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hinwies, daß am heutigen Tage die langgehegten Wünsche Vieler in Erfüllung gegangen seien. Redner dankt zum Schluffe der Stuttgarter Stadtverwaltung für die tatkräftige Unterstützung und der Staatsregierung für die Zulassung der Feuerbestattung. Oberbürgermeister von Gauß betonte in seiner Ansprache, daß es Pflicht einer großen Gemeinde sei, den neuzeitlichen An- forderungen entsprechend, neben Begräbnisplätzen auch Feuerbestattungsanlagen zur Verfügung zu stellen Mit einem Gesang schloß die eindrucks­volle Feier. Unmittelbar nach dem Weiheakt wurde die am Karfreitag im Alter von 80 Jahren verstorbene Fabrikantenwitwe Sophie Kolb durch Feuer bestattet.

Stuttgart 6. April. An dem Neubau des Hofflaschnermeisters Zimmermann in der Rotebühlstraße hier, verunglückte heute nachmittag ein Monteur dadurch, daß er den Kopf aus einer Fensteröffnung steckte, als der Aufzug in Be- wegung war. Das Gegengewicht des Aufzugs zerquetschte dem Unglücklichen den Hinterkopf. Der Bedauernswerte starb bald nach seiner Verbringung ins Krankenhaus.

Stuttgart 7. April. Kriegsfestspiels durch Aufführung denkwürdiger patriotischer Momente aus Deutschlands großer Zeit in 40 lebenden Bildern, veranstaltete heute Abend im Saalbau der Brauerei Dinkelacker der Kavallerie. VereinPrinz Weimar" unter Mitwirkung von 125 Mitgliedern und unter Leitung des Herrn Direktors F. Manhart aus Wörishofen. Es ist selbstverständlich, daß diese in allen Teilen wohl- gelungene Veranstaltung bei den zahlreichen Zu­schauern lebhaften, bei einigen Bildern auch stür- mischen Beifall hervorrief. Der verbindende Text von Franz Manhart mit seinem patriotischen Schwung, sowie die stimmungsvoll angepaßte Musik, die von einer Abteilung "vom Mustkkorps des DragonerregimentsKönig" Nr. 26 ausge­führt wurde, trugen wesentlich zu dem entschiedenen Erfolg der zum Teil mit erlesenem Geschmack zu- sammengestellten, sehr hübschen und überaus wir- kungsvollen Bilder bei. Ganz besondern Eindruck machten die Szenen aus dem deutsch-französischen Krieg und wo auf einem der Bilder die Helden­gestalt Kaiser Wilhelms des Siegreichen oder die wohlgelungene Figur des großen Kanzlers in den Vordergrund trat, da durchbrauste ein lebhafter Jubelsturm den Saal. Einen glänzenden Abschluß bildete die Apotheose an Deutsche Fürsten von 1800 bis 1900. Der Besuch der nächsten Aufführungen des Kavallerie-Vereins ist allen vaterländisch Ge- finnten wärmstens zu empfehlen.

Heilbronn 6. April. Ein Fremder, der eine wertvolle Uhr samt Kette bei einem hiesigen Uhrmacher abzusetzen versuchte, wurde auf er- stattete Anzeige des Uhrmachers durch die Polizei festgenommen, da es sich herausstellte, daß er Uhr und Kette auf erschwerte Weise in Stuttgart entwendet hatte.

Oehringen 6. April. Beim Reinigen eines Schaufensters bei Metzger und Lammwirt Heinr. Glück glitt die Leiter unter den Füßen

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des arbeitenden Mädchens hinweg. Instinktiv breitete sie die Arme aus und versuchte, sich an einem Metzgerhaken festzphalten, dabei durchdrang der Haken ihren Arm und schlitzte ihn bis zum Knochen auf, so daß die Verunglückte in der Luft freischwebend hängen blieb. Das Mädchen wurde auf ihr Hilfegeschrei von zwei herbeigeeilten Männern aus ihrer schrecklichen Lage befreit und schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht.

Straßburg 6. April. Eine teilweise Grenzsperre wegen der Metzer Pocken- Epidemien ist von den Regierungen Frankreichs und Luxemburgs verhängt worden. Die Metzer Reisenden dürfen die Grenze nur in dem Falle überschreiten, wenn sie vorher frisch geimpft worden sind. Bei weiterer Ausbreitung der Seuche will man zur vollständigen Quarantäne schreiten.

Dortmund 6. April. DieDortmunder Zeitung" bringt aus Fachkreisen die überraschende Mitteilung, daß nach Aufhebung des Drahtseil- Syndikats das Seil-Material sich wesentlich ver­schlechtert habe. Auf der Zeche Preußen hätte der Seilbruch nicht eintreten können, wenn das Seil gut gewesen wäre. Die Ursache sei auf Preis-Unterbietung gewisser Werke zurückzuführen, wodurch eine Verschlechterung des Materials eintrete.

Beuthen 6. April. Die Affäre des wegen vierfachen Mordes verhafteten Roßschlächters Liberka ist bisher noch nicht weiter geklärt worden. Der Beuthener Untersuchungsrichter hat ermittelt, daß ein gewisser Liberka im Jahre 1900, in dem Jahre der Ermordung des Gymnasiasten Winter, zweimal in Oberschlesien bestraft worden ist. Dagegen hat dis Konitzer Polizei ein Tele- gramm nach Beuthen gesandt, in welchem sie bestreitet, daß Liberka je in Könitz gewohnt habe. Uebrigens ist Liberka verheiratet und seine Frau hat ihm bei den vier Morden gewissermaßen Schmiere gestanden. Sie wurde daher ebenfalls verhaftet und dürfte das Schicksal ihres Mannes teilen.

Hambu rg 6. April. Der Preß-Prozeß des Großrheders Adolf Wörmann gegen den verantwortlichen Redakteur und Zeichner des Münchener Simpliciffimus, Gulbransson, ge­langte heute vor dem hiesigen Schöffengericht abermals zur Verhandlung. Das Gericht ver­urteilte den Angeklagten Gulbransson zu 3 Monaten Gefängnis und Tragung der Kosten des Ver­fahrens. In der Urteilsbegründung wurde her- vorgehoben, daß es sich bei dem Bilde um eine maßlose und ganz unbegründete Beleidigung handle.

Hamburg 6. April. Auf den Logier- schiffen, auf denen sich arbeitswillige Schauerleute befinden, ist gestern ein Flug­blatt verteilt worden, das mit drei Kreuzen und der UnterschriftDas Exekutiv-Komitö" unter­zeichnet ist. Es ist in den schärfsten Ausdrücken gehalten und schließt mit der Aufforderung an die Schauerleute, sobald als möglich diese Logier­schiffe zu verlassen, da in den nächsten Tagen eines derselben in die Luft fliegen werde und

daß es eine Rücksicht auf ein einzelnes Menschen­leben nicht mehr geben könne.

. Berlin 6. April. Gegenüber den wieder­holten Meldungen über neue Steusrpläne der Reichsregierung hört dieVossische Zeitung", daß bisher überhaupt noch nicht einmal Erhebungen angesiellt worden sind, ob und in welchem Um­fange neue Steuervorlagen nötig erscheinen. Es hat dies darin seine Ursache, daß die Vorarbeiten für die Gehaltsaufbesserung der unteren und mittleren Reichsbeamten noch nicht abgeschlossen sind. Diese Gehaltsaufbesserungen werden zum Winter durch eine besondere Vorlage dem Reichs­tage unterbreitet werden. Selbst wenn man die Grenze der aufzubessernden Gehaltsklassen über die untern Stufen hinaus ziemlich eng ziehen würde, muß schon mit einer Mehrbelastung des Reichsetats um 25 bis 30 Millionen gerechnet wsrven und für diesen Betrag wären naturgemäß Deckungsmittel zu schaffen.

Petersburg 6. April. Der Geheim­polizei gelang es gestern auf der Nikolajewskyja ein Konspirations-Quartier mit 11 Revolutionären aufzuheben und eine Druckerei zu entdecken, in der Proklamationen zu dem bewaffneten Aufstand gedruckt wurden. In der Untersuchung der Mord­affäre Jollos sind in der Redaktion des Moskauer Leiborgans des Verbandes der echtruffischsn Leute, viele kompromittierende Briefe, Zirkulare, Do­kumente rc. gefunden worden, die dem Staats­anwalt übergeben wurden.

Literarisches.

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mand zurückkomme. Drei kleine, allerdings außerordentlich schmutzige Kinder trotteten hinter ihr drein. Die schwer geplagte kleine Frau schien eine Passion dafür zu haben, im Sonnenschein am Türpfosten zu lehnen und von Quimper zu träumen."

Douglas gähnte sichtlich gelangweilt.

Ich sagte ihr, daß es auch mein Herzenswunsch sei, mich in Quimper umzusehen, daß ich vor Erwartung nachts nicht schlafen könne. Mit fieber­hafter Hast fragte ich sie, wie bald sie mir ein Fuhrwerk zur Verfügung stellen könne, um dahin zu gelangen," fuhr Hamor lachend fort, ohne sich an die halb belustigten, halb ärgerlichen Einwürfe Stauntons zu kehren: dann, nachdem ich die Kinder der Reihe nach in die Backen gekniffen hatte, entdeckte ich, daß das hübscheste unter ihnen das getreue Abbild seiner Mutter sei, nahm es auf den Arm, ließ es springen und küßte es, wie ich Euch schon sagte, auf eine verhältnismäßig reinliche Stelle. An Sonntagen waschen sie sich hier ja wohl auch das Gesicht. Nun, das war am Freitag. Jedenfalls wären meine Bemühungen von Erfolg begleitet. Sie hatte das Recht, den Speicher zu vermieten; für die geringe Ent­schädigung von zwanzig Franken monatlich bin ich jetzt Herr im Hause. Es gehört dem Fischhändler Morot," fuhr Hamor fort und öffnete eine Tür, in der dem Eingang gegenüberliegenden Wand,an jenem Balken dort hat sich Morot senior erhängt. Es sind auch noch ein paar weitere Balken vorhanden, zur gefälligen Benützung für uns drei. Ihr seht, ich bin mit allem Komfort der Neuzeit ausgestattet, zieht nur bald mit Sack und Pack zu mir."

Gewiß, Hamor, am ersten Regentag rücke ich ein, ich bin Dir un­geheuer verbunden und verzeihe Dir auch Dein Kokettieren mit der kleinen Frau und ihren schmutzigen Bälgen."

Kurz darauf schritten die drei jungen Leute wieder über den Hof, dem Ausgang zu. Das arme Weiblein schaute ihnen vom Fenster aus mit tiefem Seufzer nach. Wie gut hatten's doch diese Leute, die so ver­gnügt waren und sich die Zeit mit Bildermalen vertreiben konnten! Hamor, der erst nicht an sie gedacht hatte, besann sich noch im letzten Augenblick, und schwenkte freundlich grüßend den Hut.

Quimper," wandte er sich dann in belehrendem Ton an seine Freunde, wurde von irgend jemand gegründet, der bei der Belagerung von Troja entkam. Quimper ist berühmt wegen seiner ehrwürdigen Kathedrale, Quimper erfteut sich"

Zum Teufel mit Deinem Quimper," rief Douglas unmutig.

Ganz meine Meinung!" stimmte Hamor fröhlich lachend bei.

6. Kapitel.

Seit jenem Morgen sah die kleine Frau die lustigen jungen Maler zu jeder Stunde aus- und eingehen. Sie hörte sie schon beim Eintritt in den Torweg lachen, dann wartete sie auf Hamors freundlichen Gruß, den er zu ihrem Fenster emporzuschicken pflegte. Sie waren gewiß alle drei liebenswürdige junge Leute, aber in ihren Augen kam an Güte und Leut­seligkeit unstreitig keiner Monsieur Hamor gleich.

(Fortsetzung folgt.)