17. und 18. Juni 1860 herrschte in Coburg eine wahre „babylonische Sprachverwirrung". Alle deutschen Dialekte konnte man da hören. Rheinländer, Süddeutsche, Kölner, Mainzer, Württemberger, Bayern und Schwaben erfüllten die Stadt mit festlicher und von Herzen kommender Fröhlichkeit. In unübersehbarem Zuge bewegte sich eine Menschenkarawane zur Veste Coburg, voran die deutschen Turner. Als die Menge über die Brücke durch das ehrwürdige Tor mit dem verrosteten Fallgitter strömte, schmetterten Fanfaren und überall ertönte sieghaft und jubelnd der erste deutsche Turnergrnß. Unter Jubelruf und Becherklang, so heißt es in einem zeitgenössischen Bericht, kam die Nacht herangezogen und beschloß die Vorfeier der kommenden Festtage.
Am nächsten Morgen versammelten sich die deutschen Turner auf dem Marktplatz. „Aus den geschmückten Häusern sahen junge Mädchen auf die bunte Menge herab, die uns an einen wandelnden Wald erinnerten, denn jede Mütze, jeden Hut zierten Eichenlaub oder Fichtenreis. Allenthalben treffen wir auf Gruppen fränkischer oder thüringischer Bauern, deren malerische Trachten einen idyllischen Vorgrnnd zu dem Gemälde bilden. Die hohen schwarzseidenen Mützen, mit spitzen und langen flatternden Bändern besetzt, die kurze Jacke mit den Hnsarenknöpfen, der faltenreiche Rock mit dem breiten Sammetstreifen geziert oder das rote Kopftuch, beinahe nach italienischer Art geknüpft, ließen uns den Reiz einer volkstümlichen Tracht erkennen und schätzen. Und damit der teure Kopfschmuck weder durch Sonnenschein noch durch Regen leide, tragen alle den unvermeidlichen Regenschirm, den sie schultern oder bei Fuß halten, wie der Soldat seine Flinte. Einen herzlichen Gruß, so fährt der Berichterstatter fort, brachte der Bürgermeister der Stadt Coburg den lieben, doch nicht fremden Gästen, worauf der Präsident der Turner, ! Georgii, den Dank im Namen „seiner Brü- > der" erwiderte. Auch Professor Maßmann ans Berlin wurde als Veteran der Turner begrüßt und erwiderte gottlob nicht als Marcus Tullius Maßmanus" in Latein, sondern in ordentlicher deutscher Prosa."
Alle erdenkbaren Apparate...
Mit ungeheurem Beifall wurden die Vorführungen der deutschen Turner ausgenommen. „Ans einem grünen Plane standen alle nur erdenkbaren Apparate zum Riegen- und Schauturnen, zum Klettern, Springen und Ringen, während für das zuschanende Publikum der Gott des Magens und Gaumens in Gestalt zahlreicher Wein-, Bier- und Kaffeeschänken, duftender Restaurants und Garküchen als rettender Engel erschien. Nach einem von Georgii ausgesprochenen Dankeswort an den Fürsten, der die Stadt Coburg den Turnern zu diesem echt deutschen Feste als Versammlungsstätte bewilligt habe und nach einem Hoch ans Coburgs Bürger und Bürgerinnen, nahm das eigentliche Fest seinen Anfang. In allen Gattungen der edlen Turnerei wurde das Erstaunlichste geleistet und das erregte Publikum ermangelte nicht.
den Kühnsten und Gewandtesten reichlichen Beifall zu zollen.
Am dritten Tage wurde eine Feuerwehrübung abgehalten, die zu manchen komischen Szenen Anlaß gab. Während man ans dem „brennenden" Rakhause nur Menschen und Möbel rettete und waghalsige Feuerwehrmänner wie Katzen auf den Dächern herumspazierten, da ein Bodenfenster eiuschlugen, um einen Spritzenschlauch hineinzuleiten, richteten einige Spaßvögel unter den Spritzenleuten die Schläuche nach den vollbesetzten Fenstern der Nebenhäuser, hinter denen die Getroffenen mit humorvollem Wehegeheul verschwanden.
Feierliches Intermezzo
Unter den zahlreichen erhebenden Momenten dieses ersten deutschen Turnfestes zu Coburg war es namentlich die improvisierte Rede eines jungen Schleswig-Holsteiners, die auf die Versammlung einen tiefen und nachhaltigen Eindruck machte. Der junge Mann
bestieg die Rednertribüne und begann ungefähr so: „Unter den 51 Fahnen, die hier aufgepflanzt sind, ist auch eine schwarzumflorte — es ist die Fahne meines Vaterlandes. Wir haben sie erst hier anfertigen lassen, weil wir es nicht wagen durften, eine solche Fahne aus der Heimat mit uns zu führen. Wir bitten Sie daher, die Fahne hierlassen zu dürfen und wir erwarten von Ihnen, daß Sie uns die Trophäe einst selbst mitbringen werden, ivenn die große Stunde der Befreiung schlägt."
Der Bericht aus dem Jahre 1860 schließt mit folgenden Worten: „So endete ein Fest, das schon deshalb von Bedeutung und der Erinnerung wert ist, weil es uns, wenn auch nur im kleinen, bewies, daß Deutschland und die Deutschen einig sein können, wenn sie nur wollen — und weil es uns hoffen läßt, daß die Jünglinge und Männer, die sich hier zu frohen Festen versammelten, ebenfalls erscheinen werden, wenn dereinst das Vaterland zu ernsterem Spiel ruft." vv. b.
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Deutscher Mönuergesaug tu Weiler« und Dörfer«
Von Heinrich Langenbach, Gernsbach-Loffenau
Mögen die Dörfer hoch droben im Schwarzwald horsten, mögen sie sich an die sonnigen Hänge znm Rheintal hin kuscheln, in der weiten Ebene sich Hinstrecken oder sonstwo verborgen zwischen Neckar und Main liegen — immer schon hat dort deutscher Männergcsang erklungen.
Einfache Biedermänner. Bauern und Arbeiter, hat es immer schon zu des deutschen Liedes klaren Quellen hingezogcn. Recht bescheiden und kümmerlich waren gerade auf ans dem flachen Lande seine Anfänge. Der Lehrer ans dem Lande wars — dieses Mannes Verdienst um Lied und Sängerbund soll nie vergessen werden —, welcher dem Männergesang Halt und Stütze,-selbstloser Förderer und musikalischer Führer gewesen war. Er traf die Liedwahl: Mühsam hat er seine erkürten Liedchen abgeschrieben, Blatt für Blatt, weil er ein Vervielfältignngsverfahren nicht kannte, bis späterhin die ersten Lieder- heste und Singbücher Erleichterungen verschafften. — War die Liedwahl anfänglich ohne jede Einhaltung von Gesichtspunkten, so schälte sich das Vaterlandslied immer deutlicher heraus: Der Gesangverein wurde Förderer des nationalen Gedankens, wurde Mehrer und Stärker deutschen Zusammengehörigkeitsgefühls, trug den Einheitsgedanken der werdenden deutschen Nation vom Fels zum Meer, vom Rhein zur Memel.
Lieder vom deutschen Rhein und der deutschen Heimat erklangen Abend für Abend aus der Schnlstnbe oder niederen Wirtschaftslokalen. Lastete der arbeitsreiche Tag dem Bauern noch so schwer in den Gliedern, die Singstunde ließ er nicht im Stiche.
So betätigte sich der Gesangverein auf dem Lande Jahre hindurch als Förderer des kulturellen und nationalen Lebens. Er war einziger Kulturfaktor auf weiter Flur, nahm an Freud und Leid aller Volksgenossen gleichermaßen teil, gab um die Weihnachtszeit in geselligem Kreise Proben seines großen oder kleinen Könnens. Immer aber haben seine Veranstaltungen stärksten Widerhall gefunden. Größere unternehmungslustige Landvereine traten vielfach in öffentlichen Konzertdarbie
tungen auf — vielfach unter Hinzuziehung namhafter Instrumental- oder Vokalsolisten
— Sonderveranstaltungen, die nicht nur Gradmesser des musikalischen Vermögens sein wollten, sondern vielfach weitesten Kreisen wertvolle Kulturgüter vermittelten. Damit hob sich das kulturelle Leben in den Dörfern auf eine vorher nie gekannte Stufe. Das Volk war darum dankbar, waren doch damals die verkehrstechnischen Einrichtungen im ganzen Lande recht dünn; eine Fahrt zu städtischen Veranstaltungen war ausgeschlossen.
Zu allen erdenklichen Festen und Feiern hat man den Gesangverein hcrangezogen. Bereitwillig standen die Männerchöre im Dienste der Wohltätigkeit. Wie tief die Sänger beim Landvolk wurzelten, erhellt aus der Benennung „der Verein", womit man den Gesangverein bezeichnete.
Neben den angeführten Zielen hob sich das künstlerische Moment von selbst.
Bisher war der Münnergesangverein Künder des Volksliedes, des einfachen Silcher- liedes oher ähnlicher volkstümlicher Weisen.
— Dann kam die „Wettstreitszeit" (Gott Hab sie selig!). Hier verlor sich der Landverein in die billige Eintagsware, in Kunstchöre, die bei ihm nie recht „Kunst" werden wollten. Man überschätzte die stimmlichen Kräfte — das Lied des einfachen Mannes klang abge- guält, unwahr und überhoben. Die Zeit ist passä — eines hat sie aber zu zeigen vermögen: Nicht selten wandertcn die großen Preise der Gcsangswcttstreite in die Dörfer ab. Beweis genug, daß die Pflege des deutschen Liedes dorten eine vorzügliche war. Kam „der Verein" erfolggekrönt heim, wie jubelten groß und klein. Aber auch das Zeitalter der Sängerfeste konnte dem deutschen Lied ans die Dauer nicht förderlich bleiben. Gerade die Landvereine erkannten zeitig den Unwert und wandten sich davon ab.
Die Neugestaltung der Dinge um unser herrliches deutsches Vaterland drang auch ans die Männerchöre in Stadt und Land über. In Haltung und Liedgestaltung trat eine wesentliche Besserung ein. Zurück gings zum einfachen Liede ans dem Volke — weggefegt waren mit einem Male die „Eintagsfliegen"
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mit ihren süßlichen und schmalzigen Weisen — ausgemerzt wurden die „Glanznummern" eines haltlosen Zeitabschnittes. Die Singproben holen wieder echt deutsches und altes Liedgut hervor. Das schlichte Volkslied klingt wieder jubelnd auf. Und wie sind die Sänger dessen froh. Der Männergesang hat wieder Tritt gefaßt im nationalen Zeitgeschehen.
Haben die Landvereine in den letzten Jahren quantitativ Mangel gelitten, so sind sie qualitativ nicht herabgesunken. Verdiente Sänger sitzen bei ernster Liedpflege inmitten hellbegeisterter Jugend und halten zäh am schwer Errungenen fest. Unentwegt werben sie in Arbeit und Haltung immerfort für das deutsche Lied. Da sitzt der Kanf- manuslehrling neben dem Bauern, der Werkarbeitcr neben dem Beamten — drüben im zweiten Baß der Ehrensänger neben dem Neuling. Alle strenge auf Licdpflege in nationaler Sauberkeit bedacht.
Der Sänger vom Lande draußen ist ebensogut Förderer des nationalen Gedankens und Bindeglied deutschen Zusammengehörigkeitsgefühls, wie der Sangesbrnder in der Stadt
Beide zusammen vermögen — richtig geführt — in jubelnden Akkorden dem wahren edlen deutschen Lied znm Siege zu verhelfen.
Der japanische Ualerrichtsmiviste« über die Dede»1a«g des deutsche« Chorgesavgs
8LK. Ans Anregung von Japanern, die bei ihrem Aufenthalt in Deutschland Gefallen am Männergesang gefunden hatten, unternimmt man in Japan seit einigen Jahren recht gut gelungene Versuche, den Chorgesang für das Land dienstbar zu machen. Mau verwendete zunächst dazu deutsche Literatur und kam dann in der weiteren Entwicklung zu Anfängen arteigener Werke. Vor einigen Wochen übersandte die Leitung des „Ostjapanischen Sängerbundes" denn Deutschen Sängerbünde (Fachverband für das gesamte deutsche Männerchorwesen in der RM'Ä) eine Anzahl Schallplatteu für Männerchor, die teils deutsche, teils japanische Werke enthielten. Von den deutschen Liedern ist das „Dörfchen" von Schubert das bekannteste Stück. Bei den Mänucrchören japanischer Tousetzer handelt cs sich nicht um eine Nachahmung westländischcr Musik, sondern um Stilelemente, die augenscheinlich von der japanischen Volksmusik Herkommen. Der japanische Kultusminister Matsuda hat bei Gelegenheit der Aufnahmen bezeichnende Ausführungen gemacht, die ebenfalls auf Schallplatteu ausgenommen wurden. Der Minister dankt dem Deutschen Auslandinstitut in Stuttgart, durch dessen Bemühungen die Verbindung des japanischen Mänucrchors mit dem Deutschen Sängerbund zustandcgekommen ist. Er fährt dann fort: „Den bedeutenden Aufschwung, den die Pflege der Musik bei uns in den letzten 50 Fahren genommen hat, verdankt sie zu einem sehr großen Teil de»' deutschen Vorbild. Zumal der deutsche Chor- gesang, der als nationale Kulturbewegnng eine so lange Geschichte und eine umfassende Organisation besitzt, hat unserem Volke reiche Anregung gegeben. Wenn sich auch der japanische Chorgesang heute noch keiner so hohen Entwicklungsstufe rühmen kann, geht doch sein ganzes Streben dahin, den wahren Geist gemeinsamen Singens und den echteil Sinn des volkstümlichen Liedes zur Geltung zu bringen. Lassen Sie mich der Ueberzengnng Ausdruck geben, daß unsere beiden Völker, die sich in dem Ziel znm Chorgesang so ähnlich sind, zur Vertiefung ihrer gegenseitigen Beziehungen mit zur Stärkung des Weltfriedens beitragen können." Mit diesen Worten hat die deutsche Chorbewcgung auch durch einen Ausländer Anerkennung gefunden. Die Rede des Ilntcrrichtsministers zeigt, daß die kulturpolitische Bedeutung des Chorsingens auch von uns fernstehender Seite erkannt wird.
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Die Weihnachtsdekoration hatte in den letzten Jahren teilweise Formen angenom- men. die der Würde des deutschen Weih- nachtsfestes nicht gerecht wurden. Die Wirt- schaftsgruppe Einzelhandel hat daher in einem Rundschreiben unter Bezugnahme auf die Grundsätze des Werberates der deutschen Wirtschaft über die Beachtung des religiösen, sittlichen und vaterländischen Volksempiin- deus dem Einzelhandel nahegelegt, bei der Weihnachtswerbung Takt und Zurückhaltung zu bewahren. Besonders toll geprüft werden, ob nicht die Verwendungsart derjenigen Symbole des Weihngchtsiestes. die einen sakralen Charakter betonen, z. B. Krippen. Christkind, Engel. Knecht Ruprecht. Weihnachtssterne usw. dem sittlichen und Ge- schmacksempsindcn des Volke? widersprechen könnten. Im übrigen soll die Dekoration mit Tannengrün und sonst üblichem Baumsthmnck sowie auch die Anbringung von Advent- Kränzen usw. keineswegs behindert werden. Von einer allzufrüheu weihnachtlichen Ausschmückung der Einzelhandelsgeschäste soll abgesehen werden, da sich im nationalsozialistischen Staat das Empfinden des Volkes gegenüber geschmackloser Verwendung der Wcihnachtssymbole gewandelt habe.