Calwer Mlürnblatt
Sonntag
Beilage zu Nr. 48.
24. Miirz 1907.
Var Zischermädchen von der Bretagne.
Von B W. Howard.
(Fortsetzung.)
Eine kleine Gestalt schlüpfte eilig durch die Menge und folgte ihm. E« war Hamors zürnende Widersacherin, das Mädchen mit dem offenen Haar, er erkannte sie an ihren Augen. Jetzt war die schimmernde Pracht unter dem seltsamen weißen Häubchen verborgen, welches das junge Gesicht aufs lieblichste umrahmte. Sie begegnete seinem Auge mit einem harten, feindseligen Blick, wohingegen sich der Priester eines warmen Lächelns zu erfreuen hatte. ,
„öoir soir, monsisur le rsotsur," sagte sie mit einem kleinen Knix und war auf und davon. Hamor bemerkte, wie der Pfarrer ihr mit sinnendem Ausdruck nachschaute.
Monsieur 1e eure," wandte er sich freundlich zu dem Geistlichen, „endlich komme ich dazu, Ihnen zu danken für —"
„O, das ist nicht der Rede wert, ganz und gar nicht," suchte der Geistliche abzuwehren; scheu und fast linkisch erschien jetzt sein Benehmen, er war nur noch der einfache Landpfarrer, der dem Fremden mit schlecht verhohlenem Mißtrauen und allen Vorurteilen seiner Raffe gegenübertrat, „es war wirklich nicht viel, was ich getan," widerholte er in sichtlicher Verlegenheit.
„Ich gebe ja zu, daß es nicht viel war," entgegnete Hamor mit seiner ganzen natürlichen Liebenswürdigkeit, „aber ich muß sagen, daß, was auf dem Spiele stand, für mich von einigem Wert ist; handelte es sich doch um meinen Kopf! Ich war sehr froh, als ich einen so mächtigen Verbündeten mir zur Seite hatte." Der Priester lächelte.
„Monsieur hat sich tapfer gehalten, Rodellec ist sehr stark. — Sie sind ein Fremder? Ein Engländer vielleicht?"
„Nur der Sprache nach, ich bin ein Amerikaner, doch das ist für Sie ein und dasselbe?"
„O nein, im Gegenteil, ich nehme das größte Interesse an Amerika, und habe erst kürzlich die Geschichte Ihres Krieges gelesen. Hat Monsieur sein Vaterland schon lange verlassen?" setzte er höflich hinzu. Hamor erwiderte, daß er Künstler sei, mehrere Jahre in Paris studiert habe und erst heute in Plouvenec angekommen sei.
„Umsomehr bedaure ich. daß Sie einen so bösen Willkommen hier hatten." Der Geistliche war nun nicht mehr scheu, sondern sprach mit liebenswürdiger Offenheit. Sein gebräuntes Gesicht trug einen fast strahlenden Ausdruck als er htnzusetzte: „Unsere Seeleute sind sonst keine üblen Bursche, wenn — sie nicht betrunken sind."
„Aber sie sind das wohl meistens?" warf Hamor ein.
„Nun ja, sehr oft — fast immer nach einem guten Fischzug," war die ehrliche Erwiderung.
„Es war ein eigenartig fesselndes Bild heute Abend."
„Finden Sie das Monsieur?" fragte der Priester lebhaft; „ich — ich liebe dieses Bild, aber ich bin freilich ein Bretagner, ich gehöre zum Volke, ich lebe in diesem Treiben, ich fühle den Pulsschlag des Volkes in meinem Herzen schlagen."
„Und ich?" fragte Hamor lächelnd, „glauben Sie, daß ich nicht auch mit dem Volke fühle?"
„Vielleicht Monsieur — wie ein Arzt der den Pulsschlag zählt und beobachtet."
„Nun ja," gab Hamor lachend zu, „gleich von vornherein kann ich freilich nicht alles mitfühlen. Aber wenn mein Herz auch noch nicht richtig schlägt, so bin ich doch heute fast selbst geschlagen worden."
„Verzeihen Sie, Monsieur, ich vergesse nur allzu oft, daß Fremde, denen das Ganze als ein Schauspiel erscheint, anders urteilen müssen als wir. Ich bin wenig an den Umgang mit Fremden gewöhnt," fügte er mit einer Bescheidenheit hinzu, die Hamor bezaubernd fand. „Sie wissen ja Monsieur, wir Bretagner sind halsstarrige, vorurteilsvolle Menschenkinder."
„Nun, wir Amerikaner nicht minder, monsiour 1s ourö! Wie nannten Sie doch den Mann, meinen Mann — Rodellec, nicht wahr?"
„Ja, Monsieur, Heros Rodellec."
„Und ist das junge Mädchen seine Tochter?"
Der Geistliche wendete sein Gesicht vom Licht ab. „Das war Guenn," sagte er leise, „Guenn Rodellec."
„Eine ganz auffallende Erscheinung, ein wunderschönes Mädchen!" rief Hamor voll Künstlerenthusiasmus.
Es entstand eine etwas verlegene Pause, dann sagte der Pfarrer hastig: „Verzeihen Monsieur, aber ich sehe, die Leute da drüben wünschen mit mir zu sprechen, ich habe die Ehre, Monsieur einen guten Abend zu wünschen."
„O, ich möchte Sie um alles nicht aufhalten," entgegnete Hamor herzlich, „aber wollen Sie mir gestatten, Sie aufzusuchen? Obwohl ich nur ein Fremder bin, werde ich binnen kurzem doch ein regelrechter Bretagner werden."
„Monsieur ist zu freundlich," versetzte der Pfarrer zögernd; aber ich wohne nicht in Plouvenec, Sie müßten sich nach meinen Inseln bemühen. Erlauben Sie —" damit händigte cr ihm mit höflichem Abschiedsgruß seine Karte ein, und ging raschen Schrittes davon.
Hamor besichtigte die Karte bei der nächsten Laterne und las: msrt, Rsetsnr üss I^nnions.
„Rsetsur ciss lEnions" — was das auch sein mag, er ist ganz der Typus, den ich suche. „Monsieur ich gehöre zum Volke." Was für eine wahrhaft imponierende Haltung er dabei hatte, und den Stolz eines Kardinals." Mit wohlzufriedenem Lächeln ging Hamor nach dem Wirtshaus zurück. Er glaubte fest an seinen Glücksstern.
2. Kapitel.
Everett Hamors hervorragendster Charakterzug war ein unbeschränktes Vertrauen in seine Zukunft. Die Hoffnung auf Ruhm und Größe, die ihn während einer langen Zeit der Entbehrungen, wie sie jungen Malern von 26 bis 27 Jahren nie fremd zu sein pflegt, aufrecht erhielt, hatte in ihm den brennenden Ergeiz erweckt, sein künstlerisches Ideal zu erreichen, und diesem Ehrgeiz war er geneigt, alles bis aufs letzte zu opfern. Bisher freilich hatte das Leben noch keine schweren Opfer von ihm verlangt, sondern ihn, wenn auch auf Umwegen, ruhig und sicher bis zu seiner jetzigen Lage geführt.
Seine Kindheit war wie die eines amerikanischen Knaben verflossen, der in einer Universitätsstadt aufwächst, inj welcher sich seine Vorfahren seit mehreren Generationen aufs rühmlichste ausgezeichnet haben. Der Einfluß, den solche gesicherte häusliche Verhältnisse aurüben, begleitet den Menschen auf seiner ganzen ferneren Laufbahn.
Als Hamor seine Studien begann, war er ein physisch und moralisch etwas verzärteltes Muttersöhnchen. Bis dahin hatten ihn nur feine, gütige und kluge Frauen beeinflußt; kein Wunder, daß er im Anfang oft rauhen Berührungen mit der Außenwelt ausgesetzt war, die ihn teils verletzten, zum Teil ihm aber auch sehr dienlich waren. Leider vertägt es sich mit der Wahrheitsliebe des Biographen durchaus nicht, zu behaupten, Hamor habe sich in seinen vier Universitätsjahren durch Fleiß und hervorragende Leistungen ausgezeichnet. Seine Fähigkeiten blieben unbestritten, aber es läßt sich nicht leugnen, daß er keine derselben besonders ausbildete. Damals lag ihm der Gedanke, Maler zu werden, noch fern, und etwaige Träume von Künstlertum wurden durch die ihn umgebenden Familientraditionen im Keime erstickt. Seine Vorfahren waren alle ernste, strenge Gelehrte gewesen, die in ihrer Bücherwelt lebten und wirkten, es war — Gott sei Dank — keinem von ihnen eingefallen, Künstler werden zu wollen. Nicht daß man in seiner so gebildeten Vaterstadt kein Interesse für die alten Meister oder keine guten Kupferstiche an den Wänden gehabt hätte. Aber diese alten Meister waren doch alle Ausländer gewesen, und in den kritischen Augen jener gelehrten Klasse war der Begriff Künstler von dem des Schmieranten nur wenig unterschieden. (Fortsetzung folgt.)
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